Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531147/3/Kü/Ba

Linz, 18.09.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung der V K GmbH & Co KG, vertreten durch N H Rechtsanwälte GmbH, W, W, vom 29. April 2011 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. April 2011, UR-2006-1034/521, mit dem die Anzeige einer nicht wesentlichen Änderung gemäß § 37 Abs.4 Z 2 AWG 2002 zur Behandlung von stabilisierten und verfestigten Abfällen (Spezifikation 91) nicht zur Kenntnis genommen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 37, 43 und 51 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl.I Nr. 102/2002 idgF

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. April 2011, UR-2006-1034/521, wurde die Anzeige der V K GmbH & Co KG (im Folgenden: Bw) vom 20.1.2010 über die Behandlung von stabili­sierten und verfestigten Abfällen (Spezifikation 91) nicht zur Kenntnis genommen. Begründend wurde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen sowie Auszügen aus dem Antragsinhalt festgehalten, dass die Aussage der Amtssach­verständigen für Abfallchemie, wonach es dieser schwer falle, eine Stellungnahme zur Einhaltung des Standes der Technik bzw. auch in irgendeiner Form eine Beurteilung darüber abzugeben, ob durch die Behandlung eine Gefähr­dung des Lebens und der Gesundheit des Menschen eintreten könne oder Emissionen von Schadstoffen nach dem Stand der Technik begrenzt sowie Nachbarn nicht durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise unzumutbar belästigt würden, nicht erstaunen würde.

 

Zur Behandlung der Schlüsselnummern 31213 und 35331, jeweils Spezifikation 91, würden sich keinerlei Angaben finden. Entgegen den Angaben in der Einreichung vom 20.1.2010 seien nicht alle dort gelisteten Abfallarten vom Genehmigungsumfang am Standort umfasst; darunter würden insbesondere Teile der Abfallarten fallen, die in der ersten Nachreichung dem "Zwischenlager für gefährliche Abfälle" zugeordnet seien.

 

Angemerkt könne noch werden, dass es der Antragstellerin bisher auch nicht gelungen sei, eine zufriedenstellende Betriebsvorschrift für ihre chemisch-physi­kalische Behandlungsanlage – wie im Bescheid UR-2006-1034/347 gefordert – vorzulegen, aus der sich unter Umständen Rückschlüsse auf Behandlungs­verfahren ergeben könnten.

 

Wie die Amtssachverständige abschließend mitteile, könne der Behandlung von verfestigten oder stabilisierten Abfällen zur Rückgewinnung von wertvollen Metallen und Erden dann zugestimmt werden, wenn die genaue Art der Behandlung dieser konkreten Abfallarten und die erwartete Auswirkung (insbe­sondere der Zweck und die erwartete Rückgewinnungsmenge) näher beschrieben würde, nur so könne ein seriöses Gutachten erstellt werden, in dem allfällige Auswirkungen auf den Menschen und die Umwelt betrachtet werden könnten.

 

Letztendlich könne die Antragstellerin die genauen Behandlungsverfahren nicht beschreiben, möglicherweise, weil sich noch nicht die Notwendigkeit einer derartigen Behandlung ergeben habe. Die Behörde könne nicht erkennen, auf welcher Grundlage eine "Genehmigung auf Vorrat", noch dazu auf Basis kryptischer Vorhabensbeschreibungen, die keine seriösen Schlüsse auf Auswir­kungen auf die Schutzziele des AWG 2002 zulassen würden, zu erteilen wäre.

 

2. Dagegen richtet sich die vom Rechtsvertreter der Bw eingebrachte Berufung, in der beantragt wird, allenfalls nach Durchführung erforderlicher Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens den angefochtenen Bescheid aufgrund von Rechts­widrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und über die Anzeige vom 20.1.2011 neuerlich zu entscheiden. In eventu wird beantragt, die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens an die im Instanzenzug unterge­ordnete Behörde zurückzuverweisen.

 

Zur Rechtzeitigkeit der Berufung wurde festgehalten, dass der Behörde ein parteimäßiger Vertreter mit der Anzeige vom 20.1.2010 namhaft gemacht wurde, sodass der bekämpfte Bescheid an die Bw zu Handen ihrer Rechtsver­treterin adressiert und zugestellt werden hätte müssen. Der bekämpfte Bescheid sei jedoch direkt an die Bw an die Adresse in P zugestellt worden. Eine rechtmäßige Zustellung des gegenständlichen Bescheides im Sinne des § 13 Zustellgesetz sei somit nicht erfolgt. Die Heilung dieses Zustellmangels ist gemäß § 9 Abs.3 Zustellgesetz in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen sei. Tatsächlich sei der bekämpfte Bescheid am 21.4.2011 von der Bw an ihre Rechtsvertreterin ausgehändigt worden. Mit diesem Datum habe die zweiwöchige Berufungsfrist zu laufen begonnen. Die Berufung sei somit rechtzeitig.

 

Als Berufungsgründe würden die Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgrund Mangel­haftigkeit des Ermittlungsverfahrens, die qualifizierte Mangelhaftigkeit des dem Bescheid zugrunde liegenden Gutachtens der Amtssachverständigen und das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels geltend gemacht.

 

Die Behörde habe im Zuge des Ermittlungsverfahrens den wesentlichen Sachverhalt festzustellen. Zur Überprüfung und Einhaltung der Interessen gemäß § 43 Abs.1 AWG 2002 könne die Behörde ihr fehlendes Fachwissen durch die Beiziehung eines Amtssachverständigen ergänzen. Dazu sei im gegenständ­lichen Verfahren von der Behörde DI H als abfalltechnische Amtssachver­ständige beigezogen worden.

 

Da an der Behandlungsanlage selbst keine Änderungen vorgenommen würden, sondern bloß zusätzlich auch Abfallarten mit der Spezifikation "91" behandelt würden, hätte die Behörde insbesondere zu überprüfen, ob die Erweiterung um die Spezifikation "91" gemäß § 43 Abs.1 Z 5 AWG 2002 dem Stand der Technik entspreche. Eben diese Frage wäre als Sachfrage von der Amtssachverständigen zu klären gewesen. Zur Klärung derartiger Fragen seien den Sachverständigen von der Behörde üblicherweise hiezu relevante Fragen zu stellen. Das sei im gegenständlichen Verfahren nach dem Kenntnisstand der Bw nicht geschehen. Folglich sei weder aus der Stellungnahme der Amtssachverständigen vom 20.4. noch vom 28.12.2010 hervorgegangen, ob durch die Anzeige die Interessen des § 43 AWG 2001 gewahrt würden.

 

Vielmehr führe die Amtssachverständige in ihrer Stellungnahme vom 20.4.2010 aus, dass aus fachlicher Sicht kein Grund bestünde, Abfällen mit der Spezifikation "91" in einer Abfallsortieranlage oder in einer CP-Anlage nochmals zu behandeln. Daher befürworte sie eine Behandlung von Abfällen mit der Spezifi­kation "91" nicht.

 

Die Frage der Sinnhaftigkeit einer Behandlung sei jedoch keine zu überprüfende Voraussetzung gemäß § 37 Abs.4 Z 2 iVm §§ 51 und 43 AWG 2002. Im Sinne der Abfallhierarchie des AWG (§ 1 AWG 2002) sei im Übrigen jedenfalls die Behandlung von Abfällen zur Wiedergewinnung von Rohstoffen einer endgültigen Deponierung vorzuziehen.

 

Auch in ihrer Stellungnahme vom 28.12.2010 führe die Amtssachverständige nichts zur wesentlichen Frage, nämlich ob die angezeigte Anlagenänderung dem Stand der Technik entspreche bzw. die Interessen gemäß § 43 AWG 2002 gewahrt blieben, aus. Mit der Behauptung, die Bw würde Abfälle übernehmen, um sie zu stabilisieren oder zu verfestigen, um diese anschließend an befugte Sammler und Behandler weiterzugeben, gehe die Amtssachverständige zudem von einem falschen Sachverhalt aus, der sich weder mit der verfahrenseinleiten­den Anzeige der Beschwerdeführerin noch mit den sonstigen Verfahrensergeb­nissen decke. Die Bw übernehme bereits verfestigte/stabilisierte Abfälle, um diese selbst zu sammeln und in weiterer Folge zu behandeln. Zusätzlich zu den bereits genehmigten Abfallarten möchte die Bw bereits verfestigte oder stabili­sierte Abfälle behandeln, um so Rohstoffe, wie Metalle Nickel, Zinn, Zink, Blei, Kupfer, Kobalt, Edelmetalle (wie etwa Palladium) sowie seltene Erden aus den stabilisierten oder verfestigten Abfällen wiederzugewinnen.

 

Hätte die Behörde die Amtssachverständige ausreichend darüber in Kenntnis gesetzt, worüber sie ein fachliches Gutachten abzugeben habe, hätte sich diese nicht mit Fragen der Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit der gegenständ­lichen Anlagenänderung beschäftigt, sondern die Vereinbarkeit mit dem Stand der Technik bzw. den Schutzgütern gemäß § 43 AWG 2002 beurteilt. Diesfalls wäre die Behörde zum Schluss gekommen, dass die Voraussetzungen des § 43 AWG 2002 erfüllt seien.

 

Die Behörde habe es in ihrer Begründung aber auch verabsäumt, einen Bezug zu den gesetzlichen Voraussetzungen herzustellen, zumal im durchgeführten Er­mittlungsverfahren eine fachliche Einschätzung, ob die Behandlung von bestimmten verfestigten oder stabilisierten Abfallarten dem Stand der Technik entspreche, sowie ob dies den weiteren prüfpflichtigen Voraussetzungen gemäß § 43 AWG 2002 entspreche, fehle.

 

Die Amtssachverständige möchte der Bw die Behandlung von verfestigten oder stabilisierten Abfällen zur Rückgewinnung von Metallen offensichtlich nicht gänzlich verweigern. Stattdessen schlage sie vor, dass im Falle der Übernahme von verfestigten oder stabilisierten Abfällen eine Einzelfallentscheidung zu er­wirken sei, wobei die Bw hierfür die Art der Behandlung dieser konkreten Abfall­art und die erwartete Auswirkung (insbesondere der Zweck und die erwartete Rückgewinnungsmenge) zu beschreiben habe. Dieses Zugeständnis der Amts­sachverständigen impliziere aber unter Umständen gleichzeitig, dass grundsätz­lich eine Behandlung von verfestigten oder stabilisierten Abfällen zur Wiederge­winnung von Abfällen technisch möglich und vor dem Hintergrund des Stands der Technik nicht ausgeschlossen sei. Dieses Ergebnis des Ermittlungsverfahrens finde jedoch in der bekämpften Entscheidung keinen Niederschlag und sei somit im Sinne der verfahrenseinleitenden Anzeige nicht entsprechend gewürdigt worden.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die Berufung mit Schreiben vom 10. Mai 2011 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungs­entscheidung vorgelegt.

 

Gemäß § 38 Abs.8 AWG 2002 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der Unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes.

 

Nach § 67a Abs.1 AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Gemäß § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden bzw. wurde von den Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Zur Frage der Rechtzeitigkeit der gegenständlichen Berufung ist den Ausführungen der Rechtsvertretung der Bw nicht entgegen zu treten. Mit Einbringung der gegenständlichen Anzeige der nicht wesentlichen Änderung vom 20.1.2010 ist ausgewiesen, dass die Bw im gegenständlichen Verfahren von der NH N H Rechtsanwälte GmbH vertreten wird. Die Rechtsvertreterin hat die Anzeige unter Berufung auf die erteilte Vollmacht eingebracht. In der Zustellverfügung des gegenständlichen Bescheides ist zwar die Rechtsvertreterin der Bw als Empfänger genannt, doch weist der diesbezügliche Rückschein aus, dass der Bescheid direkt an die Bw übersandt wurde. Wie bereits von der Rechtsvertreterin der Bw in der Berufung zutreffend ausgeführt, gilt die Zustellung im Sinne des § 9 Abs.3 Zustellgesetz mit jenem Zeitpunkt als bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugegangen ist. Den Ausführungen der Rechtsvertreterin der Bw, wonach ihr der bekämpfte Bescheid am 21.4.2011 von der Bw ausgehändigt worden ist, kann nicht entgegen getreten werden. Aus diesem Grund ist daher die vorliegende Berufung als rechtzeitig anzuerkennen.

 

5.2. Gemäß § 37 Abs.4 Z 2 AWG 2002 ist – sofern nicht eine Genehmigungspflicht gemäß Abs. 1 oder 3 vorliegt – der Behörde die Behandlung oder Lagerung zusätzlicher Abfallarten anzuzeigen.

 

Nach § 51 Abs.1 AWG 2002 sind Maßnahmen gemäß § 37 Abs. 4 Z 1, 2, 4 und 8 der Behörde drei Monate vor Durchführung unter Anschluss der Antragsunterlagen gemäß § 39, soweit diese Unterlagen erforderlich sind, anzuzeigen. Die Behörde hat diese Anzeige erforderlichenfalls unter Erteilung der zur Wahrung der Interessen gemäß § 43 geeigneten Aufträge mit Bescheid innerhalb von drei Monaten zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides. Mit den Maßnahmen darf erst nach Rechtskraft des Kenntnisnahmebescheides begonnen werden. § 56 ist sinngemäß anzuwenden.

 

Gemäß § 39 Abs.1 Z 6 AWG 2002 sind dem Antrag auf eine Genehmigung gemäß § 37 insbesondere eine Betriebsbeschreibung einschließlich der Angaben der zu behandelnden Abfallarten, der Behandlungsverfahren und eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstiger Betriebseinrichtungen anzuschließen.

 

5.3. Die Bw nimmt im Punkt 1. ihrer Anzeige vom 20.1.2010 auf den bestehenden Konsens Bezug und listet diesbezüglich folgende Bescheide auf:

  1. Landeshauptmann von Oberösterreich vom 13.6.1997, UR-304721/12-1997 (Abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung Abfallsortieranlage);
  2. Landeshauptmann von Oberösterreich vom 18.12.2000, UR-30472/52-2000; (Zulässigkeit von Abweichungen gegenüber Bescheid UR-304721/12-1997, Abfallsortieranlage);
  3. Landeshauptmann von Oberösterreich vom 6.12.2001, UR-303652/69-2001 (Abfallwirtschafsrechtliche Genehmigung für die Änderung der chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage);
  4. Landeshauptmann von Oberösterreich vom 16.4.2008, UR-2006-1034/216 (Vorschreibung zusätzlicher Auflagen für die chemisch-physikalische Abfallbehandlungsanlage);
  5. Landeshauptmann von Oberösterreich vom 17.3.2009, UR-2006-268/578 (Abfallsortieranlage, Kenntnisnahme zusätzliche Abfälle, Asbestzement)
  6. Landeshauptmann von Oberösterreich vom 16.9.2005, UR-250001/92 (Behandlung gefährlicher Abfälle; Anmerkung aktueller Bescheid 2006-4684/64).

 

In ihrer Anzeige führt die Bw weiter aus, dass vom Genehmigungskonsens sowohl die Sammlung als auch die Behandlung einer Vielzahl von unterschiedlichen Abfällen umfasst ist. Die Bw beabsichtigt unter Beibehaltung der konsensmäßigen Einsatzmenge auch verfestigte und stabilisierte und daher mit dem Zusatz "91" versehene Abfälle dieser Schlüsselnummern zu behandeln. Von der Bw werden sodann konkret nach Schlüsselnummern bezeichnete Abfälle aufgelistet. Zudem erfolgt der Hinweis, dass bauliche Änderungen an der Anlage oder der Einsatz neuer Maschinen oder Geräte nicht notwendig ist.

 

Zum Inhalt der Anzeige der Bw ist aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates festzuhalten, dass von einem Genehmigungskonsens gesprochen wird sowie von der Beibehaltung der konsensgemäßen Einsatzmenge, ohne allerdings konkret auf die unterschiedlichen am Standort der Bw situierten Anlagen und zwar Abfallsortieranlage bzw. chemisch-physikalische Abfallbehandlungsanlage konkret Bezug zu nehmen. Dem Antrag ist daher nicht zu entnehmen, in welcher Anlage die Behandlung der stabilisierten oder verfestigten Abfälle überhaupt vorgenommen werden soll. Gemäß § 37 Abs.4 Z2 AWG 2002 ist die Behandlung oder Lagerung zusätzlicher Abfallarten – sofern nicht eine Genehmigungspflicht gemäß Abs.1 oder 3 vorliegt, der Behörde anzuzeigen. In § 51 Abs.1 AWG 2002 ist das Anzeigeverfahren dahingehend geregelt, dass Maßnahmen gemäß § 37 Abs.4 Z1, 2, 4 und 8 der Behörde drei Monate vor Durchführung unter Anschluss der Antragsunterlagen gemäß § 39, soweit diese Unterlagen erforderlich sind, anzuzeigen sind.

 

Im Hinblick auf den Umstand, dass am Standort der Betriebsanlage der Bw sowohl eine abfallwirtschaftsrechtlich genehmigte Abfallsortieranlage als auch eine chemisch-physikalische Abfallbehandlungsanlage besteht, muss davon ausgegangen werden, dass in Zusammenschau der §§ 51 Abs.1 sowie 39 Abs.1 AWG 2002 zumindest eine Beschreibung der Behandlungsverfahren (Argument § 39 Abs.1 Z6 AWG 2002) Inhalt der Anzeige der Änderung zu sein hat. Andere in § 39 Abs.1 AWG 2002 geforderte Unterlagen werden im gegenständlichen Verfahren entbehrlich sein, zumal wie im Antrag dargestellt, keine baulichen Änderungen mit der Übernahme zusätzlicher Abfallarten verbunden sind.

 

Den mangelhaften Inhalt der Anzeige nahm bereits die Erstbehörde zum Anlass mit der Bw am 25. Februar 2010 eine Besprechung abzuhalten in der die Bw aufgefordert wurde, eine Aufstellung vorzulegen, aus welcher hervorgeht, in welchen Anlagen welche Abfälle gelistet nach Schlüssel­nummern gesammelt werden sollen. Die Bw ist dieser Forderung durch die Vorlage einer tabellarischen Auflistung nachgekommen, wobei die jeweilige Schlüsselnummer einer Anlage am Standort und zwar Zwischenlager für gefährliche Abfälle, chemisch-physikalische Anlage oder Abfallsortieranlage zugeordnet wurde. Durch diese Bezeichnung sollte laut Angaben der Bw klargestellt sein, in welchen Anlagen die stabilisierten und verfestigten Abfälle behandelt werden sollten. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens hat die belangte Behörde die Anzeige über die Anlagenände­rung sowie die nachträglich vorgelegte Auflistung der Sachver­ständigen für Abfallchemie übersandt und diese mit der Erstellung eines Gutachtens betraut, ob aus fachlicher Sicht der Behandlung der Schlüsselnummern zugestimmt werden kann, ohne den Schutzinteressen des AWG zuwider zu handeln. Die Sachverständige führte in ihrem Schreiben vom 20. April 2010 dazu aus, dass es sehr unwahrscheinlich erscheint, bereits vorbehandelte Abfälle, die die Spezifikation 91 erhalten haben, einer weiteren Behandlung in einer Abfallsortieranlage oder in einer chemisch-physikalischen Anlage zu unterziehen. Aus ihrer fachlichen Sicht besteht kein Grund, bereits ver­festigte Abfälle oder stabilisierte Abfälle noch weiter zu behandeln. Aus Sicht der Sachverständigen wurde daher der Antrag auf Behandlung verfestigter oder stabilisierter Abfälle vorerst nicht befürwortet. Sie stellte aber in Aussicht, dass es dem Betreiber frei stehe nachzuweisen, dass es erforderlich ist, bestimmte stabilisierte Abfallarten zu behandeln, eine Behandlung von verfestigten Abfällen aus ihrer fachlichen Sicht aber jedenfalls ausgeschlossen ist. Für eine weitere Beurteilung forderte die Sachverständige daher eine konkrete Beschreibung der jeweiligen Abfallart inklusive Beschreibung der Art der Stabilisierung, weiters eine Beschreibung, wo genau und wie die Behandlung der jeweiligen Abfallart erfolgen soll, und zudem eine Auskunft über den Zweck der vorgesehenen Behandlung. Diese Unterlagen wurden daher von der Erstinstanz eingefordert.

 

In der Folge ist die Bw mit der Begründung, dass die gefor­derten Informationen äußerst umfangreich sind, zweimal mit dem Ersuchen um Erstreckung der Frist für die Nachreichungen an die Behörde herangetreten.

 

Im Schreiben vom 22.11.2010 hat die Bw die Aufforderung der Behörde zur Nachreichung von Unterlagen wie folgt beantwortet:

 

"Im Bezug auf Ihr Schreiben vom 21.4.2010 zur GZ UR-2006-1034/383-Js/Ner, worin die Stellungnahme der Amtsachverständigen für Abfallchemie wiedergeben wird, wonach eine Behandlung von verfestigten Abfallen aus fachlicher Sicht nicht ausgeschlossen sei, wenn mitgeteilt wird, warum es für erforderlich gehalten wird, bestimmte stabilisierte Abfallarten zu behandeln sowie im Bezug auf die Ergebnisse der gemeinsamen Besprechung mit Dr. R vom 14.10.2010, erlauben wir uns im Namen unserer Mandantin, der V K GmbH & Co KG wie folgt Stellung zu nehmen:

 

1. Hinsichtlich der von der Amtsachverständigen in Frage gestellten Sinn­haftigkeit der Erweiterung des Anlagenkonsenses um Abfalle der Spezifikation '91', insbesondere hinsichtlich der Notwendigkeit bereits verfestigte Abfalle oder stabilisierte Abfalle noch weiter zu behandeln, weist unsere Mandantin darauf hin, dass Abfälle der Spezifikation '91' ausschließlich dort behandelt werden sollen, wo eine anschließende Verwertung der voraufbereiteten Stoffe auch (wirtschaftlich) sinnvoll erscheint. Das ist insbesondere dort der Fall, wo Abfälle 'aufbereitet' werden, die Metalle enthalten, deren 'Rückgewinnung' für eine Verwertung aufgrund des Wertes dieser Stoffe aus heutiger bzw. auch aus mittelfristiger Sicht sinnvoll erscheint. Im Einzelnen handelt es sich dabei um die Metalle Nickel, Zinn, Zink, Blei, Kupfer, Kobalt, Edelmetalle (wie etwa Paladium) sowie seltene Erden.

 

Die Behandlung in der gegenständlichen Anlage soll so erfolgen, dass die verfestigten bzw. stabilisierten Abfalle vorzerkleinert werden und anschließend eine chemische Behandlung (etwa Auflösung mittels Säure) erfolgt; sodann können die in den Abfällen enthaltenen Metalle einer entsprechenden Verwertung zugeführt werden.

 

2. Im Einzelnen sollen jedenfalls folgende Abfälle wie oben beschrieben behandelt werden, um die in ihnen enthaltenen 'wertvollen' Metalle und seltenen Erden rückgewinnen zu können:

 

SN

Spezifizierung

Bezeichnung

 
31203

91

Schlacken aus NE-Metallschmelzen

 
31204

91

Bleikrätze

 
31207

91

Schlacken aus Schmelzelektrolysen

 
31210

91

Zinkschlacke

 
31213

91

Zinnasche

 
31214

91

Bleiasche

 
31217

91

Filterstäube, NE-metallhaltig

 
31223

91

Stäube, Aschen und Krätzen aus sonstigen Schmelzprozessen

 
31435

91

verbrauchte Filter- und Aufsaugmassen

 
31620

91

Gipsschlamm mit produktionsspezifischen schädlichen Beimengungen

 
31621

91

Kalkschlamm mit produktionsspezifischen schädlichen Beimengungen

 
31626

91

Schlamm aus der Nichteisenmetall-Erzeugung

 
31634

91

Carbonatationsschlamm

 
31660

91

Schlamm aus der Gas- und Abgasreinigung

 
35321

91

Sonstige NE-metallhaltige Stäube

 
35331

91

Nickel und nickelhaltige Abfälle

 
35501

91

Zinkschlamm

 
35502

91

Metallschleifschlamm

 
35503

91

Bleischlamm

 
35504

91

Zinnschlamm

 
35505

91

Anodenschlamm

 
35506

91            | Sonstige Metallschlämme

 
39909

 91

Sonstige feste Abfälle mineralischen Ursprungs mit produktions- oder anwendungsspezifischen schädlichen Beimengungen

51102

 91

chrom(VI) haltiger Galvanikschlamm

51103

 91

chrom(III) haltiger Galvanikschlamm

51104

 91

kupferhaltiger Galvanikschlamm

51105

 91

zinkhaltiger Galvanikschlamm

51106

 91

cadmiumhaltiger Galvanikschlamm

51107

 91

nickelhaltiger Galvanikschlamm

51108

 91

kobalthaltiger Galvanikschlamm

51110

 91

edelmetallhaltiger Galvanikschlamm

51112

 91

sonstige Galvanikschlämme

51113

 91

Sonstige Metallhydroxidschlämme

51114

 91

Blei-, Nickel-, Cadmiumhydroxidschlämme

51524

 91

Bleisalze

51529

 91

Schwermetallsulfide

51540

 91

Sonstige Salze leichtlöslich

51541

 91

Sonstige Salze schwerlöslich

54707

 91

Erodierschlamm (petroleum- und graphithaltig)

54710

 91

Schleifschlamm, ölhaltig

54715

91

Schlamm aus der Behälterreinigung ( z.B. Fässern, Containern, Tankwagen, Kesselwagen)

94101

91

Sedimentationsschlamm

 

 

3. Mit dieser Klarstellung, warum es unserer Mandantin für erforderlich und sinnvoll hält auch verfestigte und stabilisierte Abfalle mit der Spezifizierung '91' zu behandeln sowie mit der beispielhaften Aufzählung der aus heutiger Sicht für die geplanten Zwecke brauchbaren Abfalle, vermeinen wir den geforderten Nachweis - wie in der Besprechung vom 14.10.2010 mit Ihnen und Dr. R vereinbart - erbracht zu haben.

 

Aus Sicht unserer Mandantin liegen somit alle Voraussetzungen für eine positive Erledigung des gegenständlichen Anzeigeverfahrens vor. Wir dürfen vor diesem Hintergrund um nunmehrige antragsgemäße Bescheiderlassung ersuchen, zumal von der positiven Erledigung des gegenständlichen Anzeigeverfahrens auch die Erledigung noch anhängiger Erweiterungsverfahren der Sammler- und Behandlererlaubnisse um die Spezifizierung '91' gemäß den §§ 24 und 25 AWG 2002 (eingebracht am 20.1.2010) abhängt. Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung."

 

Die aus Sicht der Bw vervollständigen Unterlagen hat die Behörde neuerlich der Sachverständigen weitergereicht und diese zur fachlichen Stellung­nahme aufgefordert. Mit Schreiben vom 28.12.2010 führte die Sachverständige zu den insgesamt vorliegenden Unterlagen Folgendes aus:

 

"Die V K GmbH & Co KG beabsichtigt zukünftig die Behandlung von Ab­fällen mit der Spezifikation 91 verfestigt, stabilisiert.

 

Grundsätzlich wird festgestellt, dass sämtliche Schlüsselnummern ohne Spezifikation 91 entweder in der Behandlererlaubnis (nach § 25 AWG 2002) der Firma V enthalten oder nicht gefährlich sind.

 

Nach Vergleich der Schlüsselnummern aus dem Antrag der Firma V mit den für die Be­handlung in der CP-Anlage der Firma V genehmigten Abfallarten ist ersichtlich, dass einige der beantragten Abfallarten ohne die Spezifikation 91 nicht für eine Behandlung in der CP-Anlage genehmigt sind.

 

Als Argument für eine Behandlung von verfestigten oder stabilisierten Abfällen wurde von der N H Rechtsanwälte GmbH als rechtliche Vertretung der Firma V mit Schreiben vom 22.11.2010 angeführt, dass als Zweck der Behandlung die Rückgewinnung von Metallen für eine anschließende Verwertung aus diesen verfestigten oder stabilisierten Abfällen vorgesehen ist.

 

Dazu wird aus fachlicher Sicht Nachfolgendes festgestellt:

Es erscheint nicht praktikabel, dass Abfälle vor einer möglichen Rückgewinnung von Metallen stabilisiert oder verfestigt werden, da die anschließende Behandlung dadurch erheblich erschwert wird.

Zur Überprüfung, ob Abfälle aus der Schlüsselnummernliste des Antrages der Firma V mit der Spezifikation 91 in Österreich überhaupt an befugte Sammler und Behandler weiterge­geben werden, wurde eine stichprobenartige Auswertung einiger Abfallschlüsselnummern aus dem Antrag der Firma V für den Zeitraum vom 1.1.2009 bis 15.12.2010 durchgeführt.

Konkret wurde eine Auswertung für die Abfallarten mit den Schlüsselnummern 51102 bis 51114 (11 Abfallarten) mit der Spezifikation 91 der Abfallliste aus dem Antrag durchgeführt. Die Aus­wertung hat ergeben, dass ausschließlich Abfälle mit der Schlüsselnummer 51113 mit der Spezifikation 91 zur Beseitigung (konkret zur Deponierung) weitergegeben worden sind. Die Rückfrage bei einem großen oberösterreichischen Entsorger ergab, dass Galvanik- und Metall­hydroxidschlämme zur Deponierung verfestigt werden. Eine Weitergabe erfolgt nicht. Im Übrigen sind in der Schlüsselnummernliste auch Abfälle angeführt, bei denen eine Rückgewinnung der darin enthaltenen Metalle kaum nachvollziehbar erscheint, da diese Metalle entweder giftig und in ihrer Anwendung daher verboten oder starken Einschränkungen unterworfen (z.B. Cadmium) sind oder so häufig vorkommen, dass sich eine aufwendige Wiedergewinnung wirtschaftlich kaum rechnen würde (z. B. Zink). Auch ist für eine Rückgewinnung an Metallen die Konzentration rele­vant. Diese muss zumindest so hoch sein, dass eine Rückgewinnung zweckmäßig ist. Sollte dies der Fall sein, wird der Abfall wohl direkt einer Verwertung zugeführt werden, ohne vorherige Stabilisierung oder Verfestigung.

 

Darüber hinaus wurden Schlüsselnummern angeführt, bei denen Metalle höchstens als Verunreinigung denkbar wären, eine Rückgewinnung dieser Metallverunreinigungen jedoch aufgrund der zu erwartenden geringen Konzentrationen weder wirtschaftlich noch zweckmäßig erscheint. Z.B.: 31621 Kalkschlamm, 31634 Carbonatationsschlamm, 31440 Schlamm aus der Gas- und Abgasreinigung, 39909 sonstige feste Abfälle mineralischen Ursprungs, 51540 sonstige Salze leichtlöslich, 52541 sonstige Salze schwerlöslich, 54707 Erodierschlamm.

 

Zusammenfassung:

Es erscheint aus fachlicher Sicht ausgesprochen unwahrscheinlich, dass metallhaltige Abfälle vor einer Rückgewinnung der Metalle verfestigt oder stabilisiert werden. Galvanikschlämme werden heute nur zum Zweck der gefahrlosen Deponierung verfestigt oder stofflich oder thermisch direkt verwertet.

Eine Verfestigung oder Stabilisierung von Abfällen erfolgt üblicherweise nur aus dem Grund, diese Abfälle nachfolgend problemlos deponieren zu können. Eine Verfestigung oder Stabilisierung und anschließende Weitergabe an einen Entsorger zur Rückgewinnung von im Abfall enthaltenen Metallen erscheint weder zweckmäßig noch im Sinne des AWG, da das Verfestigungs- oder Stabilisierungsverfahren die anschließende Behandlung wesentlich erschwert. Um der Firma V den ausgesprochen unwahrscheinlichen Fall der Behandlung von ver­festigten oder stabilisierten Abfällen zur Rückgewinnung von Metallen jedoch nicht zu verweigern, wird vorgeschlagen, im Falle der Übernahme solcher Abfälle eine Einzelfallentscheidung zu er­wirken, wobei die genaue Art der Behandlung dieser konkreten Abfallarten und die erwartete Auswirkung (insbesondere der Zweck und die erwartete Rückgewinnungsmenge) der Behandlung zu beschreiben sind."

 

Zusammenfassend ergibt sich daher auch nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates, dass zur Beurteilung des Inhalts der Änderungsanzeige – wie die von der Erstinstanz beigezogene Sachverständige zutreffend festgehalten hat – zumindest die Art und Weise der Behandlung verfestigter und stabilisierter Abfälle dargestellt werden muss. Dies um so mehr, als – wie bereits wiederholt erwähnt – sowohl eine Abfallsortieranlage als auch eine chemisch-physikalische Behandlungsanlage am Standort besteht und im Zwischenlager für gefährliche Abfälle wohl schwerlich eine Behandlung der beantragten Abfallarten zu bewerkstelligen ist. Von der Bw wurden in ihrer nachträglich übersandten Abfallauflistung, die aufgrund der Spezifikation 91 bereits vorbehandelten Abfälle, einer Anlage am Standort zwar zugeordnet, keinesfalls aber nachvollziehbar erläutert, wie in der jeweiligen Anlage eine Weiterbehandlung dieser Abfälle stattfinden soll. Beispielsweise enthält der auch von der Bw im Antrag dargestellte Konsens für die chemisch-physikalische Abfallbehandlungsanlage (Bescheid 6. Dezember 2001, UR-303652/69-2001) in den Auflagepunkten II.4. (aus abfallwirtschaftlicher Sicht) Regelungen hinsichtlich der Abfallübernahme bzw. der weiteren Behandlung in dieser Anlage. Gerade im Hinblick auf diese Vorschreibungen ist bei einer beantragten und von der Antragstellerin als nicht wesentlich bezeichneten Änderung sehr wohl die Art und Weise der künftigen Behandlung samt allfälliger Auswirkungen dieser Behandlung auf die Anlage bzw. Emissionen der Anlage detailliert darzustellen. Auch in der Eingabe der Bw vom 22.10.2010 fehlen diese Verfahrensbeschreibungen zumal lediglich – trotz vorherigen Hinweis auf äußerst umfangreich zu übermittelnde Informationen –  dargestellt wird, dass "die Behandlung in der gegenständlichen Anlage so erfolgen soll, dass die verfestigten bzw. stabilisierten Abfalle vorzerkleinert werden und anschließend eine chemische Behandlung (etwa Auflösung mittels Säure) erfolgt; sodann können die in den Abfällen enthaltenen Metalle einer entsprechenden Verwertung zugeführt werden". Eine umfangreiche Verfahrensbeschreibung kann hierin jedenfalls nicht erblickt werden, vielmehr ist festzustellen, dass der Antrag nicht die in § 39 Abs.1 Z 6 AWG 2002 geforderte Beschreibung der Behandlungsverfahren beinhaltet.

 

Generell ist zur Thematik verfestigter bzw. stabilisierter Abfall festzuhalten, dass das AWG 2002 selbst keine Definition dieser Abfälle enthält. Gemäß § 7 Abs.6 AWG 2002 ist die Ausstufung von verfestigten, stabilisierten oder immobilisierten Abfällen nur für den Zweck der Deponierung zulässig. Nach § 47 Abs.2 AWG 2002 haben Bescheide, mit denen eine Deponie genehmigt wird, Maßnahmen betreffend die Errichtung, Ausstattung und den Betrieb (..., Vorschreibungen für verfestigte, stabilisierte und immobilisierte Abfälle, ...) zu enthalten. Gemäß § 76 Abs.1 Z1 lit.b AWG 2002 haben auch bereits vor Inkrafttreten der Deponieverordnung bestehende Deponien ab einem bestimmten Zeitpunkt besondere Bestimmungen für verfestigte Abfälle einzuhalten.

 

Eine Zusammenschau dieser gesetzlichen Regelungen im AWG 2002 betreffend verfestigte Abfälle zeigt, dass der Gesetzgeber Regelungsinhalte ausschließlich im Zusammenhang mit der Deponierung verfestigter Abfälle getroffen hat.

 

Von einem derartigen Verständnis geht auch die Deponieverordnung aus, zumal in § 3 Z60 der Deponieverordnung verfestigte Abfälle als Abfall, der bereits vor der Verfestigung die Annahmekriterien des Kompartiments erfüllt und dessen physikalische Beschaffenheit durch die Verwendung von Bindemitteln (zB. Zement) verändert wird, zB. zur Bindung von Staub oder zur Erhöhung der Standsicherheit des Deponiekörpers. Gemäß § 3 Z51 der Deponieverordnung handelt es sich bei stabilisierten Abfall um Abfall, der in unbehandeltem Zustand die Annahmekriterien des Kompartiments nicht erfüllt und in der Folge einem Behandlungsverfahren zur dauerhaften Einbindung in eine Matrix unterzogen wurde; Abfälle können mit hydraulischen, latenthydraulischen oder mit sonstigen, in chemischer Reaktion abbindenden Bindemitteln, behandelt werden.

 

Die Festsetzungsverordnung gefährlicher Abfälle enthält in § 5 Abs.7 die Regelung, dass die Ausstufung von verfestigten Abfällen zusätzlich auf Grundlagen eines Gutachtens gemäß § 11 der Deponieverordnung zu erfolgen hat und nur für den Zweck der Deponierung zulässig ist.

 

Die Abfallverzeichnisverordnung bestimmt in Anlage 2, Abfallcode 19 03 "stabilisierte und verfestigte Abfälle" in Fußnote 22, dass Stabilisierungsprozesse die Gefährlichkeit der Bestandteile des Abfalls ändern und somit gefährlichen Abfall in nicht gefährlichen Abfall umwandeln. Verfestigungsprozesse ändern die physikalische Beschaffenheit des Abfalls (zB. flüssig in fest) durch die Verwendung von Zusatzstoffen, ohne die chemischen Eigenschaften zu berühren.

 

Ein Blick in einschlägige deutsche Regelwerke (Deponieverordnung, Deponieverwertungsverordnung) zeigt, dass der Zweck der Stabilisierung als vollständige und irreversible Umwandlung gefährlicher in nicht gefährliche Abfälle bestimmt wird, eine Verfestigung von Abfällen nur zur Erhöhung der Standfestigkeit von Deponien vorgesehen ist und nicht um eine andere Entsorgung/Verwertung zu ermöglichen.

 

Den genannten Vorschriften hinsichtlich verfestigter und stabilisierter Abfälle ist sohin gemein, dass diese Form der Behandlung den bestimmten Zweck, und zwar die gefahrlose Deponierung/Entsorgung dieser Abfälle, verfolgt. Im Sinne der Grundsätze des AWG 2002 wird von einem Abfallbesitzer der Schritt der Verfestigung oder Stabilisierung zu setzen sein, wenn eine weitere Verwendung, Aufbereitung oder Rückgewinnung nicht mehr möglich, zweckmäßig oder wirtschaftlich vertretbar ist. Die Verfestigung oder Stabilisierung von Abfällen kann nur durch Zugabe von Additiven und Energie erfolgen. Eine weitere Behandlung der verfestigten oder stabilisierten Abfälle außer deren gefahrlose Beseitigung in Form der Rückgängigmachung des zuvor eingeleiteten Prozesses stellt sich insofern als ineffiziente Maßnahme dar, welche in Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen des AWG insbesondere zu § 1 Abs.1 Z3 AWG 2002 steht. Dies bedeutet, dass durch die von der Bw beabsichtigte neuerliche Behandlung verfestigter und stabilisierter Abfälle die zuvor für die Stabilisierung und Verfestigung eingesetzten Ressourcen sinnlos eingesetzt wurden. Der Entsorgungsweg für stabilisierte und verfestigte Abfälle ist in Zusammenschau der Regelungen des AWG 2002 sowie der Deponieverordnung mit der Beseitigung als vorgegeben zu betrachten. Der Ressourcenverbrauch im Zusammenhang mit der von der Bw beabsichtigten Lösung der Verfestigung oder Stabilisierung entspricht jedenfalls nicht dem Verständnis von Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft. In diesem Sinne können auch die Ausführungen der Sachverständigen – die der freien Beweiswürdigung unterliegen – verstanden werden, die eine weitere Behandlung von verfestigten und stabilisierten Abfällen neben der Beseitigung in technischer Hinsicht als nicht sinnvoll in Frage stellt. Die genannten gesetzlichen Regelungen rechtfertigen nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates den von der Sachverständigen gezogenen Schluss, wonach die von der Bw beabsichtigte Vorgangsweise nicht dem Stand der Technik der Abfallbehandlung entspricht. Es wird daher an der Bw liegen, durch konkrete Darstellungen der Behandlungsverfahren (Abläufe), die nicht in Widerspruch mit den gesetzlichen Regelungen zu verfestigten oder stabilisierten Abfällen stehen, darzustellen, wie sie eine Behandlung einer Reihe von Abfällen der Spezifikation 91 in ihrer Anlage vorzunehmen beabsichtigt. Nur ein konkret dargestellter Behandlungsablauf kann auch Inhalt eines Anzeigeverfahrens im Sinne des § 37 Abs.4 Z2 AWG 2002 sein.

 

Zur Behauptung der Bw in ihrem Antrag, wonach keine emissionsseitigen Auswirkungen (nachteilige Auswirkungen auf Mensch und Umwelt) gegeben sind, ist Folgendes zu entgegnen: Die Spezifikation 91 bringt mit sich, dass Abfälle verfestigt oder stabilisiert sind, also bereits physikalisch oder chemisch zur Eindämmung des Gefahrenpotentials behandelt wurden. Eine weitere Behandlung derartiger Abfälle muss notgedrungen die Lösung der Verfestigung oder Stabilisierung mit sich bringen. In welcher Form dies geschehen soll, sowohl in der CP-Anlage als auch wenn überhaupt möglich in der Abfallsortieranlage, bleibt die Bw in ihren Antragsbegründungen schuldig, zumal sie nur vage und ohne Beschreibung der konkreten Verfahrenablaufes in der Verbesserung der Anzeige von "chemischer Behandlung (etwa Auflösung mittels Säure)" spricht. Da technisch gesehen zur Auflösung zusätzliche Mittel eingesetzt werden müssten, sind diese einerseits genau anzugeben, andererseits auch hinsichtlich der Auswirkung in der Anlage, dh. im eigentlichen Behandlungsverfahren nachvollziehbar zu beschreiben. Dies fordert zudem – wie bereits auch oben dargestellt – der Anlagenkonsens für die chemisch-physikalische Abfallbehandlungsanlage. Ohne konkretere Darstellungen ist daher – wie auch von der Sachverständigen festgehalten – eine technische Beurteilung des Vorhabens nicht machbar und kann die Auswirkung auf geschützte Interessen im Sinne des § 1 Abs.3 AWG 2002 nicht begutachtet werden.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass von der Erstinstanz der angefochtene Bescheid, mit dem die Anzeige gemäß § 37 Abs.4 Z2 AWG 2002 nicht zur Kenntnis genommen wurde, zu Recht ergangen ist und sohin die Bw durch die angefochtene Entscheidung nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt worden ist.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 20,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

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