Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523231/5/Br/Ai

Linz, 21.09.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, vertreten durch X, Rechtsanwälte GmbH, Dr. X, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 16.07.2012, Zl. VerkR21-223-2012, nach der am 21.09.2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben als die Entzugsdauer auf sechs Monate herabgesetzt wird; ebenso reduzieren sich die ausgesprochenen Verbote.

Hinsichtlich der übrigen Aussprüche wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012 – AVG, § 3 Abs.1 Z2, § 7 Abs.1, Abs.3 Z1, Abs.4 u. Abs.6, § 24 Abs.3 Z3, § 26 Abs.2 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem oben zitierten Bescheid die Vorstellung über Mandatsbescheid vom 07.05.2012, nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren abgewiesen und ihren Bescheid im gesamten Umfang bestätigt.

Darin wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung (Führerschein ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Schärding am 26.09.2008, Zahl: 06476400 für die Klasse B) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 9 Monaten -  gerechnet ab Zustellung des ersten Bescheides am 9.5.2012, 24:00 Uhr - wobei innerhalb dieser Zeit keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe.

Weiters wurde eine Nachschulung und die Vorlage einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens vorgeschrieben.

Einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge eine aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gestützt wurde die Entscheidung auf § 7 FSG iVm § 24 FSG und §25 FSG 1997 in der geltenden Fassung, sowie § 2 Nachschulungsverordnung, FSG-NV, BGBl.Nr. 357/2002 idgF, sowie  § 64 Abs. 2AVG 1991 idgF.

 

 

 

1.2. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus:

Zur Rechtslage:

 

Nach § 24 Abs. 1 Führerscheingesetz-FSG, BGBl. Nr. 120/1997 idF ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Ziffer 2-4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Dies ist der Fall, wenn angenommen werden muss, dass z.B. eine Person durch Trunkenheit die Verkehrssicherheit gefährden wird; wenn jemand also ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis (1b) StVO 1960 idgF begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz-SPG, BGBl.Nr. 566/1991, zu beurteilen ist. Unter Hinweis auf § 24 FSG sind die entsprechenden Anordnungen vorzunehmen, wie Absolvierung einer Nachschulung etc.

Nach § 5 Abs. 2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtige Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken oder in Betrieb nehmen zu versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,

1. die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2. bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Auf § 5 Abs. 4 StVO wird verwiesen, wonach die Organe der Straßenaufsicht dazu einen Probanden zur nächstgelegenen Dienststelle verbringen dürfen, an der sich ein Alkomat befindet.

 

Allgemeines:

Die Verkehrszuverlässigkeit einer Person ist ein charakterlicher Wertbegriff. Dieser erfordert es, die charakterliche Veranlagung einer Person ausgehend von dem nach außen hin in Erscheinung getretenen Handlungen zu beurteilen. Wenn daher die Behörde über die Verlässlichkeit eines Kraftfahrers ein Urteil abgibt, muss sie sich vor Augen halten, dass es sich bei dieser Verlässlichkeit um einen charakterlichen Wertbegriff handelt.

 

Dabei geht es um die Frage, wie sich eine Person voraussichtlich im Straßenverkehr verhalten wird. Das bisherige Verhalten des zu Beurteilenden lässt jedoch im Allgemeinen ziemlich weitgehende Schlüsse zu. Der nicht zuverlässige Lenker ist in erster Linie eine Gefahr für die übrigen Straßenbenützer, also einer Vielzahl von Menschen, die an der Tätigkeit des Lenkers uninteressiert und unbeteiligt sind. Rücksichten auf die Person des Lenkers können daher stets erst in zweiter Linie in Betracht kommen.

 

Sachverhalt:

Die Behörde nimmt Bezug auf die Anzeige der Polizeiinspektion Andorf. Danach haben Sie am 29.4.2012 um ca. 6.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X gelenkt. Zuletzt führten Sie das Fahrzeug im Stadtgebiet Schärding im Bereich der Innbruckstraße (Oberer Stadtplatz) und in Fahrtrichtung Otterbach. Auslöser der Anzeige war eine Anzeige durch X und X. Vor dieser Fahrt sind Sie den genannten Personen mit Ihrem PKW nachgefahren. Sie haben offensichtlich diesen beiden Personen den "Stinkefinger" gezeigt und ein Messer gezückt und den beiden Männern während der Autofahrt mit diesem gedroht.

Diesbezüglich ist auch ein Führerscheinentzugsverfahren anhängig bzw. ein Vorstellungsverfahren. Sowohl die Führerscheinentziehung als auch das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren wird angefochten. Primär mit dem Argument, dass die Vorwürfe nicht zuträfen. Richtig sei, dass Sie am Hauptplatz auf Höhe X gerade weggefahren wären, als die Polizei eingetroffen wäre. Den Alkomattest hätten Sie nicht verweigert. Vielmehr hätten Sie die Beamten nur aufgefordert, Ihr Zimmer zu verlassen, da kein Hausdurchsuchungsbefehl vorgewiesen worden wäre. Auf die Konsequenzen einer Verweigerung dazu wären Sie nicht hingewiesen worden.

 

Erhebungen:

Der Zeuge X, PI 4780 Schärding gab an:

"Am 29.4.2012 gegen 6.30 Uhr wurden wir von der BLS angerufen, dass ein Autofahrer andere Personen im Wagen verfolge und von diesem mit einem Messer bedroht würden. Bevor wir von der Dienststelle der PI Schärding wegfuhren, erfolgte noch einmal ein Anruf von der X, dass die beteiligten Fahrzeuge gerade Richtung Stadt Schärding unterwegs wären (offenbar erfolgte ein erneuter Anruf dazu durch die bedrohten Personen). Ich fuhr mit dem Dienstwagen mit meiner Kollegin Frau X sofort Richtung Stadtzentrum, wobei wir bei der Fahrt im Bereich des Oberen Stadtplatzes bereits die betreffenden Fahrzeuge bemerkten, die gerade von der X kommend auf die X einbogen und uns entgegen kamen:

Der grüne Golf (darin befanden sich die beiden Personen, die sich vom nachfahrenden Fahrzeuglenker X bedroht fühlten) hielt sofort an, als er unser Polizeifahrzeug sah. Ich wollte gerade aus dem Dienstwagen aussteigen, um mich zum anderen Fahrzeug zu begeben, das (wie später festgestellt) von X gelenkt wurde; dabei handelte es sich um einen grauen Golf-Kombi. Über Funk wurden wir schon vorher informiert, dass es sich um einen grauen Golf handelte, dessen Lenker die Anderen verfolgt.

 

Der Lenker des grauen Golfs hielt auch kurz hinter dem anderen Fahrzeug an, fuhr aber dann sofort rechts vorbei. Das Gesicht des Lenkers konnte ich eindeutig sehen, da es schon hell war. Ich wusste aber zu diesem Zeitpunkt um die Identität des Lenkers noch nicht Bescheid.

 

Jedenfalls kam es zu keiner Kontrolle, weil der Lenker des Wagens mit dem Kennzeichen X sogleich rechts am Vorderfahrzeug vorbei fuhr. Ich fuhr dem Wagen mit dem Kennzeichen X sofort nach. Dabei wurde der Wagen X durch das Linzertor in Richtung LKH Schärding bzw. in die Xstraße und sodann auf Höhe X Richtung Otterbach gelenkt. Am Dienstwagen hatte ich Folgetonhorn und Blaulicht bei meiner Nachfahrt eingeschaltet. Meine Fahrgeschwindigkeit betrug bei der Nachfahrt eher 80 km/h. Die weitere Verfolgung mit so hoher Geschwindigkeit erschien mir dann aber doch zu gefährlich. Ich fuhr zwar noch Richtung Otterbach weiter mit normaler Geschwindigkeit. Zu sehen war der betreffende Wagen mit Kennzeichen X nicht mehr.

Wir fuhren zur Dienststelle der PI Schärding zurück. Dort wurden von mir die Personaldaten der bedrohten Personen aufgeschrieben. Auf Grund des Einvernahmeersuchens der Behörde hatte ich mit meiner Kollegin X gesprochen. Sie hat mir dabei mitgeteilt, dass man damals sogar mit der Zulassungsbesitzerin Frau X tel. Kontakt aufgenommen hatte. Dabei soll Frau X gesagt haben, dass ihr Sohn X mit ihrem KFZ unterwegs sei.

 

An Hand eines Lichtbildes auf der Dienststelle der PI Schärding kann nur X als Lenker des betreffenden Fahrzeuges (grauer Golf mit Kennzeichen X) in Frage kommen, da er ja zuvor am Oberen Stadtplatz direkt an mir vorbei gefahren ist und ich sein Gesicht durch die Windschutzscheibe sah.

 

Die Kollegen von der PI Andorf wurden von diesem Vorfall noch informiert, die offenbar die weitere Amtshandlung mit X geführt haben (zur Alkotestverweigerung als solche kann ich nichts angeben, weil ich nicht dabei war). Für mich gibt es keine Zweifel, dass der Beschuldigte den betreffenden Wagen X gelenkt hat. Mehr kann ich nicht angeben".

 

Der Zeuge X und gab an:

"Mir ist der Gegenstand der Sache zum Fall X bekannt. Mit mir hatte noch Dienst Herr X (X der PI Andorf). Die X teilten uns über Funk Fahrzeugdaten und Kennzeichen und auch bereits den Namen des Lenkers X mit. Es wurde uns der ungefähre Sachverhalt, wie laut meiner Anzeige beschrieben, durchgegeben.

 

Wir fuhren daher zum Haus X. Das betreffende Fahrzeug (wie laut Anzeige beschrieben) stand vor der 'Garage des Hauses X. Der Motorraum war noch warm, weil entsprechend warme Luft aus dem Kühlergrill kam. Nach dem Läuten öffnete uns die Fahrzeughalterin und Mutter von X.

Sie ließ uns in das Haus. Sie zeigte uns das Zimmer, wo X lag. Er schlief und wurde X von uns - und gemeinsam durch Frau X - aufgeweckt. Nach dem Aufwachen setzte sich X im Bett auf. Ich konfrontierte ihn kurz mit dem uns durchgegebenen Sachverhalt. Es war offensichtlich, dass X erheblich unter Alkoholeinfluss stand.

 

Ich habe ihn deshalb aufgefordert, zur Dienststelle PI Andorf mitzukommen, um dort einen Alkomattest vorzunehmen. Er gab mir zur Antwort, dass er nicht gefahren sei, weil er die ganze Nacht meine Frau gefickt habe. X legte sich wieder schlafen, wobei ich noch einmal sagte, dass er mitkommen müsse, weil sonst der verlangte Test als verweigert anzusehen sei. X reagierte jedoch nicht mehr weiter.

Während dieser Amtshandlung war auch die Mutter von X im Zimmer und Herr X".

 

Entscheidungsgründe:

Die genannten Zeugen haben vor der Behörde im Rahmen der Einvernahme einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Im Hinblick auf die Beobachtungen des Zeugen X kann es als erwiesen angesehen werden, dass Sie zum genannten Zeitpunkt den auf X zugelassenen PKW in Schärding gelenkt haben bzw. jenen Personen, die die Anzeige ausgelöst haben, nachgefahren sind. Im Grunde genommen wird das auch in Ihrer letzten schriftlichen Äußerung, die im Verwaltungsstrafverfahren abgegeben worden ist, eingeräumt. Der Zeuge X konnte nach dem Eintreffen im Stadtgebiet Schärding Ihr Gesicht sehen. Er ist Ihnen auch nachgefahren und war dabei das Kennzeichen X abzulesen. Der Versuch einer Verkehrskontrolle scheiterte am Stadtplatz Schärding letztlich daran, dass Sie am angehaltenen Fahrzeug vor Ihnen, dass von den beiden Männern gelenkt wurde, vorbei fuhren. Anhand eines Lichtbildes bei der Polizeiinspektion Schärding war X in der Lage, Sie als Lenker des genannten Fahrzeuges mit dem Kennzeichen X zu identifizieren.

 

Aufgrund der Beobachtungen wurde eine weitere Polizeistreife mit dem Vorfall befasst. Letzten Endes konnte der PKW mit dem Kennzeichen X zu Hause bei Ihnen in X abgestellt vorgefunden werden (29.4.2012 vor 08.00 Uhr). Das Fahrzeug war unmittelbar vorher in Betrieb genommen worden (der Motor war warm). Ihre Mutter hat die Haustüre geöffnet und Sie konnten im Schlafzimmer im Parterre angetroffen werden. Die Aussage des Zeugen X lässt zweifelsfrei folgen, dass Sie nach dem Aufwecken mitbekommen haben, dass Sie zur Polizeiinspektion Andorf mitzufahren haben zwecks Durchführung einer Atemluftalkoholuntersuchung. Dass Sie diese Aufforderung verstanden haben, geht aus Ihrer Reaktion hervor, weil Sie erklärten, dass Sie im Haus nichts verloren hätten. Die Beamten brauchten einen Durchsuchungsbefehl. Sie wären nicht gefahren und hätten die ganze Nacht über die Frau des Beamten gefickt.

 

In Ihrer aktuellen Rechtfertigung-- vor allem im Verwaltungsstrafverfahren - räumen Sie selber ein, die Beamten aus Ihrem Zimmer gewiesen zu haben mangels Hausdurchsuchungsbefehl. Das untermauert die Aussage des Zeugen X, dass Sie nicht bereit waren, seiner Aufforderung zur Prüfung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt (hier bei der nächstgelegenen Dienststelle, an der sich ein Alkomat befand) nachzukommen. Sie wurden mit der Lenkung des Fahrzeuges konfrontiert. Sie wiesen auch Alkoholisierungsmerkmale auf. Ihre beschriebenen verbalen Reaktionen weisen somit zweifelsfrei darauf hin, dass Sie die Aufforderung, zur PI Andorf zwecks der Prüfung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt mitzukommen, verstanden haben. Laut Anzeige wurden Sie über die rechtlichen Konsequenzen aufgeklärt. Die Amtshandlung wurde laut Anzeige um 8.03 Uhr für beendet erklärt und Ihnen dies auch mitgeteilt. Sie haben sich danach wieder schlafen gelegt und ignorierten die Beamten.

 

Mit dem Zeugen X war noch der X der Polizeiinspektion Andorf (Herr X) im Zimmer anwesend. Eine Einvernahme dieses weiteren Zeugen erschien für die Behörde nicht erforderlich, als der zu beurteilende Sachverhalt aufgrund der hier vorliegenden Zeugenaussagen bereits - und Ihrer eigenen Angaben - möglich war.

Somit kann Ihnen auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse unterstellt werden, dass Sie (auch vor allem wegen Ihrer aktuellen eigenen Angaben im Verwaltungsstrafverfahren) kurze Zeit vor der Aufforderung zum Alkomattest ein Fahrzeug auf öffentlichen Straßen gelenkt haben. Infolge wahrgenommener Alkoholisierungssymptome bei Ihnen zu Hause hätten Sie der Aufforderung zur Prüfung der Atemluft auf Alkoholgehalt deshalb unverzüglich nachkommen müssen. Der Aufforderung haben sie jedoch nicht Folge geleistet. Die Feststellung, ob Sie bei der Lenkung tatsächlich alkoholisiert waren oder nicht, war durch Ihr eigenes Verschulden nicht möglich. Der Gesetzgeber hat für diese Fälle restriktive Maßnahmen vorgesehen, da mit Zwang eine Durchsetzung einer solchen Aufforderung nicht möglich ist.

 

Ein Hausdurchsuchungsbefehl war nicht notwendig; die Polizei wurde die Haustüre ohnehin von ihrer Mutter geöffnet und konnte die Polizei mit ihnen sodann in Kontakt treten. Die Herstellung dieses Kontaktes mit Ihnen im Schlafzimmer war nicht verboten. Den Alkomattest durften Sie nicht unter Hinweis eines fehlenden Hausdurchsuchungsbebefehl, wenn das damit angedeutet werden soll, ablehnen; im Hinblick auf die dazu ergangene Jurisprudenz kann und darf die Polizei an jedem Ort (auch auf Privatgrund - oder auch in einer Wohnung) eine Aufforderung zu einem Alkomattest aussprechen - und ist diese unter den entsprechenden Voraussetzungen vom Lenker eines Fahrzeuges (oder von einer Person, die im Verdacht der Lenkung eines KFZ steht) unverzüglich nachzukommen. Diese Kenntnisse mussten Sie als Führerscheininhaber mitbringen; jedenfalls legitimierte Sie ein fehlender Hausdurchsuchungsbefehl nicht, der deutlich an Sie ergangenen Aufforderung zum Alkomattest keine Folge leisten zu müssen.

 

Unter Würdigung dieses obigen Sachverhaltes und Berücksichtigung der daraus zu schließenden Sinnesart ist die im Spruch festgesetzte Entziehungsdauer erforderlich, wobei Ihnen im Jahre 2008 die Lenkberechtigung bereits für die Dauer von 3 Monaten entzogen worden war (wegen gerichtlicher Straftaten). Eine kürzere Entziehungszeit ließe befürchten, dass Sie erneut durch Trunkenheit im Straßenverkehr andere Verkehrsteilnehmer gefährden könnten; anzumerken ist, dass die Mindestentziehungsdauer ohnehin - durch den Gesetzgeber fixiert - bereits 6 Monate beträgt im Falle einer erstmaligen Begehung einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit b StVO, die im konkreten Fall nach Ansicht der Behörde infolge einer bereits einmal erfolgten Entziehung der Lenkberechtigung anzuheben war.

 

Um dieser Gefahr ausreichend vorzubeugen, war Ihnen die Lenkberechtigung für die angeführte Dauer mangels ausreichender Verlässlichkeit zu entziehen, da die übrigen Verkehrsteilnehmer derzeit vor Ihnen geschützt werden müssen. Wer Alkohol trinkt und dennoch mit einem Kfz öffentliche Straße benützt, wird zu einer unberechenbaren Gefahr für sich und die übrigen am Straßenverkehr teilnehmenden Personen. Vor allem steigt das Risiko, einen Unfall ev. sogar mit Todesfolge zu verursachen oder selbst einen tödlichen Unfall zu erleiden, mit zunehmendem Alkoholkonsum oder Promillezahl enorm an, da Reaktionsvermögen und Konzentration erheblich nachlassen. Alkoholisierte Kfz-Lenker sind körperlich und geistig nicht in der Lage, ein Fahrzeug ausreichend zu beherrschen und vermögen die Rechtsvorschriften nicht mehr einzuhalten.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden daher bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, die mit der Entziehung der Lenkberechtigung einhergehen, kein wie immer geartetes Beweisthema und können solche Einwände von der Behörde nicht ausschlaggebend berücksichtigt werden.

 

In diesem Sinne war auch zum Schutze der übrigen Verkehrsteilnehmer die aufschiebende Wirkung im Falle einer Berufung abzuerkennen.

Falls im Spruch dieses Bescheides weitere Anordnungen getroffen wurden (Nachschulung usw.) endet die Entziehungszeit erst nach Befolgung dieser Anordnungen.

 

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung, welche er wie folgt ausführt:

"1.

In umseits rubrizierter Verwaltungsrechtssache erhebt der Einschreiter durch seine ausge­wiesenen Rechtsanwälte gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 16.7.2012, den anwaltlichen Vertretern zugestellt am 18.7.2012, VerkR21-223-2012, inner­halb offene Frist nachstehende

 

Berufung:

 

2.

2.1.

 

Der Bescheid wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten. Als Berufungsgründe werden geltend gemacht:

           

Ø      unrichtige rechtliche Beurteilung

 

Zum Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung:

 

Die Bezirkshauptmannschaft folgt im Wesentlichen den Aussagen der erhebenden Beamten.

 

Eine entsprechende Beweiswürdigung wird hier nicht vorgenommen, lediglich werden die Aussagen der vernommenen Beamten wortwörtlich wiederholt.

 

Auch leidet das Verfahren an einer Mangelhaftigkeit, weil es verabsäumt wurde, die ein­vernommenen Zeugen in Anwesenheit des anwaltlichen Vertreters des Einschreiters einzu-vernehmen.

 

Dies wäre umso mehr von Bedeutung gewesen, als es im vorliegenden Verfahren um Wi­dersprüche zwischen den vernommenen Zeugen einerseits, sowie dem Einschreiter ande­rerseits geht bzw. ging, die einer Aufklärung nicht zugeführt wurden.

Faktum ist, dass dem Einschreiter eine Alkoholisierung nicht nachgewiesen werden konnte und er auch tatsächlich die Ablegung eines Alkomattestes nicht verweigerte.

 

Es werden sohin gestellt nachstehende

 

Anträge:

 

(1) Infolge Stattgebung der Berufung den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmann­schaft Schärding vom 16.7.2012, VerkR21-223-2012, vollinhaltlich zu beheben.

 

X, am 1.8.2012                                                                                 X"

 

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Das durch die erst später erfolgte Vorlage des Verwaltungsstrafaktes,  dessen Sachausgang für dieses Verfahren präjudiziell wäre, fällt zwischenzeitig in die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedes. Es ist unter der Geschäftszahl VwSen-167152 berufungsanhängig. Das Verwaltungsstrafverfahren bzw. dessen Sachausgang fußt auf einer identen Sachverhaltsbasis, wobei die sich für dieses Verfahren stellende Vorfrage mit Blick auf das Gebot einer möglichst kurzen Verfahrensdauer bereits im Rahmen des Führerscheinverfahrens zu lösen war. 

Inwieweit im Verwaltungsstrafverfahren ebenfalls eine Berufungsverhandlung beantragt oder auf eine solche allenfalls im Lichte dieses Ergebnisses verzichtet werden kann, bleibt der Parteiendisposition vorbehalten. Der Berufungswerbervertreter stellte im Rahmen dieses Verfahrens eine Zurückziehung des Rechtsmittels in Aussicht.

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung der erstinstanzlichen Aktenlage zu beiden Verfahren. Der einschreitende Polizeibeamte GrInsp. X wurde als Zeuge einvernommen. Der an der Berufungsverhandlung persönlich teilnehmende Berufungswerber wurde als Beschuldigter gehört. Die Behörde erster Instanz nahm entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

 

4. Sachverhaltslage:

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Berufungswerber einerseits am 29.4.2012  in der Zeit von 06:20 Uhr und 06:40 Uhr und in der Folge auch von den einschreitenden Polizeibeamten im Stadtgebiet von Schärding beim Lenken eines KFZ wahrgenommen wurde. Nach erfolgter Anhaltung floh er jedoch von der zu erwartenden Amtshandlung.  Nach etwa 1 ½ Stunden verweigerte er die Atemluftuntersuchung zu der er in seinem Schlafzimmer aufgefordert wurde.

Auf die Wiedergabe seiner Begründung der Verweigerung wird ob deren Widerwertigkeit an dieser Stelle verzichtet.  Die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung erfolgte auf Grund der deutlichen Alkoholisierungssymptome zu Recht. Das Drohverhalten gegenüber dem/die Aufforderer ist ein schlüssiges Indiz auf eine offenkundig durch Alkoholeinfluss bedingte Enthemmung seitens des Berufungswerbers. Diesbezüglich wurde gegen den Berufungswerber eine Anzeige wegen gefährlicher Drohung beim LG Ried i. I. erstattet, welches jedoch von der Staatsanwaltschaft Ried i. I. eingestellt wurde (GZ: 3 St91/12f).

Die Verweigerung begründete er mit dem Ärger im das Einschreiten in seinem Schlafzimmer, welches seine Mutter den einschreitenden Beamten ermöglicht hatte. 

Dem Berufungswerber war nunmehr in seiner Verantwortung jedoch darin zu folgen, dass er die Verweigerung  weniger in der Verschleierung einer allenfalls höhergradigen Alkoholisierung, sondern doch eher wohl aus dem Rechtsverständnis des Schutzbereiches der Privatsphäre  resultiert haben mag, worin der Berufungswerber jedoch einem Rechtsirrtum unterlag.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung zeigte sich  der Berufungswerber  letztlich aber vollumfänglich geständig und brachte in ungewöhnlich offener Art sein Bedauern über sein Fehlverhalten zum Ausdruck. 

Dabei bekannte er in durchaus offener Art, dass er sich von seinen bisherigen Fehlverhalten distanziere, wobei er mit eigenen Worten erkennen ließ die allgemein gültigen Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens  künftighin achten zu wollen. Am Ende der Berufungsverhandlung entschuldigte er sich etwa beim Zeugen X, dem damals einschreitenden Beamten, wegen der damals ausgesprochenen Beleidigung, indem er ihm in fast berührender Art die Hand reichte.

Vor diesem Hintergrund konnte der Eindruck gewonnen werden, dass die der Behörde erster Instanz vorgelegene Befürchtung, einer über das gesetzlich präsumierte Ausmaß zu erwartende Verkehrsunzuverlässigkeit nicht mehr besteht.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 gilt gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG insbesondere, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 StGB zu beurteilen ist.

Diese Tatsache ist hier in der erwiesenen Alkotestverweigerung begründet.

Gemäß § 26 Abs.2 FSG (idF der 12. FSG-Novelle – in Kraft getreten 1.9.2009) ist im Falle erstmaligen Lenken und Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges, wenn damit ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wurde, die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen.

Da es sich hier um einen Sonderfall der Entziehung handelt, anlässlich dessen die Mindestentzugsdauer ausgesprochen wurde, entfällt eine Wertung gemäß § 7 Abs.4 FSG.

Gemäß § 24 Abs.3 Z3 FSG ist im Falle einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a - zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. 

Auch das Lenkverbot für nicht führerscheinpflichtige Kraftfahrzeuge, sowie die Aberkennung des Rechtes von einer ausländischen Lenkberechtigung Gebrauch zu machen wurde von der Behörde erster Instanz zutreffend auf die zwingende Rechtslage gestützt.

 

Im Zusammenhang mit dem offenkundig bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt beim Berufungswerber gegebenen Sinneswandel und seinem Bekenntnis zu gesetzlich geschützten Werten im weiterem Sinn, kann erwartet werden, dass in Verbindung mit der Wirkung der von ihm noch zu absolvierenden Nachschulungsmaßnahme die Verkehrszuverlässigkeit bereits nach sechs Monaten wieder hergestellt prognostiziert gelten kann.

Der Unabhängige Verwaltungssenat vermag daher mit der Mindestentzugsdauer der gesetzlichen Intention hinreichend Rechnung tragen zu können.

Abschließend gilt es jedenfalls auch zu vermeiden, dass einem Führerscheinentzug der Charakter einer Zusatzstrafe zukommt (VfGH 14. März 2003, G 203/02 u.a.).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220,00 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren ist eine Gebühr in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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