Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281386/12/Kl/BRe/TK

Linz, 31.08.2012

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, x, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 20. Dezember 2011, Ge96-9/9-2011 wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 22. März 2012 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis  mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch im ersten Absatz zu lauten hat:

"Herr x, geb. x, x, hat als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der x GmbH, x, FN x, zu verantworten, dass – wie der Arbeitsinspektor Ing. x am 23.3.2011 bei einer Unfallserhebung festgestellt hat – am 23.3.2011 auf der Baustelle in x, die Schlaufen zur Befestigung der Konsolen des Konsolgerüstes (Fanggerüst) bereits belastet wurden, obwohl der Beton noch keine ausreichende Festigkeit erreicht hat und auch nicht durch andere Maßnahmen ein Herausziehen der Schlaufen verhindert wurde."

Die Verwaltungsstrafnorm im Sinn des § 44a Z 3 VStG hat zu lauten: "§ 130 Abs. 5 Einleitung ASchG".

 

II.          Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren    vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der         verhängten Geldstrafe, dass sind 140 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

 

zu II: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 20. Dezember 2011, Ge96-9/9-2011, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 700 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 32 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 und § 118 Abs. 3 ASchG iVm § 68 Abs. 2 dritter Satz BauV verhängt, weil er als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der x GmbH., x, FN x; in diesem Verfahren vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. x, x, wie der Arbeitsinspektor Herr Ing. x am 23.03.2011 bei einer Unfallerhebung festgestellt hat, am 23.03.2011 auf der Baustelle in x, die Schlaufen zur Befestigung der Konsolen des Konsolgerüstes (Fanggerüst) bereits belastet, obwohl der Beton noch keine ausreichende Festigkeit erreicht hat und auch nicht durch andere Maßnahmen ein Herausziehen der Schlaufen verhindert wurde.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und wurden Verfahrensmängel und eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Begründend wurde ausgeführt, dass schon aus der Strafanzeige nicht hervor gehe, dass der Berufungswerber selbst auf der Baustelle die Schlaufen zur Befestigung der Konsolen des Konsolgerüstes belastet habe, obwohl der Beton noch keine ausreichende Festigkeit erreicht hätte. Dieser Vorwurf sei durch das Beweisverfahren nicht gedeckt. Es sei daher das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben. Aus prozessualen Vorsichtsgründen werde vorgebracht, dass der Geschädigte x selbst die Schlaufen eingehängt hätte. Der Verunfallte hätte gegenüber x und x mitgeteilt, dass er sich ohnehin gedacht hätte, dass die Eckbügeln nicht halten würden, zumal er beim Versetzen der Bügel diesen aufgrund einer Einsparung nicht in die Eisenmatten bzw. in die Rosteisen eingehängt hätte. Warum er nicht zumindest den Vorarbeiter oder den Bauarbeiter darüber informiert habe, sei von ihm nicht beantwortet worden. Der Geschädigte hätte durch sein vorsätzliches Verhalten selbst seine Verletzungen zu verantworten, weshalb das Verschulden des Berufungswerbers äußerst gering zu bezeichnen sei und nicht strafbar sei. Auch sei die Decke bereits am Vortag betoniert worden und daher der Beton bereits ausgehärtet gewesen. Es war daher davon auszugehen, dass aufgrund des harten Betons das Konsolgerüst erwartungsgemäß hätte Stand halten müssen. Auch sei es dem Berufungswerber nicht tatsächlich möglich gewesen, jenen Fehler, den der Geschädigte x selbst vorsätzlich verursacht habe, entdecken zu können. Es werde daher die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des zuständigen Arbeitsinspektorates haben an der Verhandlung teilgenommen; die belangte Behörde ist nicht erschienen. Weiters wurden die Zeugen Arbeitsinspektor Ing. x, x und Baumeister x geladen und einvernommen. Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos aus dem Polizeibericht vom 23.3.2011 werden als Beweis heran gezogen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH mit Sitz in x. Bei der Baustelle in x, handelt es sich um eine größere Wohnhausanlage und war die Baustelle etwa ein 3/4 Jahr oder 1 Jahr vor dem Tatzeitpunkt am 23.3.2011 in Betrieb. Der Berufungswerber war mehrmals vor dem Unfall auf der Baustelle, hat die Baustelle aber nicht regelmäßig besucht. Dazu ist der Bauleiter, nämlich Baumeister x zuständig. Er ist zuständig für den Arbeitnehmerschutz. Vorarbeiter auf der Baustelle ist x. Verantwortlich für die Aufstellung und Kontrolle des Gerüstes ist der Bauleiter sowie auch der Vorarbeiter. Der Berufungswerber kontrolliert nicht, ob an der Baustelle das Gerüst geprüft und kontrolliert wird. Baumeister x ist seit 1999 in der Firma tätig. Die Firma verfügt nur über einen Bauleiter, nämlich Herrn Baumeister x. Das Unternehmen verfügt über zirka 25 Arbeitnehmer. Gewerberechtlicher Geschäftsführer der x GmbH ist Baumeister x. Welche Schlaufen in der Firma verwendet werden und welche Betondeckung nach der Vorschrift vorhanden sein muss, kann der Berufungswerber nicht angeben. Grundsätzlich werden die Schlaufen bzw. Eisenbügel eingesetzt und dann die Betondecke gegossen. Bereits am nächsten Tag wird dann das Schutzgerüst montiert.

Der Arbeitnehmer x sollte die Schlaufen montieren und das Gerüst in die Schlaufen einhängen. Dabei handelte es sich um die zweite Geschoßdecke.

Bei dem verwendeten Schutzgerüst handelte es sich um ein System, bei dem das Schutzgerüst über x verfügt, die dann in die Schlaufen eingehängt werden. Die verwendeten Schlaufen sind Metallbügel mit Haken, wobei die Haken in die Horizontalbewehrung eingehängt werden und dann die Schlaufen in Beton eingegossen werden. Das Betonieren erfolgte am Vortag, sodass der Beton noch nicht richtig ausgehärtet war. Auch ereignete sich der Unfall im Eckbereich und war die Betonabdeckung bei den Schlaufen äußerst gering. Darüber hinaus war nicht gesichert, ob die Schlaufen in der Deckenbewehrung eingehackt waren. Auf den Fotos ist ersichtlich, dass bei den Schlaufen keine Betonabdeckung darüber ersichtlich ist. Im Eckbereich ist die Verankerung ausgerissen und befindet sich die Absturzstelle. (Bild 2, 4 u. 5 im Polizeibericht). Das verwendete Systemgerüst an sich ist bei fachgerechter Ausführung geeignet für schwere Lasten, vermutlich 300 kg pro . Grundsätzlich erreicht Beton nach etwa 28 Tagen die volle Aushärtung. Dies hängt ab von Witterung, Temperatur, Dicke der Betondecke. Hinsichtlich der Benutzbarkeit des Gerüstes ist übliche Praxis, dass einige Tage gewartet wird. In Sonderfällen wie zB. bei Aussparungen wird auch dahingehend vorgegangen, dass eine Abstützung von unten erfolgt.

 

Der Arbeitnehmer x ist als Maurer im Unternehmen beschäftigt. Er war schon am Vortag des 23.3.2011 mit dem Einbetonieren der Schlaufen für das Gerüst befasst. Er hat dies noch nicht sehr oft gemacht, hat aber bereits im unteren Stockwerk des selben Gebäudes diese Arbeiten durchgeführt. Er wurde vom Vorarbeiter x unterwiesen, wie das zu machen ist. Grundsätzlich sind die Schlaufen bei der vorhandenen Eisenmatte bzw. Eisenbewehrung einzuhängen. Im betreffenden Eckbereich war aber eine Aussparung gegeben. Der Arbeitnehmer hat daher eine zusätzliche Eisenmatte genommen und diese auf einer Schalttafel befestigt. Auf dieser Eisenmatte hat er dann die Schlaufe eingehängt. Diese Vorgehensweise hat er auch mit dem Vorarbeiter besprochen und hat dieser dieser Vorgehensweise zugestimmt. Auch hat der Arbeitnehmer den Vorarbeiter gefragt, ob das am Eck halten würde. Es wurde ihm gesagt, das Gerüst einzuhängen. Die Betondecke wurde am Vortag gegossen. Am 23.3.2011 hat der Arbeitnehmer mit dem Vorarbeiter das Gerüst eingehängt. Im weiteren Vorgehen war das Gerüst an dieser Geschoßdecke schon rundum eingehängt und nur mehr die Eckverbindung herzustellen. Zu diesem Zweck wurde dieser Eckbereich betreten, ist dann das Gerüst ausgerissen und der Arbeitnehmer abgestürzt. Zu diesem Zeitpunkt ist ein weiterer Arbeitnehmer unten gestanden und wollte eine Strebe zur Abstützung im Eckbereich anbringen. Dieser ist dann ebenfalls abgestürzt. Die Bedenken des abgestürzten Arbeitnehmers hinsichtlich dieses Eckbereiches waren insofern gegeben, weil dort eine Aussparung war und es schon beim Einhängen der Schlaufen Probleme gegeben hat. Die betreffende Betondecke wurde am Vortag ungefähr um 15 bzw. 16 Uhr nachmittags fertig gestellt; am darauffolgenden 23.3.2011 zwischen 9 und 10 Uhr passierte der Unfall. Zwar ist der abgestürzte Arbeitnehmer bei der darunter liegenden Geschoßdecke in gleicher Weise vorgegangen, allerdings wurde bei dieser Geschoßdecke nach dem Betonieren länger zugewartet. Es wurde in der Zwischenzeit etwas anderes gearbeitet.

Der Bauleiter war am 23.3.2011 nicht auf der Baustelle anwesend. Der Arbeitnehmer hat nicht wahrgenommen, dass sich der Bauleiter das Gerüst auf der Baustelle bzw. die Einhängeschlaufen anschaut. Der Bauleiter kommt jedenfalls regelmäßig zur wöchentlichen Baubesprechung am Dienstag auf die Baustelle, ansonsten je nach Bedarf. Da der 23.3.2011 ein Mittwoch war, war der Bauleiter am Vortag bei der Baustellenbesprechung und wurde an diesem Tage betoniert. Eine ausdrückliche Anweisung, am nächsten Tag das Gerüst einzuhängen, gab der Bauleiter nicht. Es wurde ihm auch nicht mitgeteilt, dass es beim Einhängen der Schlaufen Schwierigkeiten gegeben hätte. Der Vorarbeiter x ist schon lange bei der Firma und hat auch bei der Firma gelernt. Er ist ein zuverlässiger und guter Vorarbeiter. Das Einhängen der Schlaufen ist eine Tätigkeit, die die Facharbeiter schon sehr oft ausgeführt haben. Auch der Verunfallte Arbeitnehmer hat die Vorgehensweise schon an der unteren Geschoßdecke gemacht und auch bei einer vorausgegangenen Baustelle in x Schlaufen gesetzt. Der Vorarbeiter ist dem Bauleiter unterstellt und vor Ort immer auf der Baustelle anwesend und für die Baustelle verantwortlich. Bei Fragen oder Bedenken nimmt dieser Kontakt mit dem Bauleiter auf. Eine ausdrückliche Anweisung hiefür gibt es nicht. Der Bauleiter hat die Baumeisterprüfung. Er bestätigt, dass normalerweise am nächsten Tag nach der Betonierung das Gerüst eingehängt wird. Im Prinzip bestimmt dies in der Firma der Vorarbeiter. Es hängt auch davon ab, ob ein Zeitdruck auf der Baustelle besteht. Im konkreten Fall war schon Zeitdruck gegeben. Da Schwierigkeiten beim Einhängen der Schlaufen dem Bauleiter nicht mitgeteilt wurden, wurde dies auch nicht von ihm kontrolliert. Hinsichtlich der Aussparung im Eckbereich führt er aus, dass hier ein Fehler beim Rosteisen bzw. beim Setzen des Bewehrungseisens passiert sei, nämlich das nicht hinter der Aussparung – wie es geschehen ist – das Rosteisen gesetzt werden sollte, sondern zwischen Aussparung und Abschalung, also im Randbereich. Der Bauleiter hat erst nachträglich davon erfahren, dass das Rosteisen hinter der Aussparung gesetzt wurde. Der Bauleiter hat über die Aussparungen nicht konkret Bescheid gewusst. Es gibt zwar für die Baustelle einen Bewährungsplan und sind aus dem Bewährungsplan auch die Aussparungen ersichtlich. Der Bauleiter hat sich aber nicht jede Aussparung konkret angesehen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist im Grunde der vorliegenden Fotos sowie der Aussagen der Zeugen erwiesen. Die Zeugen machten einen glaubwürdigen Eindruck und bestand für den erkennenden Verwaltungssenat kein Zweifel an der Wahrheitsgemäßheit der Aussage. Aufgrund der einhelligen Angaben war jedenfalls erwiesen, dass am Vortag am Nachmittag die Betondecke gegossen wurde und bereits am nächsten Tag vormittags das Gerüst eingehängt wurde. Auch waren zusätzliche Maßnahmen im Eckbereich bei der Aussparung nicht durchgeführt.

Eine weitere Beweisaufnahme durch Befragung des Zeugen x war hingegen nicht erforderlich, weil der Sachverhalt ausreichend geklärt ist und weil das Setzen einer Eisenmatte nicht unmittelbar Gegenstand des Tatvorwurfes ist. Es ist daher die Frage nicht relevant für die Entscheidung.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 68 Abs. 2 Satz 3 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idF. BGBl. II Nr. 3/2011, müssen Schlaufen unabhängig von der Haftlänge hakenförmig in die Stahlbewehrung der Decke oder in andere geeignete Konstruktionen eingreifen und dürfen erst dann belastet werden, wenn der Beton ausreichende Festigkeit erreicht hat oder durch andere Maßnahmen ein Herausziehen der Schlaufen verhindert wird.

 

Gemäß § 118 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwider handelt.

 

Im Grunde der Sachverhaltsfeststellungen ist erwiesen, dass am Vortag des 23.3.2011 am Nachmittag die Geschoßdecke in Beton gegossen wurde und am 23.3.2011 vormittags das Gerüst eingehängt wurde. Auch war über den Schlaufen bzw. Bügeln keine Betondeckung ersichtlich. Da die Aushärtung des Betons von Faktoren wie Witterung, Temperatur und Dicke der Betondecke abhängt, war zum Tatzeitpunkt – es herrschte Frühjahr – nicht von der ausreichenden Festigkeit auszugehen. Darüber hinaus ist auch unbestritten, dass andere Maßnahmen nicht gesetzt wurden. So wurde vom Arbeitnehmer ausgeführt, dass ein weiterer Arbeitnehmer unten gestanden ist und eine Strebe zur Abstützung im Eckbereich anbringen wollte und aufgrund des Absturzes dann mitgerissen wurde. Es wurde daher ohne andere Maßnahme das Gerüst durch den abstürzenden Arbeitnehmer belastet. Es war daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung einwandfrei erfüllt.

Der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer hat die Tat auch gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

Ob hingegen im Eckbereich vom Arbeitnehmer eine Eisenmatte gesetzt wurde und eigene geeignete Maßnahmen getroffen wurden, ist nicht Gegenstand des Tatvorwurfes. Dieses Vorbringen kann daher den Berufungswerber nicht entlasten. Darüber hinaus führt das weitere Vorbringen, dass der Berufungswerber nicht selbst das Konsolgerüst belastet habe, nicht zum Erfolg, sondern wird ihm die Tathandlung als nach außen vertretungsbefugtes Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH angelastet. Zur Klarstellung wurde auch eine entsprechende Spruchberichtigung vorgenommen. Der relevante Sachverhalt wurde hingegen dadurch nicht berührt oder verändert.

 

5.2. Der Berufungswerber macht mangelndes Verschulden geltend, weil der Arbeitnehmer x selbst die Schlaufen eingehängt hätte und weil er nicht den Vorarbeiter oder den Bauleiter über Schwierigkeiten informiert hätte und daher der Arbeitnehmer seine Verletzungen selbst zu verantworten hätte.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinne dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Berufungswerbers nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere ist hervor zu heben, dass der Berufungswerber sich auf die Verantwortung des Baumeisters und des Vorarbeiters beruft. Diese hätten die erforderlichen Kenntnisse und geben die Anordnungen für die Baustelle. Der Berufungswerber führt selbst aus, dass er Kontrollen des Baumeisters und Vorarbeiters nicht vornimmt, insbesondere ist für das Aufstellen des Gerüstes und die Kontrolle des Gerüstes der Bauleiter und der Vorarbeiter zuständig. Ob diese nachprüfen und kontrollieren wird vom Berufungswerber nicht überprüft. Auch gibt der Berufungswerber an, dass er nicht regelmäßig auf der Baustelle war. Es ist daher schon aus diesem Grunde ein ausreichendes lückenloses Kontrollsystem vom Berufungswerber nicht behauptet und auch nicht unter Beweis gestellt. Auch hat das weitere Beweisverfahren ergeben, dass auch der zuständige Bauleiter das Gerüst nicht kontrolliert hat und auch über die Aussparungen und konkreten Probleme im Eckbereich nicht Bescheid wusste. Insbesondere führte er keine Kontrollen durch. Auch gab er an, dass der entsprechende Bewehrungsplan von ihm nicht genau hinsichtlich jeder Aussparung angesehen wird. Er war daher auch nicht über Probleme im Eckbereich informiert. Jedenfalls war aber der Bauleiter am Vortag des Tattages auf der Baustelle bei der Baustellenbesprechung und wusste er auch, dass am nachfolgenden Tag das Gerüst eingehängt wird. Er hat sich aber nicht hinsichtlich der erforderlichen Befestigung erkundigt und hat auch nicht die Konstruktion kontrolliert. Auch dies weist daher ein mangelndes Kontrollsystem nach. Auch gab es keinerlei ausdrückliche Anordnungen, dass bei Problemen und Schwierigkeiten der Vorarbeiter bzw. der Bauleiter kontaktiert werden muss. Der Bauleiter führt dazu selbst aus, dass er bei Unsicherheiten oder Fragen vom Vorarbeiter von sich aus kontaktiert wird. Eine ausdrückliche Anordnung gibt es nicht. Darüber hinaus gibt es aber auch keine Anordnung, wie auf der konkreten Baustelle bei den einzelnen Aussparungen vorgegangen werden muss. Es wurden daher nicht konkreten Maßnahmen geltend gemacht und unter Beweis gestellt, die unter vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gewährleisten können. Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrmals ausgesprochen (VwGH vom 24.9.2010, Zl. 2009/02/0097-5), das es nicht ausreicht, dass auf den einzelnen Baustellen Bauleiter mit der Überwachung und Einhaltung an Ort und Stelle verantwortlich sind. Vielmehr ist es für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems unter anderem erforderlich, aufzuzeigen, welche Maßnahme im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden. Stichprobenartige Überprüfungen der Baustelle und die Erteilung von Weisungen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften reichen nicht aus. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur dargelegt, dass das entsprechende Kontrollsystem auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften Platz zu greifen hat. Es kann daher kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (vgl. zB. VwGH 23.3.2012, 2010/02/0263).

Es ist daher dem Berufungswerber eine Entlastung nicht gelungen, weshalb vom Verschulden, zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat die Unbescholtenheit als Strafmilderungsgrund gewertet. Weder im Verfahren erster Instanz noch im Berufungsverfahren macht der Berufungswerber Ausführungen hinsichtlich Strafmilderungsgründe oder seiner persönlichen Verhältnisse. In Anbetracht des gesetzlichen Strafrahmens liegt die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens und beträgt nicht einmal ein Zehntel der Höchststrafe. Da der Unrechtsgehalt der Tat erheblich ist, zumal in grober Weise der Schutzzweck der Norm verletzt wurde, in dem es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Gesundheit von Arbeitnehmern gekommen ist und daher auch nachteilige Folgen eingetreten sind, war dies im Rahmen des § 19 Abs. 1 VStG zu werten. Auch hat sich der Berufungswerber anzulasten, dass auch im Hinblick auf seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht hervorgekommen ist, dass der Betrieb so gestaltet wird, dass ein Kontrollsystem im Betrieb organisatorisch aufgebaut wurde. Es wurden keine Maßnahmen vorgebracht, die zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften dienen sollen. Es war daher die verhängte Geldstrafe erforderlich, um den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und ihn zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen. Die von der belangten Behörde berücksichtigte Unbescholtenheit lag zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz nicht vor, ist allerdings im Berufungsverfahren eingetreten. Dies war daher zu berücksichtigen. Weitere Milderungsgründe traten hingegen nicht hervor. Erschwerend waren ebenso keine Umstände zu werten. Da der Berufungswerber keine Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen gemacht hat ist von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen. Unter Zugrundelegung dieser Aspekte ist aber die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe angemessen und nicht überhöht. Es konnte daher die Strafe bestätigt werden.

 

Ein Überwiegen der Milderungsgründe war nicht festzustellen und daher eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht in Betracht zu ziehen. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter den in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurück bleibt. Mangels dieser Voraussetzung war daher auch von einem Absehen der Strafe gemäß § 21 VStG nicht Gebrauch zu machen. Darüber hinaus waren auch nachteilige Folgen zu verzeichnen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 140 Euro, festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

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