Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560170/2/Re/CA

Linz, 22.08.2012

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der Frau X, X, vertreten durch  RA Mag. X, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. April 2012, GZ 301-12-2/1ASJF, wegen Abweisung des Antrags auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird unbegründet abgewiesen und der Bescheid der Erstbehörde vollinhaltlich bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

§ 66 Abs. 4 AVG 1991 i.V.m § 49 und § 7 des Landesgesetzes mit dem das Gesetz über die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Oberösterreich erlassen wird (Oö. BMSG).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) vom 17. April 2012, GZ 301-12-2/1ASJF, wurde der Antrag der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) vom 30. Dezember 2011 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs abgewiesen.

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die, aufgrund der bedingten Entlassung bestehenden Ansprüche gegenüber dem Bund, zumutbar und nicht offenbar aussichtslos erscheinen würden. Außerdem wäre es auf jeden Fall zumutbar und nicht offenbar aussichtslos, eine Mitversicherung in der Krankenversicherung der Eltern zu beantragen, um die medizinische Versorgung gewährleisten zu können.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 02. Mai 2012 per Fax gesendete – und damit rechtzeitige – Berufung vom 27. April 2012, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 04. Mai 2012 unter Anschluss des vollständigen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

 

Begründend führt die Bw in ihrer Berufung im Wesentlichen aus, dass die Eltern der Bw jedwede Unterhaltsleistungen mit der Begründung ablehnen würden, da die Bw im Rahmen der einvernehmlichen Scheidung auf Unterhalt verzichtet hätte, Unterhaltsansprüche gegenüber ihrer (der Bw) Eltern verwirkt seien und aufgrund der angespannten finanziellen Situation Unterhaltszahlungen nicht zumutbar wären.

 

3. Gemäß § 49 Oö. BMSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung zuständig und hat gemäß § 67a AVG durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3.1  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde. Gemäß § 67d AVG 1991 konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststand, darüber hinaus nicht beantragt und vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht für erforderlich erachtet wurde.

 

3.2  Aus den angeführten Beweismitteln ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der bereits der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde lag und vom Bw auch nicht bestritten wird:

 

Die Bw hat durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter Herrn Mag. X am 30. Dezember 2011 Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts gestellt. Die Bw ist seit 15. Dezember 2011 zur Untermiete in einer Wohnung in der X, hauptwohnsitzlich gemeldet. Der Unterkunftgeber ist die  X GmbH, Projekt X; vertraglich ist der Mietvertrag an Betreuungsvereinbarungen mit X gebunden.

 

Die Bw wurde am 01. August 2011 unter den Weisungen, einen Wohnsitz in einer betreuten Wohnungseinrichtung zu nehmen, die bestehende Psychotherapie fortzusetzen sowie monatliche Kontrollen der Medikamenteneinnahme an der Forensischen Ambulanz durchzuführen, aus einer mit Freiheitsentzug verbundenen, vorbeugenden Maßnahme bedingt entlassen. Laut Schreiben des Landesgerichts Linz vom 01. August 2011 werden gemäß § 179a StVG die mit der Unterbringung und Betreuung in der Nachsorgeeinrichtung verbundenen Kosten vom Bund getragen.

 

Die Probezeit der bedingten Entlassung wurde mit 5 Jahren bestimmt, die gerichtlich festgelegte Betreuungsdauer wurde von der X GmbH – X bis 1. August 2016 festgelegt.

 

Die Bw hat derzeit keinerlei Einkommen, bezieht aber Pflegegeld der Stufe 2 sowie erhöhte Familienbeihilfe. Die Kosten für die Betreuung der X GmbH und die X (X) werden zur Zeit vom Bund übernommen. Der Mietaufwand muss derzeit von der Bw selbst bestritten werden, obwohl das Landesgericht Linz die Übernahme der Kosten für die Unterbringung im Entlassungsschreiben vom 01. August 2011 zusichert. 

 

4. In der Sache  hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 7 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Anwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühungspflicht ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre.

 

Als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinne des Abs.1 gelten insbesondere:

1.      der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe der §§ 8-10

2.      der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11;

3.      die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre, sowie

4.      die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage. (Abs.2 leg.cit)

 

Die Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung wird vom Fehlen einer ausreichenden Deckung des jeweiligen Bedarfs durch eigene Mittel oder durch Leistungen Dritter sowie von der Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft abhängig gemacht (vgl. auch § 8 Oö. Sozialhilfegesetz 1998). § 7 Abs. 2 BMSG macht deutlich, dass der Einsatz der eigenen Mittel und der Arbeitskraft, die Verfolgung von Ansprüchen gegenüber Dritten und die Umsetzung von Aufträgen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage die häufigsten Fälle der Bemühungspflicht darstellen. Die Aufzählung ist aber keine abschließende. Zu Abs. 2 Z. 3 ist festzuhalten, dass die Bestimmung dem § 8 Abs. 2 Z. 3 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 vollinhaltlich entspricht. Es gilt, Angemessenheit, Möglichkeit und Zumutbarkeit der Rechtsverfolgung zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 179a Abs. 2 StVG hat die Kosten der Behandlung oder des Aufenthaltes ganz oder teilweise der Bund zu übernehmen sofern einem bedingt entlassenen die Weisung erteilt wurde, sich einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer medizinischen Behandlung zu unterziehen oder in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen, der Verurteilte nicht Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer Krankenversicherung hat und durch die Verpflichtung zur Zahlung der Behandlungskosten sein Fortkommen erschwert würde.

 

Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass die Verfolgung der bestehenden Ansprüche, die aufgrund der bedingten Entlassung gegenüber dem Bund bestehen – insbesondere die Mietkosten – zumutbar und offenbar nicht aussichtslos scheinen. Der vorgelegte ablehnende Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 9.1.2012, ausgesprochen gegenüber der Gesundheits- und Spitals AG, Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg, Linz kann an diesem Ergebnis nichts ändern, bezieht er sich doch ausdrücklich auf die Übernahme von Kosten allgemein medizinischer Betreuung.

 

Eine Mitversicherung in der Krankenversicherung über die Eltern zu beantragen, um die medizinische Versorgung der Bw zu gewährleisten, erscheint ebenfalls angemessen, zumutbar und nicht offenbar aussichtslos.

 

Es ergaben sich daher bereits im erstinstanzlichen Verfahren keine Anhaltspunkte, die die Verfolgung (allenfalls auch nach Abtretung) der Ansprüche der Bw als nicht angemessen, möglich oder zumutbar erscheinen ließen. Auch eine offenbare Aussichtslosigkeit derselben wurde nicht nachgewiesen.

 

Die Bw ist demnach ihrer Bemühungspflicht im Sinne des § 7 Oö. BMSG  nicht nachgekommen und erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 7 Abs.1 leg. cit. weshalb insgesamt auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage spruchgemäß zu entscheiden war. Eine Sicherstellung einer unmittelbar erforderliche Bedarfsdeckung erscheint auf Grund der gegebenen Wohnsituation samt den zur Auszahlung gelangenden Beträgen aus erhöhter Familienbeihilfe und Pflegegeld als nicht erforderlich und wurde auch nicht angesprochen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. Reichenberger

Beachte:

Vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben.

VwGH vom 20. Mai 2015, Zl.: 2012/10/0188-11

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