Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167032/5/Sch/Eg

Linz, 21.09.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn M. G. H., wh, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. November 2011, Zl. VerkR96-24088-2010, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. September 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das Straferkenntnis bestätigt.

 

II.               Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 10 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 11. November 2011, VerkR96-24088-2010, über Herrn M. G. H. eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro, 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 verhängt, weil er am 24.5.2010, 15:08 Uhr, in der Gemeinde Ansfelden, A 1 bei km 170.000 in Fahrtrichtung Wien, als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen x (D) die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 23 km/h überschritten und somit die Bestimmung des § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 übertreten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 5 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer (Halter) des Pkw mit dem Kennzeichen x (D). Mit diesem Fahrzeug wurde laut entsprechender Radarmessung und darauffolgender Polizeianzeige am 24. Mai 2010 an einer dort näher umschriebenen Örtlichkeit eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen.

 

Die ursprünglich ergangene Strafverfügung wurde vom Berufungswerber beeinsprucht. In dem Schriftsatz wird vorgebracht, dass "der Verwaltungsakt nichtig" sei. Es sei nämlich das Geburtsdatum des Berufungswerbers ohne seine Zustimmung auf dem Briefumschlag aufgeschienen. Deshalb behalte er sich wegen Verletzung "datenschutzrechtlicher Bürgerrechte" weitere rechtliche Schritte gegen die Behörde vor.

 

Schließlich mache er von seinem "Zeugnisverweigerungs- und Auskunftsrecht" Gebrauch.

 

In den weiteren seitens des Berufungswerbers in der Angelegenheit verfassten Schriftsätzen verweist er im Wesentlichen auf die oben angeführten Angaben.

 

Seitens der Erstbehörde wurde das entsprechende Radarfoto beigeschafft, es zeigt einen Pkw im abfließenden Verkehr, das Kennzeichen ist deutlich abzulesen. Vom Lenker im Fahrzeug ist nichts zu erkennen.

 

4. Bei der Frage, wer ein Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, handelt es sich um eine der Beweiswürdigung (VwGH 29.3.1989, 88/03/0116, 0117 ua.).

 

Nach § 45 Abs. 2 AVG ist eine Tatsache nicht erst dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie mit "absoluter Sicherheit" erweislich ist. Es genügt von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033).

 

Grundsätzlich kann einmal davon ausgegangen werden, dass der Zulassungsbesitzer (Halter) die rechtliche und faktische Bezugsperson zum Fahrzeug ist. Im Regelfall ist es weiters nach der allgemeinen Lebenserfahrung so, dass bei natürlichen Personen das Fahrzeug überwiegend vom Zulassungsbesitzer benützt wird, ansonsten ergäbe es ja kaum einen Sinn, ein Fahrzeug behördlich auf seinen Namen anzumelden. Daraus folgt auch der lebensnahe Schluss, dass für den Fall, dass eine andere Person das Fahrzeug benützt hat, es dem Zulassungsbesitzer möglich sein muss, der Behörde diese Person zu benennen.

 

Der Berufungswerber stellt zu keinem Zeitpunkt dezidiert in Abrede, selbst der Lenker zum Vorfallszeitpunkt gewesen zu sein. Er verweist bloß auf Formalien, wie etwa die seiner Meinung nach unzulässige Anführung seines Geburtsdatums auf einem Briefumschlag der Erstbehörde bzw. sein Recht, sich weiterer Angaben zum Vorfall zu entschlagen.

 

Nach Ansicht der Berufungsbehörde macht die Anführung des Geburtsdatums auf einem behördlichen Briefumschlag keinesfalls den Inhalt desselben "nichtig", wie der Berufungswerber vermeint. Es kann dahingestellt bleiben, ob damit überhaupt eine datenschutzrechtliche Problematik verbunden ist, jedenfalls hat das Geburtsdatum eines Adressaten auf einem Briefumschlag nichts zu tun mit dessen Inhalt und kann eine Strafverfügung bzw. ein Straferkenntnis keinesfalls quasi per se aufheben bzw. deren Nichtigkeit bewirken.

 

Kein Zweifel kann daran bestehen, dass der Berufungswerber als Beschuldigter in einem Verwaltungsstrafverfahren nicht dazu gezwungen werden kann, Aussagen im Verfahren zu tätigen. Allerdings muss er sich das Unterlassen derselben im Rahmen der Beweiswürdigung dann auch zurechnen lassen.

 

Wie schon oben erwähnt, hat der Berufungswerber die Lenkereigenschaft zu keinem Zeitpunkt dezidiert ausgeschlossen und damit auch nicht annähernd glaubwürdig erscheinen lassen, dass er, obwohl Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges, zu einem bestimmten Zeitpunkt doch nicht der Lenker gewesen war. Er hat also die ohnehin unwahrscheinlichere Variante, dass er nicht selbst der Lenker des auf ihn zugelassenen Fahrzeuges war, nicht so weit glaubhaft erscheinen lassen, dass sie seine Lenkereigenschaft mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

 

5. Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass der gegenständliche Vorgang durchaus auch eine verfassungsrechtliche Dimension aufweisen kann. Hier ist auf Art. 6 Abs. 2 EMRK zu verweisen und damit im Zusammenhang stehend auf die Erkenntnisse des EGMR vom 20.3.2001 (Fall T.) und vom 18.3.2010 (Fall K.).

 

Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings in seinem richtungsweisenden Erkenntnis vom 22. September 2011, GZ. B 1369/10, in diesem Zusammenhang klargestellt, dass die Beweiswürdigung einer belangten Behörde dann nicht zu beanstanden ist, wenn der Beschuldigte zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens  glaubhaft dargelegt hat, dass er zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug nicht gelenkt hatte. Wenn dieser im Verlauf des Verwaltungsstrafverfahrens mehrmals die Möglichkeit hatte, eine Stellungnahme abzugeben, aber nie nähere Angaben gemacht oder Beweismittel vorgelegt hat, dann ist die Annahme, dass er selbst der Lenker war, gerechtfertigt. Verlangt wird vom Verfassungsgerichtshof, dass von der Berufungsbehörde noch eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, in welcher der Beschuldigte Gelegenheit gehabt hätte, einen persönlichen Eindruck zu vermitteln und sein Vorbringen glaubhaft erscheinen zu lassen.

 

Im vorliegenden Fall ist der Berufungswerber allerdings zur Berufungsverhandlung vom 14. September 2012 nicht erschienen. Die Ladung zur Berufungsverhandlung ist von der Post mit dem Vermerk "Annahme verweigert" an die Berufungsbehörde retourniert worden.

 

6. Zur Strafbemessung:

 

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 50 Euro bewegt sich im untersten Bereich des Strafrahmens des § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960, der bis 726 Euro reicht. Die vom Berufungswerber zu verantwortende Geschwindigkeitsüberschreitung um 23 km/h (erlaubt 100 km/h) ist mit dieser Strafhöhe als angemessen geahndet anzusehen. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde hinreichend berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

 

Auf die persönlichen Verhältnisse des Genannten braucht nicht weiter eingegangen zu werden, zumal von jedermann, der als Kraftfahrzeuglenker am Straßenverkehr teilnimmt, erwartet werden muss, dass er in der Lage ist, relativ geringfügige Verwaltungsstrafen zu begleichen.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

S c h ö n

 

 

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