Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281372/30/Wim/Bu

Linz, 26.09.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung von Frau X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18.10.2011, Ge96-23-2011 wegen Übertretungen nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz, eingeschränkt auf die Strafhöhe, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 07.09.2012 zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 80 Euro, die verhängten Ersatzfrei­heits­strafen auf jeweils 5 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.   Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 24 Euro. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 Abs. 1 u. 2 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin wegen drei Übertretungen des § 7 Abs. 7 iVm § 3 Abs. 1 Bauarbeiten­koordinationsgesetz (BauKG) Geldstrafen von jeweils 150 Euro, sowie bei Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 30 Stunden verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihr vorgeworfen:

 

"Sie sind Miteigentümerin des Grundstückes Nr. X, KG X, und gelten als Bauherrin der Baustelle X Wohnhausanlage, X, X, X, im Sinne des Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG, BGl. I Nr. 37/1999 idgF und demnach als Beschuldigter in diesem Verfahren.

 

Folgender Sachverhalt wurde anlässlich einer Baustellenbesichtigung am 11. November 2010 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Wels auf der Baustelle X, X (Neubauwohnhausanlage X) festgestellt und in der Anzeige GZ: X vom 2. Februar 2011 der Bezirkshaupt­mannschaft Wels-Land zur Kenntnis gebracht.

 

Sachverhalt:

Auf dem bereits errichteten Rohbau war von der Zimmerei der Dachstuhl und von der Dachdeckerfirma die Dachhaut bereits aufgebracht. Der Rohbau wurde von der Firma X GmbH in X errichtet. Am Tag der Inspektion wurden von Arbeitnehmern der Firma X GmbH Fensterversetzarbeiten durchgeführt. Im Zeitraum vor dieser Inspektion wurden jedenfalls Bauarbeiten in größerem Umfang durchgeführt.

 

Auf der Baustelle war am 11. November 2010 keine Vorankündigung und kein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan ausgehängt.

Dieser Sachverhalt stellt eine Übertretung nach § 7 Abs. 7 Baukoordinationsgesetz – BauKG dar, wonach der Bauherr dafür zu sorgen hat, dass die betroffenen Arbeitgeber, deren Präventivfachkräfte und Arbeitnehmer, als auch auf der Baustelle tätige Sachverständige Zugang zum Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan haben.

 

Ebenso war kein Planungskoordinator und kein Baustellenkoordinator bestellt.

Dieser Sachverhalt stellt jeweils eine Übertretung nach dem § 3 Abs. 1 Baukoordinationsgesetz - BauKG dar, wonach der Bauherr einen Planungs­koordinator für die Vorbereitungsphase und einen Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase zu bestellen hat, wenn auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig werden.

 

Sie haben daher gegen die Bestimmungen des BauKG zuwider gehandelt, da Sie als Bauherrin verpflichtet sind, einen Planungs- und einen Baustellenkoordinator zu bestellen und allen auf der Baustelle Tätigen Zugang zum Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan zu geben."

 

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin durch ihre Rechtsvertretung rechtzeitig eine begründete Berufung erhoben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erwogen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 07.09.2012. In dieser Verhandlung wurde die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

Dazu wurde, soweit hier noch relevant, vorgebracht, dass die persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin keinesfalls so seien, wie angenommen, sondern dass sie alleinerziehend sei und sorgepflichtig für zwei Kinder. Weiters sei die Berufungswerberin derzeit in Karenz. Darüberhinaus wurde darauf hingewiesen, dass keinerlei spezialpräventiven Gründe für eine Bestrafung vorlägen und auch seitens der Firma X immer der Eindruck vermittelt worden sei, dass von dieser alles erledigt werde und sich die Berufungswerberin daher einfach um nichts kümmern müsse.

 

Auch der Vertreter des Arbeitsinspektorates erklärte sich aufgrund der besonderen Umstände dieses Einzelfalles mit einer Strafreduktion und zwar auch mit einer Unterschreitung der vorgesehen Mindeststrafe einverstanden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z1 BauKG ist mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen, wer als Bauherr die Verpflichtungen nach § 3, § 4 Abs. 1, § 6, § 7 und § 8 dieses Bundesgesetzes verletzt.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 BauKG hat der Bauherr, sofern auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig werden, einen Planungskoordinator für die Vorbereitungsphase und einen Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase zu bestellen.

 

Nach § 7 Abs. 7 BauKG hat der Bauherr dafür zu sorgen, dass die betroffenen Arbeitgeber, deren Präventivfachkräfte und Arbeitnehmer sowie die auf der Baustelle tätigen Selbständigen Zugang zum Sicherheits- und Gesundheits­schutz­plan haben.

 

4.2. Durch die Einschränkung der Berufung auf die Strafhöhe war nur mehr die Strafbemessung einer Überprüfung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat zu unterziehen.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­straf­rechtes sind die §§ 32 – 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach § 20 VStG kann, sofern die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist, die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

 

Entgegen den Annahmen der Erstinstanz, war bei den persönlichen Verhältnissen der Berufungswerberin zu berücksichtigen, dass diese derzeit in Karenz ist (und somit kein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro hat) und sie Sorgepflichten für zwei Kinder hat (im Gegensatz zu den angenommenen fehlenden Sorgepflichten).

 

Weiters ist der Umstand, dass durch das Fehlen des Planungs- und Baustellenkoordinators die Schutzmaßnahmen für das Errichten des Dachstuhles und die Dachdeckerarbeiten nicht koordiniert wurden und kollektive Schutzmaßnahmen fehlten, nicht als erschwerend anzusehen, da ja gerade dieser Umstand unter Strafe gestellt wurde. Überdies ist bei der gegenständlichen Baustelle kein Arbeitsunfall passiert, sodass das Fehlen der Koordination keine besonders schweren Tatfolgen nach sich gezogen hat.

 

Auch die Unbescholtenheit der Berufungswerberin wurde nicht als strafmildernd gewertet.

 

Weiters ist aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenat auch zusätzlich in mildernder Weise für die Strafbemessung noch heranzuziehen, dass die Berufungswerberin hinsichtlich des Auftretens der Firma X als quasi Generalunternehmerin, hier ein abgemindertes Verschulden trifft und auch spezialpräventive Gründe, nämlich sie von einer weiteren Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten, nicht ersichtlich sind.

 

In Anbetracht dieser Gesamtumstände des Einzelfalles war daher die außerordentliche Strafmilderung im Sinne der nunmehr spruchgemäß festgesetzten Strafreduktion vorzunehmen. Auch der Vertreter des Arbeits­inspektorates hat sich in der öffentlichen mündlichen Verhandlung mit einer solchen Strafreduktion einverstanden erklärt. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Die Verfahrenskostenregelung ergibt sich aus den zitierten Rechtsgrundlagen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Leopold Wimmer

 

 

 

 

 

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