Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281355/13/Py/Hu

Linz, 26.07.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13. September 2011, GZ: Ge96-121-2010/DJ, wegen Übertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 3. Februar 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13. September 2011, GZ: Ge96-121-2010/DJ, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl.Nr. 450/1994 idF BGBl.I.Nr. 13/2007 iVm § 44 Abs.2 der Arbeitsmittelverordnung BGBl.II.Nr. 164/2000 idF BGBl.II.Nr. 21/2010 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Arbeitgeberin x, FNr. x, mit Sitz in x, folgende Übertretung der Arbeitsmittelverordnung zu verantworten:

 

Am 28. Juli 2010 führte der Arbeitsinspektor x in der Arbeitsstätte x, eine Unfallerhebung durch und stellte folgendes fest:

 

Die Druckgussmaschine, Kst. 726 wurde ohne dass Schutzeinrichtungen im Bereich des Einpressaggregates vorhanden gewesen sind, die das Wegfliegen von flüssigen Aluminium und damit Gefahren für die ArbeitnehmerInnen verhindert hätten, betrieben.

 

Durch die fehlende Schutzeinrichtung der Druckgussmaschine ereignete sich auch der Arbeitsunfall, bei der ein Arbeitnehmer der x, der an der Nachbarmaschine beschäftigt war, im Auge getroffen und unbestimmten Grades verletzt wurde.

 

Dies stellt eine Übertretung des § 44 Abs.2 der Arbeitsmittelverordnung dar, wonach bei der Verwendung von Arbeitsmitteln bei denen Späne, Splitter oder ähnliche Teile wegfliegen und dadurch Gefahren für die Arbeitnehmer entstehen können, das Arbeitsmittel mit Schutzeinrichtungen (z.B. Verdeckungen, Verkleidungen, Schutzhauben, Schutzfenster etc.) ausgestattet sein muss."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter ausführlicher Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die Feststellung des im Spruch angeführten Sachverhalts auf einer Unfallerhebung in der Arbeitsstätte in x, durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Linz am 28.7.2010 beruht. Die Behörde fand keinen Grund, diese dienstlichen Feststellungen des Arbeitsinspektors in Zweifel zu ziehen und war somit der objektive Tatbestand als erfüllt anzusehen.

 

Aus Sicht der belangten Behörde war die Rechtfertigung des rechtsfreundlichen Vertreters nicht in der Lage, Gründe vorzubringen, die einer Bestrafung aufgrund der im Spruch geschilderten Verwaltungsübertretung im Wege stünden und musste die Behörde somit davon ausgehen, dass Verschulden vorliegt. Es hätte dafür Sorge getragen werden müssen, dass die gegenständliche Druckgussmaschine KSt. 726 erst mit einer geeigneten Schutzeinrichtung in Betrieb genommen werden darf. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung wurde somit zumindest fahrlässig begangen und ist die subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass es durch die gegenständliche Übertretung der Arbeitsmittelverordnung am 23. Juli 2010 zu einem Arbeitsunfall kam. Die Gesundheit der Arbeitnehmer ist ein äußerst schützenswertes Rechtsgut, weshalb Gefährdungen dieses Gutes als erheblich anzusehen sind. Strafmildernde Gründe konnten nicht gefunden werden. Mangels Angaben durch den Beschuldigten wird bei der Strafbemessung von keinem Vermögen, keinen Sorgepflichten und einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 3.500 Euro ausgegangen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 27. September 2011.  Darin bringt der Bw vor, dass das bisher abgeführte Verwaltungsstrafverfahren mangelhaft ist, weil die belangte Behörde zu keinem Zeitpunkt näher definiert hat, worin das konkrete Fehlverhalten des Bw liegt. Mit Stellungnahme vom 27. August 2010 hat der Bw darauf hingewiesen, dass es sich bei der verletzten Person um keinen Mitarbeiter der x, sondern um einen betriebsfremden Dritten handelt und daher auch kein Arbeitsunfall vorliegen kann. Daraufhin hat das Arbeitsinspektorat mit Stellungnahme vom 13. September 2010 erstmals dargelegt, dass Gegenstand der Anzeige nicht der Arbeitsunfall eines Mitarbeiters der Firma x, sondern das Betreiben einer mangelhaften Maschine war. Der Bw habe auf diese Widersprüchlichkeit des vorgeworfenen (vermeintlich) strafbaren Verhaltens aufmerksam gemacht, jedoch wird dem Bw nach wie vor der "Arbeitsunfall" als ein Verstoß gegen § 44 Abs.2 AM-VO zum Vorwurf gemacht. Somit ist im Straferkenntnis der belangten Behörde maßgebliches Element des Vorwurfes die Verletzung des Arbeitnehmers der Firma x, obwohl auch das Arbeitsinspektorat dargelegt hat, dass nicht der Arbeitsunfall, sondern das Betreiben einer (angeblich) mangelhaften Maschine Gegenstand der Anzeige war. Zuzugestehen ist, dass die belangte Behörde zumindest in den rechtlichen Erwägungen des Straferkenntnisses eher das Betreiben der (vermeintlich) mangelhaften Maschine als maßgebliches Vergehen ansieht, jedoch hätte die Behörde dann nicht im Rahmen der Bemessung der Strafhöhe auf den "Arbeitsunfall" abstellen dürfen.

 

In diesem Zusammenhang hätte sich die belangte Behörde zumindest mit § 8 ASchG auseinandersetzen müssen, welchen das Arbeitsinspektorat in der Stellungnahme vom 20.10.2010 pauschal herangezogen hat, um die Bemessung der Strafhöhe auf Basis des eingetretenen Unfalls zu rechtfertigen, obwohl ja der Arbeitsunfall gar nicht strafrelevant sein sollte. Sämtliche Mitarbeiter, Dritte oder betriebsfremde Dritte wurden, wie durch die vorgelegten Unterlagen bewiesen wurde, über die Schutzvorschriften im Betrieb aufgeklärt. In der gesamten Gießerei weisen Hinweisschilder auf die Pflicht zum Tragen einer Schutzbrille hin, weshalb der vom Arbeitsinspektorat fälschlicherweise angezeigte Verstoß dem Bw nicht angelastet werden kann.

 

Auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung hat die belangte Behörde auf Basis des zugrunde liegenden Sachverhalts völlig verfehlte Schlüsse gezogen. Die Sachverhaltsfeststellungen und rechtlichen Würdigungen sind völlig unzureichend und berücksichtigen in beinahe allen wesentlichen Punkten die umfangreichen Stellungnahmen und Rechtfertigungen des Bw nicht. Zunächst ist zu beachten, dass § 44 Abs.2 AM-VO in seiner Gesamtheit betrachtet werden muss, wonach Arbeitsmittel zwar grundsätzlich mit Schutzeinrichtungen ausgestattet sein müssen, aber auch die alternative Möglichkeit besteht, dass Maßnahmen getroffen werden, welche eine Gefährdung verhindern. Diese alternativen Möglichkeiten hat die belangte Behörde nicht berücksichtigt. Es entspricht nämlich zweifellos einer Maßnahme im Sinn des § 44 Abs.2 Z2, wenn im gesamten Gießereibetrieb, in welchem sich auch der zugrunde liegende Vorfall ereignet hat, Schutzbrillenpflicht, auch für Gäste und sonstige Dritte, herrscht. Es wäre undenkbar, dass bei aufgesetzter Schutzbrille eine Gefährdung für die Augen eines betroffenen Arbeitnehmers bestehen würde oder der konkrete Unfall eingetreten wäre. Darüber hinaus hat die Behörde völlig unberücksichtigt gelassen, dass es bisher keinerlei solche Vorkommnisse im Unternehmen des Bw gegeben hat und auch keine ähnlichen Unfälle aus anderen Gießereien bekannt sind. Die Behörde hat es unterlassen, erforderliche Feststellungen dahingehend zu treffen, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt oder ob es sich um ein einmaliges, allenfalls sogar nicht reproduzierbares, Ereignis gehandelt hat, welches sohin auch völlig unvorhersehbar eingetreten ist. Es wurde auch seitens des Arbeitsinspektorates keineswegs festgestellt, dass ein konkreter Mangel vorliegt, sondern lediglich dargelegt, dass im Bereich des Einpressaggregates der Druckgussmaschine eine entsprechende Schutzeinrichtung nicht vorhanden ist, welche diesen konkreten Unfall verhindern hätte können. Ob allerdings eine solche Schutzeinrichtung vorhanden sein muss und die Maschine ohne Schutzeinrichtung beim Einpressaggregat mangelhaft ist, wurde von der Behörde weder untersucht noch festgestellt.

 

Der Bw hat dargelegt, dass die gegenständliche Maschine keinesfalls mangelhaft war, sondern aufgrund eines Neuaufbaus 2009 dem Stand der Technik entspricht, im Rahmen einer Betriebsanlagengenehmigung genehmigt ist und dass die Risikobeurteilung gemäß EN ISO 14121-1 keine Notwendigkeit einer solchen Schutzeinrichtung vorschreibt und auch, dass die Maschine im Sinn der vorgelegten Unterlagen CE-Konformität aufweist. Es liegt somit keine Mangelhaftigkeit der Maschine vor, sondern allenfalls eine neue, bisher unbekannte Gefahrenquelle, welche keinesfalls einen Verstoß gegen die Pflichten der AM-VO darstellen kann.

 

Die Behörde hat es unterlassen, sich mit den im Betrieb der x vorgeschriebenen umfassenden Sicherheitsvorkehrungen, nämlich insbesondere der Schutzbrillenpflicht im Bereich der Gießerei, auseinander zu setzen und diesbezügliche Feststellungen zu treffen. Bei Einhaltung der im Betrieb vorgeschriebenen Sicherheitsvorschriften wäre der gegenständliche Vorfall jedenfalls nicht eingetreten. Die verletzte Person hat die im Unternehmen geltenden Sicherheitsvorkehrungen, über die sie ordnungsgemäß aufgeklärt wurde, zumindest grob fahrlässig verletzt, indem sie ohne die zwingend vorgeschriebene Schutzbrille im Bereich der Gießerei tätig wurde.

 

Selbst wenn ein Verstoß gegen die Arbeitsmittelverordnung vorliegen würde, was ausdrücklich bestritten wird, wäre dem Bw ein Verschulden nicht vorwerfbar. § 44 Abs.2 AM-VO stellt eindeutig auf die Verwirklichung einer Gefahr für die ArbeitnehmerInnen ab, Feststellungen, ob für die ArbeitnehmerInnen der x tatsächlich eine Gefährdung entstanden ist, wurden jedoch nicht getroffen.

 

In diesem Zusammenhang hätte sich die belangte Behörde auch mit der Einstellung des parallel eingeleiteten Strafverfahrens auseinander setzen müssen. Hätte sich die belangte Behörde mit diesen Einwendungen auseinander gesetzt, so hätte sie zu dem Ergebnis kommen müssen, dass einerseits keine Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften vorliegt und andererseits auch auf subjektiver Seite dem Bw kein Vorwurf gemacht werden kann.

 

Völlig verfehlt sind die Ausführungen der belangten Behörde zur Strafbemessung, wobei nochmals darauf hingewiesen wird, dass die geschädigte Person kein Arbeitnehmer der x gewesen ist. Ein Arbeitsunfall kann daher begrifflich schon nicht vorliegen, sondern lediglich ein Unfall, welcher jedoch insbesondere dadurch eintreten konnte, weil die geschädigte Person der Pflicht zur Verwendung einer Schutzbrille nicht nachgekommen ist. Die Ausführungen zur Bemessung der Strafe sind sohin absolut mangelhaft und rechtlich falsch und wurde im Rahmen der Strafmilderungsgründe die  Unbescholtenheit des Bw im Bereich der Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften sowie der ordentliche Lebenswandel nicht berücksichtigt. Jedenfalls ist die von der belangten Behörde verhängte Strafe zu hoch gemessen.

 

3. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 3. Februar 2012. An dieser nahm der Bw mit seinem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz als Parteien teil. Als Zeuge wurde Herr x vom Arbeitsinspektorat Linz einvernommen. Zu den mit Schreiben vom 9. Februar 2012 vom Bw vorgelegten Urkunden betreffend die Konformitätserklärung der Druckgießzelle gab das Arbeitsinspektorat Linz im Rahmen des Parteiengehörs mit Schreiben vom 20. Februar 2012 eine abschließende Stellungnahme ab. Weiters wurde in den von der Staatsanwaltschaft Linz angeforderten Verfahrensakt zu x Einsicht genommen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw war zum Vorfallszeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x mit Sitz in x (in der Folge: Firma x).

 

Am 23. Juli 2010 wurde in der Arbeitsstätte der Firma x in der x, die Druckgussinsel DGI-726 betrieben. Dabei kam es im Bereich des Einpressaggregates der Maschine zum Austritt und Wegfliegen von flüssigen Aluminiumtröpfchen, durch die ein an einer Nebenmaschine arbeitender Montagetechniker der Firma x am Auge getroffen und verletzt wurde.

 

Bei der Druckgussinsel DGI-726, Ser.-Nr. AM-07/551/726 handelt es sich um eine Anlage zur Fertigung von Aluminium-Druckgussteilen. Dazu wird flüssiges Aluminium mit hohem Druck in die Druckgusswerkzeuge eingebracht und anschließend abgekühlt. Im Jahr 2009 wurden im Zuge einer Betriebübersiedlung des Unternehmens auf den jetzigen Standort in x durch die Firma x fünf Maschinen, nämlich eine Druckgussmaschine BÜHLER GDU-H800, ein Entnahme-Roboter ABB Roboter 4400 M2004, ein Formsprühgerät der Firma x, eine Entgratpresse BRESSCIA TR40 sowie ein Ofen STRIKO Westomat W650 SL samt Peripheriegeräte und Zubehör zu einer verketteten Anlage zusammengefügt. Seitens der Firma x wurde im Zuge der Übersiedlung auch eine Risikobeurteilung der Anlage durchgeführt, in Form eines Maßnahmenblattes dargestellt der Firma x übergeben. Seitens der Firma x wurden die in der Risikoanalyse aufgelisteten Maßnahmen umgesetzt und datiert mit 30. November 2009 als Inverkehrbringer der Druckgussinsel eine EG-Konformitätserklärung unterfertigt. Aus dieser geht hervor, dass es sich bei der Druckgussinsel DGI-726 um eine für sich allein funktionsfähige Maschine im Sinne der Maschinen-Richtlinie 98/37 EG-Anhang II A, einschließlich deren Änderungen handelt und das bezeichnete Produkt den europäischen Richtlinien 38/37 EG Maschinen-Richtlinie, 2006/95 EG Niederspannungsrichtlinie und 2004/108 EG EMV-Richtlinie entspricht. Auf diesem Dokument wurde auch vermerkt, dass "die Inbetriebnahme so lange untersagt ist, bis festgestellt wurde, dass die o.a. (Teil-)Maschine, nach ihrer Fertigstellung – für sich allein oder im Rahmen einer Anlage – funktionsfähig ist und den Bestimmungen der o.a. Maschinen-Richtlinie entspricht".

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 3. Februar 2012 sowie aus den von den Parteien vorgelegten Urkunden und Stellungnahmen und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.1 Z16 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), BGBl.Nr. 450/1994 idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benützung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 1 Abs.1 Arbeitsmittelverordnung – AM-VO, BGBl.II.Nr. 164/2000 idgF gilt diese Verordnung für Arbeitsstätten, auswärtige Arbeitsstellen und Baustellen, die unter das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) fallen.

 

Gemäß § 1 Abs.2 AM-VO ist der 4. Abschnitt nicht anzuwenden auf Arbeitsmittel, die nach den im Anhang A angeführten Vorschriften in Verkehr gebracht wurden oder nach den im Anhang B angeführten Vorschriften aufgestellt wurden oder betrieben werden.

 

Gemäß § 3 Abs.1 AM-VO dürfen ArbeitgeberInnen nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen, die hinsichtlich Konstruktion, Bau- und weiterer Schutzmaßnahmen den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen entsprechen. Zu diesen Rechtsvorschriften gehören die in den Anhängen A und B angeführten Vorschriften sowie der 4. Abschnitt.

 

Im 4. Abschnitt der AM-VO "Beschaffenheit von Arbeitsmitteln" legt § 44 Abs.2 AM-VO fest wie folgt:

Können bei der Verwendung von Arbeitsmitteln Späne, Splitter oder ähnliche Teile wegfliegen und dadurch Gefahren für die ArbeitnehmerInnen entstehen, müssen

1.         die Arbeitsmittel mit Schutzeinrichtungen ausgestattet sein, die das Wegfliegen verhindern (zB. Verdeckungen, Verkleidungen, Schutzhauben, Schutzfenster, Absauganlagen, Rückschlagsicherungen) oder, wenn dies aufgrund der Arbeitsvorgänge nicht möglich ist,

2.         Maßnahmen getroffen sein, die Gefährdungen verhindern (zB. Umwehrungen oder räumliche Trennung).

 

Gemäß § 12 Maschinen-Sicherheitsverordnung 2010 – MSV 2010, BGBl.II.Nr. 282/2008 idgF, mit der die RL 2006/42/EG über Maschinen und Änderung der Richtlinie 95/16/EG umgesetzt wird, hat der Hersteller oder sein Bevollmächtigter zum Nachweis der Übereinstimmung der Maschine mit den Bestimmungen dieser Verordnung (bzw. der Maschinen-Richtlinie) eines der in Abs.2, 3 und 4 beschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren durchzuführen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 MSV 2010 wird eine Maschine, die mit der CE-Kennzeichnung versehen ist oder der die EG-Konformitätserklärung mit den in Anhang II Teil 1 Abschnitt A (Anhang II – Teil 1 Abschnitt A der Maschinen-Richtlinie) angeführten Angaben beigefügt ist, grundsätzlich – dh. unbeschadet von Maßnahmen der Marktaufsichtsbehörde für Maschinen – als konform mit den Bestimmungen dieser Verordnung (bzw. der Maschinen-Richtlinie) angesehen.

 

Gemäß § 2 Abs.2 lit.a MSV 2010 bezeichnet der Ausdruck "Maschine"

-         eine mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattete oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind;

-         eine Gesamtheit im Sinn des ersten Gedankenstrichs, der lediglich die Teile fehlen, die sie mit ihrem Einsatzort oder mit ihren Energie- und Antriebsquellen verbinden;

-         eine einbaufertige Gesamtheit im Sinn des ersten oder zweiten Gedankenstrichs, die erst nach Anbringung auf einem Beförderungsmittel oder Installation in einem Gebäude oder Bauwerk funktionsfähig ist;

-         eine Gesamtheit von Maschinen im Sinn des ersten, zweiten oder dritten Gedankenstrichs oder von unvollständigen Maschinen im Sinn des Buchstabens g, die, damit sie zusammenwirken, so angeordnet sind und betätigt werden, dass sie als Gesamtheit funktionieren;

-         eine Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für Hebevorgänge zusammengefügt sind und deren einzige Antriebsquelle die unmittelbar eingesetzte menschliche Kraft ist.

 

Gemäß § 2 Abs.2 lit.g der MSV 2010 bezeichnet der Ausdruck "unvollständige Maschine" eine Gesamtheit, die fast eine Maschine bildet, für sich genommen aber keine bestimmte Funktion erfüllen kann. Ein Antriebssystem stellt eine unvollständige Maschine dar. Eine unvollständige Maschine ist nur dazu bestimmt, in andere Maschinen oder in andere unvollständige Maschinen oder Ausrüstungen eingebaut oder mit ihnen zusammengefügt zu werden, um zusammen mit ihnen eine Maschine im Sinn dieser Verordnungen (bzw. der Maschinen-Richtlinie) zu bilden;

 

Im Anhang II zur MSV 2010 wird unter A Punkt 4. betreffend die EG-Konformitätserklärung für eine Maschine angeführt, dass ausdrücklich erklärt werden muss, dass die Maschine allen einschlägigen Bestimmungen der Maschinen-Richtlinie entspricht. Unter Punkt B ist festgelegt, dass bei EG-Konformitätserklärungen für den Einbau einer unvollständigen Maschine ein Hinweis enthalten sein muss, dass die unvollständige Maschine erst dann in Betrieb genommen werden darf, wenn gegebenenfalls festgestellt wurde, dass die Maschine, in die die unvollständige Maschine eingebaut werden soll, den Bestimmungen dieser Richtlinie entspricht.

 

5.2. Im gegenständlichen Fall liegt für die gegenständliche Druckgussinsel DGI-726 eine EG-Konformitätserklärung vom 30. November 2009 vor. Textlich widerspricht sich diese aber insofern, als sie einerseits anführt, dass es sich um eine für sich allein funktionsfähige Maschine im Sinne der Maschinen-Richtlinie handelt, andererseits der – für unvollständige Maschinen – vorgesehene Hinweis enthalten ist, dass eine Inbetriebnahme an Bedingungen geknüpft ist, wie sie für unvollständige Maschinen bei EG-Konformitätserklärungen im Anhang II der MSV 2010 unter Punkt 1. B 6. vorgesehen ist.

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass aufgrund der Ausführungen über die Funktionsweise der Maschine und die vorgelegten Unterlagen davon auszugehen ist, dass er sich bei der Druckgussinsel DGI-726 tatsächlich nicht um eine unvollständige Maschine iSd Definition in § 2 Abs.2 lit.g MSV handelt, da die integrierte Druckgusszelle zur Herstellung von Druckgussteilen aus flüssigem Aluminium Verwendung findet und somit für sich eine bestimmte Funktion erfüllt. Diesbezüglich ist daher zutreffend, dass für diese allein funktionsfähige Maschine iSd Maschinenrichtlinie eine EG-Konformitätserklärung zum Vorfallszeitpunkt vorlag. Aufgrund des Vorliegens einer EG-Konformitätserklärung der Maschine ist daher der 4. Abschnitt der Arbeitsmittelverordnung auf diese Maschine nicht anwendbar und kann damit dem Bw eine Übertretung der Bestimmung des § 44 Abs.2 AM-VO iVm § 130 Abs.1 Z16 ASchG nicht zur Last gelegt werden.

 

Zwar legt § 3 AM-VO fest, dass ArbeitgeberInnen nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen dürfen, die hinsichtlich Konstruktion, Bau- und weiterer Schutzmaßnahmen den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen entsprechen, und schreiben die grundlegendsten Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen für Konstruktion und Bau von Maschinen gemäß Anhang I Punkt 1.1.3. vor, dass die für den Bau der Maschine eingesetzten Materialien oder die bei ihrem Betrieb verwendeten oder entstehenden Produkte nicht zur Gefährdung der Sicherheit und der Gesundheit von Personen führen dürfen sowie unter Punkt I 1.5.13. des Anhangs I zur MSV 2010, dass die Maschine so konstruiert und gebaut sein muss, dass das Risiko des Einatmens, des Verschluckens, des Kontakts mit Haut, Augen und Schleimhäuten sowie des Eindringens von gefährlichen Werkstoffen und von der Maschine erzeugten Substanzen durch die Haut vermieden werden kann, jedoch wurde ein Verstoß gegen dieses Verhalten dem Bw nicht innerhalb der Verjährungsfrist zur Last gelegt und ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat daher verwehrt, den Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses auf ein diesbezügliches Fehlverhalten zu ändern.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen  hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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