Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281411/9/Kl/TK/BU

Linz, 06.09.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 3. April 2012, Ge96-91-2011-Bd/Pe, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung  am 20. Juni 2012 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Die Berufungswerberin hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 60 Euro, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 3. April 2012, Ge96-91-2011-Bd/Pe, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 300 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 3 Abs. 1 und 10 Abs. 1 Z 1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz verhängt, weil sie als Bauherrin auf der Baustelle in X, zu vertreten hat, dass anlässlich einer Kontrolle durch Organe des Arbeitsinspektorates Linz am 12.09.2011 festgestellt wurde, dass, obwohl die Ausführungsphase bereits begonnen hatte und auf dieser Baustelle gleichzeitig und aufeinander folgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig waren, von ihr als Bauherrin kein Planungskoordinator für die Vorbereitungsphase und Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase bestellt waren.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz hat die Bauherrin, wenn auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinander folgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig sind, einen Planungskoordinator für die Vorbereitungsphase und einen Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase zu bestellen.

 

Zum Zeitpunkt der Kontrolle wurden Dachdeckerarbeiten durchgeführt.

 

Da sie bis zum 12.09.2011 noch keinen Baustellenkoordinator und auch keinen Planungskoordinator bestellt hatte, hat sie gegen die Bestimmungen des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes verstoßen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

Begründend wurde ausgeführt, dass zu keiner Zeit auf der Baustelle gleichzeitig Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig waren. Richtig sei, dass auf der Baustelle nacheinander (nicht aufeinanderfolgend) Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig waren, allerdings waren zwischen dem Abzug der Arbeitnehmer des einen Arbeitgebers und dem Anrücken der Arbeitnehmer des anderen Arbeitgebers immer Zeitspannen von mehreren Wochen gelegen, in denen ausschließlich Eigenleistungen erbracht wurden. Es sind sämtliche Arbeiten plangemäß stets nacheinander, ohne Beeinflussung in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer/Innen erfolgt. Die beschäftigten Werkunternehmer haben auftragsgemäß stets ihre eigenen Sicherheitseinrichtungen wie etwa Gerüste und Zugänge eingerichtet, sodass diesbezüglich keinerlei Koordinationsbedarf gewesen war. Zu keiner Zeit haben Tätigkeiten von Arbeitnehmern verschiedener Arbeitgeber einander in einer Weise beeinflusst, dass Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer beeinträchtigt gewesen wäre. Es bestand daher kein Koordinationsbedarf im Sinne des BauKG, weshalb die Bestellung eines Baustellenkoordinators nicht erforderlich war. Da von Anfang an geplant war, dass auf der Baustelle zu keiner Zeit gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig werden, war auch kein Planungskoordinator für die Vorbereitungsphase zu bestellen. Es wird auf die Website der Arbeitsinspektion hingewiesen, wonach ein Schutz nur erforderlich sei, "wenn diese Tätigkeiten" einander beeinflussen", sodass Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer/Innen beeinträchtigt werden (keine Koordinatorenbestellung wenn Arbeiten nacheinander ohne Beeinflussung in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer/Innen erfolgen)." Sollte die vom Arbeitsinspektorat veröffentlichte Kommentierung unrichtig sein, so sei jedenfalls entschuldbarer Rechtsirrtum gegeben. Darüber hinaus sei Verfolgungsverjährung eingetreten, weil die Vorbereitungsphase vor dem 30.8.2010 endete und daher keine rechtzeitige Verfolgungshandlung gesetzt wurde.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu welcher die Parteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangte Behörde erschienen sind. Weiters wurde der Zeuge Arbeitsinspektor Dipl.-Ing.  X geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahren steht als erwiesen fest:

 

Die Berufungswerberin errichtet in X, zusammen mit ihrem Lebensgefährten ein Einfamilienhaus. Es wurde gemeinsam die Baugenehmigung erwirkt und sind beide die Bauherren. Es wurde der Bau bereits im Jahr 2010 durch Erdaushubarbeiten und anschließenden Kellerbau durch die Fa. X, X, begonnen; Beginn war am 30.8.2010. Im Winter 2010/11 war Baustillstand. Im Juni 2011 wurde von der Fa. X in X der Rohbau ausgeführt. Diese war auch Bauführer. Es wurde daher der Baumeister gewechselt. Weitere Arbeiten hat die Fa. X nicht durchgeführt. Seitens der Fa. X wurde der Berufungswerber auf die Notwendigkeit eines Planungskoordinators und Baustellenkoordinators hingewiesen.

Die Zimmereiarbeiten wurden von der Fa. X durchgeführt und am 31. Juli 2011 die Ausführung des Dachstuhls beendet. Erst am 5.9.2011 wurden die Dachdeckerarbeiten durch die Fa. X, X, begonnen. Die Fa. X führte auch die Spenglerarbeiten durch.

Zum Zeitpunkt der Kontrolle am 12.9.2011 waren die Dacheindeckarbeiten bereits weitgehend abgeschlossen. Es wurden noch Eindeckarbeiten durchgeführt. Auch waren bereits Dachspenglerarbeiten ausgeführt. Zum Kontrollzeitpunkt war weder ein Planungskoordinator noch ein Baustellenkoordinator bestellt.

Die Fenster wurden erst im November 2011 durch die Fa. X eingebaut, mit dem Innenausbau wurde erst im Sommer 2012 begonnen.

Die Berufungswerberin war zum Kontrollzeitpunkt nicht auf der Baustelle anwesend. Sie wurde vom Dachdecker im Nachhinein über die Kontrolle informiert. Dabei wurde sie informiert, dass das verwendete Gerüst beanstandet wurde, weil es unter der gesetzlich geforderten Höhe war. Sicherheitseinrichtungen werden vom jeweiligen Gewerk bzw. Arbeitgeber auf die Baustelle mitgebracht und nach Beendigung vom Arbeitgeber wieder mitgenommen. Die Sicherheitseinrichtungen werden nicht von mehreren Arbeitgebern bzw. deren Arbeitnehmern benutzt.

Zum Kontrollzeitpunkt waren Firmen anderer Gewerke nicht anwesend.

Bei der Dachausführung handelt es sich um aufeinanderfolgende Gewerke, nämlich Zimmereiarbeit, Dacherdecker- und Spenglerarbeiten, die nacheinander Zug um Zug auszuführen sind. Zum Schutz der Arbeitnehmer bedarf es einer Koordination im Hinblick auf gemeinsame Einrichtungen und Schutzmaßnahmen, wie z.B. gemeinsames Dachfanggerüst, gemeinsame Zugänge usw..

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist im Grunde der bei der mündlichen Verhandlung vorgelegten und zum Akt genommenen Fotos sowie der Aussagen des einvernommenen Zeugen erwiesen. An der Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen keine Zweifel. Auch handelt es sich aufgrund der langjährigen Berufserfahrung um einen sachverständigen Zeugen. Darüber hinaus gründen sich die Feststellungen aber auch auf die Angaben der Berufungswerberin, insbesondere im Hinblick auf die schrittweise Bauausführung und Auftragsvergabe.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs. 1 und 2 Bauarbeitenkoordinationsgesetz - BauKG, BGBl. I Nr. 37/1999 idF. BGBl. I Nr. 42/2007 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) soll dieses Bundesgesetz Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer auf Baustellen durch die Koordinierung bei der Vorbereitung und Durchführung von Bauarbeiten gewährleisten. Dieses Bundesgesetz gilt für alle Baustellen, auf denen Arbeitnehmer beschäftigt werden.

Gemäß § 2 Abs. 1 BauKG ist Bauherr im Sinn dieses Bundesgesetzes eine natürliche oder juristische Person oder sonstige Gesellschaft mit Rechtspersönlichkeit, in deren Auftrag ein Bauwerk ausgeführt wird.

Gemäß § 2 Abs. 4 BauKG ist Vorbereitungsphase der Zeitraum vom Beginn der Planungsarbeiten bis zur Auftragsvergabe.

Gemäß § 2 Abs. 5 BauKG ist Ausführungsphase der Zeitraum von der Auftragsvergabe bis zum Abschluss der Bauarbeiten.

Gemäß § 3 Abs. 1 BauKG hat der Bauherr, wenn auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig werden, einen Planungskoordinator für die Vorbereitungsphase und einen Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase zu bestellen. Dieselbe Person kann Planungs- und Baustellenkoordinator sein.

Gemäß § 3 Abs. 4 BauKG hat die Bestellung des Planungskoordinators zu Beginn der Planungsarbeiten zu erfolgen. Die Bestellung des Baustellenkoordinators hat spätestens bei Auftragsvergabe zu erfolgen.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 790 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Bauherr die Pflichten nach § 3 dieses Bundesgesetzes verletzt.

 

In den Materialien (erläuternde Bemerkungen in der Regierungsvorlage, 1462 der Beilagen XX. GP) wird ausgeführt, dass die Bestimmungen des BauKG der Umsetzung der Artikel 2 bis 7 der RL 92/57/EWG dienen. Die Notwendigkeit, einen Koordinator für Baustellen zu bestellen, auf denen gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber beschäftigt werden, ist von der RL vorgegeben – Art. 3 Abs. 1. Eine Koordination lediglich für jene Baustellen, auf denen gleichzeitig Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber beschäftigt werden, könnte auch gar nicht den erwarteten Erfolg bringen, denn damit würden beispielsweise Gefahren aus einem nichttragfähigen Boden für Arbeitnehmer, die Fassadenarbeiten auf Gerüsten verrichten, weiterhin ausschließlich in die Verantwortung des Arbeitgebers fallen. § 2 Abs. 4 definiert die Vorbereitungsphase des Bauprojekts. Diese Definition ist notwendig, da der Zeitpunkt der Bestellung von Koordinatoren für Sicherheit und Gesundheitsschutz und auch deren Aufgabenbereiche in der Vorbereitungs- und in der Ausführungsphase unterschiedlich sind. Aus Art. 4 der RL 92/57/EWG ergibt sich, dass in die Vorbereitungsphase Entwurf, Planung und Vorbereitung eines Bauprojekts fallen. § 2 Abs. 5 definiert die Ausführungsphase eines Bauwerks. In Abgrenzung zur Vorbereitungsphase beginnt die Ausführungsphase erst mit der Vergabe der Aufträge. Die verpflichtende Bestellung von Koordinatoren für alle Baustellen, auf welchen Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber gleichzeitig oder aufeinanderfolgend beschäftigt werden, zählt zum Kernstück der durch die Umsetzung der RL bedingten Neuerungen. Damit soll wirksame Abhilfe gegen die aus dem gleichzeitigen oder aufeinanderfolgenden Zusammentreffen der Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber auf einer Baustelle resultierende erhöhte Unfallgefahr geschaffen werden. Aufgabe des Koordinators ist es, bei Einteilung der Arbeiten und Arbeitsabläufe – in der Planungs- und in der Bauphase - darauf zu achten, dass für Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer keine Gefahren entstehen.

 

5.2. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes wurden Bauarbeiten auf der genannten Baustelle zum Kontrollzeitpunkt vorgenommen und war verantwortliche Bauherrin die Berufungswerberin. Da zweifelsohne für die Errichtung des Einfamilienhauses mehrere Gewerke erforderlich waren und gerade auch im Hinblick auf die gegenständlich durchgeführten bzw. noch durchzuführenden Arbeiten für die Herstellung des Daches mehrere Gewerke und daher mehrere Arbeitgeber erforderlich waren, war der Anwendungsbereich des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes gegeben. Wie sich eindeutig erwiesen hat, wurden die Zimmereiarbeiten von der Fa. X bis 31.7.2011, im Anschluss die Dacheindeckarbeiten und Dachspenglerarbeiten von der Fa. X ab 5.9.2011 durchgeführt. Die Dacheindeckarbeiten waren auch zum Kontrollzeitpunkt 12.9.2011 im Gange. Zweifelsohne ist aus Sicht des Arbeitsnehmerschutzes eine Koordination dieser Aufgaben erforderlich, insbesondere sind auch die Grundsätze der Gefahrenverhütung und des Arbeitnehmerschutzes zu berücksichtigen. Diese geben dem kollektiven Arbeitnehmerschutz den Vorrang. Es sind daher jedenfalls für die genannten Arbeiten gemeinsame Sicherheitseinrichtungen zur Absturzsicherung sowie zur Besteigung des Daches erforderlich. Zweckmäßigerweise werden solche Sicherheitseinrichtungen nicht von jedem Gewerk aufgebaut und wieder abgebaut, sondern für die erforderlichen Arbeiten bis zur Fertigstellung gemeinsam errichtet und benutzt. Diesbezüglich ist eine Koordination erforderlich. Nichts anderes ist aus den angeführten Gesetzesstellen bzw. den erläuternden Bemerkungen zu den Gesetzesbestimmungen zu entnehmen. Dass zwischen den Gewerken Zeitspannen dazwischen liegen, tut dem Schutzzweck der Norm keinen Abbruch. Insbesondere hat sich nach den Ausführungen des Berufungswerbers gezeigt, dass zwischen Dachzimmerei und Dacheindeckung etwa ein Monat gelegen ist. Es ist daher durchaus noch von aufeinanderfolgenden Arbeiten auszugehen. Es wäre daher zur Planung und Baustellenkoordination ein Koordinator zu bestellen gewesen. Es hat daher die Berufungswerberin ihre Verpflichtung, einen Planungskoordinator und einen Baustellenkoordinator zu bestellen, verletzt. Es wurde daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

Im Hinblick auf die von der Berufungswerberin eingewendete Verjährung ist jedoch auszuführen, dass die relevanten Dacharbeiten jedenfalls erst nach Rohbauherstellung, also ab Juli 2011 erfolgten und daher die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist zum Zeitpunkt der erstmaligen Tatanlastung mit Strafverfügung vom 6.10.2011 noch nicht verstrichen war, kann doch von einer Auftragsvergabe unmittelbar vor Durchführung ausgegangen werden. Darüber hinaus hält der rechtswidrige Zustand an, indem auch weiterhin keine Bestellung vorgenommen wurde, sodaß Verfolgungsverjährung nicht eintritt.

Als Bauherrin hat die Berufungswerberin daher die Tat zu verantworten.

 

Der Verweis auf die Website des Arbeitsinspektorates führt aber insofern nicht zum Erfolg, als auch bei der von der Berufungswerberin vorgewiesenen Information zu entnehmen ist, dass beispielsweise bei einer Dachumdeckung, bei der nacheinander Zimmerer, Dachdecker und Spengler tätig werden, der Schutz der Arbeitnehmer/Innen sehr wohl der Koordination bedarf, weil gemeinsame Einrichtungen und Schutzmaßnahmen erforderlich sind, wie ein gemeinsames Dachfanggerüst, gemeinsame Zugänge und anderes mehr. Es wird daher auch hier auf die Notwendigkeit eines Koordinators hingewiesen.

 

5.3. Eine Entlastung ist der Berufungswerberin nicht gelungen.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Die Berufungswerberin hat kein Vorbringen gemacht, das zu ihrer Entlastung dienen kann. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass erwiesenermaßen eine Belehrung der Berufungswerberin durch den Bauführer, nämlich durch das Bauunternehmen X stattgefunden hat, wonach auf die Notwendigkeit eines Baustellenkoordinators hingewiesen wurde. Eine unrichtige Information oder rechtsirrige Information in der Website des Arbeitsinspektorates war nicht festzustellen, sodass auch kein Rechtsirrtum der Berufungswerberin angenommen werden kann. Es war daher zumindest von grob fahrlässiger Vorgehensweise der Berufungswerberin auszugehen. Dass die Berufungswerberin bei Rechtsunsicherheit bei der zuständigen Behörde, nämlich der Bezirksverwaltungsbehörde nachgefragt hätte und Rechtsauskunft verlangt hätte, wurde von der Berufungswerberin nicht einmal behauptet. Es liegt daher Verschulden vor.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat die persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten geschätzt. Diesen Angaben wurde auch in der Berufung nichts entgegen gesetzt. Auch wurden keine weiteren Milderungsgründe vorgebracht. Die belangte Behörde ist zurecht vom Milderungsgrund der Unbescholtenheit ausgegangen und hat Erschwerungsgründe nicht gewertet. In Anbetracht der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe und des gesetzlichen Höchstrahmens bei erstmaliger Tatbegehung ist die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens gelegen und beträgt nicht einmal 5 % der gesetzlichen Höchststrafe. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die verhängte Geldstrafe überhöht ist. Vielmehr ist sie tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen der Berufungswerberin angepasst. Da eine rechtswidrige Gesetzesanwendung bei der Strafbemessung nicht festzustellen war, konnte die verhängte Geldstrafe und die gemäß § 16 VStG bemessene Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt werden. Die Strafe ist auch geeignet die Berufungswerberin von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten.

Da mit Ausnahme der Unbescholtenheit weitere Milderungsgründe nicht vorliegen, war ein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe nicht festzustellen, sodass eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht in Betracht zu ziehen ist. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das tatbildmäßige Verhalten der Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurück bleibt. Es war daher mangels dieser Voraussetzung vom Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht Gebrauch zu machen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 60 Euro, festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

Beschlagwortung:

Planungskoordinator, Baustellenkoordinator mehrere Gewerke, Dacheindeckung, Dauerdelikt

 

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