Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240896/2/MB/WU

Linz, 12.09.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Berufung des X, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom 10. April 2012, GZ: SanRB96-4-2012 zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid der belangten Behörde ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat bei diesem Verfahrensergebnis weder einen Betrag zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem zu GZ: SanRB96-4-2012 ergangenen, mit 10. April 2012 datiertem Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis, wurden über den Berufungswerber (in der Folge Bw) mit nachfolgendem Spruch Verwaltungsstrafen in der Höhe von 70,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) und 200,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 9 Stunden) zuzüglich eines Verfahrenskostenbeitrages von 27,-- Euro verhängt:

"Sie haben Frau X vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, indem Sie deren Aufenthalt am 16.02.2012, um: 00.10 Uhr, zum Zwecke der Anbahnung der Prostitution in Ihrem Lokal ''X" in X, geduldet haben, ohne dass sich diese vor Beginn dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung

1. auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten und

2. auf das Vorliegen einer HIV-Infektion

unterzogen hat."

 

Dadurch habe der Bw nachfolgende Rechtsvorschriften verletzt: "§§ 1 und 7 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl. Nr. 314/1974 idF. BGBl. Nr. 591/1993 iVm § 11 Abs. 2 Geschlechtskrahkheiterigesetz, StGBI. Nr. 152/1945, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr; 98/2001 zü Ii und §§ 4 Abs.2 iVm, 9 Abs 1Z. 2 AIDS-Gesetz 1993, BGBl. Nr, 728, zuletzt geändert durch BGBl, I Nr. 98/2001 zu 2., Jeweils iVm §7VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idgF."

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus:

"Aus der Anzeige des Polizeiinspektion X vom 18.02.2012 geht hervor, dass bei einer Bordellkontrolle durch die Polizei am 16.02.2012 um 00:10 Uhr in Ihrem Lokal "X" in X, Frau X in Prostitutionsaufmachung angetroffen wurde. Frau X hat sich zum Zwecke der Anbahnung der Prostitution in ihrem Lokal aufgehalten, ohne sich vor Beginn dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten und das Vorliegen einer HIV-Infektion unterzogen zu haben. Sie haben der Polizei gegenüber angeführt, dass Sie gerade eine Baubesprechung gehabt hätten und dass sich die Dame ohne Ihr Wissen umgezogen haben müsse. Aufgrund dieses Sachverhaltes haben wir Ihnen mit der Strafverfügung vom 02.03.2012, SanRB96-4-2012, die im Spruch angeführte Tat zur Last gelegt und gegen Sie wegen Übertretung des Geschlechtskrankheitengesetzes eine Geldstrafe von 70,00 Euro und wegen Übertretung des AIDS-Gesetzes eine Geldstrafe von 200,00 Euro verhängt. Sie haben dazu mit Schreiben vom 19.03.2012 im Wesentlichen mitgeteilt, dass nur der Amtsarzt und die Organe der Bezirksverwaltungsbehörde und des öffentlichen Sicherheitsdienstes bevollmächtigt seien, zu kontrollieren, ob die Untersuchungen durchgeführt wurden. Es könne somit keine Anstiftung und Beihilfe Ihrerseits vorliegen, denn der Lokalbetreiber sei laut Gesetzeslage nicht verpflichtet und bevollmächtigt Prostituierte die selbständig und nicht weisungsgebunden arbeiten, zu überprüfen, ob ein Gesundheitsbuch und eine aktuelle Untersuchung von einem Amtsarzt vorliege."

 

Die Behörde hat dazu erwogen:

"Zu 1.: Gemäß § 11 Abs. 2 Geschlechtskrankheitengesetz kann der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres Vorschriften über gesundheitliche Vorkehrungen und zur Überwachung jener Personen erlassen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen.

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen haben sich Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen, vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen.

Gemäß § 7 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen sind Personen, die den Bestimmungen dieser Verordnung zuwiderhandeln, nach § 12 Abs. 2 des Geschlechtskrankheitengesetzes zu bestrafen.

Gemäß § 12 Abs.2 Geschlechtskrankheitengesetz werden Übertretungen der sonstigen Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund desselben ergehenden Verordnungen und Bescheide, sofern nicht nach anderen Vorschriften eine strengere Bestrafung stattfindet, als Verwaltungsübertretung von der Bezirksverwaltungsbehörde (in Orten, wo eine staatliche Polizeibehörde besteht, von dieser) mit Geld bis zu 70 Euro oder mit Arrest bis zu zwei Monaten bestraft. Bei erschwerenden Umständen können Arrest und Geldstrafen nebeneinander verhängt werden.

Zu 2.: Gemäß § 4 Abs.2 AIDS-Gesetz haben neben den nach dem Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945, und auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen vorgeschriebenen Untersuchungen sich Personen vor der Aufnahme einer Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion zu unterziehen. Darüber hinaus haben sich Personen, die Tätigkeiten im Sinne des Abs. 1 ausüben, periodisch wiederkehrend, mindestens jedoch in Abständen von drei Monaten, einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion zu unterziehen.

Gemäß § 9 Abs.1 Z.2 AIDS-Gesetz begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit Geldstrafe bis zu 7 260 Euro zu bestrafen, wer gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper duldet oder solche Handlungen an anderen vornimmt, ohne sich vor der Aufnahme dieser Tätigkeit oder regelmäßig wiederkehrend einer amtsärztlichen Untersuchung gemäß § 4 Abs. 2 zu unterziehen.

Zu 1. und 2.: Gemäß § 7 VStG unterliegt, wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

Zu 1. und 2.: Fest steht, dass Sie Inhaber des Lokals "X" in X, sind und dass es sich dabei um ein Bordell handelt in dem die Prostitution ausgeübt wird. Es ist unbestritten, dass sich Frau X am 16.02.2012 um 00.10 Uhr in Prostitutionsaufmachung in Ihrem Lokal aufgehalten hat, ohne sich vor Beginn der Tätigkeit auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten und auf das Vorliegen einer HIV-Infektion amtsärztlich untersuchen zu lassen. Weiters ist unbestritten, dass Ihnen bekannt ist, dass die Prostitutionsausübung nur nach Vorliegen der angeführten Untersuchungen erlaubt ist. Sie werben in Ihrer Hompage www.X.at Prostituierte für eine Tätigkeit in der X an. Sie erreichen durch die Prostitutionsausübung in Ihrem Lokal jedenfalls eine Steigerung der Attraktivität Ihres Lokals. Wie bei der Bordellkontrolle durch die Polizei in Ihrem Lokal festgestellt wurde, werden die Gesundheitsbücher der Prostituierten an der Theke verwahrt. Außerdem ist bekannt, dass Sie regelmäßig an der Theke arbeiten, so auch am Tag der Kontrolle. Auch begleiten Sie nach wie vor die Prostituierten zur Bezirkshauptmannschaft um die Gesundheitsbücher zu beantragen.

Schon daraus ist ersichtlich, dass Sie genau darüber Bescheid wissen, ob bei den Prostituierten, die in Ihrem Lokal arbeiten, die erforderlichen Untersuchungen vorliegen. Im gegenständlichen Fall haben Sie aber Frau X ihre Tätigkeit ohne Vorliegen der amtsärztlichen Untersuchungen ausüben lassen und ihr damit die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich erleichtert.

Zu Ihren Einspruchsangaben ist auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, nach der die Tätigkeit als Animierdame und Prostituierte in einem Bordell in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht wird, wie in einem Arbeitsverhältnis, sofern nicht jene atypischen Umstände vorliegen, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegen stehen. Im Zuge eines anhängigen Strafverfahrens wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes wurde auch festgestellt, dass die bei Ihnen beschäftigten Prostituierten als Dienstnehmerinnen zu werten sind.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, zu deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Tat schädigte in erheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse, sodass der objektive Unrechtsgehalt dieser Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig anzusehen war. Als erschwerender Umstand wird Ihre einschlägige Vorstrafe gewertet. Im Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes im Dezember 2011 haben wir Sie ersucht, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben, widrigenfalls ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000,00 Euro, ein durchschnittliches Vermögen und keine Sorgepflichten angenommen werden. Sie haben dazu keine Äußerung abgegeben. Es wird daher diese realistische Schätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse auch in diesem Verfahren der Strafbemessung zugrunde gelegt.

Zu 1.: Unter Bedachtnahme auf diese Strafbemessungsgründe und den bis zu 70 Euro oder mit Arrest bis zu zwei Monaten reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe angemessen und geboten um Sie und auch andere von weiteren strafbaren Handlungen der gleichen Art abzuhalten. Anzuführen ist, dass im gegenständlichen Fall die Höchststrafe verhängt wurde. Jedoch ist die gegenständliche Übertretung auch mit einer zweimonatigen Primärarreststrafe bedroht. Es wurde jedoch mit der Geldstrafe das Auslangen gefunden.

Zu 2.: Unter Bedachtnahme auf diese Strafbemessungsgründe und den bis zu € 7260 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe angemessen und geboten um Sie und auch andere von weiteren strafbaren Handlungen der gleichen Art abzuhalten. Anzuführen ist, dass im gegenständlichen Fall nicht einmal 3 % der Höchststrafe verhängt wurden.

Die Kostenvorschreibung ist in den angeführten Gesetzes- und Verordnungsstellen begründet."

 

1.2. Mit Schreiben vom 27. April 2012 – welches am selben Tag zur Post gegeben wurde – brachte der Bw – rechtzeitig – Berufung ein und führt im Wort wie folgt aus:

"Begründet wurde das Straferkenntnis, dass der Berufungswerber vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, indem er den Aufenthalt am 16.02.2012 um 00.10 Uhr zum Zwecke der Anbahnung der Prostitution in seinem Lokal "X" in X geduldet hat ohne, dass sich diese vor Beginn dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen hat. Weiters wird dem Berufungswerber vorgeworfen dadurch, die im Straferkenntnis angeführten Rechtsvorschriften verletzt zu haben. Das Straferkenntnis ist bereits aus dem Grunde heraus unschlüssig, dass vorerst dem Berufungswerber eine Beihilfe zur Verletzung von Rechtsvorschriften vorgeworfen wird und im Anschluss daran nur noch die Verletzung der Rechtsvorschriften durch den Berufungswerber angeführt wird, wobei der Tatbestand Beihilfe völlig außer Acht gelassen wird. Dem Straferkenntnis sind daher relevante Umstände, welche zur Strafhöhe fuhren könnten, nicht zu entnehmen. Zudem ist es nicht nachvollziehbar weshalb aus der bloßen Anwesenheit des Berufungswerbers bzw. der Frau X in der Bar des Berufungswerbers bereits ein Vorsatz zur Begehung einer Verwaltungsstraftat abgeleitet werden kann, ohne dies fundiert zu begründen. Tatsächlich liegt kein Verstoß gegen Rechtsvorschriften durch den Berufungswerber vor. Lediglich die Organe der Bezirksverwaltungsbehörde und des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie der Amtsarzt sind befugt Kontrollen über gesundheitliche Untersuchungen vorzunehmen. Die gesetzlich determinierte Integrität einer Person ist jedenfalls so weitreichend, dass Dritte keinerlei Zugriff haben auf allfällige Informationen über ärztliche Befunde bzw. Untersuchungen. Dementsprechende Kontrollbefugnisse wurden gemäß ständiger Rechtsprechung des VwGH lediglich einem Arbeitgeber zugesprochen, wenn ein entsprechendes öffentliches Interesse vorliegt. Die Arbeitgebereigenschaft liegt vor, wenn neben einer wirtschaftlichen Abhängigkeit eine persönliche Abhängigkeit im Sinne des §4 Abs.2 ASVG, also eine persönliche Arbeitspflicht vorliegt. Wenn die zur Leistung Verpflichtete nach ihrer Entscheidungsbefugnis beliebige Teile ihrer Verpflichtung Dritte überbinden kann, oder selbst wählen kann liegt keine persönliche Abhängigkeit vor. Die Dame kann sich ihre Vertragspartner selbst wählen und auch eine Vertreterin entsenden und hat der Berufungswerber hierauf keinerlei Einfluss, weshalb keine persönliche Abhängigkeit gegeben ist. Auch die wirtschaftliche Abhängigkeit in Form von Lohnzahlungen besteht nicht zwischen der gegenständlichen Dame und dem Berufungswerber, da dieser der Prostituierten kein Gehalt bezahlt und diese ihr Entgelt anderwärtig, nämlich vom Vertragspartner bezieht. De facto hegt weder eine wirtschaftliche noch eine persönliche Abhängigkeit zwischen der gegenständlichen Dame und dem Berufungswerber vor, welche eine entsprechende Kontrollbefugnis rechtfertigen würden. Demzufolge ist es aus rechtlichen Gründen dem Berufungswerber verwehrt allfällige Kontrollbefugnisse zu behaupten, oder auszuüben und ist die gegenständliche Dame auch nicht verpflichtet dem Berufungswerber entsprechende ärztliche Untersuchungen nachzuweisen oder vorzulegen, wie dies im Straferkenntnis behauptet wird. Dementsprechend läge es im Interesse und in der Verantwortung des jeweiligen Vertragspartners der gegenständlichen Dame, sich entsprechende Untersuchungen nachzuweisen lassen, schlussendlich kontrahieren die Vertragspartner und nicht der Berufungswerber, mit einer gemäß Vertrag allen vorgeschriebenen Untersuchungen durchgeführten Vertragspartnerin."

 

Abschließend werden die Anträge gestellt:

"1. der Berufung Folge zu geben

2. das Straferkenntnis SanRB96-4-2012 ersatzlos aufzuheben und das gegenständliche Verfahren einzustellen

3. in eventuell eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den Berufungswerber zu vernehmen."

 

2. Mit Schreiben vom 3. Mai 2012 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da aufgrund der Aktenlage der maßgebliche Sachverhalt bereits – unstrittg – feststeht, im Einzelnen keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und bereits aufgrund der Aktenlage erkannt werden muss, dass der Bescheid der belangten Behörde zu beheben ist, war von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 VStG abzusehen.

 

2.2. Da im angefochtenen Straferkenntnis im Einzelnen keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten und auch vom Bw in den entscheidungswesentlichen Aspekten nicht widersprochenen Sachverhalt aus.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gem § 12 Abs. 1 des Gesetzes vom 22. August 1945 über die Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Geschlechtskrankheiten (Geschlechtskrankheitengesetz), StGBl. Nr. 152/1945 idF BGBl. I Nr. 98/2001 (in der Folge: GeschlechtskrankheitenG) werden Übertretungen der in § 9 Abs. 1 dieses Gesetzes ausgesprochenen Verbote, sofern nicht nach anderen Vorschriften eine strengere Bestrafung stattfindet, als Verwaltungsübertretung von der Bezirksverwaltungsbehörde (in Orten, wo eine staatliche Polizeibehörde besteht, von dieser) mit Geld bis zu 360 Euro oder mit Arrest bis zu sechs Monaten bestraft. Bei erschwerenden Umständen können Arrest und Geldstrafen nebeneinander verhängt werden.

 

Gem. § 12 Abs. 2 GeschlechtskrankheitenG werden Übertretungen der sonstigen Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund desselben ergehenden Verordnungen und Bescheide, sofern nicht nach anderen Vorschriften eine strengere Bestrafung stattfindet, als Verwaltungsübertretung von der Bezirksverwaltungsbehörde (in Orten, wo eine staatliche Polizeibehörde besteht, von dieser) mit Geld bis zu 70 Euro oder mit Arrest bis zu zwei Monaten bestraft. Bei erschwerenden Umständen können Arrest und Geldstrafen nebeneinander verhängt werden.

 

Gem. § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl. Nr. 314/1974 idF BGBl. Nr. 591/1993 (in der Folge: VO-gesundheitliche Überwachung) haben sich Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen, vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen.

 

Gem. § 7 der VO-gesundheitliche Überwachung sind Personen, die den Bestimmungen dieser Verordnung zuwiderhandeln, nach § 12 Abs. 2 des GeschlechtskrankheitenG zu bestrafen

 

Gem. § 9 Abs. 1 AIDS-Gesetz 1993, BGBl. Nr. 728/1993 idF BGBl. I Nr. 98/2001 (idF AIDS-G) begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit Geldstrafe bis zu 7 260 Euro zu bestrafen, wer

1. entgegen § 4 Abs. 1 gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper duldet oder solche Handlungen an anderen vornimmt;

2. gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper duldet oder solche Handlungen an anderen vornimmt, ohne sich vor der Aufnahme dieser Tätigkeit oder regelmäßig wiederkehrend einer amtsärztlichen Untersuchung gemäß § 4 Abs. 2 zu unterziehen.

 

§ 4 Abs. 2 AIDS-G normiert, dass sich Personen neben den nach dem GeschlechtskrankheitenG und auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen vorgeschriebenen Untersuchungen vor der Aufnahme einer Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion zu unterziehen haben. Darüber hinaus haben sich Personen, die Tätigkeiten im Sinne des Abs. 1 ausüben, periodisch wiederkehrend, mindestens jedoch in Abständen von drei Monaten, einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion zu unterziehen.

 

§ 4 Abs. 1 AIDS-G wiederum bestimmt, dass Personen, bei denen eine Infektion mit einem HIV nachgewiesen wurde oder das Ergebnis einer Untersuchung gemäß Abs. 2 nicht eindeutig negativ ist, es verboten ist, gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper zu dulden oder solche Handlungen an anderen vorzunehmen.

 

§ 8 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (in der Folge: VStG) wiederum normiert, dass, sofern eine Verwaltungsvorschrift den Versuch ausdrücklich für strafbar erklärt, dieser der Strafe unterliegt, wenn der Täter eine zur wirklichen Ausübung führende Handlung vorsätzlich unternimmt.

 

Abschließend gilt es noch auf § 7 VStG Bedacht zu nehmen. Demnach ist ebenso zu bestrafen, wer es vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert.

 

3.2. Dem Bw wird entsprechend dem Spruch des Bescheides der belangten Behörde die Tat zur Last gelegt, dass er der Frau X vorsätzlich erleichtert hätte, eine Verwaltungsübertretung zu begehen, indem er ihr den Aufenthalt in seiner Bar am 16. Februar 2012 um 00.10 Uhr zur "Anbahnung" der Prostitution erlaubt hat.

 

3.3. Grundsätzlich ist auszuführen, dass die Beteiligungsstrafbarkeit eine spezielle Art der Akzessorietät erfordert. Der unmittelbare Täter (hier: Frau X) muss eine Verwaltungsstraftat begangen haben, damit der Bw sich an dieser auch in der Form der Beihilfe beteiligen kann.

 

3.4. Da weder das GeschlechtskrankheitenG – samt der auf dieser Basis erlassenen VO – noch das AIDS-G den Versuch für strafbar erklären (s zu diesem Erfordernis § 8 VStG) und mit dem Tatvorwurf der "Anbahnung" der Prostitution nicht eine Duldung oder Vornahme einer sexuellen Handlung iSd § 9 Abs. 1 iVm 4 AIDS-G sowie § 12 Abs. 2 GeschlechtskrankheitenG iVm §§ 1, 7 VO-gesundheitliche Überwachung erfasst ist, fehlt somit die notwendige anzuknüpfende Verwaltungsstraftat durch den unmittelbaren Täter gem. § 7 VStG.

 

Auch § 7 Abs. 1 VStG vermag keine Abhilfe zu leisten, da dieser lediglich normiert, dass der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar sein muss. Dies bedeutet aber nur, dass eine tatsächliche Strafbarkeit nicht gegeben sein muss – mit Strafe bedroht muss das Verhalten des unmittelbaren Täters jedoch schon sein (das tatbildmäßige Handeln fordernd schon VwGH 4. Februar 1960, Slg. 5194 A). MaW für den vorliegenden Fall: Die Beteiligung an einem Wahndelikt führt nicht zur Strafbarkeit des Bw.

 

3.5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß §§ 65 f VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde, noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

3.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Markus Brandstetter

 

 

 

 

 

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