Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252901/14/Lg/Th

Linz, 07.09.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 28. Juni 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der C A, B, B, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 6. Juni 2011, Zl. Ge-338/11, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.                Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 200 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe in Höhe von 24 Stunden verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma T Bau GmbH in S, P, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten habe, dass von dieser Gesellschaft am 10.02.2011 auf der Baustelle in S, H, beschäftigt worden sei, ohne das die für eine Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis unter anderem auf die Anzeige des Finanzamtes Steyr.

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Hiermit nehmen wir T B Stellung bezüglich Ihres Schreibens vom 06.06.2011.

Unser Mitarbeiter B C geb. am X ist seit 11.02.2011 in unserer Firma als Maurer Beschäftigt. Aufgrund dessen, da unser Mitarbeiter nicht all zu lange in Österreich ist, haben wir seine Beschäftigungsbewilligung durch das AMS Steyr erhalten, unsere Sachbearbeiterin hierzu ist die Fr. F. Herr K I geb. am X ist ebenso ein Mitarbeiter unserer Firma, Hr. K ist seit 10.02.2011 in unserem Betrieb als Maurer tätig.

Hr. K war vor dem 10.02.2011 arbeitslos gemeldet, Frau F teilte uns mit solange die Anmeldung von Hr. K nicht geschieht, bekäme Hr. B keine Beschäftigungsbewilligung. Die Anmeldung von Hr. K geschah am 10.02.2011. Am 09.02.2011 benachrichteten wir Hr. B, dass er seine Unterlagen am nächsten Tag mitnehmen soll. Treffpunkt in der H, Hr. B kam um 7:30 Uhr mit seinen vollständigen Unterlagen und mit angezogener Arbeitskleidung am 10.02.2011, auf unsere Baustelle in die H.

Unser Bauleiter Hr. Ö schilderte Ihm ausdrücklich mit, so lange er nicht Angemeldet ist, darf er nicht arbeiten.

Hr. B hat es Missverstanden, seine Deutschkenntnisse sind sehr schwach, er dachte er kann gleich anfangen zu arbeiten. Hr. Ö nahm die Unterlagen von Herrn B und von Herrn K, und war auf dem Weg die Anmeldungen bei unserem Steuerberater Herrn Mag. E H zu machen.

Um 8:45 Uhr kam die KIAB auf die Baustelle, Hr. Ö fuhr mit den Bestätigungen zurück auf die Baustelle und schilderte es der KIAB. Die KIAB hat sich mit der Fr. F in Verbindung gesetzt.

Unser Mitarbeiter, Hr. T M, geb. am X kam am 09.02.2011 um 8:15 Uhr auf unsere Baustelle in der H, dass ist richtig. Jedoch begann Hr. T M erst dann zu arbeiten, als er seine vollständige Anmeldung um 10:30 Uhr in seiner Hand hielt.

 

Wir bitten sie Herr S um Entschuldigung, wir sind ein Jung-Unternehmen es liegt ein Missverständnis vor.

Die Anmeldungen und die Kontrolle haben sich überschritten.

 

Unsere Firma würde sich um eine mildere Strafe sehr freuen."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Im Strafantrag des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 23.03.2011 wird festgehalten, dass der gegenständliche Ausländer auf dem Personenblatt angegeben habe, dass er am 10.11.2011 zu arbeiten begonnen habe. "Da dieses Datum jedoch noch gar nicht war, wird ein Arbeitsbeginn vom 10.02.2011 (dem Kontrolltag) angenommen." Da der Ausländer nicht über die erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen verfügt habe, sei mit dem Stellvertreter der Geschäftsführung und Bauleiter eine Niederschrift aufgenommen worden, die dem Strafantrag beiliege.

 

Im Personenblatt ist eingetragen, dass der Ausländer für die Firma T B seit 10.11.2011 als Maurer arbeite mit einer täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden. Der Chef heiße Ö.

 

H Ö gab niederschriftlich am 10.2.2011 an:

 

"Ich bin der deutschen Sprache ausreichend mächtig und verzichte auf einen Dolmetscher.

 

Meine Frau, A C, ist seit Juli 2010 Geschäftsführerin der Fa. T B GmbH. Ich bin ihr Stellvertreter und Bauleiter. Ich bin für allgemeine Aufgaben und die Lukrierung der Kunden sowie Vertragsabschlüsse zuständig. Für das Personal bin ich auch zuständig. Meine Frau hat zurzeit einen Säugling zu Hause. Die Aufträge werden von meiner Frau unterschrieben, ich verhandle den Inhalt sowie die Kalkulation.

 

Den Auftrag für die o.a. Baustelle habe ich von Bauherrn, Hrn. A O, direkt bekommen. Der Bauherr und ich sind gute Bekannte. Der Auftrag beläuft sich auf die Gesamtsummer von € 285.000,-. In dem Haus werden 3 Wohneinheiten gebaut. Der Auftrag wir dem Finanzamt bis nächste Woche Mittwoch (16.2.2011) zugesendet.

 

F: Auf der Baustelle wurde Hr. B C ohne SV-Anmeldung und ohne gültige Arbeitserlaubnis angetroffen. Was geben Sie dazu an?

 

A: Ich habe mit Fr. F vom AMS telefoniert. Sie hat mir gesagt, dass die Arbeitserlaubnis positiv erledigt wird und ich ihn schon beschäftigen kann. Für die Sozialversicherung brauche ich die Arbeitserlaubnis. Die bekomme ich am Montag, dann wollte ich Hrn. B zur Sozialversicherung anmelden. Ich habe eigentlich gewusst, dass Hr. B noch nicht arbeiten darf.

 

F: Auf der Baustelle wurde Hr. K I ohne SV Anmeldung auf der Baustelle angetroffen. Die Kontrolle begann um 08:45 Uhr, die Anmeldung zur SV per ELDA erfolgte erst um 08:53 Uhr. Was geben Sie dazu an?

 

A: Ich habe gestern mit dem Steuerberater gesprochen und ihn gebeten Hrn. K zu SV anzumelden. Ich weiß nicht warum er erst jetzt angemeldet worden ist.

 

F: Auf der Baustelle wurde Hr. M T mit verspäteter Anmeldung auf der Baustelle angetroffen. Was geben Sie dazu an?

 

A: Hr. M ist um 08:00 Uhr in die Firma gekommen. Ich habe die Daten aufgenommen und dem Steuerberater gegeben um die Anmeldung zur SV zu machen. Er hat die Arbeit um 11:00 Uhr angefangen."

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte H Ö (der Gatte der Bw) aus, für C B sei eine Beschäftigungsbewilligung beantragt gewesen, welche nach Auskunft von Frau F (AMS) sofort erteilt werde, wenn die GKK-Anmeldung für K I vorliege. (Frau F bestätigte, telefonisch kontaktiert, dass eine solche Junktimierung – sogenanntes "Ersatzkraftverfahren" – möglich sei; an den gegenständlichen Fall könne sie sich jedoch nicht mehr erinnern.)

 

Am 10.02.2011, dem Tag der Kontrolle, seien alle drei Arbeiter auf der Baustelle gewesen, "um zu arbeiten". Andererseits sagte der Zeuge, die Versammlung der Leute auf der Baustelle habe den Sinn gehabt, "dass man sich einmal trifft und die Baustelle bespricht und sich kennen lernt." B habe "meiner Information nach gar nichts gearbeitet." Das habe der Zeuge "auch so vorgesehen, weil ich nicht eine illegale Beschäftigung riskieren wollte." Die Temperaturen seien zu niedrig gewesen, "dass nicht normal gearbeitet werden konnte." Der Zeuge sei am 10.02.2011 erst dann auf die Baustelle gekommen, als ihn M telefonisch von der Kontrolle verständigt habe.

 

Falls überhaupt ein Verschulden vorliegen sollte, sei es dem Zeugen, nicht seiner Gattin, zuzurechnen.

 

C B sagte zeugenschaftlich aus, er sei eigeninitiativ zur Baustelle gefahren, weil er Herrn Ö dort vermutet habe und um von diesem zu erfahren, ob er bereits arbeiten dürfe. Ö sei jedoch erst später auf die Baustelle gekommen. Auf der Baustelle habe er nichts gearbeitet sondern nur eigeninitiativ den Schnee weggeräumt, um dem Chef die Arbeitswilligkeit zu demonstrieren.

 

T M sagte zeugenschaftlich aus, B habe am Tag der Kontrolle "gerade angefangen" und glaublich "ein bisschen zusammengeräumt".

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Mit dem Strafantrag ist davon auszugehen, dass die Eintragung des Datums des Beschäftigungsbeginns als 10.02.2011 zu lesen ist. Neben dieser Eintragung spricht für die Beschäftigung, dass der Ausländer bei der Kontrolle angetroffen wurde und Ö in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ausdrücklich aussagte, die Arbeiter seien am 10.02.2011 auf der Baustelle gewesen um zu arbeiten. Ferner räumte B selbst Arbeiten (Wegräumen von Schnee) ein und auch M sagte, B habe an diesem Tag "angefangen" bzw. "ein bisschen zusammengeräumt". Dem gegenüber konnte Ö in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nur behaupten, B habe "meiner Information nach" noch gar nichts gearbeitet, also keine eigene Wahrnehmung präsentieren. Die Abschwächungen Ö', es sei am Tag der Kontrolle ein bloßes Kennenlernen beabsichtigt und die Witterungsverhältnisse ungünstig gewesen bzw. Bs, er sei eigeninitiativ und bloß zu Informationszwecken auf der Baustelle erschienen, sind demgegenüber unglaubwürdig, zumal dies im Widerspruch zur in der Berufung gewählten Verteidigungsstrategie steht, wonach Ö B ausdrücklich verboten habe, vor Meldung zur Sozialversicherung zu arbeiten, was von B selbst in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dementiert wurde. In der Berufung wird überdies argumentiert, B habe diese Weisung dahingehend missverständen, dass er sofort zu arbeiten beginnen solle, was einem Geständnis des Arbeitsbeginns vor der Kontrolle gleichkommt. Dort gab Ö auch an, er habe eigentlich gewusst, dass B noch nicht arbeiten dürfe.

 

Es ist daher davon auszugehen, dass der Ausländer zum Zeitpunkt der Kontrolle arbeitnehmertypische Arbeiten im Auftrag des Unternehmens verrichtete. Die Glaubhaftmachung der Nichtbeschäftigung des Ausländers im Sinne des § 28 Abs.7 AuslBG ist der Berufungswerberin nicht gelungen.

 

Die Tat ist daher der Berufungswerberin in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Die Berufungswerberin ist nicht dadurch entschuldigt, dass sie (eventuell) vom verfrühten Arbeitsbeginn des Ausländers nichts wusste; diesem Argument wäre die Kontrollsystemjudikatur der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten. Die von Ö gegenüber den Kontrollorganen vorgebrachte Behauptung, Frau F vom AMS habe ihm gesagt, er dürfe den Ausländern vor Erhalt der Beschäftigungsbewilligung beschäftigen, ist mangels Erinnerung Fs an die konkrete Situation nicht verifizierbar und als solche äußerst unwahrscheinlich, da von einem kompetenten und interesseneutralen Organ eine derart krasse Fehlleistung nicht zu erwarten ist. Auszugehen ist im Zweifel von Fahrlässigkeit.

 

Hinsichtlich der Strafhöhe ist festzuhalten, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht hervorgekommen. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter den deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 VStG gerechtfertigt sein könnte.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder