Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730339/24/Wg/JO

Linz, 13.09.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 26. Mai 2011, AZ: 1060780/FRB, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 6. September 2012, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes mit 18 Monaten festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 63 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bundespolizeidirektion Linz erließ mit Bescheid vom 26. Mai 2011, AZ: 1060780/FRB, gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 iVm. §§ 66 und 63 Fremdenpolizeigesetz 2005, ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich. Das Aufenthaltsverbot stützt sich im Wesentlichen auf die strafrechtlichen Urteile des BG Freistadt vom 2. April 2007, Zahl 1 U 18/2007g, des Landesgerichts Linz vom 16. Juli 2008, Zahl 22 Hv 19/2008x, des Landesgerichts Linz vom 2. September 2009, Zahl 25 Hv 86/08x und des Landesgerichts Linz vom 16. Oktober 2009, Zahl 25 Hv 9/2009z. Unter Hinweis auf diese vier rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen und die vielfachen Verwaltungsübertretungen kam die BPD nach eingehender Analyse der Privat- und Familienverhältnisse des Bw zu dem Ergebnis, dass das Aufenthaltsverbot im Sinne des Art. 8 Abs. 2 erforderlich sei.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 3. Juni 2011. Der Bw bringt darin vor, er sei nicht, wie im angeführten Bescheid angegeben, mit 13 1/2 Jahren nach Österreich gekommen, sondern schon mit 12 1/2 Jahren. Dadurch habe er auch eine Schulklasse in der Ukraine weniger. Ein Eingriff in sein Privatleben sei das sehr wohl, da er in der Ukraine keinen Schulabschluss habe. Somit habe er in der Ukraine auch keine Aussicht am Arbeitsmarkt, eine weitere Ausbildung in der Ukraine sei ihm ohne ukrainischen Schulabschluss unmöglich. Er sei damals in einer russischen Schule gewesen, als er aus der Ukraine mit seiner Mutter weggegangen sei. Da sich vieles an Gesetzen in den letzten 10 Jahren geändert habe, sei es eine Tatsache, dass nur noch Ukrainisch als Amtssprache gültig sei. Da er nach der 5. Klasse nach Österreich gekommen sei und die ukrainische Sprache als Fach erst später dazugekommen wäre, sei er jetzt der ukrainischen Sprache weder in Wort noch Schrift mächtig. Somit sei ihm in der Ukraine eine berufliche und auch private Zukunft unmöglich. Dazu komme noch, dass die einzige Verwandte, die er noch habe, seine Mutter sei und sie in Österreich lebe. Auch wenn sie nicht zusammenwohnen würden, sei sie doch die einzige, die er noch habe. Er habe in der Ukraine keine Freunde, keine Wohnung und keine Menschenseele, die ihm weiterhelfe, dass ihm ein Überleben in der Ukraine möglich wäre. Seine Freundin, mit der er seit nicht ganz 2 Jahren zusammen sei und bald zusammenziehen wollte, sei eine österreichische Staatsbürgerin. Er habe sich immer integriert und, auch wenn er durch psychische oder finanzielle Probleme in seiner Jugend keinen anderen Weg mehr gesehen und dadurch viele Straftaten begangen habe, so habe er in den letzten Jahren wieder zu einem geregelten Leben gefunden. Er habe eine Arbeit, an der er sehr hänge und habe bereits sämtliche Verwaltungsstrafen abbezahlt. Dies sollte auch berücksichtigt werden, dass er sich um ein geregeltes Weiterleben in Österreich bemühe und auch weiter bemühen werde, nach den österreichischen Gesetzen in Zukunft zu leben. Er hoffe, bei ihm auch Menschliches vor Gesetz walten zu lassen und ihm noch einmal eine Chance zu geben, es besser zu machen. Dieser als "Einspruch" bezeichneten Eingabe waren eine schriftliche Stellungnahme des Tattoo Studio Firma X und eine Stellungnahme von X und X vom 6. Juni 2011 angeschlossen.

 

Die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich übermittelte dem Verwaltungssenat nach Inkrafttreten wesentlicher Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, mit 1. Juli 2011, zuständigkeitshalber den Verfahrensakt.

 

Mit Erkenntnis des UVS vom 10. Oktober 2011, VwSen-730339/4/Wg/Wu, wurde der Berufung teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass das Aufenthaltsverbot mit 5 Jahren festgesetzt wird. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Der Berufungswerber erhob dagegen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Der VwGH behob den – als Erkenntnis bezeichneten – Bescheid des UVS Oö. mit Erkenntnis vom 14. Juni 2012, Zl. 2011/21/0278, wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend führte der VwGH im Wesentlichen aus:

 

"Gegen den Beschwerdeführer war mit erstinstanzlichem Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 26. Mai 2011 ein auf § 60 FPG (in der Fassung vor dem FrÄG 2011) gestütztes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Der nunmehr bekämpfte Bescheid wurde nach Inkrafttreten des FrÄG 2011 (mit 1. Juli 2011) erlassen. Da für die Berufungsbehörde grundsätzlich die (Sach- und) Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung maßgeblich ist, war von der belangten Behörde somit mangels abweichender Übergangsbestimmungen bereits die neue Rechtslage anzuwenden. Gemäß § 125 Abs. 16 FPG in der Fassung des FrÄG 2011 (die folgenden Gesetzeszitate beziehen sich, wenn nichts Anderes angegeben wird, auf diese Fassung) bleiben vor Inkrafttreten des FrÄG 2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 FPG oder Rückkehrverbote gemäß § 62 FPG bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig. Diese Bestimmung erfasst jedoch nur rechtskräftige Maßnahmen. Ihr kommt daher im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu, weshalb die darauf erfolgte Bezugnahme durch die belangte Behörde ins Leere geht. Im Rahmen ihrer "Maßgabebestätigung" hätte sie demgegenüber schon im Spruch ihrer Entscheidung die neue Rechtsgrundlage für das Aufenthaltsverbot anzuführen gehabt. Dass dies unterblieben ist, stellt indes keinen relevanten Verfahrensmangel dar, weil die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides klar zum Ausdruck brachte, sich insoweit auf § 63 FPG ("Aufenthaltsverbot für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel") iVm § 53 Abs. 3 Z 1 FPG zu stützen. Da dem Beschwerdeführer 2005 ein Niederlassungsnachweis ausgestellt worden war, der seit 1. Jänner 2006 - wie von der belangten Behörde richtig erkannt - als Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" zu beurteilen ist, erweist sich die Heranziehung des § 63 FPG als Grundlage für ein gegen den Beschwerdeführer zu verhängendes Aufenthaltsverbot als zutreffend. Die belangte Behörde ist ferner damit im Recht, auch wenn der Gesetzgeber eine diesbezügliche ausdrückliche Regelung mit der Novellierung durch das FrÄG 2011 nicht vorgenommen hat, dass sie - und nicht etwa die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich -zuständige Berufungsbehörde war. Ihre Zuständigkeit ergibt sich aus den Ausfuhrungen im hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2011, ZI. 2011/22/0097, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

§ 63 Abs. 1 bis 3 FPG und § 64 Abs. 4 und 5 FPG, der sich trotz der alleinigen Bezugnahme auf Ausweisungen auch auf die erstgenannte Bestimmung bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 2012, ZI. 2011/21/0291), lauten wie folgt:

"Aufenthaltsverbot für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel

§ 63. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.

(3) Ein Aufenthaltsverbot gemäß Abs. 1 ist in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2,4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

Aufenthaltsverfestigung

§64.

(4) Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen waren und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" oder "Daueraufenthalt-Familienangehöriger" verfügen, dürfen nur mehr ausgewiesen werden, wenn ihr weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(5) Als schwere Gefahr im Sinn des Abs. 4 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem inländischen Gericht

1.        wegen eines Verbrechens oder wegen Schlepperei, entgeltlicher Beihilfe
zum unbefugten Aufenthalt, Eingehens oder Vermittlung von Aufenthaltsehen oder
Aufenthaltspartnerschaften, wegen einer Aufenthaltsadoption oder der Vermittlung
einer Aufenthaltsadoption, wegen eines mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe
bedrohten Vergehens nach dem SMG oder nach einem Tatbestand des 16. oder

20. Abschnitts des besonderen Teils des StGB oder

2.        wegen einer Vorsatztat, die auf derselben schädlichen Neigung

(§ 71 StGB) beruht, wie eine andere von ihnen begangene strafbare Handlung, deren Verurteilung noch nicht getilgt ist, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten

rechtskräftig verurteilt worden ist. § 73 StGB gilt."

Als bestimmte Tatsache im Sinn des von § 63 Abs. 2 FPG u.a. angesprochenen § 53 Abs. 3 FPG gilt insbesondere, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der

gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 1).

Ausgehend von den eingangs dargestellten gerichtlichen Verurteilungen liegt im Fall des Beschwerdeführers, wie von der belangten Behörde richtig erkannt, eine "bestimmte Tatsache" im Sinn des eben referierten § 53 Abs. 3 Z 1 FPG (in Gestalt des 2. Falles 1. Alternative und des 3. Falles) vor. Damit ist aber auch eine "bestimmte Tatsache" nach § 63 Abs. 2 FPG gegeben, die nach § 63 Abs. 3 FPG die Erlassung eines zehnjährigen Aufenthaltsverbotes ermöglicht. Im Hinblick auf die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens nach § 3g erster Fall Verbotsgesetz einerseits und wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch andererseits liegt beim Beschwerdeführer aber auch - von der belangten Behörde gleichfalls richtig beurteilt - ein Fall des § 64 Abs. 5 Z 1 FPG vor, was im Sinn des § 64 Abs. 4 FPG ein Indiz dafür darstellt, dass sein weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

Bei der gebotenen Prognosebeurteilung sowohl im Grunde des § 63 Abs. 1 als auch des § 64 Abs. 4 FPG kommt es aber nicht auf die strafgerichtlichen Verurteilungen als solche an (vgl. etwa das, insoweit auf die neue Rechtslage nach dem FrÄG 2011 übertragbare, hg. Erkenntnis vom 20. November 2008, ZI. 2008/21/0603). Es ist vielmehr eine - aktuelle - Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit des Fremden vorzunehmen und die Frage zu beantworten, ob sich daraus (weiterhin) eine maßgebliche Gefährdung ableiten lässt.

Die belangte Behörde nahm an, dass im vorliegenden Fall - wie erwähnt -sogar die erhöhte Gefahrdungsprognose nach § 64 Abs. 4 FPG gerechtfertigt sei. Das begründete sie im Wesentlichen mit der bisherigen, bis ins Jahr 2009 reichenden kriminellen Laufbahn des Beschwerdeführers, wobei sie u.a. - bezogen auf die Verurteilung vom 2. September 2009 - auf den raschen Rückfall des Beschwerdeführers und die Begehung von Tathandlungen während aufrechten Strafverfahrens hinwies. Diesen Gesichtspunkten kommt zweifelsohne gewichtige

Bedeutung zu. Der von der belangten Behörde getroffenen Prognose steht aber die auf Grund des persönlichen Eindrucks vom Beschwerdeführer gewonnene Einschätzung durch ein Organ der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung gegenüber, die dieses Organ gemäß dem eingangs wiedergegebenen Aktenvermerk vom 5. Mai 2010 zur Abstandnahme von der Verhängung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme veranlasste. Das stand der späteren Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - auch bei unverändertem Sachverhalt - nicht grundsätzlich entgegen (vgl. zur Möglichkeit der formlosen Wiederaufnahme eines Aufenthaltsverbotsverfahrens das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2011, ZI. 2008/21/0178). Vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers einerseits und der im besagten Aktenvermerk festgehaltenen Einschätzung andererseits hätte sich die belangte Behörde aber nicht mit einer bloß auf dem Akteninhalt beruhenden Beurteilung begnügen dürfen. Das umso mehr, als es nach der niederschriftlichen Einvernahme vom 5. Mai 2010 zu keiner weiteren strafbaren Handlung des Beschwerdeführers gekommen ist und er am Arbeitsmarkt Fuß fassen konnte. Insbesondere hätte sie im Sinn des § 67d Abs. 1 AVG die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung als erforderlich ansehen müssen (ähnlich jüngst das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2012, ZI. 2011/21/0277). Der Sache nach wird das auch - gerade noch erkennbar - in der Beschwerde geltend gemacht, wenn es dort heißt, es sei dem Beschwerdeführer "nicht einmal die Möglichkeit der Beweisführung" gegeben worden, dass er sich wieder in einen "normalen Arbeits- und Lebenszyklus"eingeordnet habe.

Im gegebenen Zusammenhang ist unter nochmaliger Bezugnahme auf das schon erwähnte hg. Erkenntnis ZI. 2011/22/0097 ergänzend daraufhinzuweisen, dass die Verhängung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes als Maßnahme im Sinn der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungs-RL) - und außerdem auch als eine solche nach der Richtlinie 2003/109/EG - zu verstehen ist. Damit hat die belangte Behörde jedenfalls in "Durchführung des Rechts der Union" im Sinn des Art. 51 Abs. 1 der Grundrechte-Charta (GRC) gehandelt, weshalb auch auf die Verbürgungen der GRC Bedacht zu nehmen ist. Konkret ist damit Art. 47 Abs. 2 GRC angesprochen, wonach - so der erste Satz dieser Bestimmung - jede Person ein Recht daraufhat, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Grundsätzlich besteht daher in fremdenpolizeilichen Berufungsverfahren der vorliegenden Art - jedenfalls nach Maßgabe des § 67d AVG und allenfalls auch des § 9 Abs. 7 FPG (zur Unbedenklichkeit der ähnlich formulierten Bestimmung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2012, U 466/11-18 und U 1836/11-13) - ein Anspruch auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (so der Sache nach schon das hg. Erkenntnis vom 20. März 2012, ZI. 2011/21/0298).

Im Einzelnen muss hier im Hinblick auf das Vorgesagte nicht näher auf die Auslegung von Art. 47 Abs. 2 GRC eingegangen werden. Festgehalten sei nur, dass Art. 47 Abs. 2 GRC im Anwendungsbereich von Art. 6 EMRK die gleiche Tragweite und Bedeutung wie die genannte Konventionsbestimmung hat. Jenseits dessen gelten die Garantien des Art. 6 EMRK für den Anwendungsbereich des Art. 47 Abs. 2 GRC entsprechend (vgl. das eben erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, Punkt II.7.2. der Entscheidungsgründe). Was das Verhandlungsgebot anlangt, ist davon ausgehend daraufhinzuweisen, dass auch im Anwendungsbereich des Art. 47 Abs. 2 GRC bei einer unvertretenen Partei nur dann vom Vorliegen eines schlüssigen Verzichts auf die Durchführung einer Verhandlung ausgegangen werden kann, wenn sie über die ihr nach § 67d Abs. 1 AVG eingeräumte Möglichkeit einer Antragstellung auf Durchführung einer solchen Verhandlung belehrt wurde oder wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (so vor dem Hintergrund des Art. 6 EMRK in einer Streitigkeit betreffend Zivilrechte das hg. Erkenntnis vom 12. August 2010, ZI. 2008/10/0315). Im vorliegenden Fall des im Berufungsverfahren noch unvertretenen Beschwerdeführers ist weder das eine noch das andere ersichtlich.

Vorliegend ergibt sich aber schon aus den obigen Ausführungen, dass die belangte Behörde ihr Verfahren mit einem wesentlichen Mangel belastet hat, weshalb der bekämpfte Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war."

 

 

Der UVS führte daraufhin am 6. September 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

 

Der Vertreter der belangten Behörde verwies in der mündlichen Verhandlung eingangs auf das bekämpfte Aufenthaltsverbot und den Verfahrensakt. Er beantragte die Bestätigung des Aufenthaltsverbotes.

 

Der rechtsanwaltliche Vertreter erstattete eingangs folgendes Vorbringen:

"Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen. Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes darf bei der vorliegenden Sachlage bzw. Gefährdungsprognose kein Aufenthaltsverbot erlassen werden. Dies insbesondere in Hinblick darauf, dass seit der letzten strafrechtlichen Verurteilung ein ausreichend langes Wohlverhalten seitens des Berufungswerbers gesetzt wurde, um auf eine nachhaltige Besserung schließen zu können. In diesem Sinne wird auf den Berufungsschriftsatz verwiesen."

 

Der Vertreter der belangten Behörde erstattete folgendes Schlussvorbringen:

"Für den Berufungswerber ist gerade im Hinblick auf die Vielzahl der strafrechtlichen Verurteilungen, insbesondere die letzte Verurteilung Mitte 2012 eine negative Gefährdungsprognose zu erstellen. Bezüglich dem Privat- und Familienleben ist festzuhalten, dass hier widersprüchlich Angaben vorliegen. Entscheidend ist, dass der Berufungswerber zwar eine Beziehung mit der österreichischen Staatsbürgerin X führt, diese aber über keine genauen Details zum Tagesablauf des Berufungswerbers Auskunft geben konnte. Es wird auch kein gemeinsamer Haushalt geführt. Es ist kein Familienleben im Sinn des Artikel 8 EMRK gegeben. Es ist von einer "lockeren" Beziehung auszugehen. Es wird daher beantragt, die Berufung abzuweisen und das bekämpfte Aufenthaltsverbot zu bestätigen."

 

Der rechtsanwaltliche Vertreter erstattete gemeinsam mit dem Berufungswerber folgendes Schlussvorbringen:

"Der Berufungswerber hat mit seinen an die 24 Lebensjahren einen umfangreichen Gesinnungswandel durchgemacht. Die ursprünglichen strafrechtlichen Verurteilungen konnten durch seine Geständnisse aufgeklärt werden. Er hat damit die Ermittlungsbehörden maßgeblich unterstützt. Er war damals noch jugendlich bzw. junger Erwachsener. Es ist daher von jugendlichen Leichtsinn auszugehen. Seine Mutter schilderte glaubwürdig und nachvollziehbar, dass er sich nach der im Jahr 2009 erfolgten Festnahme und der eintägigen Haft gebessert hat. Er veränderte sein Wesen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass er im Jahr 2012 eine Straftat gegen fremdes Vermögen begangen hat. Der Berufungswerber geht laut Versicherungsdatenauszug seit dem Jahr 2004 de facto durchgehend bis Ende Februar 2012 einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis nach. Er bemüht sich, nach Beendigung der Umbauarbeiten im Unternehmen X wieder eine Stelle zu erhalten und erneut einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das Aufenthaltsverbot würde dazu führen, dass der Berufungswerber in die Ukraine zurückkehren müsste. Er verfügt dort über keinerlei soziale Anknüpfungspunkte. Es halten sich dort weder Verwandte noch Freunde auf. Der Umstand, dass mittlerweile Ukrainisch als Staatssprache festgesetzt wurde, würde eine Erwerbstätigkeit des Berufungswerbers unmöglich machen. Gleiches gilt für die Wohnsitznahme. Der Berufungswerber lebt in einer engen Beziehung zu seiner Mutter X. Weiters führt er eine Beziehung mit der am heutigen Tage einvernommenen österreichischen Staatsbürgerin X. Der Berufungswerber hat sich seit der letzten strafgerichtlichen Verurteilung im Jahr 2009 über mehrere Jahre hinweg wohl verhalten. Richtig ist, dass Mitte 2012 eine erneute rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung aufscheint. Der Berufungswerber hat die ihm in diesem Urteil zur Last gelegten Taten aber nicht begangen, weshalb er sich in der heutigen mündlichen Verhandlung nicht geständig verantworten konnte. Aus diesem Grund werden die Berufungsanträge aufrecht erhalten. Es wird beantragt, das bekämpfte Aufenthaltsverbot ersatzlos zu beheben."

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Bw wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger der Ukraine. Der Bw begründete mit 10. September 2001 einen gemeldeten Hauptwohnsitz im Bundesgebiet und ist seither hier rechtmäßig niedergelassen. Am 24. Juni 2005 wurde ihm ein Niederlassungsnachweis ausgestellt.

 

Der Bw wurde in den Jahren 2008 bis 2010 mehrmals wegen unterschiedlicher Verwaltungsübertretungen  rechtskräftig bestraft.

 

Das Bezirksgericht Freistadt hat mit Urteil vom 2. April 2007, 1 U 18/07g-8, zu Recht erkannt:

"...

Sachverhalt: 1):

X ist schuldig, er hat am 08.12.2006 gegen 01.00 Uhr bei der Kreuzung X mit der X in X dem X mehrere Faustschläge ins Gesicht versetzt, sodass dieser eine Rissquetschwunde über dem linken Auge erlitt.

 

Strafbare Handlung:

Vergehen der vorsätzlichen Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB

 

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen:

§ 43 Abs 1 StGB, §§ 369, 389, 391 Abs 2 StP

 

Strafe

Geldstrafe von 50 Tagessätzen ä € 2,- somit € 100,--, im Nichteinbringungsfall 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird der Vollzug der Geldstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen. ..."

 

Mildernd waren die Unbescholtenheit und das Tatsachengeständnis. Erschwerend war kein Umstand.

 

Das Landesgericht Linz hat mit Urteil vom 16. Juli 2008, 22 Hv 19/08x, zu Recht erkannt:

"...

Es sind schuldig, es haben

A)  X, X und X als Beteiligte (§ 12 StGB) am 26.08.2007 in X einem Unbekannten 14 Stück Cannabispflanzen mit einem Gesamtgewicht von 1903 g und einem THC-Gehalt von 17 g, somit Suchtgift in einem € 3.000,- übersteigenden Gesamtwert, mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen (Anzeigenfakten I und il in ON 2)

B)  den bestehenden Vorschriften zuwider bzw vorschriftswidrig Suchtgift erworben

und besessen sowie X zu III.) und X zu

IV.) 1.) teils einem anderen überlassen, und zwar

l.) X, X und X als

Beteiligte (§ 12 StGB) am 26.08.2007 in Freistadt durch die zu A) beschriebene Tathandlung;

II.) X und X als Beteiligte (§ 12 StGB) in der Zeit zwischen 05. und 25.08.2007 in Linz in 5-6 Angriffen durch den Ankauf von jeweils 1-2 g Cannabiskraut von einem nicht ausgeforschten Schwarzafrikaner namens „X" (Teil des Anzeigenfaktums IV);

III.) X Anfang August 2007 in X durch die unentgeltliche Überlassung von ca 1 g Cannabiskraut an X (Teil des Anzeigenfaktums IV);

IV.) X

1.) im Jänner und Februar 2007 in X in zwei Angriffen durch die Weitergabe von ca 2 g Cannabiskraut an den abgesondert verfolgten X, welches er zuvor in dessen Auftrag von einem nicht ausgeforschten Schwarzafrikaner erwarb (Anzeigenfaktum III);

2.) Anfang August 2007 in X durch den Konsum von ca 1 g Cannabiskraut (Teil des Anzeigenfaktums IV);

V.) X im Juli und August 2007 in X in ca 10 Angriffen durch den Ankauf von jeweils ca 1 g Cannabiskraut von nicht ausgeforschten Schwarzafrikanern zum Eigenkonsum (Anzeigenfaktum V);

 

C) X den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben, besessen und anderen in einer die Grenzmenge nicht erreichenden Gesamtmenge überlassen bzw dazu beigetragen, Suchtgift zu erwerben und anderen zu überlassen und zwar

a)  im Zeitraum von Anfang 2006 bis 03.08.2007 in X, X, X, X und X durch regelmäßigen Ankauf von Marihuana bzw Haschisch von verschiedenen Personen und Besitz dieses Suchtgiftes bis zum Eigenkonsum von 1-2 g Marihuana bzw Haschisch täglich;

b)  im Zeitraum von Anfang 2006 bis 03.08.2007 in X, X und anderen Orten in Österreich durch gelegentliche, unentgeltliche Weitergabe jeweils geringer, insgesamt jedoch nicht mehr näher feststellbarer Mengen Marihuana bzw Haschisch an die abgesondert verfolgten X, X und X im Rahmen eines gemeinsamen Suchtgiftkonsumes;

c)  durch die Weitergabe bzw den Verkauf zumindest nachangeführter Suchtgiftmengen, nämlich

1.  im Zeitraum von Anfang August 2006 bis Ende Februar 2006in X in gelegentlichen Angriffen jeweils 2-5 g, insgesamt jedoch nicht mehr näher feststellbare Mengen Marihuana bzw Haschisch an X;

2.  im Sommer 2006 in X 1 g Marihuana an X und geringe Mengen Marihuana an einen namentlich nicht bekannten Freund des X;

3.  im Februar 2007 in X in max zwei Angriffen jeweils 2-4 g, insgesamt jedoch nicht mehr näher feststellbare Mengen Marihuana bzw Haschisch an X;

4.  im Zeitraum von Anfang März bis 01.04 2007 in Freistadt wöchentiich 2-4 g, insgesamt 8-16 g Marihuana bzw Haschisch an X teils als unmittelbarer Täter, teils dadurch, dass er X, welcher 2-4 g Marihuana bzw Haschisch für X ankaufte, mit seinem PKW zu den Suchtgiftankäufen nach X chauffierte;

5.  im Zeitraum von Anfang März bis 01.04 2007 in X in gelegentlichen Angriffen durch die Weitergabe von 2-4 g, insgesamt jedoch nicht mehr näher feststellbare Mengen Marihuana bzw Haschisch an X;

6.  Anfang März 2007 in X und X 2 g Marihuana an X, 4 g Haschisch an X und etwa 15 g Haschisch an namentlich nicht bekannte Abnehmer;

7.  am 02.04.2007 in X 2 g Marihuana an X, 3 g Marihuana an X und 0,5 g Marihuana an X;

10. im März 2007 in X 12 g Marihuana an X, 10 g Marihuana an X und 4 g Marihuana an X;

d) indem er nachangeführte Personen mit seinem PKW zu Suchtgiftankäufen nach Linz chauffierte, nämlich

1.  im Zeitraum von Anfang März bis 01.04.2007 in X X zum Erwerb von ca 3 mal wöchentlich 2-10 g Marihuana im Bereich des „X";

2.  im Zeitraum von Anfang März bis 01.04.2007 in X X zum Erwerb von ca 3 mal wöchentlich 2-4 g Marihuana im Bereich des „X";

3.  im Zeitraum von Anfang März bis 01.04.2007 in X X zum Erwerb von 1 mal 8 g Marihuana und 1 mal 2 g Marihuana im Bereich des „X";

4.  im März 2007 in X in zwei Angriffen X, X und X zum Erwerb von gemeinsam insgesamt ca 10 g Marihuana bzw Haschisch von X.

 

Strafbare Handlung:

X

zu A) das Vergehen des schweren Diebstahles nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z4 StGB zu B) I.) das Vergehen nach § 27 Abs 1 1. und 2. Fall SMG (BGBl I 2002/134)

zu B) II.) und zu C) a) das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften

nach § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall und Abs 2 SMG (BGBl I 2007/110)

Zu B) III.) das Vergehen nach § 27 Abs 1 6. Fall SMG (BGBl I 2002/134)

zu C) b) und c) das Vergehen nach § 27 Abs 1 6. Fall SMG (BGBl I 2002/134),

teilweise als Beteiligter iSd § 12 dritte Alternative StGB

zu C) d) das Vergehen nach § 27 Abs 1 1. Fall SMG (BGBl I 2002/134) als Beteiligter iSd § 12 dritte Alternative StGB

 

X

zu A) das Vergehen des schweren Diebstahles nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z4 StGB

zu B) I.) das Vergehen nach § 27 Abs 1 1. und 2. Fall SMG (BGBl I 2002/134)

zu B) II.) das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1

Z 1 1. und 2. Fall und Abs 2 SMG (BGBl I 2007/110)

zu B) IV.) 1.) das Vergehen nach § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. und 6. Fall SMG (BGBl I 2002/134)

zu B) IV.) 2.) das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall und Abs 2 SMG (BGBl I 2007/110)

 

X

zu A) das Vergehen des schweren Diebstahles nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z4 StGB

zu B) I.) das Vergehen nach § 27 Abs 1 1. und 2. Fall SMG (BGBl I 2002/134)

zu B) V.) das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1

Z 1 1. und 2. Fall und Abs 2 SMG (BGBl l 2007/110)

 

Strafe:

X wird hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem Strafsatz des § 128 Abs 1 StGB zu einer

 

Freiheitsstrafe von 5 (fünf) Monaten

 

verurteilt.

 

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

 

Beschluss

 

Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wird vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu 1 U 18/07g des BG Freistadt abgesehen, aber die Probezeit gemäß Abs 6 leg cit auf insgesamt 5 Jahre verlängert.

 

X: Gem. §§ 31, 40 StGB wird unter Bedachtnahme auf die Verurteilung des LG Linz vom 21.12.2007, rechtskräftig seit 21.12.2007, zu 26 Hv 126/07k-18 von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen.

Beschluss

 

Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wird vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu 26 Hv 126/07k-18 des LG Linz abgesehen.

 

X wird hiefür unter Anwendung der §§ 28 Abs 1 StGB und § 5 Z 4 JGG nach dem Strafsatz des § 128 Abs 1 StGB zu einer

 

Freiheitsstrafe von 2 (zwei) Monaten

 

verurteilt.

 

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen ..."

 

Als mildernd wurde gewertet: das Geständnis; als erschwerend: die einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen mehrerer Straftaten.

 

 

Das Landesgericht Linz hat mit Urteil vom 2. September 2009, Zahl 25 Hv 86/08x, zu Recht erkannt:

"...

X ist schuldig, er hat in Linz

A.) nachgenannten Personen fremde bewegliche Sachen überwiegend durch Einbruch mit dem Vorsatz sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern weggenommen, wobei er die Einbruchsdiebstähle in der Absicht beging, sie durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und zwar,

1.) am 24.01.2008 der X ein Navigationsgerät der Marke VDO DAYTION im Wert von zirka EUR 250,-- durch Eischlagen der Fensterscheibe des Pkw (Anzeigefaktum 1., AS 65, 191)

2.) am 30.01.2008 dem X ein Navigationsgerät samt Netzkabel der Marke X im Wert von zirka EUR 700,- durch Einschlagen der Fensterscheibe des Pkw (Anzeigefaktum 2., AS 89, 37)

3.) am 28,02.2008 dem Verantwortlichen der Firma X ein Navigationsgerät der Marke TOM TOM im Wert von zirka EUR 300,-- durch Einschlagen der Fensterscheibe des Pkw (Anzeigefaktum 3.) 4.) am 20.12.2007 der X ein Navigationsgerät der Marke MEDION im Wert von zirka EUR 299,98,- durch Einschlagen der Fensterscheibe des Pkw (Anzeigefaktum 4.)

5.) am 31.01.2008 dem X ein Navigationsgerät der Marke CLARION im Wert von zirka EUR 299,98,- durch Einschlagen der Fensterscheibe des Pkw (Anzeigefaktum 5.)

6.) am 06,02.2008 der X ein Navigationsgerät der Marke MEDION im Wert von zirka EUR 249,- sowie ein Ladekabel im Wert von zirka EUR 150,- durch Einschlagen der Fensterscheibe des Pkw (Anzeigefaktum 6.)

7.) am 10.12.2007 dem X ein Navigationsgerät der Marke TOM TOM im Wert von zirka EUR190,- durch Einschlagen der Fensterscheibe des Pkw (Anzeigefaktum 7.)

8.) in der Zeit zwischen Dezember 2007 und Februar 2008 einem nicht ausgeforschten Geschädigten ein Navigationsgerät in nicht näher feststellbaren Wert durch Einschlagen der Fensterscheibe des im Bereich des Froschberges abgestellten Pkw (Anzeigefaktum 8.)

9.) in der Zeit zwischen Dezember 2007 bis Ende Februar 2008 in acht Angriffen den Verfügungsberechtigen der Linz Linien jeweils einen Nothammer im Wert von jeweils EUR 3,50,- (Anzeigefaktum 9.)

 

B.) in Linz und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, nämlich:

1.) im Zeitraum September 2008 bis Februar 2009 über einen Zeitraum von 6 Monaten vom abgesondert verfolgten X insgesamt ca. 240 Gramm Marihuana angekauft (Geständnis AS 9 in ON 6);

2.) im Zeitraum von März 2009 bis Mai 2009 über einen Zeitraum von 3 Monaten vom abgesondert verfolgten X insgesamt ca. 120 Gramm Cannabisprodukte (hauptsächlich Marihuana) zum Grammpreis von EUR 10,--angekauft (Geständnis AS 11 in ON 6);

3.) im Zeitraum September 2007 bis 25.06.2009 insgesamt unbekannte Mengen Cannabis (ca. 1 bis 1,5 Gramm täglich);

4.) am 26.06.2009 0,5 Gramm Cannabisharz bis zur Sicherstellung durch Beamte des SPK Linz.

 

Strafbare Handlungen:

X hat hierdurch

zu A.) das Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB begangen.

zu B.) 1- 4.) die Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgift nach den § 27

Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs 2 SMG i.d.f. BGBl. I 2007/110 begangen.

Strafe:

              Unter Anwendung des § § 28, 29, 36 StGB

 

Nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB

 

Geldstrafe in der Höhe von 120 Tagsätzen a EUR 2.-- (insgesamt EUR 240,-) im Nichteinbrigunqsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe Freiheitsstrafe: 6 Monate

Gemäß § 43a Abs. 2 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Für die Bemessung des Tagessatzes maßgebende Umstände:

Nettoeinkommens momentan keines

Vermögen: keines

Familienstand: ledig

Sorgepflichten: keine

Schulden: EUR 1500-

 

Kostenentscheidung:

 

Gemäß § 389 Abs 1 StPO ist X schuldig, die Kosten des Verfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche:

 

Der Angeklagte ist gemäß § 369 Abs 1 schuldig der Privatbeteiligten, X, X in X, einen Schadenersatzbetrag von EUR 500,- zu zahlen.

 

Der Angeklagte ist gemäß § 369 Abs 1 schuldig der Privatbeteiligten, X, einen Schadenersatzbetrag von EUR 234,34,- zu zahlen.

 

Der Angeklagte ist gemäß § 369 Abs 1 schuldig der Privatbeteiligten, X, X in X, einen Schadenersatzbetrag von EUR 521,43,- zu zahlen.

Der Angeklagte ist gemäß § 369 Abs 1 schuldig der Privatbeteiligten, X in X, einen Schadenersatzbetrag von EUR 52,--zu zahlen.

 

Der Angeklagte ist gemäß § 369 Abs 1 schuldig der Privatbeteiligten, Stadtamt X, X in X, einen Schadenersatzbetrag von EUR 500,-. zu zahlen.

Bezüglich des restlichen Schadens wird der Privatbeteiligte gemäß § 366 Abs 2 auf den Zivilrechtsweg verwiesen. ..."

 

Als mildernd wurde gewertet: geständig, Alter unter 21; als erschwerend: Zusammentreffen von Vergehen und Verbrechen, einschlägig vorbestraft, langer Tatzeitraum, Tathandlungen während aufrechtem Verfahren (vor und nach 22 Hv 19/08t), rascher Rückfall.

 

Das Landesgericht Linz hat mit Urteil vom 16. Oktober 2009, 25 Hv 9/09z, zu Recht erkannt:

"...

X. X. X und X sind schuldig,

sie haben in X und anderen nicht näher bekannten Orten in Oberösterreich

A) sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise in nationalsozialistischem Sinn betätigt, und zwar:

 

I.) X. X. X und X, indem sie von Frühjahr 2005 bis Sommer 2006 in den Wohnungen von X und X und fallweise auch in einer für nachfolgende Zwecke beschriebenen Gartenhütte anlässlich regelmäßiger Zusammenkünfte „Rechtsrockmusik" mit nachangeführten, auszugsweise wiedergegebenen Liedtexten hörten und sich dadurch in ihrer nationalsozialistischen bzw. rechtsgerichteten Gesinnung bestärkten, nämlich:

 

1) Titel "Ruhm und Ehre" von "Stahlgewitter" (AS 73+75 in ON 10)

...

2) Titel "Odin" von "LANDSER" (AS 77 in ON 10)

...

3) Titel "Weiße Patrioten" von "LANDSER" (AS 77+79 in ON 10)

...

4) Titel "Raus aus unserem Land" von "LANDSER" (AS 79+81 in ON 10)

...

5) Titel "Kanake verrecke" von "LANDSER" (AS 81+83 in ON 10)

...

6) Titel "Schwarz-weiß-rot" von "LANDSER" (AS 83+85 in ON 10)

...

7) Titel "Klansmen" von "KRAFTSCHLAG – Trotz Verbot nicht tot" (AS 89 in ON 10)

...

8) Titel "Deutsche Jugend" von "KRAFTSCHLAG – Trotz Verbot nicht tot" (AS 93 in ON 10)

...

9) Titel "Ausländerhure" von "KRAFTSCHLAG – Trotz Verbot nicht tot" (AS 93+95 in ON 10)

...

10) Titel "Unser Land" von "KRAFTSCHLAG – Trotz Verbot nicht tot" (AS 95+97 in ON 10)

...

 

II.) X. X. X und X, indem sie von Frühjahr 2005 bis Sommer 2006 im Regelfall im Anschluss an die zu Punkt 1.) beschriebenen Tathandlungen verschiedene Lokale und Festveranstaltungen aufsuchten, sodann vor und in den Lokalen sowie auf dem Nachhauseweg vor allem gegen­über türkischen Staatsangehörigen bzw. Menschen türkischer Abstammung nationalsozialistische Parolen, nämlich „Heil Hitler", „White Power" sowie „Sieg Heil" riefen und dabei die rechte Hand zum Hitler-Gruß bzw. Kühnen-Gruß hoben, wobei sie dabei auch das Lied „Polacken-Tango" von der Gruppe Landser (mit nachangeführtem Text) sangen: ...."

 

X hat zu A I.) und II.) die Verbrechen nach § 3g 1. Fall Verbotsgesetz begangen und wurde hiefür wie folgt verurteilt:

"...

X unter Anwendung der §§ 28 StGB und 5 Z 4 JGG

gemäß §§ 31 und 40 StGB, unter Bedachtnahme auf die Verurteilung vom 2.4.2007, 1 U 18/07g BG Freistadt (25 Tage Ersatzfreiheitstrafe), zu einer

ZUSATZFREIHEITSSTRAFE

im Umfang von

6 MONATEN und 5 TAGEN.

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird auch bei ihm die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß § 26 StGB werden die sichergestellten CDs eingezogen.

Gemäß § 389 Abs. 1 StPO sind die Angeklagten schuldig, die Kosten des Strafverfahrens zu ersetzen.

Gemäß § 494a Abs. 1 Z 2 wird vom Widerruf der bedingten Strafnach­sicht hinsichtlich X zu 1 U 13/06w BG Freistadt abgesehen."

 

Zur Strafbemessung führte das Landesgericht aus:

"X war im Tatzeitraum jugendlich, sodass bei ihm der Strafrahmen des § 3 g VerbotsG unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG auf 0 bis 5 Jahren Freiheitsstrafe reduziert ist.

Bei ihm ist auf die Verurteilung vom 2.4.2007, 1 U 18/07g BG Freistadt, Bedacht zu nehmen, wo über ihn eine Geldstrafe im Umfang von 50 Tagessätzen verhängt wurde. Diese Geldstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen. Unter Bedachtnahme auf diese Verurteilung und der dort angeführten Strafzumessungsgründe sowie der nunmehrigen Strafzumessungsgründe: Mildernd Unbescholtenheit; erschwerend Zusammentreffen von 2 Verbrechen und der lange Tatzeitraum, erachtet der Schwurgerichtshof eine Freiheitsstrafe im Umfang von 6 Monaten und 5 Tagen tätet- und tatgerecht. Insgesamt wäre eine Freiheitsstrafe im Umfang von 7 Monaten zu verhängen gewesen, da bereits eine Geldstrafe, die einer Freiheits- strafe von 25 Tagen entspricht, verhängt wurde, ist nun die Differenz von 6 Monaten und 5 Tagen auszusprechen. Auch bei ihm kann die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen werden.

 Bei allen Angeklagten war der Ausspruch einer bedingten Freiheitsstrafe' sachgerecht, zumal alle Angeklagten den Eindruck erweckten, sich von ihrer im Tatzeitraum gezeigten Gesinnung abgewendet zu haben. Alle Angeklagten haben nach dem angeführten Tatzeitraum Suchtmitteldelikte begangen, weshalb sie in der Folge verurteilt wurden und worauf hier in allen Fällen Bedacht zu nehmen ist. Schon diese kriminelle Energie steht mit der zuvor gezeigten Gesin­nung im Widerspruch, aber auch das Lebensumfeld der einzelnen Angeklagten verbindet sie nicht mehr mit rechter Gesinnung. Aus spezialpräventiven Überlegungen kann daher eine unbedingte Freiheitsstrafe bei allen 4 Angeklagten vermieden werden, zugunsten der Bestimmung einer Probezeit und Gewährung bedingter Strafnachsichten.

Aus generalpräventiven Überlegungen muss jedoch bei allen Angeklagten mit einer Freiheitsstrafe vorgegangen werden, zumal eine Geldstrafe im Hinblick auf den vom Gesetzgeber normierten Strafrahmen keinesfalls sachgerecht erscheint. ..."

 

Das Landesgericht Linz hat weiters mit Urteil vom 21. August 2012, Zl. 26 Hv 87/12g, zu Recht erkannt:

 

"Sachverhalt:

A)l) X und X haben im bewussten und gewollten Zusammenwirken in X Verfügungsberechtigten der Firma X am 14.06.2012 in X fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Monitor Q24 sowie zwei Monitore Philips V-Line 21,5 Im Gesamtwert von € 305,80,- mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtsmäßig zu bereichem.

A)II) X hat am 14.6.2012 in X, X

1)  mit Gewalt zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung genötigt, indem er mit dem Pkw Peugeut 205, Kennzeichen X, Vollgas gab und davon fuhr, obwohl sich X schräg vor dem Pkw gestellt und den Beifahrerspiegel mit der Hand erfasst hatte, um X zur Unterlassung der weiteren Anhaltung auf dem Firmengelände zu nötigen;

2)  im Zuge der unter oben A)II)1) dargestellten Tathandlung X, der auf der der Motorhaube des Pkw Peugeot 205 zu liegen kam, einige Meter mitgeschleift wurde, und schließlich auf das Kopfsteinpflaster prallte, den Genannten vorsätzlich in Form von Abschürfungen, Stauchungen und Prellungen an beiden Handgelenken am Körper verletzt.

 

Strafbare Handlungen und Strafe:

X hat hiedurch das Vergehen des Diebstahles nach § 127 StGB begangen und wird nach dieser Gesetzessteile zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Monaten verurteilt.

Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die vom Erstangeklagte X in diesem Verfahren im Zeitraum von 25.7.2012, 08:35 Uhr bis 22:15 Uhr erlittene Vorhaft auf die verhängte Strafe angerechnet.

X hat hiedurch das Vergehen des Diebstahles nach § 127 StGB (oben A)l), der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (oben A)ll)1) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (oben A)il)2) begangen u n d er wird hiefür unter Anwendung der §§ 28, 37 StGB

nach 105 Abs 1 StGB zu einer einer Geldstrafe in Höhe von 240 Tagessätzen ä € 4,-, insgesamt € 960,-, im Nichteinbringungsfall gem. § 19 Abs. 3 StGB Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Tagen, verurteilt.

 

Für die Tagsatzbemessung maßgebliche Umstände (3 19 Abs, 2 StGB) bzgl des Zweitangeklagten X:

derzeit Arbeitslosenunterstützung iHv ca, € 570,-, Kreditschulden iHv ca. € 5.000,-, jedoch konkrete Aussicht auf einen Arbeitsplatz ab Mitte September 2012, keine Sorgepflichten.

 

Kostenentscheidung:

Gemäß § 389 Abs 1 StPO werden beide Angeklagten zum Ersatz der Kosten dieses Verfahrens verurteilt, die für den Fall der Rechtskraft für uneinbringlich erklärt werden.

Sonstige angewendete Gesetzesbestimmungen:

Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 iVm Abs 6 StPO wird bzgl. des Zweitangeklagten X vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu 25 Hv 86/08xm, LG Linz, abgesehen. Die Probezeit wird auf 5 Jahre verlängert.

Die Widerrufsentscheidung bzgl des Erstangeklagten X zu hg. 33 Hv 8/09m bleibt, mangels Aktenübermittlung, vorbehalten.

 

Strafbemessungsgründe:

X

mildernd:         keine

erschwerend:   eine einschlägige Vorstrafe

 

02) X

mildernd:         mehrjähriges Wohlverhalten seit der letzten strafgerichtlichen    Verurteilung im Jahr 2009

erschwerend:   3 einschlägige Vorstrafen, Zusammentreffen von 3 Vergehen

 

Fehlende Diversionsvoraussetzungen:

Ein Vorgehen nach den §§ 198, 199 StPO ist alleine schon auf Grund Fehlens jeglicher Verantwortungsübernahme ausgeschlossen, obendrein weisen schon beide Angeklagten ein einschlägig getrübtes Vorleben auf.

 

Als erwiesen angenomme Tatsachen (§ 270 Abs 4 StPO)

Der Schuldspruch gründet auf den Aussagen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, die im Kern übereinstimmend die Tatbegehung schilderten und ist auch keinerlei Grund ersichtlich, warum diese bewusst kollusiv falsch aussagen sollten."

 

Der Berufungswerber wurde in der mündlichen Verhandlung am 6. September 2012 eingehend zu den strafrechtlichen Verurteilungen befragt. Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass am 21. August 2012 eine strafrechtliche Verurteilung durch das Landesgericht Linz zu Zl. 26 Hv 87/12g – ON 16 erfolgte, gab der Bw an, dass er freigesprochen worden sei. Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass im Protokollsvermerk vom 21. August 2012 ausdrücklich festgehalten ist, dass er wegen eines Vorfalles am 14. Juni 2012 wegen des Vergehens des Diebstahles nach § 127 StGB der Nötigung nach § 105 Abs.1 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei, gab er an, dass man "bei uns" nichts gefunden habe. Er sei unschuldig. Er sei davon ausgegangen, dass er freigesprochen worden sei.

 

Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass im Protokollsvermerk nach richterlicher Rechtsmittelbelehrung Folgendes aufscheint: "X nach Rücksprache mit seinem Verteidiger verzichtet auf Berufung und Beschwerde", gab er an, dass er davon ausgehe, freigesprochen worden zu sein. Weiters führte der Bw in der mündlichen Verhandlung aus:

"Wenn mir der Verhandlungsleiter den im erwähnten Protokollsvermerk vom 21. August 2012 enthaltenen Schuldspruch (Punkt A)I) und A)II)) vorliest, gebe ich dazu an, dass das nicht stimmt. Ich habe die Taten nicht begangen. Wir hatten keine Monitore bei uns. Ich weiß nicht, wie die Polizei darauf kam, dass wir solche Monitore mitgenommen hätten. Die Polizisten kontrollierten sofort das Auto und unsere Wohnungen. Dort wurden keinerlei Gegenstände, die mit der Tat in Verbindung gebracht werden könnten, gefunden.

Vom Verhandlungsleiter zur strafrechtlichen Verurteilung durch das Landesgericht Linz vom 16. Juli 2008, 22 Hv 19/08x, und dem darin enthaltenen Tatvorwurf des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 StGB bzw. näher genannten Delikten nach dem SMG befragt, gebe ich an, dass ich jung und dumm war.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich zurzeit Drogen konsumiere, gebe ich an, dass ich keine Drogen konsumiere.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich jemals Drogen konsumierte, gebe ich an, dass ich früher Drogen konsumierte. Ich habe gekifft.

Vom Verhandlungsleiter befragt, wie lange ich kiffte, gebe ich an, dass dies schon lange her ist. Es ist schon länger her, dass ich gekifft habe.

Vom Verhandlungsleiter zur Verurteilung durch das Bezirksgericht Freistadt vom 2. April 2007 (Vergehen der vorsätzlichen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB) angesprochen, gebe ich an, dass ich jung und dumm war.

Vom Verhandlungsleiter zur Verurteilung durch das Landesgericht Linz vom 2. September 2009 (Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1, 130 4. Fall StGB und näher bezeichneter Vergehen nach dem SMG) befragt, gebe ich an, dass ich diese Taten begangen habe.

Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass sowohl in der Verurteilung vom 2. September 2009 als auch in der nunmehr erfolgten Verurteilung vom 21. August 2012 elektronische Geräte aufscheinen, gebe ich an, dass ich die Taten, die mir im Urteil vom 2. September 2009 angelastete wurden, begangen habe. Das tut mir auch Leid. Die mir zuletzt angelasteten Straftaten (Urteil vom 21. August 2012) habe ich aber nicht begangen.

Vom Verhandlungsleiter zur strafrechtlichen Verurteilung durch das Landesgericht Linz vom 16. Oktober 2009 wegen Verbrechen nach dem Verbotsgesetz befragt, gebe ich an, dass ich weder damals noch heute in irgendeiner Weise rechtsradikal war bzw. bin.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich zu den im Urteilstenor des Urteils vom 16. Oktober 2009 genannten Personen noch Kontakt halte, gebe ich an, dass ich keinen Kontakt mehr habe.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob meiner Meinung nach aus dem Urteilstenor "X, X, X und X hätten von Frühjahr 2005 bis Sommer 2006 im Regelfall im Anschluss an näher beschriebene Tathandlungen verschiedene Lokale und Festveranstaltungen aufgesucht, sodann vor und in den Lokalen sowie auf dem Nachhauseweg vor allem gegenüber türkischen Staatsangehörigen bzw. Menschen türksicher Abstammung nationalsozialistische Parolen, nämlich Heil Hitler, White Power sowie Sieg Heil gerufen und dabei die rechte Hand zum Hitlergruß bzw. Kühnengruß erhoben etc." eine rechtsradikale Gesinnung entnommen werden kann, gebe ich an, dass ich wie schon erwähnt nie rechtsradikal war. Ich bin nie herum gezogen und habe nationalsozialistische Parolen gerufen.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich jemals dabei war, als die anderen im Urteilstenor genannten Personen derartige nationalsozialistische Parolen riefen, gebe ich an, dass diese das nicht gemacht haben, soweit ich dabei war.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich den im Urteil genannten X, X und X als Nazi bezeichnen würde, gebe ich an, dass das sicher nicht der Fall ist. Das sind keine Nazis.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob wir die im Urteil genannten Lieder anhörten, gebe ich an, dass wir das schön anhörten. Richtig stellen möchte ich, dass diese CD's bei X gefunden wurden. Ich hatte keine solche CD's. Er hatte sie zwar bei mir im Auto. Es waren aber seine CD's. Sie waren jedenfalls nicht in meinem Auto, um diese anzuhören.

Von meinem rechtsanwaltlichen Vertreter befragt, ob ich – wenn ich mit X, X und X wieder zusammen kommen würde – derartige Lieder – wie sie im Urteilstenor vom 16. Oktober 2009 genannt werden – wieder hören würde, gebe ich an, dass ich das keinesfalls machen würde. Ich war nie rechtsradikal, ich bin selber Ausländer. Die genannten Personen waren damals etwa 14 oder 15 Jahre alt, sie wussten selber nicht, was sie da hören."

 

Der Bw gab im erstinstanzlichen Verfahren mit Eingabe vom 27. August 2010 folgende Stellungnahme ab:

"...

Einreise:              Juni 2001

Mit Mutter (X)

Zweck der Einreise: Mutter heiratete und lebte schon in Österreich (X)

 

Dauer des Aufenthaltes in Osterreich: Ich bin seit Juni 2001 in Österreich und habe mich bis auf höchstens zweiwöchige Urlaube immer in Österreich aufgehalten. Berechtigt dazu bin ich durch meinen Aufenthaltstitel (A000168025)

 

Schulbildung:   Hauptschule in X, von September 2001 - Juli 2004

Berufsbildung: Lehre als Bäcker von August 2004 - August 2007, Firma X X X, ohne Abschluss  "

 

Wohnanschrift vor Einreise: X, Ukraine

 

Beschäftigung seit meiner Einreise: Bäcker Lehre, Firma X, X 2004-2007

August 2007 - Dezember 2007 Kurzbeschäftigungen über Leasingfirma X Dezember 2007 - Oktober 2008 Bäcker, Firma X, X

 

Derzeitige Beschäftigung: geringfügige Beschäftigung als Piercinggehilfe

Bei X

Tattoo-Piercing Studio

X Inhaber. X

 

Derzeitige Unterkunft: Untermiete bei Herrn X, InX

 

Ich weiß dass ich in meiner Vergangenheit viele Fehler gemacht habe. Ich habe aus meinen Fehlern gelernt und möchte daher neu beginnen.

 

Ich habe jetzt eine neue Arbeit die mir sehr gut gefällt und

Wo ich auch aufstiegs möglichkeiten habe und auch sehr gerne nützen möchte.

 

Ich habe bereits begonnen meine Geldstraffen die ich noch offen habe zu bezahlen und möchte auch den Rest so schnell wie möglich erledigen ich bitte sie daher mir noch einmal eine Chance zu geben. ..."

 

Aus einem Versicherungsdatenauszug (Stand: 21.09.2011) gehen folgende Versicherungszeiten bei der GKK hervor:

von                       bis                      Art der Monate / meldende Stelle

02.08.2004           01.08.2007        Arbeiterlehrling

                                                       X

25.09.2007           27.09.2007        Arbeiter

                                                       X

13.12.2007           06.01.2008        Arbeitslosengeldbezug

08.01.2008           24.01.2008        Arbeitslosengeldbezug

13.02.2008           13.02.2008        Arbeiter                                                     

20.02.2008           21.02.2008        Arbeiter                                                     

07.03.2008           30.05.2008        Arbeiter

31.05.2008           01.06.2008        Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung

                                                       X

01.06.2008           14.10.2008        Arbeiter

                                                       X m.b.H.

28.04.2010           02.07.2011        Arbeiter                                                     

01.09.2011           laufend               Arbeiter

                                                       X

 

Das Tattoo Studio X gab mit Schreiben vom 6. Juni 2011 folgende Stellungnahme ab:

"...

X hat mir von seinem Problem der Abschiebung erzählt.

 

X ist bei mir seit 28.4.2010 als Hilfskraft tätig, in dieser Zeit hat er seine Arbeit immer zur Zufriedenheit erledigt. Er ist mir nicht nur als guter Arbeiter, sondern auch als Freund näher gekommen. Ich sehe dass er seine Arbeit nicht nur gern macht sondern auch mit Interesse verfolgt.

 

Auch wenn sein Leben vor seiner Beschäftigung bei mir anderes erzählt, glaube ich dass er sich als Mensch geändert hat.

 

Somit bitte ich Sie Hr. Mag. Dr. X von dieser Abschiebung abzusehen da ich Ihn als braven Arbeiter und Freund Vermissen würde.

 

So verbleibe ich mit Freundlichen Grüßen, Hochachtungsvoll X

 

Ps.: Sollte von einer Abschiebung abgesehen werden Könnte ich seine Arbeitszeit anheben um sein Finanzielles Problem zu mildern."

 

Das Beschäftigungsverhältnis mit X endete am 29. Februar 2012. Der Bw wurde in der mündlichen Verhandlung am 6. September 2012 zu seiner derzeitigen Erwerbstätigkeit befragt. Dazu gab er an, dass er Tättowierer sei und voraussichtlich Ende September von seinem vormaligen Arbeitgeber X wieder zur Sozialversicherung angemeldet werde. Das Unternehmen werde umgebaut, darum könne er dort zur Zeit nicht arbeiten. Festzustellen ist, dass in dem vom Vertreter der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Versicherungsdatenauszug vom 6. September 2012 für die Zeit seit 29. Februar 2012 kein weiteres Beschäftigungsverhältnis eingetragen ist. Der Bw hielt weiters fest, dass sich in Folge des Umbaues im Unternehmen X eine Einstellung noch etwa ein Monat verzögern könne, es sei noch nicht sicher, wann er die Beschäftigung aufnehmen könne. Aus diesem Grund habe er sich bei der Personalleasingfirma X angemeldet, damit er – wenn diese Firma einen Arbeitsplatz für ihn habe – tätig bzw. beschäftigt sein könne. Er hat seit Ende seines letzten Beschäftigungsverhältnisses am 29. Februar 2012 keine regelmäßige Einnahmequelle mehr. Vom Verhandlungsleiter in der mündlichen Verhandlung befragt, wovon er seit dem 29. Februar 2012 lebe, gab er an, dass er etwas Geld angespart habe. Außerdem würde er von seiner Mutter unterstützt. Er lebt zur Zeit an der Adresse IX. Sein Freund X ist dort Hauptmieter und bezahlt die Miete.

 

In der Ukraine leben keine Angehörigen des Berufungswerbers mehr. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob er in der Ukraine Freunde hatte, gab er an, dass er noch ein Kind gewesen sei. Er habe schon Schulfreunde gehabt, jetzt kenne er in der Ukraine aber niemanden mehr. Er sei das letzte mal vor etwa 5 oder 6 Jahren in der Ukraine gewesen. Er habe dort etwa 1 oder 2 Wochen am Meer Urlaub gemacht.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, was er zur Zeit den ganzen Tag über mache, gab er an, dass er zeichne und sich auf seine zukünftige Arbeit vorbereite. Der Berufungswerber hat keine Kinder. Er ist ledig.

 

Seine Mutter X wurde am X geboren, ist ukrainische Staatsbürgerin und zur Niederlassung in Österreich berechtigt. Sie ist – wie der Berufungswerber ausführt – seine einzige lebende Verwandte. Sie arbeitet zur Zeit als Küchenhilfe in X auf Saison. Sie ist seit 3 Jahren immer auf Saison. Sie sieht den Berufungswerber daher nur etwa alle 2 Monate. Sie telefonieren aber regelmäßig bzw. jeden Tag miteinander. Seit dem Jahr 2009 besteht kein gemeinsamer Haushalt mehr.

 

Zum leiblichen Vater des Bw besteht kein Kontakt. X ist mittlerweile mit einem gebürtigen Österreicher verheiratet. Ihr Gatte war zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in Österreich aufhältig. X wies aber daraufhin, dass er schon seit ein paar Monaten in der Ukraine leben würde. Er werde letztlich wieder nach Österreich zurückkehren. Das Verhältnis zwischen dem Berufungswerber und ihrem Gatten beschrieb sie als "nicht so gut". Die Beiden würden sich nicht so gut verstehen. Weiters führte sie aus: "Wenn Sie glauben, dass die Beiden in der Ukraine zusammenleben könnten, sage ich, dass da keine Chance besteht."

 

X lebte vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet etwa 30 Jahre lang in der Ukraine. Sie hat dort noch Bekannte und Freunde. Sie hat dort eine Freundin, mit der sie etwa alle 2 Monate einmal telefoniert.

 

Festgestellt wird weiters, dass der Bw in der Ukraine 6 Jahre lang zur Schule ging. Als er nach Österreich ausreiste, hätte er in der Ukraine eine Schulstufe besuchen sollen, die in etwa der 3. Klasse einer österreichischen Hauptschule entspricht. Im letzten Schuljahr vor der Ausreise hatte er das erste Mal ukrainisch als Schulfach. X hielt dazu fest: "Er spricht an und für sich nur russisch. Auf russisch wird er vermutlich auf dem Niveau eines Kindes lesen können. Ob er auf russisch schreiben kann, weiß ich nicht. Ich gehe davon aus, dass er auf russsich eher nicht schreiben kann. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob zwischen ukrainisch und russisch ein großer Unterschied besteht, gebe ich an, dass beim Sprechen kein großer Unterschied besteht, sehr wohl aber bei behördlichen Dokumenten und ähnlichem. Hier gibt es große Unterschiede. Mein Sohn hätte außerdem große Probleme. Er müsste nicht nur einen Auslandspass, sondern auch einen ukrainischen Inlandspass beantragen. Dazu sind umfangreiche Behördengänge erforderlich. Außerdem war mein Sohn in der Ukraine nicht beim Militär, was ihm vermutlich Probleme bereiten wird."

 

Vom rechtsanwaltlichen Vertreter befragt, wie sich der Berufungswerber nach seiner Festnahme im Jahr 2009 verhalten habe bzw. geändert habe, gab X zeugenschaftlich befragt an, dass sich ihr Sohn danach sehr wohl geändert habe. Er habe den Kontakt zu seinen damaligen Freunden abgebrochen. Er sei ruhiger geworden und nicht mehr so oft fortgegangen. Er habe – soweit sie das als Mutter beurteilen könne – nachgedacht und den richtigen Weg eingeschlagen.

 

Der Berufungswerber führt weiters mit der nicht freizügigkeitsberechtigten österreichischen Staatsbürgerin X seit 2 Jahren eine Beziehung. Es besteht kein gemeinsamer Haushalt. X wurde am X geboren und besucht zur Zeit die HAK. Der Bw und X sehen sich täglich.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der  Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Am 6. September 2012 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Berufungswerber als Partei, seine Mutter X sowie seine Freundin X als Zeuginnen einvernommen wurden. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen unstrittig aus den vorliegenden Beweismitteln. Soweit der Berufungswerber bestreitet, die zuletzt vom Landesgericht rechtskräftig abgeurteilten Straftaten begangen zu haben, ist ihm zu entgegnen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat an das rechtskräftige Urteil gebunden ist. Gleiches gilt sinngemäß für das zum Urteilstenor des Urteils vom 16. Oktober 2009 erstattete Vorbringen, er sei nie herumgezogen und habe nationalsozialistische Parolen gerufen. Für das erkennende Mitglied steht aufgrund der rechtskräftigen Urteile fest, dass er die darin angelasteten Straftaten auch tatsächlich begangen hat.

 

Der Vertreter der belangten Behörde stellte in der mündlichen Verhandlung ergänzend dem Beweisantrag auf Einvernahme des Gatten der X zum Beweisthema "Beziehung zwischen ihm und dem Berufungswerber". Von der beantragten Beweisaufnahme war Abstand zu nehmen, da der relevante Sachverhalt bereits aufgrund der vorhandenen Beweislage festgestellt werden konnte.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Der UVS führte entsprechend den Vorgaben des VwGH eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer eingehend zu den strafrechtlichen Verurteilungen befragt. Entscheidender Ausgangspunkt der zur erstellenden Gefährdungsprognose ist dabei die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens nach § 3g 1. Fall Verbotsgesetz einerseits und weiters wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch andererseits.

 

Zum angelasteten Verbrechen nach dem Verbotsgestz räumte der Berufungswerber zwar ein, die im Urteil vom 16. Oktober 2009 genannten Lieder angehört zu haben. Wichtig war ihm aber die Klarstellung, er habe nie solche CD`s besessen.

 

Bezüglich dem Tatvorwurf, er habe mit näher genannten Personen im Zeitraum von Frühjahr 2005 bis Sommer 2006 verschiedene Lokale und Festveranstaltungen aufgesucht und rechtsradikale Parolen gerufen, wies er jede Verantwortung von sich. Er hielt fest, er sei nie rechtsradikal gewesen. Er sei nie herumgezogen und habe nationalsozialistische Parolen gerufen.

 

Einzuräumen ist, dass sich laut den Ausführungen des Landesgerichtes Linz im Urteil vom 16. Oktober 2009 "das Lebensumfeld der einzelnen Angeklagten nicht mehr mit rechter Gesinnung verbinde". Eine Auseinandersetzung mit den inkriminierten Straftaten und damit eine nachhaltige Besserung des Berufungswerbers lässt sich aus seiner in der mündlichen Verhandlung am 6. September 2012 vorgebrachten Verantwortung nicht ableiten. Er beschränkte sich darauf, den Tatvorwurf den wesentlichen Grundzügen nach zu leugnen.

 

Entscheidend war die bezüglich des abgeurteilten Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch zu erstellende Gefährdungsprognose. Der Berufungswerber geht seit 29. Februar 2012 keiner Erwerbstätigkeit mehr nach und verfügt über keine regelmäßige Einnahmequelle. Der UVS wies bereits in seiner Vorentscheidung vom 10. Oktober 2011, VwSen-730339/4/Wg/Wu, auf die mehrjährige kriminelle Laufbahn hin. Nunmehr beging der Bw am 14. Juni 2012 das Vergehen des Diebstahles nach § 127, der Nötigung nach § 105 Abs.1 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB. Der Umstand, dass ein Fremder trotz Erlassung eines – wenn auch im Berufungsverfahren bzw. beim VwGH anhängigen – Aufenthaltsverbotes neuerlich straffällig geworden ist, ist ein besonders starkes Indiz dafür, anzunehmen, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. Hat ein Fremder in der bezeichnenden Weise gleichsam insistierend gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen und so seine besondere Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten zum Ausdruck gebracht, so müssen ganz besondere Umstände dafür sprechen, dass dennoch ausnahmsweise von einem künftigen Wohlverhalten des Fremden ausgegangen werden kann (vgl. VwGH vom 14. Juni 2007, GZ: 2006/18/0263). Das Landesgericht Linz verhängte zwar (nur) eine unbedingte Geldstrafe, was aber nichts daran ändert, dass die konkreten Tatmodalitäten in problematischer Weise an das getrübte Vorleben des Berufungswerbers anknüpfen. So verging sich der Berufungswerber nicht nur an fremden Vermögen, sondern darüber hinaus auch am Rechtsgut der körperlichen Integrität. Das LG Linz verwies bei der Strafbemessung auf  drei einschlägige Vorstrafen. Als besonders negativ war zudem festzustellen, dass sich der Bw  nicht geständig verantwortete, sondern darauf beharrte, die Taten nicht begangen zu  haben. Vor diesem Hintergrund besteht sehr wohl die gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr, dass der Berufungswerber erneut, insbesondere Vermögensdelikte begehen wird. Der Tatbestand für ein höchstens 10-jähriges Aufenthaltsverbot iSd § 63 Abs.2 iVm § 53 Abs 3 Z 1, § 64 Abs.5 Z1 und § 64 Abs.4 FPG ist erfüllt.

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs 1 FPG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 61 Abs 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist gemäß § 61 Abs 3 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Jedermann hat gemäß Artikel 8 Abs 1 EMRK Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Artikel 8 Abs 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Der Bw reiste im Juni 2001 ein und ist seit 10. September 2001 im Bundesgebiet rechtmäßig niedergelassen. Er hat hier die Hauptschule besucht. Seine Lehre als Bäcker hat er aber nicht abgeschlossen. Schon durch den langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt und seine Beschäftigungsverhältnisse im Bundesgebiet ist ein gewisses Ausmaß an Integration nachgewiesen. Ungeachtet der sehr guten Deutschkenntnisse des  Berufungswerber wird dessen Integration durch die begangenen Straftaten entscheidend gemindert. (§ 61 Abs.2 Z4 FPG).

 

Dessen ungeachtet ist ihm ein erhebliches persönliches Interesse an der Fortsetzung der Beziehung mit X und regelmäßigen Kontakt zu seiner Mutter im Bundesgebiet zuzubilligen. Es besteht jedoch weder mit seiner Mutter noch mit X ein gemeinsamer Haushalt.

 

Er verfügt in der Ukraine über keine abgeschlossene Schulausbildung, was bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft zweifelsohne Schwierigkeiten mit sich bringen wird. Er spricht jedoch russisch, womit er sich in der Ukraine verständlich machen kann. Zudem besuchte er in der Ukraine 6 Jahre lang die Schule, weshalb ihm zuzumuten ist, gegebenenfalls in der Ukraine einen Schulabschluss nachzuholen. Zudem werden ihm seine Deutschkenntnisse einen Vorteil auf dem dortigen Arbeitsmarkt verschaffen.

 

Wie er vorbringt, hat er in der Ukraine keine Bekannten oder Freunde, die ihm beim Aufbau einer Existenz behilflich sein könnten. Dem ist zu entgegnen, dass seine Mutter dort noch über Freunde und Bekannte verfügt. Auch wenn er zu diesen keine persönliche Beziehung unterhält, besteht damit ein gewisser sozialer Anknüpfungspunkt. Weiters lebt sein Stiefvater zur Zeit noch in der Ukraine. Laut X verstehen sich die Beiden nicht so gut. Es würde – wie sie aussagte - nicht in Betracht kommen, dass die Beiden zusammenleben könnten. Dies mag zutreffen. Aus welchem Grund ihn sein Stiefvater nicht bei der Beschaffung einer Unterkunft unterstützen sollte, ist aber nicht ersichtlich. Zusammengefasst bestehen durchaus relevante und ausreichende Bindungen zum Heimatstaat (§ 61 Abs.2 Z5 FPG).

 

Der Berufungswerber hat im öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Straftaten allfällige Probleme bei der Wiedereingliederung in die ukrainische Gesellschaft sowie die Trennung von seiner Freundin X und seiner Mutter hinzunehmen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 61 Abs.1 FPG iVm Artikel 8 Abs.2 EMRK zulässig.

 

Bei der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes war zu berücksichtigen, wann sich der Berufungswerber nachhaltig gebessert haben wird. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des VwGH im Erkenntnis vom 14. Juni 2012  ist die Mindestdauer von 18 Monaten (§ 63 Abs 3 FPG) angemessen. Es steht seiner Mutter als ukrainischer Staatsbürgerin frei, ihn während der Geltungsdauer dieses Aufenthaltsverbotes in der Ukraine zu besuchen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

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