Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252870/33/BMa/HK

Linz, 27.07.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, vertreten durch X Rechtsanwälte OG, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 27. April 2011, BZ-Pol-77166-2010, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 21. Mai 2012 zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

  II.      Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 292 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011

zu II.: § 64 VStG

 

 


 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

"Sie haben als Gewerbeinhaber und Betreiber der Firma „X", X (Standort der Gewerbeberechtigung), welcher für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG

1.     a) die Arbeitnehmer X, geb. X und b) X, geb. X, ab 14.02.1010 in 'persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit als Pizzazusteller von oa. Gewerbestandort aus gegen Entgelt (a) € 3,60 und b) € 3,00 bis € 3,75 pro Zustellung) fallweise beschäftigt. Die in Rede stehenden Beschäftigten waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG. Obwohl diese Dienstnehmer daher von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG nicht ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sind, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

2.     die Arbeitnehmerin X, geb. X, ab 01.07.2010 in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit als Werbemittelverteilerin von oa. Gewerbestandort aus gegen Entgelt (€ 1.700,-) fallweise beschäftigt. Die in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG. Obwohl diese Dienstnehmerin daher von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG nicht ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

3.    den Arbeitnehmer X, geb. X, ab 13.02.2010 in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit als Pizzazusteller von oa. Gewerbestandort aus gegen Entgelt (€ 3,00 bis € 3,75 pro Zustellung) fallweise beschäftigt. Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG. Obwohl dieser Dienstnehmer daher von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG nicht ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

4.    den Arbeitnehmer X, geb. X, seit März 2010 in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit als Pizzazusteller von oa. Gewerbestandort aus gegen Entgelt (€ 3,00 bis € 3,75 pro Zustellung, ca 50 Zustellungen/Monat) fallweise beschäftigt. Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag nicht über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG. Obwohl dieser Dienstnehmer daher von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher als geringfügig Beschäftigter in der Unfallversicherung teilversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht verstoßen.

 

 

Zu 1.; 2. und 3. §§ 111 iVm 33 Abs1 und 1a ASVG idgF

Zu 4. §§ 111 iVm 33 Abs 2 iVm ASVG idgF____________________

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von Zu 1. €365,-

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Zu 1. 56 Stunden

Freiheitsstrafe von

Gemäß

Jeweils §111 ASVG

Zu 2. € 365,-

Zu 2. 56 Stunden

 

 

 

Zu 3. € 365,--

Zu 3. 56 Stunden

 

 

Zu 4. € 365,-

Zu 4. 56 Stunden

 

 

Gesamt: € 1.460,--

Gesamt: 224 Stunden

 

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

 

€ 146,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 15,-- angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

1.606,-- Euro"

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtsgrundlagen im Wesentlichen an, die objektive Tatseite sei aufgrund des festgestellten Sachverhalts als erwiesen anzusehen. Die Glaubhaftmachung, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, sei dem Bw nicht gelungen. Strafmildernd sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten, straferschwerende Gründe würden nicht vorliegen.

 

1.3. Dagegen brachte der Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung rechtzeitig Berufung ein.

 

1.4. Die Berufung ficht das Straferkenntnis zur Gänze an und führt im Wesentlichen aus, das bekämpfte Straferkenntnis leide an Begründungsmängeln. Sämtliche unter Punkt 1. bis 4. des Spruchs des Straferkenntnisses angeführten Personen seien aufgrund eines Werkvertrags vom Beschuldigten beschäftigt worden und daher nicht dessen Arbeitnehmer gewesen. Die Ausländer hätten eigene Gewerbescheine und stellten dem Beschuldigten bzw. dessen Firma Rechnungen mit ihrer eigenen Einzelfirma. Es sei von ihnen jährlich Einkommenssteuer wie von jedem selbstständigen Unternehmer abgeführt worden. Sie hätten sich nicht in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit zum Bw befunden. Es sei auch kein Konkurrenzverbot vereinbart worden. Jeder der Gewerbetreibenden sei mehrmals im Monat in seinem Heimatland gewesen und sie seien über die Urlaubszeit eines Arbeitnehmers hinaus nicht für den Beschuldigten erreichbar gewesen. Darüber hinaus habe sich der Bw in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden. Der Bw habe nämlich Erkundigungen bei der Wirtschaftskammer Wels über die Erlaubtheit des gegenständlichen Modells im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes bzw. auch des ASVG eingeholt und es sei ihm jeweils die Erlaubtheit der Beschäftigung ohne Vorbehalt bestätigt worden. Auch beim Magistrat Wels habe sich der Bw erkundigt, dort seien ihm dieselben Mitteilungen gemacht worden. Eine Strafe hätte aufgrund des Doppelbestrafungsverbots nicht verhängt werden dürfen, weil über die gleichlautenden Straftaten nach dem AuslBG ein Straferkenntnis ergangen sei. Jedenfalls aber würden die Voraussetzungen der Anwendung des § 21 VStG vorliegen.

Abschließend wurden die Anträge gestellt auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, in deren Zug der Berufungswerber sowie die Zeugen X, X, X, als Zeugen zu befragen seien,

auf Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit und Einstellung des Strafverfahrens,

in eventu von der Strafe im Sinne des § 21 VStG abzusehen bzw. es bei einer Ermahnung bewenden zu lassen.

 

2. Mit Schreiben vom 19. Mai 2011 hat der Bürgermeister der Stadt Wels als belangte Behörde die Berufung samt dem bezuhabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte der Unabhängige Verwaltungssenat durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Einsicht genommen in den vorgelegten Akt der Verwaltungspolizei der Stadt Wels und am 21. Mai 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Zur Verhandlung sind der Berufungswerber in rechtsfreundlicher Vertretung und ein Vertreter der Organpartei, des Finanzamts Grieskirchen Wels, gekommen. Als Zeugen wurden X, X, X, X geladen und X und X einvernommen. Auf die Zeugeneinvernahme von X und X wurde vom Berufungswerber verzichtet.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem rechtlich relevanten Sachverhalt aus:

 

X war Inhaber des Lokals X am Gewerbestandort X. Von ihm wurden die unter Punkt 1. bis 4. im bekämpften Bescheid angeführten Personen zu den dort angeführten Zeiten als Pizzazusteller bzw. X als Hilfskraft zum Austragen von Flyern, Speisekarten und Gutscheinen ohne vorherige Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger beschäftigt. Mit einigen Zustellern wurde auch ein schriftlicher Werkvertrag geschlossen. Der beim Berufungswerber arbeitende Pizzazusteller X ist mit ihm zur Wirtschaftskammer gegangen und hat sich wegen seinem eigenen Gewerbeschein, aber auch wegen den Gewerbescheinen für die Slowaken beraten lassen. Daraufhin ist er mit dem Berufungswerber zum Magistrat der Stadt Wels gegangen und hat sich dort ebenfalls beraten lassen. Der genaue Inhalt der Arbeit wurde nicht abgeklärt, so wurde etwa zB. beim Magistrat der Stadt Wels beim Beratungsgespräch ein Werkvertrag nicht vorgelegt. Mit einigen Zustellern wurde auch ein schriftlicher Werkvertrag geschlossen.

Die beiden auch zum betrieblichen Ablauf befragten Zeugen X, der als Pizzazusteller fungiert, und X, die als Austrägerin von Werbematerial gearbeitet hatte, konnten sich zunächst, an keinen Werkvertrag erinnern.

Die Zeugin X kennt den Inhalt des vorgelegten Werksvertrags nicht, sie hat sich zur Gänze auf den Berufungswerber verlassen, als sie ihre Unterschrift auf den Vertrag gesetzt hat.

In den vorgelegten "Werkverträgen", die mit Ausnahme von handschriftlichen Beifügungen betreffend die Personalien und das Entgelt sowie den Beginn des Werkvertrags und das Datum des Abschlusses des Werkvertrags gleichlautend sind, wurde als Tätigkeit die Zustellung von Speisen, Getränken und sonstigen Waren mit einem vom Auftragnehmer bereitzustellenden Fahrzeug vorerst befristet auf 6 Monate und nach einer etwaigen Verlängerung von beiden Vertragsteilen jederzeit und ohne Angaben von Gründen beendbar vereinbart. Der Auftragnehmer haftet für den ordentlichen Zustand der ausgefolgten Ware bis zur Übergabe an den Empfänger.

Bei einer vom Auftraggeber gewährten Zeitgarantie, bei dessen Überschreitung die Waren dem Kunden unentgeltlich auszufolgen sind, hat der Auftragnehmer dafür zu sorgen, dass diese Garantie nach den gegebenen Möglichkeiten bzw. kaufmännischen Regeln auch eingehalten wird, ansonsten geht dieses Risiko auf den Auftragnehmer über.

Der einzelne Auftrag erlischt, sobald der Auftragnehmer die von ihm zur Zustellung übernommenen Waren beim jeweiligen Kunden abgeliefert und die einkassierten Gelder an den Auftraggeber vollständig abgeführt hat. Die Beauftragung des Auftragnehmers liegt im ausschließlichen Ermessen des Auftraggebers und der Auftragnehmer ist auch nicht verpflichtet, die an ihn herangetragenen einzelnen Zustellfahrten zu übernehmen.

Die folgenden Punkte des Werkvertrages regeln die Weisungsfreiheit, Betriebsmittel, Verschwiegenheitspflicht und das Entgelt, wonach für jede Zustellfahrt in den Verträgen eine unterschiedliche Höhe des Entgelts festgesetzt wurde. Es wurde auch vereinbart, dass für nach kaufmännischen Grundsätzen nicht ordentlich bzw. nicht zeitgerecht durchgeführte Zustellungen die Verrechnungssätze entsprechend dem dem Auftraggeber entstandenen Schaden reduziert werden.

Die Verrechnung solle kalendermonatlich im Nachhinein durch eine Gutschrift vom Auftraggeber erfolgen.

Die Vertretungsbefugnis wurde dahin geregelt, dass der Auftragnehmer berechtigt sei, sich ohne Zustimmung geeigneter Vertreter oder Hilfskräfte zu bedienen. Unter Punkt 10 wurde noch ausdrücklich festgehalten, dass der Auftragnehmer in keinem Dienstverhältnis zum Auftraggeber stehe und nicht dessen Unternehmerorganisation ein- bzw. untergeordnet sei.

 

Diesen schriftlichen Vereinbarungen steht aber die vom Pizzazusteller X bzw. die vom Berufungswerber selbst geschilderte Praxis entgegen:

Die Zustellung der Pizzen des Lokals X in der X, erfolgt durch 3 bis 4 Zusteller, die sich außerhalb des Lokals, aber im Bereich von diesem aufhalten. Die Zusteller haben eigene Pkws und werden vom Bw telefonisch verständigt, wann ihre Dienste benötigt werden. Die wartenden Zusteller werden abwechselnd nach dem Modell eines "Rads" mit der Zustellung der Pizzen beauftragt. Die Gebühr für eine Zustellfahrt variiert von 2,60 bis 3,75 Euro. Die Wärmetasche, die zur Zustellung benötigt wurde, haben sich die Zusteller selbst gekauft. Der Pizzazusteller erhält bei Übernahme der Pizza 2 Bons, einen, den er beim Kunden abliefert, und einen Bon mit seinem Namen, den er später im Lokal hinterlegt, um die Zustellfahrt zu dokumentieren. Die Pizzen werden über die Zentrale des X bestellt, der Berufungswerber arbeitet auf Franchise-Basis.

Beschwerden über den Zustand der Pizzen gehen telefonisch oder per Mail bei der Zentrale des X ein, der Berufungswerber kann auf diese Informationen zugreifen.

Der Zusteller rechnet seine Zustellfahrten nicht sofort ab, wenn er in das Lokal zurückkommt, sondern macht dies ein oder zwei Mal pro Tag. Dann liefert er den gesamten Preis, den er vom Kunden für die Pizza und die Zustellung bekommen hat, im Lokal ab. Die Gebühr für die Zustellung durfte sich der Zustellung nicht selbst behalten. Der Zusteller hat das gesamte Entgelt, das auf dem Bon verzeichnet war, abgeliefert und eine Zahlung für die Zustellungen auf sein Konto bekommen. Das konnte auch 2 oder 3 Mal pro Monat erfolgen.

 

Der Berufungswerber hat sich gemeinsam mit dem bei ihm beschäftigten X, aber auch mit X, einem ehemaligen Angestellten und nunmehrigen Geschäftspartner des Berufungswerbers, bei der Wirtschaftskammer und beim Magistrat erkundigt, ob Zustellfahrten unternommen werden können, wenn die Zusteller Gewerbescheine besitzen. Ein Werkvertrag, wie er mit den Zustellern geschlossen wurde, wurde bei der Anfrage beim Magistrat nicht vorgelegt.

Schon vor der Kontrolle am 15.04.2010 wusste der Berufungswerber, dass andere Franchise-Nehmer "Schwierigkeiten mit Zustellern hinsichtlich der Versicherung" gehabt haben. Nachdem der Berufungswerber unterschiedliche Auskünfte von verschiedenen Ämtern bekommen hat, ist er nochmals zum Magistrat gegangen und hat sich nochmals erkundigt, ob ein Zusteller mit Gewerbeschein arbeiten darf. Dabei wurde aber nicht über die Firmenstruktur gesprochen (Berufungswerber, Seite 13 des Tonbandprotokolls vom 21. Mai 2012).

 

Die mongolische Staatsbürgerin X (nach ihren eigenen Angaben ist ihr richtiger Name X) hat monatlich 15.000 bis 20.000 Exemplare Werbematerial für das Lokal X verteilt. Dabei hat sie ihr eigenes Fahrrad benützt. Das Werbematerial wurde in einem Lager beim X gelagert und sie hat sich einen Teil der Prospekte dort abgeholt, in ihre Wohnung gebracht und verteilt. Im Regelfall hat sie für die Verteilung von 15000 bis 20000 Exemplare einen Monat zur Verfügung gehabt (X, Seite 15 des Tonbandprotokolls).

Es hat aber auch kurzfristige Aktionen gegeben, zB. musste sie Flyer innerhalb von 3 Tagen austeilen (Berufungswerber Seite 5 des Tonbandprotokolls vom 21. Mai 2012). Wenn Frau X keine Zeit hatte, hat sie dies dem Berufungswerber mitgeteilt und die Unterlagen wurden von anderen Firmen in Wels verteilt. Das Honorar wurde ihr vom Berufungswerber überwiesen. X wusste nicht, welche Rechnungen sie an den Berufungswerber gelegt hat (X, Seite 16 und 17 des Tonbandprotokolls vom 21. Mai 2012). Sie kannte auch den Inhalt des mit ihr geschlossenen "Werkvertrags" nicht. Es kann nicht festgestellt werden, auf welcher Basis die Entlohnung für X erfolgte.

Mit ihr war nur vereinbart, dass sie die Speisekarten verteilt und dafür Entgelt bekommt. Hinsichtlich des Entgelts hat sie sich auf den Berufungswerber verlassen (X, Seite 16 des Tonbandprotokolls).

Der Berufungswerber hat sich aber nicht beim AMS oder bei der Oö. GKK erkundigt, ob die Zusteller in dieser Form beschäftigt werden können, ohne die Bestimmungen des AuslBG oder des ASVG zu übertreten.

Für die Versicherung (nach dem GSVG) hatten alle Zusteller und die Austrägerin von Werbematerial selbst zu sorgen.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich die Feststellungen aus den Aussagen des Bw, der vernommenen Zeugen und der Zeugin in der mündlichen Verhandlung ergeben. Soweit die Aussagen der Zeugen mit jener des Berufungswerbers im Widerspruch gestanden sind, hat der Berufungswerber durch Hinweise in der Verhandlung an die Zeugen diese immer wieder zu Aussagen bewegt, die hervorbrachten, dass sie sich dann an die Einzelheiten nicht mehr erinnern konnten. Widersprüche hat es im Wesentlichen nur zum Bestehen der Werkverträge und zum Inhalt der Vorsprachen beim Magistrat der Stadt Wels gegeben. Der betriebliche Ablauf, die Einbindung der Zusteller in die geschäftliche Organisation des Berufungswerbers und auch die Einbindung der Zustellerin von Werbematerial in den betrieblichen Ablauf wurden vom Berufungswerber selbst dargelegt und stehen auch mit den Zeugenaussagen nicht im Widerspruch.

Dass der Werkvertrag bei den Gesprächen des Magistrats nicht vorgelegt wurde, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen X (Seite 9 des Tonbandprotokolls vom 21. Mai 2012) und den mit dieser übereinstimmenden Angaben des Berufungswerbers (auf Seite 13 des Tonbandprotokolls vom 21. Mai 2012). Die zunächst entgegenstehende Aussage des Zeugen X hat dieser nach Intervention des Berufungswerbers in der mündlichen Verhandlung abgeändert (Seite 13 des Tonbandprotokolls vom 21. Mai 2012).

Die Zeugin X konnte keine Auskunft über den Inhalt des dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Kopie vorgelegten Werkvertrags geben.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.3.1. Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.   Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.   Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.   Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.   gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

 

Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs 2 ASVG).

 

Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs 3 ASVG).

 

Gemäß § 4 Abs.4 Z1 lit.a stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich aufgrund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereichs (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn, dass sie aufgrund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs.1 Z1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs.1 BSVG oder nach § 2 Abs.1 und 2 FSVG versichert sind.

 

Nach § 4 Abs.6 schließt eine Pflichtversicherung gemäß Abs.1 für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs.4 aus.

 

3.3.2. Ein Werkvertrag liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. VwGH vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003, mwN).

 

Der Verwaltungsgerichthof hat bereits in vergleichbaren Verfahren betreffend die Tätigkeiten von Pizzazustellern ausgeführt, dass die vereinbarten, gattungsmäßig umschriebenen Tätigkeiten (Zustellfahrten) nicht als Zielschuldverhältnisse und somit – entgegen dem Beschwerdevorbringen – nicht als Werkvertragsverhältnisse gewertet werden können (vgl. dazu etwa VwGH vom 14. Jänner 2010, Zl. 2008/09/0339; vom 26. Jänner 2010, Zl. 2009/08/0269).

 

Den Verfahrensergebnissen zufolge war der Berufungswerber bzw. seine Angestellten den Zustellfahrern bei der Erlangung des Gewerbescheins behilflich. Diese waren in die betriebliche Organisation des Berufungswerbers soweit eingegliedert, dass ständig 3 bis 4 Zustellfahrer im Umfeld des Lokals gewartet haben um der Reihe nach (im System eines "Rades") mit Zustellfahrten beauftragt zu werden. Der Berufungswerber hat telefonisch koordiniert, damit sich immer genügend Zustellfahrer vor Ort befinden. Diese haben eigene Zustelltaschen gekauft und die Pizzen mit eigenen Fahrzeugen zugestellt. Sie mussten aber für jede Pizza 2 Bons übernehmen und einen der Bons dem Kunden übergeben, auf dem 2. Bon war ihr Name vermerkt. Diese Bons wurden gesammelt und 1 bis 3 Mal pro Tag im Lokal deponiert. Die Bons dokumentierten die Zustellfahrten. Die Kontrolle der Zustellung erfolgte durch die Zentrale des X, bei dieser Zentrale konnte sich der Kunde beschweren und der Bw konnte auf diese Informationen zurückgreifen. Daraus ergibt sich eine Eingliederung der Zustellfahrer in die betriebliche Organisation des Bw.

 

Es bleibt schon begrifflich wenig Raum für eine eigenständige, unternehmerischem Risiko unterworfene Tätigkeit des Zustellers, weil die Zustellung der dem Ausländer übergebenen Pizzen innerhalb des dem Kunden zugesagten Zeitraums zu erfolgen hatte. Aufgrund dieser engen zeitlichen Vorgabe war er daher gar nicht in der Lage, selbst den Ablauf der Zustelltätigkeiten zu disponieren. Auch wenn schriftliche Werkverträge vorgelegen sind, so war der Inhalt des Vertrags, der vom Berufungswerber mit seinen Pizzazustellern  geschlossen wurde, jener, dass diese die Zustellfahrten übernehmen und dafür ein Entgelt von 2,60 Euro bis 3,75 Euro pro Zustellfahrt bekommen.

 

Der Passus im Werkvertrag, der in Kopie vorgelegt wurde, "Für nach kaufmännischen Grundsätzen nicht ordentlich bzw. nicht zeitgerecht durchgeführte Zustellungen werden die angeführten Verrechnungssätze entsprechend dem dem Auftraggeber entstandenen Schaden reduziert. Dasselbe gilt bei Nichtdurchführung von vereinbarten Zustellungen für den daraus resultierenden Manipulationsaufwand.", schränkt die Entschlussfähigkeit des Pizzazustellers hinsichtlich seiner Tätigkeit auf ein Minimum ein, geht doch daraus hervor, dass der Zusteller die Lieferungen nur unverzüglich nach Übernahme der Ware durchführen kann.

 

Zusammenfassend ist dabei daher bei den gegenständlichen Zustellfahrten von einfachen, im unmittelbaren betrieblichen Arbeitsablauf zu besorgenden Tätigkeiten auszugehen, die üblicherweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden. Sowohl hinsichtlich der Arbeitsaufnahme, der Abwicklung und der Auszahlung seines Entgelts ist erkennbar, dass vom jeweiligen Zusteller Arbeitsleistungen erbracht wurden, die typischerweise in einem Dienstverhältnis durchgeführt werden. Dem jeweiligen Zusteller wurde die wiederholte Erbringung von gattungsmäßig umschriebenen Leistungen aufgetragen. Diese Zustelltätigkeit wurde weitgehend vom Unternehmen des Bw organisiert und die Erfüllung war in den Betrieb des Bw eingegliedert. Somit ergibt sich aus dem Gesamtbild der Tätigkeit, dass die Pizzazusteller unter ähnlichen wirtschaftlichen Bedingungen wie Arbeitnehmer eingesetzt wurden, weshalb vom Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses auszugehen ist. Nach § 539a ASVG ist beim Beschäftigungsverhältnis (wie nach dem § 2 Abs.4 AuslBG) der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgeblich. Demnach kommt es auf die tatsächlichen Umstände der Tätigkeit an und sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs manipulierbare ("formale") Umstände irrelevant.

 

Zur Zustellerin des Werbematerials wird ausgeführt:

Bei der rechtlichen Beurteilung der Verteilung von Werbematerial ist davon auszugehen, dass es sich bei der gegenständlichen Tätigkeit um einfache, keine Fachkenntnisse erfordernde, im unmittelbaren Zeitablauf zu erbringende wiederkehrende Handlungsabläufe (Hilfsarbeiten) handelt, deren Eignung, Gegenstand eines Werkvertrages zu sein, von vornherein in Frage steht (vgl. dazu allgemein zB. das Erkenntnis des VwGH v. 24.03.2009, Zl. 2009/09/0039).

 

Auch unter Zugrundelegung der Zustellvereinbarung ist nicht ersichtlich, worin das Werk im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehen könnte; vgl. statt vieler das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.5.2009, Zl. 2008/09/0121: "Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein 'gewährleistungstauglicher' Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten 'Ziels' auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag ..." Mangels eines Werks kann gegenständlich auch nicht von einer relevanten Haftung ausgegangen werden ("ohne Werk keine Haftung" – vgl. zB. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.5.2009, Zl. 2008/09/0121).

 

Mangels Werks scheidet die Qualifikation als Zielschuldverhältnis aus. Es liegt vielmehr ein (durch die Zustellvereinbarung) begründetes Dauerschuldverhältnis (und nicht bloß eine einmalige Leistungserbringung) vor, die Tätigkeit war auf Regelmäßigkeit und Dauer angelegt. Dementsprechend erfolgte die Entlohnung in Zeitabschnitten, nach Gutdünken des Berufungswerbers. Es lag eine intensive organisatorische Eingliederung in die Betriebsorganisation des Unternehmens vor: Zeit, Ort und Art der Tätigkeit waren vorgegeben. Diese Vorgaben ließen keinen Raum für unternehmerische Entscheidungsfreiheit. Derart dichte organisatorische Vorgaben einer einfachen Tätigkeit kommen materiell einer Weisungsbindung gleich. Die Auftragnehmerin benötigte keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel und wurde im Übrigen mit Arbeitsmitteln des Unternehmers (Speisekarten) tätig.

 

Die Leistungserbringung erfolgte persönlich, die Organisation der Vertretung im Verhinderungsfall erfolgte durch das Unternehmen durch Beauftragung eines anderen Unternehmens.

 

Die Arbeitsleistung kam dem Unternehmen zugute und zwar auf dieselbe Weise wie bei Abschluss eines "formellen" Dienstverhältnisses, allerdings mit dem Unterschied größerer Kostengünstigkeit.

 

Wägt man diese Umstände nach der Methode des beweglichen Systems (vgl. dazu zB. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.09.2009, Zl. 2009/09/0150) ab, so ist von wirtschaftlicher Unselbstständigkeit, mithin von Arbeitnehmerähnlichkeit und somit von einer Beschäftigung im Sinn des AuslBG auszugehen.

 

Hinzuweisen ist darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "formale" Umstände wie die sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Gestaltung der Annahme der Beschäftigung nicht entgegen stehen (vgl. zB. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.12.2009, Zl. 2008/09/0048). Dasselbe gilt für die Gewerbeberechtigung (vgl. statt vieler das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.9.2009, Zl. 2009/09/0150).

 

Zu betonen ist, dass die Tätigkeit von Zeitungsausträgern und Werbemittelverteilern in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als arbeitnehmerähnlich qualifiziert wird (vgl. exemplarisch die Erkenntnisse vom 25.3.2010, Zl. 2007/09/0261, vom 10.12.2009, Zl. 2007/09/0259, vom 15.5.2009, Zl. 2007/09/0168, vom 24.3.2009, Zl. 2008/09/0082, vom 16.12.2008, Zl. 2008/09/0291, vom 16.12.2008, Zl. 2008/09/0105 und vom 22.2.2006, Zl. 2002/09/0187, jeweils m.w.N. zur Vorjudikatur.

 

Auch wenn die angeführten Personen, sowohl die Pizzazusteller, als auch die Zustellerin von Werbematerial, im Besitz einer Gewerbeberechtigung waren und Beiträge nach dem GSVG gezahlt haben, sind sie gemäß § 4 Abs.6 ASVG nicht von der Pflichtversicherung ausgenommen, weil eine unselbständige Tätigkeit, also eine Tätigkeit als Arbeitnehmer, wie sie im konkreten Fall festgestellt wurde, eine Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs.4 ASVG, also z.B. auch eine Versicherung nach GSVG ausschließt.

Der Bw hat daher das Tatbild der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung begangen.

 

3.3.3. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Für den Arbeitgeber besteht die Verpflichtung, sich u.a. auch mit den gesetzlichen Vorschriften betreffend Erstattung von Meldungen an den zuständigen Sozialversicherungsträger laufend vertraut zu machen. Bestehen über den Inhalt der Verwaltungsvorschrift Zweifel, dann ist der Gewerbetreibende verpflichtet, hierüber bei der zuständigen Behörde Auskunft einzuholen. Wenn er dies unterlässt, so vermag ihn die Unkenntnis dieser Vorschrift nicht von seiner Schuld zu befreien. Die vom Bw ins Treffen geführte Information, die er bei der Wirtschaftskammer und bei der Gewerbebehörde eingeholt hat, vermag ihn nicht von seiner Schuld hinsichtlich des Einholens entsprechender arbeitsmarktbehördlicher Bewilligungen zu befreien. Er hat auch nicht den gesamten betrieblichen Ablauf in allen wesentlichen Details bei seiner Vorsprache beim Magistrat der Stadt Wels dargelegt. Darüber hinaus hat er die Erkundigungen nicht bei der für diese Angelegenheit zuständigen GKK eingeholt. Denn nur die Erteilung einer (auch unrichtigen) Auskunft durch die für die Vollziehung des Gesetzes zuständige Behörde, ein bestimmtes Verhalten sei nicht strafbar, stellt einen Schuldausschließungsgrund dar. Unterlässt es aber der Arbeitgeber, entsprechende Auskünfte einzuholen, so vermag ihn die Unkenntnis dieser Vorschrift nicht von seiner Schuld zu befreien. Dies insbesondere auch deshalb, weil das Verfahren hervorgebracht hat, dass schon vor der Kontrolle im April 2010 durch Kontakte zu anderen Franchise-Nehmern des X bekannt war, dass es "versicherungsrechtliche Probleme mit den Zustellern" gegeben hat. Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass nur im Falle der Erteilung einer auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilten, unrichtigen Rechtsauskunft der zuständigen Behörde die im Vertrauen auf die Auskunft erfolgten Gesetzesverstöße nicht als Verschulden angerechnet werden können.

 

Eine Aussage der Organe des Magistrats der Stadt Wels zugunsten des Bw  hätte sich nur auf den Verschuldensgrad ausgewirkt, nicht aber schuldbefreiend gewirkt. Weil diese Befragung unterblieben ist, wurde zugunsten des Bw als Verschuldensgrad nur Fahrlässigkeit zugrunde gelegt, hat er doch seine Sorgfaltspflicht als Unternehmer durch die Nichteinholung von Auskünften bei der zuständigen Stelle verletzt.

 

Dem Bw sind daher die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.

 

3.3.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, wie dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die belangte Behörde hat strafmildernd die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und straferschwerend keine Gründe gewertet. Die verhängte Strafe wurde nach geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen bemessen.

 

Dagegen hat der Berufungswerber nichts vorgebracht, diese werden daher dem Verfahren des Unabhängigen Verwaltungssenates zugrunde gelegt.

 

Zur Strafhöhe wurde in der Berufung lediglich ausgeführt, § 21 VStG sei anzuwenden. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Anwendung des § 21 VStG schon deshalb ausscheidet, weil die Beschäftigung von Arbeitnehmer ohne rechtzeitige Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger nicht als unbedeutend qualifiziert werden kann. Damit scheidet auch die Anwendung des § 21 VStG aus.

 

Die im vorliegenden Fall gegebene Ordnungswidrigkeit gemäß § 111 Abs.1 Z1 ASVG (wer Meldungen oder Anzeigen nicht oder nicht rechtzeitig erstattet) ist gemäß § 111 Abs.2 ASVG als Verwaltungsübertretung grundsätzlich mit Geldstrafe von 730 bis 2.180 Euro zu bestrafen, wobei für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe bis 2 Wochen vorgesehen ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligen ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Die verhängte Strafe ist als sehr milde anzusehen und diese kann auf Grund der reformatio in peius im Berufungsverfahren nicht angehoben werden.

Die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 56 Stunden, die von der belangten Behörde in Relation der Obergrenze für die Geldstrafe zur Obergrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt wurde, begegnet keinen Bedenken.

 

3.3.5. Zum von der Berufung angezogenen Doppelbestrafungsverbot, weil wegen desselben Sachverhalts ein Verfahren gemäß AuslBG anhängig ist und der Bw diesbezüglich in erster Instanz bestraft wurde, wird auf die ständige Judikatur des VfGH und des VwGH, zB. VfGH v. 16.12.2010, B343/10; VwGH v. 24.02.2011, 2007/09/0361, verwiesen. So ist der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2008/09/0203, in welchem er eine Übertretung des § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG nach erfolgter Verurteilung wegen eines Vergehens nach § 111 ASVG (Unterlassung der Anmeldung zur Sozialversicherung) zu beurteilen hatte, zu dem Schluss gekommen, dass für die Bestrafung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG andere Aspekte des tatsächlichen Geschehens relevant waren (Nichteinholung einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung) als für die erfolgte Verurteilung nach

§ 111 ASVG (Unterlassung der Anmeldung zur Sozialversicherung) und damit die wesentlichen Tatbestandselemente beider Strafnormen divergierten. Dem diesbezüglichen Berufungsvorbringen ist daher keine Folge zu geben.

 

Die gegenständliche Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag.a Bergmayr-Mann

 

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