Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301248/2/MB/WU

Linz, 12.09.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Berufung des X, geb. X, X, gegen das Straferkenntnis des Bundespolizeidirektors von Wels vom 7. Mai 2012, AZ: S-3452/12, wegen einer Übertretung nach dem Oö. Polizeistrafgesetz, zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das Straferkenntnis der belangten Behörde behoben und das Strafverfahren eingestellt. 

 

II.              Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat und vor der belangten Behörde zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 65f. VStG.


 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bundespolizeidirektors von Wels vom
16. April 2012, AZ: 2-S-3452/12, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 10 Abs. 1 iVm. 3 Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz – Oö. PolStG, eine Geldstrafe in Höhe von 40,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 18 Stunden) samt Kosten idHv. 4 Euro verhängt.

 

Im Spruch des Straferkenntnisses führt die belangte Behörde im Wort wie folgt aus:

 

"Sie haben am 28.02.2012 von 22.20 bis 22.34 Uhr in X durch das Klopfen einer großen Menge von Fleisch (Schnitzel) ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Der Lärm war störend, ungebührlich und vermeidbar und hat gegen ein Verhalten verstoßen, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden kann und jene Rücksichtnahme vermissen lassen, welche die Umwelt verlangen kann."

 

Als verletzte Rechtsvorschrift führt die belangten Behörde an: § 3 Abs. 1 O.Ö. PolStG

 

Nach der belangten Behörde stütze sich das Straferkenntnis auf die gegenständliche Anzeige und auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sowie das Geständnis des Bw. Die verhängte Strafe entspräche dem Unrechtsgehalt der Tat und sei schuldangemessen. Die persönlichen Verhältnisse des Bw seien auch berücksichtigt worden.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche – rechtzeitige – Berufung vom 26. April 2012, welche am selbigen Tag zur Post gegeben wurde.

 

Darin bringt der Bw vor, die Tat nicht begangen zu haben und beantragt sinngemäß die Behebung des Straferkenntnisses, sowie die Einstellung des Verfahrens. Begründend führt der Bw aus.

 

"Durch das „ungebührliche" Klopfen von viel Schnitzelfleisch, bekam ich eine Strafverfügung in Höhe von € 40,00. Am Strafamt legte ich bereits Berufung ein, bei einem Herrn X (welcher sehr unhöflich war), und dieser sogar das Maß auf € 44,00 erhöhte. Die ,von den netten Nachbarn alarmierten Beamten, um 22 Uhr35, trafen um 22Uhr 40 ein, das war am 28 Feb. d.J., konnten aber keinen „ungebührlichen" Lärm feststellen. Am 29. d.J. war unsere Hochzeit, einige Gäste waren geladen. Nur war mein „ungebührliches" Schnitzelklopfen etwa zwischen 19 u. 19 Uhr 30!!! Für eine „Straftat", die ich nicht begangen habe, werde auch nicht bezahlen, da bin ich auch sicher nicht der Einzige. Wie bereits bei meiner ersten Berufung erwähnt, muss man Angst haben wenn einem ein Teller zu Boden fällt oder die Katzen von der Couch springen, so „nette" Nachbarn sind das. Dabei ertragen wir doch auch deren „ungebührliche" Geräusche", ohne Polizeibeamte zu „belästigen", die bessere Aufgaben haben. Das Haus ist eben ziemlich hellhörig, die Hausverwaltung schweigt dazu, selbst wenn in der Nacht der Fahrstuhl betätigt wird hören wir das. Bekommt nun der Fahrstuhl eine Strafverfügung?

 

Ich hoffe Sie verstehen meine Situation, ich will sicher nicht, dass ich bei meinen Nachbarn, unsinnig die Beamten verständigen muss, wenn diese „ungebührlich" Lärm erzeugen."

 

2.1. Mit Schreiben vom 7. Mai 2012 legte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt vor.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da nach der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51c Abs. 2 VStG zu entfallen. Überdies erfolgte seitens des Bw keine Antragstellung.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

2.3.1. Ausgehend von der Anzeige des Herrn X geht der Oö. Verwaltungssenat davon aus, dass der Anzeiger am 28. Februar 2012 von 22.20 Uhr bis 22.34 Uhr durch Musiklärm gestört wurde. Weiters fühlte sich der Anzeiger, ohne einen Zeitraum angeben zu können, durch das Trampeln aus der Wohnung des Bw gestört. Seitens der die Anzeige legenden Polizeibeamten besteht dahingehend keine eigene behördliche Wahrnehmung.

 

2.3.2. Beweiswürdigend ist davon auszugehen, dass der Sachverhalt, der dem Erkenntnis der belangten Behörde zu Grunde gelegt wurde, keine Grundlage im Akt aufweist. Kein Ermittlungsergebnis indiziert diese Verdachtslage. Ein Geständnis betreffend der vorgeworfenen Tat konnte dem Akt – entgegen dem Straferkenntnis der belangten Behörde – nicht entnommen werden. Aus der Anzeige ergibt sich ebenso klar Gegenteiliges:

 

"Am 28.02.2012 um 22.35 Uhr wurde X (X, Gl und ML) in die X beordert, da dort angeblich Lärm erregt wird. Am EO eingetroffen konnte von uns keinerlei Lärm festgestellt werden. Mit dem angeblichen Lärmverursacher X, Nat. i. A., wurde Kontakt aufgenommen. Dieser gab an, dass er im Laufe des Tages Unmengen an Schnitzel geklopft hätte, weil er am 29.02.2012 heiratet. Möglicherweise fühlten sich die Nachbarn durch das Schnitzel klopfen gestört. Mit dem Anrufer X, Nat. i. A., wurde Kontakt aufgenommen. Dieser gab an, dass insbesondere in der Zeit von 22.20 Uhr bis 22.34 Uhr in der Wohnung des X unzumutbarer Lärm erzeugt wurde. X gab an, sich durch den Musiklärm gestört zu fühlen. Weiters fühlte sich X auch durch das unzumutbare Trampeln in der Wohnung des X gestört. Lt. Angaben des X war der Musiklärm vor unserem Eintreffen bereits beendet. Lt. Angaben des X war der Lärm vermeidbar und wirkte störend. Keine eigene dienstliche Wahrnehmung. Anzeige über Aufforderung des X. Als Rechtfertigung gab X sinngemäß folgendes an: „Ich heirate morgen und habe heute Schnitzel geklopft. Der Musiklärm wurde nicht von uns verursacht!"

 

Da nach den insofern nicht widersprochenen Feststellungen nur der Musiklärm beendet wurde, müsste auf dieser Basis, das "Trampeln" weiterhin andauern. Da jedoch aus der von der belangten Behörde herangezogenen Anzeige ersichtlich ist, dass keine eigene dienstliche Wahrnehmung der einschreitenden Organe vorhanden ist, muss der Schluss gezogen werden, dass das Trampeln eben nicht im Zeitraum von 22.20 bis 22.34 Uhr stattgefunden hat. Insofern ist dem Bw glauben zu schenken, dass er den Tag über – etwa 19.00 bis 19.30 Uhr – das Schnitzelfleisch bearbeitet hat. Darüber hinaus ist schon fraglich ob, für eine Hochzeitgesellschaft in 14 Minuten eine große Menge Schnitzel geklopft werden kann. Auch aus diesem Grund ist zum oben angeführtem Beweisergebnis zu gelangen.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis im Einzelnen keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz 1979, LGBl. Nr. 36/1979 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung LGBl. Nr. 77/2007, begeht, außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, eine Verwaltungsübertretung, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. sind unter störendem Lärm alle wegen ihrer Dauer, Lautstärke oder Schallfrequenz für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung tretenden Geräusche zu verstehen.

 

Gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. ist störender Lärm dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit Anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 lit. a Oö. PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß
§§ 1 und 3 von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion von dieser, mit Geldstrafen bis 360 Euro zu bestrafen.

 

3.2. Wie bereits unter 2.3.2. ausgeführt ergibt weder die Anzeige, noch die sonstigen Erhebungen oder gar ein "Geständnis", dass der Bw im besagten Tatzeitraum Schnitzel geklopft hat. Es findet sich lediglich die Aussage, dass der Bw am besagten Tag selbiges getan hat, aber eben nicht zwischen 22.20 Uhr und 22.34 Uhr. Gesichert kann nur angenommen werden, dass in diesem Tatzeitraum Musiklärm vorhanden war. Diese eigenständige Tat wurde jedoch von der belangten Behörde nicht aufgegriffen.

 

3.3. Insofern muss in dubio pro reo davon ausgegangen werden, dass die im Straferkenntnis umrissene Tat nicht vom Bw zu vertreten ist bzw. überhaupt nicht stattgefunden hat.

 

3.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

3.5. Am Rande sei aus verfahrensrechtlicher Sicht erwähnt, dass das in Prüfung stehende Straferkenntnis insofern dem Grunde nach mit Rechtswidrigkeit behaftet war, zumal keine Begründung mit Begründungswert vorhanden war.

 

3.6. Darüber hinaus ist zu beachten, dass in den Verfahrensschritten zu bemerken ist, dass die Tat nicht aufgrund der "dienstlichen Wahrnehmungen" eines Organes angezeigt wurde und auch kein Geständnis für den Zeitraum der Tat vorhanden war. Insofern war auch schon das Vorgehen mit Strafverfügung nicht zulässig.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gem. § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat und der belangten Behörde aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Beilage: Akt, Erkenntnis

Markus Brandstetter

 

 

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