Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222618/2/Bm/HK

Linz, 16.08.2012

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 28.06.2012, Ge-827/11, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.          Die Berufungswerberin hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, das sind 100 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 64  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 28.06.2012,
Ge-827/11, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 113 Abs.1 und Abs.7 Gewerbeordnung 1994 und § 1 Abs.2 Oö. Sperrzeitenverordnung eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden, verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"Sie haben es als Gewerbeinhaberin und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche des Gastgewerbebetriebes in X, zu vertreten, dass in der Betriebsstätte oa. Firma in X (Lokal 'X) am 16.7.2011 um 4.40 Uhr 4 Gästen das Verweilen in derselben und das Konsumieren von Getränken gestattet wurde, obwohl die Sperrstunde des Lokales gemäß der Oö. Sperrzeitenverordnung mit 4.00 Uhr festgesetzt ist und Dies stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Oö. Sperrzeitenverordnung und der Gewerbeordnung dar."

 

2. Dagegen wurde von der Bw innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin ausgeführt, die Bw sei immer strengstens bemüht gewesen die gesetzlich vorgegebenen Sperrzeiten einzuhalten. Am betreffenden Tag sei es aber offensichtlich so gewesen, dass die Gäste ihre Getränke, die schon vor der Sperrzeit von der Bw serviert und von den Gästen bezahlt worden seien, noch nicht vollständig konsumiert hätten. Leider könne die Bw den Gästen nicht vorschreiben, wie lange sie an ihren Getränken herumzuzzeln dürfen, sofern es sich ihr Verhalten im üblichen Rahmen bewege. Darüber hinaus hätte sie auch bereits ein Taxi bestellt. Die Bw habe die Gäste daher nicht einfach vor die Tür setzen können; neue Gäste hätten um diese Zeit keinen Eintritt mehr gefunden.

Verwiesen wird auf § 31 VStG, nach dem eine Sanktionierung eines allfälligen Fehlverhaltens innerhalb von sechs Monaten ab der Tat zu erfolgen habe. Diese Frist sei bereits überschritten.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Steyr hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Die Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte entfallen, weil im angefochtenen Straferkenntnis keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, keine Verfahrenspartei die Durchführung einer solchen beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG) und im Übrigen sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt.

 

4.1. Aus dem vorliegenden Akt der Behörde erster Instanz ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat nachstehender für die Berufungsentscheidung maßgeblicher Sachverhalt:

Die Bw besitzt die Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Gastgewerbes im Standort X; an diesem Standort wird von der Bw das Lokal "X" in der Betriebsart Cafe betrieben, für welches die Sperrstunde nach der Oö. Sperrzeitenverordnung mit 04.00 Uhr festgesetzt ist.

Am 16.07.2011 befanden sich um 04.40 noch 4 Gäste im Lokal, welche auch Getränke konsumierten.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 113 Abs.1 GewO 1994 hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, zu dem gastgewerbliche Betriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde) und den Zeitpunkt zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde) für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen.

 

Gemäß § 113 Abs.7 leg.cit. haben die Gastgewerbetreibenden die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während der festgelegten Sperrzeiten geschlossen zu halten. Während dieser Zeit dürfen sie Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Der Gastgewerbetreibende hat die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

 

Gemäß § 1 Abs.2 Oö. Sperrzeitenverordnung 2002 müssen Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart Cafe spätestens um 04.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 06.00 Uhr geöffnet werden.

 

Gemäß § 368 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366, 367 und 367a GewO 1994 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält.

 

5.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes macht sich ein Gastgewerbetreibender bereits schuldig, der den Gästen nach Eintritt der Sperrstunde das Verweilen in den Betriebsräumen und auf allfälligen sonstigen Flächen gestattet. Eine Bewirtung der Gäste ist für die Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich. Beim Aufenthalt von Personen in den Betriebsräumen oder sonstigen Flächen kommt es für die Qualifikation als Gäste nicht darauf an, ob für die Inanspruchnahme von Leistungen des Gastgewerbetreibenden im Einzelfall ein Entgelt verlangt wird oder nicht. Vielmehr genügt es, dass diese Personen den Gastgewerbebetrieb in Anspruch nehmen und sei es auch nur durch den Aufenthalt in den Betriebsräumen bzw. auf den sonstigen Betriebsflächen (ua. VwGH 18.06.1994, Zl. 93/04/0197).

Im Erkenntnis vom 19.10.1993, 93/04/0146, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Motiv, aus dem den Gästen das weitere Verweilen in der Betriebsanlage gestattet wurde, für die Erfüllung des Straftatbestandes bedeutungslos ist.

 

Fest steht und wird von der Bw auch nicht bestritten, dass am 16.07.2011 um 04.40, sohin nach Eintritt der Sperrstunde, noch Gäste in dem in Rede stehenden Lokal anwesend waren. Im Lichte der vorzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet diese Anwesenheit – sei es auch nur zu dem Zweck, den Gästen das Warten auf ein Taxi zu ermöglichen, eine Sperrzeitenüberschreitung und ist sohin der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Soweit die Bw Verjährung nach § 31 VStG einwendet, ist dem entgegenzuhalten, dass eine solche nur eintritt, wenn von der Behörde nicht innerhalb von sechs Monaten ab Tatzeitpunkt eine Verfolgungshandlung gesetzt worden ist. Eine solche Verfolgungshandlung wurde gegenständlich von der Behörde auch innerhalb der Verjährungsfrist mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.7.2011 gesetzt.

 

5.3. Die Bw hat die Tat auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne Weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand eine Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Ein solcher Entlastungsbeweis ist der Bw nicht gelungen.

Wenn die Bw vermeint, an der Sperrstundenüberschreitung könne ihr ein Verschulden nicht zur Last gelegt werden, weil sie den Gästen nicht vorschreiben könne, wie lange sie für die Konsumierung der Getränke brauchen dürfen, so ist ihr entgegenzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sie rechtzeitig die zur Räumung des Lokales erforderlichen Maßnahmen zu setzen hat. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach es der Gastgewerbetreibenden auch zuzumuten ist, die Sicherheitsorgane (aus Eigeninitiative) in Anspruch zu nehmen, um die Einhaltung der Sperrstundenvorschrift zu gewährleisten.

 

5.4. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis über die Bw eine Geldstrafe von 500 Euro bei einem Strafrahmen bis 1.090 Euro verhängt. Als straferschwerend wurde gewertet, dass die Bw zum Tatzeitpunkt bereits mehrmals wegen der Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung bestraft worden war; mildernde Umstände wurden nicht bekannt.

Von der Behörde wurden die von der Bw angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, nämlich monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.000 Euro und keine Sorgepflichten bei der Strafbemessung berücksichtigt.

 

Vom Oö. Verwaltungssenat konnte eine Ermessungsüberschreitung bei der Strafbemessung nicht festgestellt werden, zumal zu bedenken ist, dass Grundlage für die Bemessung der Strafe auch das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, ist. Die Bestimmung des § 113 Abs.7 iVm § 368 GewO 1994 dient dem Zweck einerseits Wettbewerbsverzerrungen und andererseits Beeinträchtigungen der Nachbarn hintanzuhalten. Eben diese geschützten Interessen hat die Bw durch die gegenständliche Verwaltungsübertretung verletzt.

Zu berücksichtigen ist auch, dass gegen die Bw zahlreiche einschlägige Vorstrafen vorliegen. Die Vielzahl der einschlägigen Verwaltungsvormerkungen zeigt deutlich, dass die Bw offenkundig nicht gewillt ist, sich gesetzeskonform zu verhalten, weshalb die Geldstrafe im festgesetzten Ausmaß auch aus spezialpräventiven Gründen erforderlich ist.

 

Aus den oben genannten Sach- und Rechtsgründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.: Der Kostenausspruch ist gesetzlich begründet.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum