Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167022/5/Zo/Ai VwSen-167185/2/Zo/Ai

Linz, 11.09.2012

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufungen des Herrn X, geb. X vertreten durch Mag. X, X, X gegen die Straferkenntnisse des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 24.5.2012, VerkR96-2855-2012 sowie vom 5.6.2012, VerkR96-3020-2012, jeweils wegen einer Übertretung der StVO am 29.1.2012 (VwSen-167022) bzw. am 1.2.2012 (VwSen-167185) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9.8.2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Berufung gegen das Straferkenntnis von 24.5.2012, VerkR96-2855-2012 wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.           Die Berufung gegen das Straferkenntnis von 5.6.2012, VerkR96-3020-2012, wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

III.         Der Berufungswerber hat für das Berufungsverfahren Kostenbeiträge in Höhe von 16 Euro (VwSen-167022) sowie in Höhe von 20 Euro (VwSen-167185) zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafen).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu III.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat dem Berufungswerber im Straferkenntnis vom 24.5.2012, Zl. VerkR96-2855-2012, vorgeworfen, dass er am 29.1.2012 um 09.44 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X auf der B 148 bei Strkm. 8.416 in Fahrtrichtung X gelenkt habe und die dabei durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 25 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Z 10a StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 8 Euro verpflichtet.

 

Im Straferkenntnis vom 5.6.2012, Zl. VerkR96-3020-2012 hat die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 1.2.2012 um 15:15 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X auf der B 148 bei Strkm. 8.570 in Fahrtrichtung X gelenkt und dabei die in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 26 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Z 10a StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 28 Stunden) gemäß § 99 Abs. 3 lit.a StVO verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

2. In den dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufungen führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass die beiden Verkehrsverstöße grundsätzlich nicht bestritten würden. Es handle sich um Radarmessungen mit Heckaufnahmen, allerdings sei er zu den beiden Zeitpunkten nicht selbst mit dem Fahrzeug gefahren. Den tatsächlichen Lenker möchte er nicht bekannt geben, diesbezüglich berufe er sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht.

 

Diesem Zeugnisverweigerungsrecht sei bisher in keiner Weise Rechnung getragen wurden. Wenn er den tatsächlichen Fahrzeuglenker bekannt geben müsste, so müsste er einen nahen Angehörigen belasten, weshalb er die von der Behörde geforderten Beweise nicht vorlegen könne.

 

Die Annahme der Behörde, dass er selbst der Fahrzeuglenker gewesen sei, weil er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch mache, sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbart. Es mag zwar zutreffend sein, dass Zulassungsbesitzer ihre Fahrzeuge in der Regel selbst verwenden, daraus ergebe sich aber nicht der schlüssige Beweis, dass er auch in diesen Fällen selbst mit dem Auto gefahren sei. Es sei gerade in Deutschland gängige Praxis, ein Fahrzeug aus versicherungstechnischen Gründen auf die Eltern zuzulassen, obwohl es tatsächlich von den Kindern benutzt werde. Er habe das Fahrzeug weder am 29.1. noch am 1.2.2012 selbst gelenkt und sei auf Grund seines Zeugnisverweigerungsrechtes nicht gewillt, den Fahrer bekannt zu geben.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Ried im Innreis hat die Verwaltungsakte dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9.8.2012. An dieser haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der Erstinstanz teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Gegen den Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X wurden zwei Radaranzeichen erstattet, weil dieser am 29.1.2012 um 09:44 Uhr sowie am 1.2.2012 um 15:15 Uhr auf der B 148 auf einer jeweils näher genannten Straßenstelle die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten habe. Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen PKW.

 

Wegen beider Geschwindigkeitsüberschreitungen wurden gegen den Berufungswerber Anonymverfügungen erlassen, zu welchen er sich dahingehend äußerte, dass er zwar die Geschwindigkeitsüberschreitungen einräumte jedoch das Fahrzeug nicht selbst gelenkt habe. Er kenne den Fahrzeuglenker und wäre auch bereit, dessen Identität bekannt zu geben. Allerdings komme ihm hinsichtlich dieser Person ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, weshalb er den Fahrer nicht benennen werde. Die in Österreich angewandte Praxis der sogenannten Halterhaftung dürfte für ihn nicht zu Anwendung kommen, weil in Deutschland für Geschwindigkeitsverstöße das Verschuldensprinzip, also die sogenannte Fahrerhaftung gilt.

 

Beide Anonymverfügungen wurden nicht fristgerecht einbezahlt, weshalb in beiden Fällen gegen den nunmehrigen Berufungswerber eine Strafverfügung erlassen wurde. Der Berufungswerber erhob rechtzeitig Einspruch, in welchem er wiederum darauf hinwies, dass er selbst nicht mit dem Fahrzeug gefahren sei. Der Fahrzeuglenker sei ihm zwar bekannt, er werde jedoch wegen des ihm zustehenden Zeugnisverweigerungsrechtes dessen Identität nicht bekannt geben.

 

Im Verfahren zu Zl. VerR96-3020-2012 hat die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis eine Lenkererhebung an den Zulassungsbesitzer gerichtet, welche er sinngemäß gleich beantwortete wie die Begründung seiner Einsprüche. Er wurde in weiterer Folge in beiden Fällen aufgefordert, sich wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung zu rechtfertigen und führte dazu zusammengefasst aus, dass er nicht der Fahrzeuglenker gewesen sei. Die Identität des Fahrzeuglenkers sei ihm bekannt, er werde diesen wegen des ihm zustehenden Zeugnisverweigerungsrechtes aber nicht benennen. Die in Österreich praktizierte uneingeschränkte Halterauskunftspflicht würde er nicht anerkennen und das Zeugnisverweigerungsrecht gegenüber nahen Angehörigen sei seiner Meinung nach ein höherwertiges Rechtsgut.

 

In weiterer Folge ergingen die oben angeführten Straferkenntnisse, gegen welche der Berufungswerber die bereits dargestellten Berufungen eingebracht hat.

 

4.2. Dazu hat der UVS des Landes Oberösterreich in freier Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Fahrzeuges und befand sich in beiden Fällen mit drei weiteren, inzwischen namentlich bekannten Personen (seiner Gattin, seiner Schwester und seinem Schwager) im PKW. Er hat sich das gesamte Verfahren über dahingehend gerechtfertigt, dass er selbst nicht der Fahrzeuglenker gewesen sei. Der Lenker (bzw. die Lenkerin) sei ihm zwar bekannt, er sei aber nicht bereit, diesen bekannt zu geben, weil es sich um einen nahen Angehörigen handle und er diesbezüglich ein Zeugnisverweigerungsrecht habe. Aus dem Verhalten des Berufungswerbers während der Verfahren und auch aus den persönlichen Eindruck anlässlich der mündlichen Verhandlung lässt sich nur der Schluss ziehen, dass der Berufungswerber – gestützt auf die in Deutschland geltende Rechtslage – die Bestrafung des Fahrzeuglenkers jedenfalls verhindern will. Obwohl im nach seinem persönlichen Angaben der Unrechtsgehalt der Übertretungen durchaus bewusst ist und er die angeblichen Fahrzeuglenker namentlich kennt, wirkte er   am Verfahren nicht mit. Selbst nach Eintritt der Verfolgungsverjährung gegenüber den anderen im PKW befindlichen Personen war der Berufungswerber nicht bereit, den angeblichen Fahrzeuglenker bekannt zu geben. Aus alle dem kann bei vernünftiger Betrachtung nur der Schluss gezogen werden, dass der Berufungswerber den PKW in beiden Fällen selbst gelenkt hat. Er brachte auch in der mündlichen Verhandlung keine Gründe vor, weshalb er in dem selbstgehörenden PKW nicht gelenkt haben sollte, obwohl er sich im Fahrzeug befunden hat.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 52a Z10a StVO 1960 ist das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometer im Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten.

 

Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Zf.10a StVO 1960 „Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)“ zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

5.2. Wie sich aus den Ausführungen zur Beweiswürdigung ergibt, war der Berufungswerber in beiden Fällen selbst Lenker des PKW. Er hat die ordnungsgemäß verordnete und kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h in beiden Fällen entsprechend der Messung mit einem geeichten Radargerät deutlich überschritten, weshalb er die ihm vorgeworfenen Übertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten hat. Das Verfahren hat keine Umstände ergeben, welche sein Verschulden ausschließen würde, sodass gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

Diese Entscheidung verstößt nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS Oö. nicht gegen Art. 6 EMRK weil der Berufungswerber nicht nur mehrmals die Möglichkeit hatte, den angeblichen Fahrzeuglenker bekannt zu geben, sondern sogar mehrmals ausdrücklich mittelte, dass er den Lenker ohnedies kennt, diesen aber nicht bekannt geben will. Weiters befand sich der Lenker selbst im Fahrzeug, sodass jedenfalls ein ausreichender Anscheinsbeweis für seine Lenkereigenschaft bestanden hatte und der Berufungswerber zur Mitwirkung verpflichtet gewesen wäre. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Entscheidung des VfGH vom 22.9.2011, Zl. B1369/10 verwiesen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe beträgt in beiden Fällen gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO jeweils 726 Euro.

 

Bei der gegenständlichen Straßenstelle handelt es sich bekannterweise um eine Unfallhäufungsstelle, weshalb die deutliche Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit einen erheblichen Unrechtsgehalt aufweist. Auf den Radarfotos ist der Berufungswerber als einziger Verkehrteilnehmer in diesem Bereich ersichtlich, allerdings ist nicht zu erkennen, ob sich allenfalls ein anderes Fahrzeug auf der (jeweils rechts befindlichen) Straße der Kreuzung nähert. Die Übertretungen haben zwar keine tatsächlichen negativen Folgen nach sich gezogen, dies ändert aber nichts an der abstrakten Gefährlichkeit der Geschwindigkeitsüberschreitungen.

 

Das Ausmaß der Überschreitungen war durchaus erheblich (zwischen 30 und 40% der erlaubten Geschwindigkeit), weshalb auch entsprechend spürbare Geldstrafen angemessen erscheinen.

 

Dem Berufungswerber kommt der Strafmilderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit zu Gute. Sonstige Strafmilderungs- bzw.  Straferschwerungsgründe liegen hingegen nicht vor. Allerdings darf nicht völlig außer acht gelassen werden, dass der Berufungswerber innerhalb von drei Tagen zweimal eine Geschwindigkeitsüberscheitung begangen hat. Daraus ist zumindest eine Gleichgültigkeit des Berufungswerbers gegenüber Geschwindigkeitsbeschränkungen abzuleiten, weshalb auch aus diesem Grund spürbarer Geldstrafen bedarf, um den Berufungswerber von weiteren ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Beide Strafen schöpfen den gesetzlichen Strafrahmen zu weniger als 15% aus und erscheinen auch aus diesem Blickwinkel nicht überhöht. Sie entsprechen auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei die erstinstanzliche Einschätzung (monatliches Nettoeinkommen von 1.300 Euro bei durchschnittlichem Vermögen und keinen Sorgepflichten) zu Grunde gelegt wird, weil der Berufungswerber keine Angaben dazu gemacht hat.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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