Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401206/7/AB/Th

Linz, 28.08.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas über die Beschwerde des S M K alias S K alias S M K, geb. X, StA von Syrien, derzeit angehalten im PAZ Wien, x, im fremdenpolizeilichen Verfahren vertreten durch die D gem. GmbH, c/o A R – D, K., W, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 17. August 2012 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 17. August 2012 bis dato für rechtswidrig erklärt. Gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft nicht vorliegen.

II. Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in Höhe von 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456. 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 17. August 2012, Z  Sich40-2482-2012, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. 2a Z 1 iVm § 80 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) sowie zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet und durch Überstellung in das PAZ Wien, x vollzogen.

 

Begründend wird im Bescheid unter Wiedergabe der einschlägigen Rechtsgrundlage Folgendes ausgeführt:

 

"Begründung

 

[...]

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Sie reisten am 13.07.2012 illegal und schlepperunterstützt mit dem LKW von ITALIEN nach Österreich ein. Und begaben sich in weiterer Folge zur PI Saggen und stellten einen Antrag auf internationalen Schutz (Asyl) in Österreich (AIS 12 03.820). Im Zuge der Asylantragstellung waren Sie nicht in der Lage den Beamten ein gültiges Reisedokument oder ein anderes Identitätsdokument in Vorlage zu bringen.

Laut Ihren Angaben reisten Sie 25.06.2012 Illegal und schlepperunterstützt aus Ihrem Herkunftsstaat SYRIEN mit einem PKW über die TÜRKEI und von dort weiter mit einem LKW bis nach Österreich aus. Ihr Reisepass würde sich in SYRIEN befinden. Sie würden nicht wissen, über welche Länder Ihre illegale Reisebewegung von der TÜRKEI bis nach Österreich erfolgt sei und hätten in keinem anderen Land einen Asylantrag gestellt. Die Kosten Ihrer illegalen Reisebewegung hätte Ihr Vater bezahlt.

Sie würden über keinerlei Barmittel verfügen oder andere Unterstützung erhalten und seien völlig mittellos. Als Bezugsperson in Österreich gaben Sie Ihren Onkel A K, ca. 33-34 Jahre, Näheres unbekannt an.

Konfrontiert mit der Erkennungsdienstlichen Behandlung in x, ITALIEN am 11.07.2012 antworteten Sie, Sie hätten nicht in ITALIEN bleiben wollen. Sie seien nur 1,5 Tage dort geblieben, den Namen der Stadt würden Sie nicht wissen. Sie würden hier bleiben wollen, weil auch ihr Onkel hier lebe. Sie seien in TALIEN von der Polizei in einem Bus aufgegriffen worden. Sie würden einfach nicht nach ITALIEN wollen.

Aufgrund Ihres Begehrens wurde Ihnen vorübergehend eine bundesbetreute Unterkunft in der Erstaufnahmestelle West zugewiesen. Über einen andersartigen ordentlichen Wohnsitz verfügen Sie im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht.

Ihre illegale Reisebewegung über ITALIEN ist durch den der Behörde vorliegenden x-Treffer vom 11.07.2012, x, ITALIEN bekannt.

Das Bundesasylamt Erstaufnahmestelle West leitete am 16.07.2012 Konsultationen mit ITALIEN gemäß dem Dubliner-Übereinkommen und damit ein Ausweisungsverfahren über Sie ein. Die Zustimmung von ITALEEN erfolgte am 19.07.2012. Weswegen damit erwiesen ist, dass Sie von ITALIEN kommend illegal nach Österreich ein reisten.

Unter Beizug eines Dolmetschers der Sprache arabisch wurden Sie durch das BAA EAST-West am 24.07.2012 zum Parteiengehör niederschriftlich befragt. Dabei führten Sie im Wesentlichen die gleichen Angaben wie bei Ihrer Erstbefragung im Asylverfahren an. Weiters seien Sie körperlich und geistig in der Lage die Einvernahme durchzuführen. Sie würden an keinerlei Krankheiten leiden, Sie teilten weiters mit, dass Ihr Bruder K A (AIS 12 08.819) ebenfalls einen Asylantrag in Österreich gestellt habe. Es würden auch noch fünf Cousins bzw. Cousinen in Österreich wohnen. (Anm. diese wurden von Ihnen im Asylverfahren nicht namentlich benannt). Finanzielle Unterstützung würden Sie nicht erhalten.

Ihnen wurde mitgeteilt, dass ITALIEN dem Aufnahmeersuchen der Republik Österreich entsprochen hat und dass daher beabsichtigt ist Ihren Antrag auf internationalen Schutz in Österreich als unzulässig zurückzuweisen und Ihre Ausweisung nach ITALIEN zu veranlassen. Auf diesen Vorhalt reagierten Sie im Wesentlichen wie folgt: 'Wir (Anm. gemeint wohl Sie und Ihr Bruder) haben keinen Asylantrag in ITALIEN gestellt. Wir möchten bei unseren Angehörigen bleiben. Wir hatten in ITALIEN keine Rechte.' Weiters führten Sie an, Sie hätten in ITALIEN in dieser Nacht kein Essen bekommen und man habe Sie geschlagen. Es gebe dort keine Arbeit. In Österreich hingegen sei es schön, hier gebe es Arbeit und Demokratie.

 

Am 17.08.2012 um 12:02 Uhr, im unmittelbaren Anschluss nachdem Ihnen seitens des BAA EAST-West der zurückweisende Asylbescheid gem. § 5 AsylG, verbunden mit einer Ausweisung gem. § 10 AsylG nach ITALIEN ausgefolgt worden ist - wurden Sie von Beamten der Polizeiinspektion St. Georgen i. A. in der Erstaufnahmestelle West, T,  S, im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen. Zum Zeitpunkt der Festnahme waren Sie bis auf einen Bargeldbetrag von € 27,90 völlig mittellos.

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig - nachdem Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind und Sie zudem in Ihrem Asylverfahren durchsetzbar aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen wurden - unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

 

Darüber hinaus wird festgehalten, dass Ihre Beendigung des illegalen Aufenthaltes mit Ihrer Außerlandesbringung in den für Sie zuständigen Mitgliedstaat - insbesondere hinsichtlich der verkürzten Rechtsmittelfrist - unmittelbar bevorsteht.

 

Eine Rückkehr in den für Sie zuständigen Mitgliedstaat haben Sie zu jedem Zeitpunkt klar negiert und sich entschieden gegen eine Rückbringung in den Mitgliedstaat ausgesprochen.

 

Bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG hat die Behörde - im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG - kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung Gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG 2005. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw. des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig ist und ob in der Person des Asylwerbers gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegenstehen.

Hinsichtlich der Notwendigkeit wird festgehalten, dass in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wurde und gleich gehend eine durchsetzbare Ausweisung in den (gemäß den Bestimmungen der Dublin-II-Verordnung) für die Prüfung des Antrages zuständigen Staat verfügt wurde, durch die im Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2009 geänderten Rechtsbestimmungen ein Sicherungsbedarf bereits indiziert ist. Mit einer zeitnahen Abschiebung in dem für Sie zuständigen Mitgliedstaat ist in Ihrem Fall jedenfalls zu rechnen, zumal sich (u. a. durch die verkürzte Rechtsmittelfrist gegen zurückweisende Entscheidungen der Asylbehörden) Ihr Asylverfahren im finalen Stadium befindet und selbst im Falle des Einbringens einer Beschwerde im Asyl- und Ausweisungsverfahren von einer zeitlich sehr kurzen Anhaltung in der Schubhaft auszugehen ist.

 

Durch Ihre Handlungsweise ist es offensichtlich, dass Sie den durchreisten EU-Staat lediglich als Transitland betrachten, in welchem Sie unter keinen Umständen bleiben wollen. Sie versuchten es bewusst Ihre polizeiliche Anhaltung und Erkennungsdienstliche Behandlung in ITALIEN zu verschweigen. Ebenso unterließen Sie es im Rahmen der Erstbefragung im Asylverfahren vollständige Angaben zu in Österreich aufhältigen Familienangehörigen zu machen.

Sie seien aus Ihrem Heimatland geflüchtet, da Sie an Demonstrationen teilgenommen hätten. Dass Sie nicht in jenes Land rücküberstellt werden wollen, welches Sie erfolgreich illegal durchreisten, ist anhand Ihrer Deklarationen und Ihres Verhaltens erwiesen. Sie äußerten sich im Parteiengehör im Asylverfahren negativ über ITALIEN und teilten weiters mit Sie würden nicht nach ITALIEN wollen.

Sie nehmen offensichtlich illegale Grenzübertritte innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ganz bewusst in Kauf und brachten in der Folge in Österreich einen Asylantrag ein und wiesen im Besonderen darauf hin, unter keinen Umständen in den für Sie offensichtlich zuständigen Mitgliedstaat zurück zu kehren. Vielmehr sei Österreich ihr Zielland gewesen. Es ist daher mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Sie nach nunmehriger Kenntnis der zurückweisenden Entscheidung über Ihr Asylbegehren in Österreich verbunden mit der Ausweisung nach ITALIEN ohne fremdenpolizeiliche Sicherungsmaßnahme in die Anonymität abtauchen werden und so eine Rückstellung in den von Ihnen negierten Mitgliedstaat ITALIEN zu unterbinden.

 

Nach Ansicht der bescheiderlassenden Behörde ist einem derartigen 'Asylantragstourismus' mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten um für ein geordnetes Fremdenwesen zu sorgen.

 

In den Fällen des § 76 Abs. 2a FPG 2005 ist von der Verhängung der Schubhaft lediglich in absoluten Ausnahmefällen abzusehen; Konkret stehen der Schubhaft besondere Umstände in der Person des Asylwerbers entgegen. Laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRAG) 2009 umfasst der Begriff der besonderen Umstände, die in der Person des Asylwerbers liegen, insbesondere Alter und Gesundheitszustand. So wären beispielsweise bei minderjährigen Asylwerbern, Asylwerber hohen Alters oder in Fällen, in denen der Gesundheitszustand eines Asylwerbers gegen die Einschränkungen einer Schubhaft spricht, vorrangig gelindere Mittel anzuordnen (anstelle der Schubhaft). Derartige Umstände liegen in Ihrem Fall jedoch offenkundig nicht vor, da Sie volljährig sind, Sie keine familiären und/oder sozialen Pflichten zu erfüllen haben und maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht geltend gemacht wurden bzw. solche aus der Aktenlage nicht hervorgehen.

 

Dem nicht entsprechend, sind Sie alleinstehend, begleiten keine minderjährigen Kinder für die Sie die Obsorge hätten, gehen keiner Beschäftigung nach, halten sich erst seit Kurzem in Österreich auf und sind daher sowie auch entsprechend Ihrer dargelegten Verhaltensweise offensichtlich, an absolut keine Örtlichkeiten gebunden. Ihr Bruder der unter der x Zahl x 08.819 ebenfalls einen Asylantrag in Österreich stellte ist ebenso wie Sie erst seit kurzem in Österreich aufhältig und somit ebenfalls an keine Örtlichkeit gebunden.

 

Nachdem aufgrund des geschilderten Sachverhaltes und aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens Im Bundesgebiet zu befürchten ist, dass Sie sich - auf freiem Fuß belassen -dem werteren Zugriff der Behörde entziehen und in die Illegalität abtauchen werden, ist zur Sicherung Ihrer Abschiebung in den für Sie zuständigen und in den von Ihnen zur Rückkehr negierten Mitgliedstaat, Ihre Anhaltung in der Schubhaft unbedingt erforderlich.

 

Ein gelinderes Mittel würde zudem die Gefahr beinhalten, dass Sie - nach einem Abtauchen in die Anonymität - dem österreichischen Staat weiters finanziell zur Last fallen könnten. Da Sie Ihren Unterhalt im Bundesgebiet bestreiten müssen, ist die Gefahr sehr groß, dass Sie dies auf illegale Art und Weise bewerkstelligen werden. Nachdem Sie bereits unter Beweis gestellt haben, dass Sie keinen Wert an der Einhaltung der Rechts- und Werteordnung in Ihren Gastländern legen, ist auch davon auszugehen, dass Sie Ihren erforderlichen Unterhalt auch im Bundesgebiet oder in der europäischen Union notfalls durch illegaler Beschäftigung oder anderwärtiger strafrechtlicher Begehen erwirtschaften werden.

Denn für den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet verfügen Sie nicht über ausreichende Barmittel. Eine rechtmäßige Beschäftigung können Sie nicht ausüben, da Sie weder im Besitz einer arbeitsmarkt- noch aufenthaltsrechtlichen Bewilligung sind. Es müssten daher für den weiteren Aufenthalt öffentliche Mittel aufgewendet werden bzw. ist der Schluss zulässig, dass Sie versuchen durch Begehung strafbarer Handlungen Ihren Unterhalt zu fristen.

 

Darüber ist im Besonderen die Gefahr nach Abtauchen in die Anonymität sehr groß, dass letztlich Österreich für die inhaltliche Prüfung gemäß dem Dublinabkommen zuständig werden könne, sofern den Erfordernissen des Abkommens - einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht nachgekommen werde! Wessen Erzwingen durch einen Aufenthalt in der Anonymität nicht im öffentlichen Interesse stehen kann. Diesbezüglich wird auf Artikel 13 der Dublinverordnung explizit hingewiesen.

 

Es konnten mit vorliegenden Sachverhalt keine Anhaltspunkte gesehen werden, aus denen erkennbar oder naheliegend ableitbar wäre, dass in ihrem Fall mit der Anwendung gelinderer Mittel eine in Kürze bevorstehende Überstellung in den für Sie zuständigen Mitgliedstaat - in den Sie die Rückkehr überdies zu jedem Zeitpunkt Ihres Verfahrens negiert haben - nicht gesichert werden kann und damit die gelindere Form der Schubhaft auszuschließen war.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck kommt letztlich nach umfassender Einzelfallprüfung des Sachverhaltes zum Schluss, dass eine Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft im konkreten Fall vorliegt. Denn dem Recht des Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit an der Aufrechterhaftung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um dieses Ziel zu gewährleisten war der Eingriff in Ihr Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit erforderlich.

Die Behörde ist daher im Zuge einer umfassenden Einzelfallprüfung in allen Belangen zum Ergebnis gelangt, dass die Verhängung der Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohles dringend erforderlich und geboten ist.

 

Diese Tatsachen rechtfertigen nicht nur sondern veranlassen vielmehr die bescheiderlassende Behörde im Übrigen dahin, die Schubhaft anstelle gelinderer Mittel zu verhängen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf durch seine Vertreterin mit Schreiben vom 26. August 2012 (eingelangt per Fax am 27. August 2012) Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat und beantragte die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft per 17. August 2012 sowie der seither andauernden Schubhaft unter Kostenersatz.

 

Begründend wird im Wesentlichen wie Folgt ausgeführt:

 

"Sachverhalt:

 

Der BF ist syrischer Staatsangehöriger und gehört der kurdischen Volksgruppe an. Der BF ist ledig und verließ Ende Juni 2012 gemeinsam mit seinem etwa um ein Jahr jüngeren Bruder A Kf, geb. X Syrien aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung. Der BF und sein Bruder wohnten bis zur Flucht aus Syrien im gemeinsamen Haushalt. Der BF reiste gemeinsam mit seinem Bruder am 13. Juli 2012 in Österreich ein und brachte am selben Tag bei der Polizei in Saggen einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Der Reiseweg des BF und seines Bruders A führte über die Türkei nach Griechenland und von dort mit dem Boot nach Italien, wo der BF in x/Kalabrien (im Gegensatz zu seinem Bruder) erkennungsdienstlich behandelt wurde.

Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.8.2012 gem. § 5 Abs 1 AsylG idgF als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages gem. Artikel 10 (1) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (im Folgenden Dublin-ll-VO) Italien zuständig sei. Gleichzeitig wurde der BF gem. § 10 Abs 1 2 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Italien gem.§ 10 Abs 4 AsylG für zulässig erklärt.

Der Antrag des Bruders A hingegen, der zusammen mit dem BF nach Österreich flüchtete und gemeinsam mit ihm den Antrag auf internationalen Schutz eingebrachte, wurde zugelassen und ist derzeit in 1. Instanz beim Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg (AIS 12 08.819) anhängig. Der Bruder befindet sich seit 31.7.2012 in x in Oberösterreich in Bundesbetreuung (Grundversorgung).

Mit Bescheid, GZ: Sich40-2482-2012, vom 17.8.2012 hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gegen den BF gem. § 76 Abs 2a Z 1 FPG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) und der Abschiebung (§ 46 FPG) angeordnet.

 

Dagegen richtet sich die eingebrachte Beschwerde. Sowohl die Schubhaftverhängung als auch Anhaltung in Schubhaft sind rechtswidrig.

 

 

Begründung:

 

Unverhältnismäßigkeit der Haft

Art 1 Abs 3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit sieht vor, dass jede Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist. Im konkreten Fall stützt sich die Schubhaft auf §76 Abs. 2a Z 1 FPG.

 

Auch wenn § 76 Abs 2a FPG vorsieht, dass die Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber in den dort genannten Fällen die Schubhaft anzuordnen hat, hat im Sinne einer verfassungskonformen Anwendung der Bestimmung eine individuelle Prüfung der Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen.

[...]

Von der Behörde ist daher auch bei der Anwendung des § 76 Abs 2 sowie des § 76 Abs 2a FPG zu prüfen, ob die Schubhaft notwendig ist, um eines der in § 76 FPG genannten Verfahren zu sichern.

[...]

 

Schubhaft darf nicht als Standard-Maßnahme gegenüber Asylwerbern - auch nicht in Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrages zuständigen Staates - angewendet werden. [...].

 

[...]

Der Fall des BF ist durchaus mit [dem der Entscheidung VwGH 26.8.2010, Z 2010/21/0234 zugrundeliegenden Fall] vergleichbar. Auch er hat zusammen mit dem Bruder unmittelbar nach der illegalen Einreise von Italien nach Österreich aus eigener Initiative einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht und nicht im Zuge eines Aufgriffes durch die Behörden nach einem längeren illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet. Der BF hat Anknüpfungspunkte in Österreich, da Verwandte des BF als Flüchtlinge in Österreich leben. Soweit dem BF vorgehalten wurde, dass dieser keine vollständigen Angaben zu den Verwandten gemacht habe, so sollte berücksichtigt werden, dass dem BF die genaue Adresse seiner Verwandten in Österreich nicht bekannt war, da er mit seinen Verwandten telefonischen Kontakt hatte und der Onkel ihn in T besuchte, der BF aber noch keine Möglichkeit hatte, die Verwandten an deren Wohnort zu treffen. Daher brauchte er die Adresse nicht. Er wurde auch weder von den Asylbehörden noch von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu den genauen Daten des Onkels und der Cousins befragt. Der BF ist Asylwerber mit Anspruch auf Grundversorgung und hat sich niemals dem Asylverfahren entzogen sondern ist bisher immer allen Ladungen der Behörden nachgekommen. Es bestehen keine Zweifel, dass der BF syrischer Staatsangehöriger ist und der kurdischen Volksgruppe angehört (dies ergibt sich ua aus den Sprachkenntnissen des BF und wurde auch vom Bundesasylamt den Feststellungen zugrunde gelegt). Aufgrund der amtsbekannten Situation in Syrien erscheint es jedenfalls glaubhaft, dass der BF Syrien aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung oder zumindest vor den Gefahren des Bürgerkrieges verlassen musste. Der BF möchte Österreich nicht verlassen (aufgrund der Anknüpfungspunkte des BF in Österreich, der Tatsache, dass der BF von seinem Bruder nicht getrennt werden möchte sowie der prekären Situation für Asylwerber in Italien), das Vorverhalten des BF spricht aber nicht dafür, dass er sich einem Verfahren der Behörde entziehen werde oder die Abschiebung zu vereiteln trachte. Als Flüchtling hat er ein Interesse daran, dass sein Asylantrag geprüft wird und er internationalen Schutz (sei es in Form von Asyl oder subsidiären Schutz) erhält. Dies ist angesichts der Verhältnisse in Syrien auch durchaus wahrscheinlich. Insofern kann nicht davon ausgegangen werden, der BF werde sich 'durch Untertauchen' dem Verfahren entziehen. Der BF hat amtsbekanntermaßen einen Bruder im Bundesgebiet, der zeitgleich mit dem BF nach Österreich geflüchtet und mit ihm zusammen einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht hat. Dieser Bruder befindet sich - wie im Sachverhalt angeführt - in Bundesbetreuung in Österreich. Es erscheint unverhältnismäßig, den BF von seinem Bruder zu trennen sondern hätte richtigerweise auch das Verfahren des BF zugelassen werden müssen.

 

Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde noch nicht rechtskräftig zurückgewiesen. Der Umstand, dass der BF in x/itailen erkennungsdienstlich behandelt wurde sowie die Zustimmungserklärung Italiens zur Wiederaufnahme des BF bedeuten nicht automatisch, dass Italien nach den Zuständigkeitskriterien im Kapitel III der Dublin-ll-VO für die Prüfung des Antrages des BF zuständig ist, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass im Falle des Bruders (mit dem gleichen Fluchtweg wie der BF, nur etwas anderer Beweislage) das Verfahren zugelassen wurde. Der BF hat deshalb auch am 24.8.2012 fristgerecht Beschwerde gegen den zurückweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.8.2012 eingebracht. Dabei hat der BF unter anderem Folgendes wortwörtlich vorgebracht:

[...]

 

 

Desweiteren hat der BF in dieser Beschwerde auch eine drohende Verletzung von Art 3 EMRK (Situation In Italien, Verletzung des Non-Refoulement-Gebotes durch Italien) sowie von Art 8 EMRK (drohende Trennung vom Bruder) geltend gemacht.

 

Im Falle des BF hat sich die belangte Behörde nicht hinreichend mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt und ohne ausreichende Begründung die Schubhaft angeordnet. Das 'Vorverhalten' des BF, insbesondere der Umstand, dass der BF bisher immer allen Ladungen der Behörde nachgekommen ist und kurz nach der Einreise aus eigener Initiative den Antrag auf internationalen Schutz eingebracht hat, lassen keinen Sicherungsbedarf erkennen und war die erfolgte Freiheitsentziehung des BF nicht notwendig.

 

Die Schubhaftverhängung und die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft sind daher rechtswidrig.

 

 

Nichtanwendung des gelinderen Mittels

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 18.05.2001, Zl. 2001/02/0048 ausgesprochen und in ständiger Judikatur bekräftig hat, hat die schubhaftverhängende Behörde die Anwendung des gelinderen Mittels zu prüfen.

 

Mangels ausreichender Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Situation des BF hat die Erstbehörde auch nicht hinreichend begründet, weswegen in seinem Fall der nach Ansicht der Erstbehörde gegebene Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels nicht erreicht werden könnte. Hier wurde im wesentlichen nur angeführt, dass der BF alleinstehend sei, keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen geltend gemacht habe und keine familiären oder sozialen Verpflichtungen zu erfüllen habe. Soweit die Behörde ausführt, auch der Bruder des BF sei ebenso wie der BF an keine Örtlichkeit gebunden, so ist dies insofern unzutreffend, dass der Bruder die Grundversorgung nur in dem ihm zugewiesenen Quartier in Anspruch nehmen kann und auch aufgrund seines Interesses an internationalem Schutz davon ausgegangen werden kann, dass er seinen Meldeverpflichtungen nachkommen wird, da sonst das Asylverfahren eingestellt würde. Insbesondere befindet sich der Bruder weiterhin in dem ihm von der Behörde zugewiesenen Quartier und hat sich auch der BF selbst immer in den ihm zugewiesenen Quartieren aufgehalten.

 

Die Schubhaft ist daher rechtswidrig."

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 27. August 2012 (eingelangt beim Oö. UVS am selben Tag) übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt per E-Mail. In einer kurzen Gegenschrift legt die belangte Behörde erneut ihren Rechtsstandpunkt dar und beantragt die kostenpflichtige Ab- bzw. Zurückweisung der Beschwerde.

 

Mit E-Mail vom selben Tag wurde dem zuständigen Mitglied des Oö. Verwaltungssenates die fremdenpolizeiliche Information übermittelt, dass im Asylverfahren des Bf eine Beschwerde beim AGH eingebracht worden sei.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht nur gemäß § 67d Abs. 2 Z 1 AVG sondern auch gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1.1. und 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

Hinsichtlich des vom Bf bereits in der Ersteinvernahme und auch in der Berufung erwähnten Onkels in Österreich, mit dem er regelmäßig in telefonischem Kontakt gestanden ist und der ihn auch im Grundversorgungsquartiert besucht hat, hat der Oö. Verwaltungssenat über die Vertreterin des Bf folgende Details in Erfahrung gebracht: Der Name des Onkels des Bf ist K, geb. X, wohnhaft in L, H. Auch telefonische Kontaktdaten wurden dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt. Der Onkel ist nach Auskunft der Vertreterin des Bf dazu bereit, den Bf bei sich aufzunehmen, sollte dieser nicht wieder einem Grundversorgungsquartier zugewiesen werden.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.  Gemäß § 82 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, zuletzt geändert durch BGBl. I 50/2012, hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 leg.cit. hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Gemäß § 6 Abs. 4a FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft oder zur Anordnung gelinderer Mittel nach dem Aufenthalt.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 17. August 2012, Z Sich40-2482-2012, seit 17. August 2012 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, ist gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist;

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z. 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 76 Abs. 6 FPG kann die Schubhaft aufrecht erhalten werden, wenn ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 FPG oder Abs. 2a FPG vor, gilt die Schubhaft als nach dieser Gesetzesstelle verhängt.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

 

Gemäß § 80 Abs. 1 bzw. 2 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer nunmehr grundsätzlich

1.    zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.     vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.4. Zu den Schubhaftgründen:

Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass der Bf am 25. Juni 2012 illegal aus seinem Heimatstaat Syrien ausgereist und am 13. Juli 2012 schlepperunterstützt von Italien nach Österreich gereist ist, wo er unmittelbar nach seiner Einreise einen Asylantrag bei der PI Saggen stellte. Der Bf gibt an, nicht zu wissen, über welche Länder seine Einreise in Österreich erfolgt sei, führt aber selbst – nach Vorhalt eines diesbezüglichen x-Treffers – aus, dass er in Italien erkennungsdienstlich behandelt worden ist (vgl. die Befragung im Asylverfahren vom 13.7.2012); sein mit ihm reisender jüngerer volljähriger Bruder hat sich den Angaben des Bf zufolge dieser erkennungsdienstlichen Behandlung in Italien entzogen. Ein Asylantrag ist in keinem anderen EU-Staat gestellt worden.

Bei der Einvernahme vor dem BAA EAST West am 24.7.2012 wurde dem Bf mitgeteilt, dass Italien dem Aufnahmeersuchen der Republik Österreich entsprochen hat und beabsichtigt sei, seinen Asylantrag in Österreich als nicht zulässig zurückzuweisen und den Bf nach Italien auszuweisen.

Mit Bescheid des BAA EAST West vom 17.8.2012 wurde der Asylantrag des Bf ohne in die Sache einzutreten gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Asylantrags Italien zuständig ist. Weiters wurde mit diesem Bescheid ausgesprochen, dass der Bf gem. § 10 AsylG nach Italien ausgewiesen wird und demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Italien gem. § 10 Abs. 4 AsylG zulässig ist. Es liegt somit nunmehr eine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung vor.

Unmittelbar nach Ausfolgung dieses negativen Asylbescheides wurde der Bf am 17.8.2012 in Schubhaft genommen.

 

3.4.1. Die belangte Behörde legte nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. UVS dem angefochtenen Schubhaftbescheid vom 17.8.2012 zu Recht § 76 Abs. 2a Z 1 FPG zugrunde.

 

Nach dieser Bestimmung hat die zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

3.4.2. Vorweg ist festzuhalten, dass der Tatbestand des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG grundsätzlich erfüllt ist: Im vorliegenden Fall liegt seit der Erlassung des Bescheides des BAA EAST WEST vom 17.8.2012 und der damit ausgesprochenen Zurückweisung des Asylantrages des Bf (der Asylwerber iSd § 2 Z 14 AsylG 2005 ist) sowie der Ausweisung nach Italien eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung vor.

Gem. § 36 Abs. 4 AsylG 2005 ist eine Ausweisung durchsetzbar, wenn einer Beschwerde gegen eine Ausweisung beim Asylgerichtshof die aufschiebende Wirkung nicht zukommt. Gem. Abs. 1 leg.cit. kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung – wie der vorliegenden –, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu; einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird.

Der im Asylverfahren seitens des Bf beim Asylgerichtshof erhobenen Beschwerde gegen die Entscheidung des BAA East West vom 17.8.2012 kommt daher grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zu und wurde diese auch seitens des Asylgerichtshof bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung – wie aus den vorgelegten Unterlagen der Erstbehörde, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht, hervorgeht und auch durch telefonische Auskunft des BAA EAST West bestätigt wird – nicht zuerkannt.

 

Es liegen bzw. lagen somit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG vor. Aus fremdenrechtlicher Sicht durfte die belangte Behörde die am 17. August 2012 verhängte Schubhaft daher auf § 76 Abs. 2a Z 1 FPG stützen.

 

3.4.3. Im Gegensatz zu den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs. 1 und 2, die ihrer Formulierung nach eine Ermessensentscheidung bedingen, legt Abs. 2a leg.cit. grundsätzlich eine obligatorische Verhängung der Schubhaft bei Vorliegen der hier normierten Tatbestandselemente fest. Den Materialien zu § 76 Abs. 2a FPG ist zu entnehmen, dass in den hier normierten fünf Fällen "grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein wird".

 

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen.

 

Weiters geben die Materialien an, dass der von den Höchstgerichten geforderten Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den letzten Satz Rechnung getragen wird und gehen diesbezüglich von einem Anwendungsbereich der besonderen in der Person des Asylwerbers gelegenen Umstände "insbesondere" von "Alter" und "Gesundheitszustand" aus. Eine Beschränkung allein auf derartige Umstände wird wohl unzureichend sein, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.891/2006 und 18.196/2007) schon bei den Absätzen 1 und 2 des § 76 FPG eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Eine nunmehrige Einschränkung auf lediglich rein in der Person gelegene Umstände wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich und ist über verfassungskonforme Interpretation aufzulösen.

 

Es folgt also daraus, dass das Vorliegen einer oder mehrerer Alternativen des § 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Vorliegen des Sicherungsbedarfs gewertet werden muss, eine derartige Prüfung aber nicht ersetzt. Weiters muss auch bei dieser Bestimmung die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – mit besonderer aber nicht ausschließlicher Blickrichtung auf persönliche Verhältnisse des Schubhäftlings – vorliegen. Auch muss schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach zwar dazu geeignet, aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen; die Möglichkeit der Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG bleibt aber auch diesbezüglich zu prüfen.

 

3.4.4. Diese Rechtsauffassung wird im Übrigen auch durch die eindeutige Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofes gestützt. So konstatiert dieser in seiner ständigen Rechtsprechung (anstatt vieler VwGH 26.8.2010, 2010/21/0234):

"Der Tatbestand des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG in der hier zu beurteilenden ersten Variante (gegen den Asylwerber wurde eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen) stellt sich als Sonderfall zu § 76 Abs. 2 Z 1 FPG dar. Auch in seinem Anwendungsbereich - Ähnliches gilt mit unterschiedlicher Gewichtung für die anderen Tatbestände des § 76 Abs. 2a FPG - bedarf es daher 'weniger ausgeprägter Hinweise' im Sinn des vorzitierten Erkenntnisses vom 25. März 2010 [auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfes]. Zu betonen ist allerdings, dass solche Hinweise neben dem Vorliegen des Schubhaftgrundes aber auch im Fall des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG immer erforderlich sind; einem Automatismus dergestalt, dass aus der Verwirklichung des Schubhafttatbestandes des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG ohne Weiteres ein die Schubhaft rechtfertigendes Sicherungsbedürfnis folge, muss am Boden des Gesetzes eine Absage erteilt werden. Anderes lässt sich angesichts der erwähnten verfassungsrechtlichen Grundlagen auch nicht aus dem Ausdruck 'hat' in den einleitenden Worten des § 76 Abs. 2a FPG ableiten. Dabei ist zunächst klarzustellen, dass auch bei diesen Schubhafttatbeständen gemäß dem [...] 'ultima ratio-Prinzip' mit der Verhängung (bloß) eines gelinderen Mittels vorzugehen ist, wenn einem allfälligen Sicherungsbedürfnis schon auf diesem Weg Genüge getan werden kann (so auch die ErläutRV, wenn sie darauf hinweisen, dass die Bestimmungen zum gelinderen Mittel gemäß § 77 FPG von Abs. 2a des § 76 FPG unberührt bleiben)."

 

Mit anderen Worten: Wenn es auch für den Tatbestand des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG "weniger ausgeprägter Hinweise" auf einen Sicherungsbedarf bedarf, sind entsprechende Hinweise aber sehr wohl auch diesbezüglich erforderlich.

 

3.4.5. Die konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles stellen sich wie folgt dar: Der Bf (seit Mitte Juli 2012 illegal in Österreich eingereist) ist mittellos und – wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt – in Österreich weder sozial noch sonstig in besonderem Maß integriert. Einzig und allein mit einem Onkel, der in x lebt, hat der Bf regelmäßigen telefonischen Kontakt und hat ihn dieser auch im Grundversorgungsquartier besucht. Nach Italien will der Bf jedenfalls nicht zurückkehren.

 

3.4.6. Seitens der belangten Behörde wurde der Sicherungsbedarf insbesondere darauf gestützt, dass der Bf nicht ausreisewillig sei und nicht nach Italien zurück wolle. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof in der oa. Entscheidung zu § 76 Abs. 2a FPG klargestellt, "dass fehlende Ausreisewilligkeit - für sich allein, wenn sie nicht in besonderen Umständen Niederschlag findet - die Verhängung von Schubhaft nicht zu rechtfertigen vermag, zumal das asylrechtliche Verfahren in den Fällen des § 76 Abs. 2a FPG noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist". Diese zum Ausdruck gebrachte Absicht, nicht nach Italien ausreisen zu wollen, hat sich dabei allerdings nur darin manifestiert, dass der Bf in seiner Einvernahme am 13.7.2012 eben erklärte, nicht nach Italien zu wollen. Aus dem – vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung immer wieder bezogenen – Vorverhalten des Bf ergeben sich diesbezüglich keinerlei Anhaltspunkte hinsichtlich besonderer Umstände des konkreten Einzelfalles, die die Ausreiseunwilligkeit in erheblichem Maße bestärkten.

 

3.4.7. Weiters bleiben die – auch von der Erstbehörde überdies angeführten – Umstände der Mittellosigkeit, des Fehlens von engen familiären Bindungen bzw. besonders bemerkenswerter Integration im Bundesgebiet und der illegalen Einreise sowie dem Fehlen von Reisedokumenten des Bf darüber hinaus in Bezug auf die Beurteilung eines konkreten Sicherungsbedarfes des Bf zu berücksichtigen. Diesbezüglich ist im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass es sich dabei in Bezug auf – wie der Bf noch nicht lange in Österreich aufhältige – Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, um keine tragfähigen Argumente für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes handelt (vgl. nur VwGH 24.11.2009, 2007/21/0122).

 

Dass aber sonst besondere Umstände vorliegen würden, auf Grund derer die Annahme gerechtfertigt wäre, der Bf werde sich - mit Blick auf die ihm (schon) am 24. Juli 2012 bekannt gegebene beabsichtigte Zurückweisung seines Asylantrages sowie die Ausweisung nach Italien - dem weiteren Verfahren entziehen, geht weder aus dem vorliegenden Verfahrensakt hervor noch wird dies von der Erstbehörde dargelegt. So hat sich der Bf unmittelbar nach seiner – wenn auch unrechtmäßigen – Einreise in Österreich bei der Polizeiinspektion Saggen gemeldet und einen Asylantrag gestellt. Schließlich wurde dem Bf eine bundesbetreute Unterkunft in der EAST West zugewiesen.

Aus dem Akt ergeben sich auch keinerlei Anhaltspunkte, dass sich der Bf den Behörden nicht zur Verfügung gehalten hätte; insbesondere wurde dem Bf die grundsätzliche Gefahr einer Ausweisung nach Italien bereits im Rahmen seiner Ersteinvernahme am 24. Juli 2012 mitgeteilt – selbst diese Information hat den Bf aber bis zu seiner Inschubhaftnahme am 17. August 2012 keineswegs zum Untertauchen veranlasst.

Auch hat der Bf in nicht zu beanstandender Weise an seinem asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren hinreichend mitgewirkt. Wenn die Behörde ausführt, der Bf hätte versucht, seinen Aufenthalt in Italien zu verschweigen und hinsichtlich seiner Verwandten in Österreich keine entsprechenden Angaben getätigt, so ist sie diesbezüglich nicht im Recht. Vielmehr hat der Bf bereits in seiner Ersteinvernahme am 13.7.2012 – wenn auch erst auf Vorhalt eines x-Treffers – seine in Italien vorgenommene erkennungsdienstliche Behandlung offengelegt und auch bereits zum damaligen Zeitpunkt seinen Onkel in Österreich angeführt. Ein klassischer "Asyltourismus" liegt im vorliegenden Fall dabei insofern nicht vor, als der Aufenthalt des Bf in Italien lediglich von kurzer Dauer war (1,5 Tage) und der Bf dabei keinen Asylantrag gestellt hat.

Wenn dabei die Angaben des Bf zu seinem Onkel auch näher dargelegt hätten werden können, so kann dem Bf diesbezüglich nicht mangelnde Mitwirkung am Verfahren vorgeworfen werden. Im Übrigen hätte auch die Asyl- oder Fremdenbehörde diesbezüglich nachfragen können und – so wie der Oö. Verwaltungssenat in seinem Verfahren – dabei die folgenden, ausreichenden weiteren Details zur Person des Onkels des Bf erhalten:

Der Name des Onkels des Bf ist K A, geb. X, wohnhaft in L, H; auch wurden dem Oö. Verwaltungssenat telefonische Kontaktdaten vorgelegt. Der Onkel des Bf sei nach Angaben der Vertreterin des Bf bereit, den Bf bei sich aufzunehmen, sollte er nicht wieder einem Grundversorgungsquartier zugewiesen werden.

 

Wenn diese Beziehung zum Onkel auch nicht die Schutzbereichsschwelle zum Recht auf Privat- und Familienleben iSd Art. 8 EMRK erreicht, so zeigt dies doch die grundsätzliche Bereitschaft des Onkels, den Bf entsprechend zu unterstützen, insbesondere ihn gegebenenfalls bei sich aufzunehmen. Auch daraus geht nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates daher im Rahmen einer Prognosebeurteilung hervor, dass ein Sicherungsbedarf wegen der Gefahr des Untertauchens des Bf nicht im erforderlichen erheblichen Ausmaß vorliegt.

In diesem Zusammenhang ist auch die Tatsache zu erwähnen, dass der Bruder des Bf mangels Zustimmung Italiens im Dublin-Verfahren zum Asylverfahren zugelassen wurde und sich in Grundversorgung befindet. Der Umstand, dass der Bf gemeinsam mit seinem Bruder von Syrien kommend nach Österreich gereist ist, indiziert, dass es sich bei dem Bruder um eine gewisse Bezugsperson für den Bf handelt. Auch dies bestärkt daher die hier vertretene Auffassung, dass der Bf auf freiem Fuß belassen wohl keineswegs im Alleingang, dh ohne seinen Bruder, untertauchen würde.

Ob durch diese brüderliche Beziehung auch der grundrechtliche Schutzbereich des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK tangiert ist, kann dabei im vorliegenden Fall allerdings dahinstehen, ist die Schubhaft doch schon mangels eines entsprechenden Sicherungsbedarfes als rechtswidrig zu qualifizieren.

 

3.4.7. Für die – wie bereits weiter oben dargelegt, auch bei Heranziehung eines Schubhaftgrundes nach § 76 Abs. 2a FPG erforderliche – Annahme, der Fremde werde sich der Abschiebung (insbesondere) durch Untertauchen entziehen oder sie zumindest wesentlich erschweren, liegen im vorliegenden Fall nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates somit keine hinreichenden Gründe vor. Die – im Wesentlichen auf bloßen Vermutungen basierenden – Überlegungen der Erstbehörde vermögen, wie bereits ausgeführt, diese Annahme in Bezug auf den Bf nicht zu tragen. Entscheidend ist im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung vielmehr sein an den Tag gelegtes "Vorverhalten", wobei neben der Art und den Umständen seiner Reisebewegung sowie des Behördenkontaktes in Österreich u. a. auch jene Gesichtspunkte, die der Bf in seiner Beschwerde an die belangte Behörde vorgebracht hat, nämlich dass er stets am asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren mitgewirkt, allen behördlichen Ladungen nachgekommen und keine Anstalten gemacht habe, sich "dem fremdenpolizeilichen Verfahren" zu entziehen und sich stets in den ihm zugewiesenen Grundversorgungsquartier aufgehalten habe, eine Rolle spielen. Da nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates den diesbezüglichen Ausführungen des Bf nicht zuletzt mangels gegenteiliger hinreichender Anhaltspunkte in seinem "Vorverhalten" Glauben zu schenken ist, kann im vorliegenden Fall nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates nicht gesagt werden, die Schubhaft sei in dem in § 76 Abs. 2a FPG umschriebenen Sinn "notwendig" (vgl. VwGH 24.11.2009, 2007/21/0122).

Ein einzelfallbezogener erheblicher Sicherungsbedarf des Bf, dem allein durch die Verhängung der Schubhaft Rechnung getragen werden könnte, ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des gegenständlichen Falles somit nicht gegeben.

 

Die Sicherung einer bevorstehenden Abschiebung hätte somit nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates in der hier zugrunde zu legenden Prognosebetrachtung mit der Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG hinreichend gewährleistet werden können.

 

3.6. Es war daher, ohne auf die weiteren Vorbringen näher einzugehen, der in Rede stehenden Beschwerde schon aus dem Grund eines mangelnden erheblichen Sicherungsbedarfes stattzugeben und sowohl der Schubhaftbescheid als auch die folgende Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 Z 1 und Z 3 AVG iVm § 1 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) zu einem Aufwandersatz in Höhe von 737,60 Euro zuzüglich der Eingabegebühren in Höhe von 18,20 Euro zu verpflichten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 18,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. L u k a s

 

 

 

 

 

 

 

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