Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252912/11/Py/Hu

Linz, 29.08.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16. Juni 2011, GZ: 0006756/2011, wegen Übertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf je 365 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 56 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.        Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde verringert sich auf 146 Euro. Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16. Juni 2011, GZ: 0006756/2011, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs.1 und 1a iVm § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) idgF vier Geldstrafen in Höhe von je 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 112 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 292 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Pächter und Betreiber des Gastgewerbebetriebs des Vereins x, welcher für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs.1 ASVG die nachfolgend angeführten Personen als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt in oa. Gastgewerbebetrieb in den angeführten Funktionen zu den angeführten Bedingungen ab den angeführten Zeitpunkten (Arbeitsantritten) in Vollbeschäftigung beschäftigt. Die in Rede stehenden Beschäftigten waren dem Betrieb organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

 

Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversicherungspflichtig sind, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77 als zuständigem Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet. Sämtliche Arbeitnehmer wurden verspätet bei der zuständigen Sozialversicherung angemeldet. Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.1 ASVG verstoßen:

 

  1. Frau x, geboren x, wohnhaft x, rumänische Staatsbürgerin; beschäftigt als Reinigungskraft seit 14.01.2011 ab 08:00 Uhr im Ausmaß von 40 Wochenstunden, 5 Tage pro Woche, MI – SO jeweils von 08:00 bis 16:00 Uhr; Entgelt laut mehrsprachigem Personenblatt € 1.380,58 brutto Monat plus Essen und Trinken, laut Versicherungsmeldung € 1.200,50 brutto; angemeldet am 26.01.2011 um 10:34:58 Uhr mit ELDA-Protokoll Nr. x mit Arbeitsantritt am 19.01.2011;
  2. Frau x, geboren x, wohnhaft x, österreichische Staatsbürgerin; beschäftigt als Kochlehrling seit 05.09.2010 ab 08:00 Uhr im Ausmaß von 40 Wochenstunden laut Versicherungsmeldung – laut Personenblatt aber DI von 14:00 bis 22:00 Uhr und MI – SO jeweils von 08:00 bis 16:00 Uhr, somit 48 Wochenstunden; Entgelt € 540 brutto pro Monat, Essen und Trinken; angemeldet am 06.10.2010 um 09:33:55 Uhr mit ELDA-Protokoll Nr. x mit Arbeitsantritt am 05.09.2010;
  3. Frau x, geboren x, in Österreich nicht gemeldet, wohnhaft in x, tschechische Staatsbürgerin; beschäftigt als Küchenhilfe seit 16.06.2010 ab 08:00 Uhr (bis 06.10.2010) und seit 16.10.2010 ab 08:00 Uhr (bis 08.11.2010) im Ausmaß von 40 Wochenstunden; Entgelt laut mehrsprachigem Personenblatt € 1.380,58 brutto, laut Versicherungsmeldung € 1.200,50 brutto; angemeldet am 16.06.2010 um 11:50:36 Uhr mit Protokoll Nr. x mit Arbeitsantritt am 16.06.2010 und am 20.10.2010 um 09:03:47 Uhr mit Protokoll-Nr. x mit Arbeitsantritt am 16.10.2010 und
  4. Herr x, geboren x, wohnhaft x, österreichischer Staatsangehöriger; beschäftigt als Koch seit 24.11.2010 ab 10 Uhr im Ausmaß von 40 Wochenstunden, MI – SO jeweils 8 Stunden pro Tag; Entgelt € 1.000 netto pro Monat; Essen und Trinken; angemeldet am 25.11.2010 um 09:59:23 Uhr mit Protokoll Nr. x mit Arbeitsantritt am 24.11.2010."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlage aus, dass der dargestellte Sachverhalt aufgrund des Strafantrages und den angefügten Beilagen als erwiesen anzusehen ist.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass als strafmildernd die Unbescholtenheit des Bw gewertet wurde, straferschwerende Gründe lagen nicht vor.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 4. Juli 2011, die vom Bw anlässlich einer persönlichen Vorsprache beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 10. Juli 2012 auf die verhängten Strafen eingeschränkt wurde. Dabei gab der Bw an, dass er immer davon ausgegangen ist, dass die Anmeldungen zeitgerecht durch seine Steuerberaterin erledigt werden und von ihm bereits der von der Oö. GKK vorgeschriebene Beitragszuschlag verhängt wurde.  Er ersucht um Reduzierung der verhängten Geldstrafen bzw. die Möglichkeit einer Ratenzahlung.

 

 

3. Mit Schreiben vom 5. Juli 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG). Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG entfallen. Die bei seiner persönlichen Vorsprache am 10. Juli 2012 vom Bw angegebenen Berufungsgründe wurden dem Finanzamt Linz als am Verfahren beteiligte Organpartei zur Kenntnis gebracht. Mit Schreiben vom 16. Juli 2012 gab das Finanzamt Linz dazu an, dass im Hinblick auf das Geständnis des Bw einer Reduzierung der von der Erstbehörde verhängten Strafen zugestimmt wird.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

§ 33 Abs.1a ASVG lautet: Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.      vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.      die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

4.2. Die belangte Behörde hat über den Bw unter Berücksichtigung seiner Unbescholtenheit als Milderungsgrund die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt. Im Berufungsverfahren zeigte sich der Bw reumütig hinsichtlich seiner Vorgangsweise. Zudem ist ihm zuzurechnen, dass ihm nur ein geringfügiges Verschulden am Zustandekommen der Übertretungen anzulasten ist. Im Hinblick auf die vom Bw bei seiner persönlichen Vorsprache geschilderten besonderen Tatumstände und unter Berücksichtigung der als Milderungsgrund zu wertenden langen Dauer des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens erscheint daher eine Herabsetzung der von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen gerechtfertigt. Dieser Vorgangsweise stimmte auch die Organpartei ausdrücklich zu. Gleichzeitig wird der Bw jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass bei künftigen Verstößen gegen die sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten mit deutlich höheren Strafen zu rechnen ist.

 

5. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

Zum vom Bw bei seiner Vorsprache gestellten Antrag auf Ratenzahlung wird neuerlich darauf hingewiesen, dass er bei der Erstbehörde gemäß § 54b VStG aus wirtschaftlichen Gründen einen Antrag auf angemessenen Aufschub oder Teilzahlung der verhängten Geldstrafen stellen kann.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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