Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167166/2/Fra/CG

Linz, 18.09.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der x, x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9. Juli 2012, VerkR96-24839-2012, betreffend Erteilung einer Ermahnung wegen Übertretung des § 24 Abs.3 lit.d StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben. Die Ermahnung wird aufgehoben;  die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 21 Abs.1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG;

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.                  Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 24 Abs.3 lit.d StVO 1960 gemäß § 21 VStG ermahnt, weil sie das Fahrzeug mit dem Kennzeichen x, PKW, Fiat x, schwarz, auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr, auf der nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freigeblieben sind, geparkt hat.

Tatort: Gemeinde x, Gemeindestraße Ortsgebiet, x.

Tatzeit: 01.06.2012, 14:50 Uhr.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vor. Dieser entscheidet durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Dem Tatvorwurf liegt die Anzeige einer Privatperson zugrunde. Die Bw bringt in ihrem Rechtsmittel vor, es sei korrekt, dass sie am 01.06.2012 um 14:50 Uhr x geparkt habe. Dieses Verhalten sei jedoch ortsüblich und habe bisher weder zu Kontroversen in der Nachbarschaft geführt, noch habe es das Einschreiten der örtlichen Sicherheitsbehörden erfordert. Ihr erscheine der Umstand überprüfenswert, dass der Anzeiger fortlaufend mit drei, seinem Haushalt zuzuordnenden Kraftfahrzeugen (einem x, einem x und einem x), an gegenständlicher Stelle, direkt vis a vis vor seinem Wohnhaus, selbst parke. Nach ihrem Rechtsempfinden könne es nicht korrekt sein, dass die Behörde ihr Verhalten aufgrund einer Anzeige mit einer Ermahnung abhandelt und im Gegenzug der Anzeiger selbiges Verhalten fortlaufend setze. Offensichtlich werde die Behörde dahingehend benutzt, die Parkfläche vor dem Haus des Anzeigers für seinen eigenen Bedarf freizuhalten. Dem Anzeiger sei es nicht gelungen, sein Anliegen im Wege normaler verbaler Kommunikation näher zu bringen, weshalb er offensichtlich Anzeigen bei der Behörde als geeignet erachte, seine Interessen durchzusetzen.

 

Das tatbildliche Verhalten der Bw steht sohin außer Streit. Der Oö. Verwaltungssenat hat zu beurteilen, ob das der Bw zur Last gelegte Verhalten mit einer Strafe zu belegen ist bzw. ob die Erteilung einer Ermahnung erforderlich ist. Eine derartige Sanktionierung ist aus folgenden Gründen zu verneinen:

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten vor weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Trotz der Verwendung des Wortes "kann" ermächtigt diese Vorschrift die Behörde nicht zu Ermessensübung. Sie ist vielmehr als eine Anordnung zu verstehen, die die Behörde im Rahmen gesetzlicher Gebundenheit ermächtigt, bei Zutreffen der im ersten Satz angeführten Kriterien von einer Strafe abzusehen und bei Zutreffen des im zweiten Satz angeführten weiteren Kriteriums mit einer Ermahnung vorzugehen. Für die Annahme, dass der Behörde in Fällen, in denen die tatbestandsbezogenen Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG erfüllt sind, eine Wahlmöglichkeit zwischen einem Strafausspruch und dem Absehen von einer Strafe offenstehen, bleibt bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung kein Raum (VwGH 28.10.1980, 263, 264/80). Liegen beide in § 21 Abs.1 VStG genannten Kriterien, nämlich ein geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen vor, hat der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung (VwGH 19.09.2001, 99/09/0264).

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH vom 10.12.2001, 2001/10/0049) ist die Schuld eines Beschuldigten nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter den in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

 

Auf den gegenständlichen Sachverhalt bezogen ist vorerst festzustellen, dass die in Rede stehende Übertretung seitens der Straßenaufsichtsorgane nicht angezeigt, sondern der Behörde zur verwaltungsrechtlichen Beurteilung lediglich "berichtet" wurde. In diesem Zusammenhang ist der Umstand zu berücksichtigen, dass bei Beachtung der Bestimmung des § 24 Abs.3 lit.d StVO 1960 in Siedlungsgebieten mit schmalen Straßen das Abstellen eines Fahrzeuges praktisch unmöglich wäre. Bleiben nun derartige Übertretungen unter Berücksichtigung dieses Umstandes mangels Anzeige der Straßenaufsichtsorgane sanktionslos, kann es nicht schlüssig begründet werden, dass gerade die verfahrensgegenständliche – von einer Privatperson angezeigte – Übertretung einen hohen – sohin zu sanktionierenden -  Unrechts- und Schuldgehalt aufweisen sollte. Daraus resultiert in rechtlicher Hinsicht, dass auch die Tatbestandsvoraussetzungen für eine bescheidmäßige Ermahnung nicht vorliegen.

 

Abschließend ist festzuhalten, dass die vorliegende Entscheidung im Ergebnis als Einstellung des Verfahrens zu werten ist (vgl. VfGH vom 25.09.2008, GZ: B1744/06 Slg. Nr. 18545).

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r

 

 

 

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