Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101253/10/Bi/Fb

Linz, 29.11.1993

VwSen - 101253/10/Bi/Fb Linz, am 29. November 1993 DVR.0690392

B e s c h l u ß

Der Oö Verwaltungssenat hat durch seine 3. Kammer unter dem Vorsitz Dris. Fragner sowie Dr. Weiß als Beisitzer und Mag. Bissenberger als Berichterin über die Berufung des H D, Sstraße E, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R H, Sstraße, L, vom 12. März 1993 gegen Punkt 4. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 26. Februar 1993, VerkR96/16199/1992-Hä, aufgrund des Ergebnisses der am 12. Oktober 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung beschlossen:

Die Berufung wird als verspätet zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: §§ 66 Abs.4 und 63 Abs.5 AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis in dessen Punkt 4. über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 15.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Tagen verhängt, weil er am 25. November 1992 um 2.15 Uhr aus Richtung L kommend in Fahrtrichtung E auf der B bis zur Kreuzung mit der F straße in A den PKW L gelenkt und sich in einem deutlich vermutbar durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand und entgegen der von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorgan an ihn gerichteten Aufforderung um 2.15 Uhr in A B/Kreuzung F Hstraße eine Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigerte. Weiters wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenersatz von 1.500 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ohne Berufungsvorentscheidung vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer zu entscheiden hatte (§ 51c VStG). Am 12. Oktober 1993 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Parteienvertreters Rechtsanwalt Dr. R H sowie des Zeugen A H-A durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber weist darauf hin, ihm sei vor der Erstinstanz insofern eine falsche Rechtsbelehrung erteilt worden, als ihm gesagt wurde, daß er das mündlich verkündete Straferkenntnis ruhig unterfertigen könne, daß er aber wegen der Alkoholisierung ohnedies noch Berufung erheben könne. Eine irreführende Rechtsmittelbelehrung könne einen Instanzenzug keineswegs ausschalten. Das Straferkenntnis enthalte keine Rechtsmittelbelehrung, sodaß sein Rechtsmittel als rechtzeitig eingebracht anzusehen sei, wenn es innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht werde. Im gegenständlichen Fall sei eine richtige Rechtsmittelbelehrung nie abgegeben worden, sodaß die Berufung als zulässig anzusehen sei. Die Voraussetzungen für die Aufforderung zum Alkotest hätten überdies nicht vorgelegen. Er beantrage daher die Aufhebung des Straferkenntnisses im Punkt 4. und Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der rechtsfreundliche Vertreter des Rechtsmittelwerbers gehört und der Sachbearbeiter der Erstinstanz zeugenschaftlich einvernommen wurde.

4.1. Aufgrund des Ergebnisses des Beweisverfahrens nimmt der unabhängige Verwaltungssenat als erwiesen an, daß der damals nicht rechtsfreundlich vertretene Rechtsmittelwerber am 26. Februar 1993 bei der Erstinstanz erschien, wo ihm vom Zeugen H-A auf der Grundlage der Anzeige vom 7. Dezember 1992 der Tatvorwurf zur Kenntnis gebracht und die in Rede stehende Übertretung angelastet wurde. Der Zeuge H-A konnte sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht konkret an den Rechtsmittelwerber erinnern, erläuterte aber die grundsätzlich in der Verkehrsabteilung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land in diesem Zusammenhang eingehaltene Vorgangsweise dergestalt, daß üblicherweise dem Beschuldigten anhand der Anzeige die Tatvorwürfe erklärt und die konkrete Strafe in Aussicht gestellt werde. Der Beschuldigte werde auch gefragt, ob er gegen die Entscheidung Einwände erhebe oder sonstige Anträge stellen wolle und, wenn dies nicht der Fall und der Sachverhalt ausreichend klar sei, ergehe ein Kurzerkenntnis, wobei ein Vordruck wie der im gegenständlichen Verfahrensakt ersichtliche ausgefüllt werde. Die Niederschrift werde erst aufgenommen, wenn der Beschuldigte erkläre, mit der Strafe einverstanden zu sein; im Fall des Nichteinverständnisses werde ein Beschuldigtenvernehmungsformular ausgefüllt und das Straferkenntnis ergehe nach Durchführung eines Beweisverfahrens. Der Tatvorwurf werde in solche Worte gekleidet, daß der Beschuldigte in der Lage sei, diese zu verstehen und im Fall von Einwänden werde ihm konkret die Anzeige gezeigt und er habe auch die Möglichkeit, die Anzeige zu lesen. Die Niederschrift über die mündliche Verkündung des Straferkenntnisses enthalte einen Verweis, daß eine Rechtsmittelbelehrung mündlich erteilt worden sei, was von ihm so verstanden werde, daß er der Partei mitteile, daß, wenn die Niederschrift unterschrieben werde, das Verwaltungsstrafverfahren für alle weiteren Instanzen beendet sei. Früher sei auf diesem Formular nur eine Unterschrift auch im Hinblick auf den Rechtsmittelverzicht zu leisten gewesen, jedoch werde nunmehr gesondert die Verkündung des Bescheides und der Rechtsmittelverzicht unterschrieben, da sich Parteien beschwert hätten, sie hätten Teile überlesen.

Auf den gegenständlichen Fall übersetzt geht der unabhängige Verwaltungssenat davon aus, daß dem Rechtsmittelwerber zwar die Tatvorwürfe anhand der Anzeige erklärt und möglicherweise auch erörtert wurden, wobei ihm auch die zu verhängen beabsichtigten Strafen mitgeteilt wurden. Aufgrund der Schilderung des Zeugen H-A über die Vorgangsweise bei solchen Amtshandlungen ist anzunehmen, daß der Rechtsmittelwerber konkret keine Einwände geltend gemacht und offensichtlich auch gegen die Strafhöhe nichts eingewendet hat, wobei ihm in Aussicht gestellt wurde, daß im Fall der Unterfertigung der Niederschrift, und zwar sowohl im Hinblick auf die mündliche Verkündung des Straferkenntnisses als auch auf den Rechtsmittelverzicht, das Verwaltungsstrafverfahren sowohl für ihn als auch für die Behörde beendet sei. Eine Rechtsmittelbelehrung im Sinne der Bestimmungen des § 63 Abs.5 AVG wurde ihm nicht erteilt. Ihm wurde auch nicht mitgeteilt, daß er die Möglichkeit habe, eine schriftliche Bescheidausfertigung zu verlangen, wobei auf dem Vordruck ein ausdrücklicher Verzicht auf eine Bescheidausfertigung mitunterschrieben wurde. Gleichzeitig wurde ihm eine Ausfertigung des Straferkenntnisses ausgehändigt. Im Rahmen dieser Amtshandlung wurde auch eine Ratenzahlung bewilligt und konkrete Beträge und Fälligkeitstermine festgelegt.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Der unabhängige Verwaltungssenat ist zur Überzeugung gekommen, daß dem die Amtshandlung durchführenden Sachbearbeiter keineswegs der Vorwurf einer routinemäßigen "Parteienabfertigung" gemacht werden kann. Der Zeuge hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen gewissenhaften und sorgfältigen Eindruck hinterlassen und selbst bedauert, daß ihm zu wenig Zeit bleibe, um sich konkret mit dem Beschuldigten über dessen gesetzliche Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Er selbst sei auf die beschriebene Vorgangsweise eingeschult worden und die Amtshandlungen würden seit seiner Einschulung bei der Erstinstanz so gehandhabt. Es liegt dem unabhängigen Verwaltungssenat fern, auf eventuell bestehende Kommunikationsmängel zwischen den letzlich im Parteienverkehr tätigen Sachbearbeitern der Erstinstanz und ihren Vorgesetzten einzugehen. Im Sinne der Rechtsicherheit und des Rechtsschutzes erscheint es jedoch unumgänglich, insbesondere nicht rechtsfreundlich vertretene Parteien auf ihre ihnen dem Gesetz nach zustehenden Möglichkeiten aufmerksam zu machen.

Der unabhängige Verwaltungssenat ist aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens zu der Auffassung gelangt, daß der vom Rechtsmittelwerber bei der Erstbehörde unterschriebene Rechtsmittelverzicht mangels entsprechender Belehrung über die Folgen nicht als rechtsgültig anzusehen ist. Die Berufung wird daher insofern als zulässig angesehen. Hinsichtlich der zeitlichen Komponente ist jedoch auszuführen, daß dem Rechtsmittelwerber eine Ausfertigung dieses Kurzerkenntnisses am 26. Februar 1993 ausgehändigt wurde und daher in Anwendung der Bestimmung des § 63 Abs.5 AVG iVm § 24 VStG dieses Datum als Beginn der Berufungsfrist anzusehen ist. Die Berufungsfrist ist daher mit 12. März 1993 abgelaufen, während die Berufung am 16. März 1993 zur Post gegeben wurde. Das Vorbringen des Rechtsmittelwerbers, eine Einbringung der Berufung innerhalb der gesetzlichen Frist sei mangels Rechtsmittelbelehrung jedenfalls zulässig, geht daher bedauerlicherweise ins Leere, obwohl dieser Rechtsansicht im Hinblick auf § 61 Abs.2 AVG iVm § 24 VStG grundsätzlich zuzustimmen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, ohne auf die Sache selbst eingehen zu können.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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