Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101239/6/Fra/Ka

Linz, 30.08.1993

VwSen - 101239/6/Fra/Ka Linz, am 30.August 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzer: Dr. Schieferer) über die Berufung des R M, gegen die mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 23. März 1993, AZ: St.12.796/92/In, wegen Übertretung des § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960, verhängte Strafe, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe auf 8.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf eine Woche herabgesetzt wird.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 24 und 51 VStG.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 800 S. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 23. März 1993, AZ: St.12.796/92-In, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt, weil er am 20. Oktober 1992 um 00.20 Uhr in L, auf der U.straße nächst dem Hause z ein Fahrrad stadtauswärts gelenkt und am 20. Oktober 1992 um 00.24 Uhr in L, auf der U.straße nächst dem Hause z trotz begründeter Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung (deutlicher Geruch der Atemluft nach Alkohol, schwankender Gang, undeutliche Aussprache, deutliche Rötung der Augenbindehäute) und trotz Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat verweigert hat. Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

I.2. Die fristgerecht gegen das oa Straferkenntnis erhobene Berufung richtet sich gegen das Strafausmaß. Die Erstbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen. Sie legte das Rechtsmittel samt Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor. Dieser entscheidet, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer (§ 51c VStG). Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und in dieser kein ausdrückliches Verlangen nach Durchführung einer Verhandlung gestellt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

I.3. Der Berufungswerber bringt vor, daß er seit August 1992 beim Amt für soziale Angelegenheiten und bei der ARGE Trödlerladen als Sozialhilfearbeiter beschäftigt sei und ein Einkommen von ca. 8.000 S beziehe. Neben der Miete in Höhe von 1.400 S habe er noch Alimentationskosten von 3.000 S zu begleichen. Die Bezahlung einer Strafe in der geforderten Höhe würde ihn vor sehr große finanzielle Probleme stellen. Seit ca. einem Jahr sei er in der Beratung der ARGE für Obdachlose und er habe in dieser Zeit sowohl ein Zimmer als auch eine Arbeitsstelle gefunden. Er sei sehr bemüht, Ordnung in sein Leben zu bringen und zukünftig solche Straftaten zu vermeiden, um ein neues Leben aufzubauen. Aus den genannten Gründen ersuche er um Herabsetzung der Strafe.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.4.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

I.4.2. Der gesetzliche Strafrahmen für die sogenannten "Alkoholdelikte" beträgt 8.000 S bis 50.000 S. Daraus ist ersichtlich, daß diese Übertretungen einen erheblichen Unrechtsgehalt aufweisen. Sie zählen zu den gravierendsten Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung, weil sie geeignet sind, die durch die Strafdrohung geschützten Interessen der Verkehrssicherheit in besonderem Maße zu schädigen. Der Erstbehörde kann somit vom Aspekt des Unrechtsgehaltes der Übertretung nicht entgegengetreten werden, wenn sie eine Geldstrafe verhängt hat, welche sich noch im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens bewegt. Eine Herabsetzung der Strafe auf das Mindestmaß ist dennoch aus folgenden Gründen vertretbar und geboten:

Die Erstbehörde hat als erschwerend für die Strafbemessung den Umstand gewertet, daß der Beschuldigte "schon zweimal, und zwar am 13.6.1992 und 21.7.1992 jeweils ein Fahrrad in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat". Dies ist unzulässig, denn es liegt zum einen auf der Hand, daß der Beschuldigte zum Zeitpunkt der gegenständlichen Alkotestverweigerung wegen der zuvor genannten Übertretungen noch nicht verwaltungsbehördlich bestraft war. Die Bestrafung wurde mit Erkenntnissen ausgesprochen, welche mit gleichem Datum wie das gegenständliche zugestellt wurden. Die Erstbehörde ist darauf hinzuweisen, daß nur rechtskräftig verhängte Strafen bei der Strafbemessung berücksichtigt werden dürfen (vgl. ua VwGH vom 1.7.1981, 81/03/0061 uva). Weiters ist zu berücksichtigen, daß durch das Lenken eines Fahrrades in alkoholisiertem Zustand grundsätzlich die Verkehrssicherheit in einem weniger gravierenden Ausmaß beeinträchtigt erscheint, als durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges. Hinzuzufügen ist weiters, daß der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zur Strafbemessung keinerlei Ausführungen über berücksichtigte Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu entnehmen sind. Im Hinblick auf die vom Berufungswerber im Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat glaubhaft gemachten Einkommensverhältnisse, welche als ungünstig zu bezeichnen sind, sowie der Alimentationsleistungen waren weitere Gründe für eine Reduzierung der Strafe gegeben. Darüber hinaus hat der Berufungswerber glaubhaft dargetan, in Hinkunft gleichartige Übertretungen zu vermeiden, weshalb auch aus präventiven Überlegungen keine höhere Strafe geboten ist.

Zusammenfassend war daher aufgrund der genannten Überlegungen die Herabsetzung der Geldstrafe auf die Mindeststrafe vertretbar und geboten.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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