Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103084/2/Gf/Km

Linz, 02.10.1995

VwSen-103084/2/Gf/Km Linz, am 2. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des F.

M., ............., ............., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J. W., Dr. H. T. und Dr. S. M., ............, ..........., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von ........... vom 14. Juli 1995, Zl.

VerkR96-6692-1994-Wi, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung und des Kraftfahrgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich dessen Pkt. 1) aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten; der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf insgesamt 90 S.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von ............ vom 14. Juli 1995, Zl. VerkR96-6692-1994-Wi, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 7.400 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 222 Stunden) bzw. 600 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 18 Stunden) bzw. 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe:

9 Stunden) verhängt, weil er am 7. November 1994 in der Zeit zwischen 12.30.15 Uhr und 12.31.35 Uhr auf der Innkreisautobahn von Strkm. 44,0 bis Strkm 47,5 im Gemeindegebiet von ....... zum einen die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um durchschnittlich 62,3 km/h überschritten (Pkt. 1) und zum anderen - obwohl größtenteils am rechten Fahrstreifen keine Fahrzeuge gelenkt worden seien - ständig den linken Fahrstreifen benützt (Pkt. 2) sowie an seinem PKW kein Unterscheidungszeichen seines Heimatlandes angebracht gehabt (Pkt. 3) habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 20 Abs. 2 bzw. des § 7 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung, BGBl.Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 819/1994 (im folgenden: StVO), sowie des § 82 Abs.

4 des Kraftfahrgesetzes, BGBl.Nr. 267/1967, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 162/1995 (im folgenden: KFG), begangen, weshalb er gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO sowie gemäß § 134 Abs. 1 KFG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 24. Juli 1995 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. August 1995 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegte Sachverhalt durch Messung mittels einer ProViDa-Anlage sowie im Wege einer Nachfahrt bei gleichbleibendem Abstand über eine Strecke von 3,5 km als erwiesen anzusehen sei.

Bei der Strafbemessung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers entsprechend sowie dessen bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd berücksichtigt worden, während erschwerende Umstände nicht hervorgekommen seien.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß es auch bei Messungen mittels einer ProViDa-Anlage immer wieder zu fehlerhaften Ergebnissen kommen könne; im besonderen könne das festgestellte Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht zutreffen. Außerdem entspreche es auch nicht den Tatsachen, daß sich am rechten Fahrstreifen keine Fahrzeuge befunden hätten; diese wären aber gefährdet worden, hätte sich der Berufungswerber stets wieder auf dem rechten Fahrstreifen eingeordnet, um dann beim nächsten Überholvorgang neuerlich auf den linken Fahrstreifen wechseln zu müssen. Schließlich habe sich vor Fahrtantritt mit Sicherheit ein Unterscheidungszeichen seines Heimatstaates am PKW befunden, das sich jedoch während der Fahrt abgelöst haben müsse, sodaß ihn daran kein Verschulden treffe.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH ........... zu Zl. VerkR96-6692-1994; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend zu klären war, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 1 und 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a i.V.m. § 20 Abs. 2 StVO begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen, der auf Autobahnen schneller als 130 km/h fährt.

Nach § 99 Abs. 3 lit. a i.V.m. § 7 Abs. 1 StVO begeht u.a.

derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen, der als Lenker eines Fahrzeuges nicht so weit rechts fährt, als ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung anderer Straßenbenützer bzw.

ohne eigene Gefährdung möglich ist.

Gemäß § 134 Abs. 1 i.V.m. § 82 Abs. 4 KFG begeht u.a.

derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, der ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen verwendet, ohne gleichzeitig auch das Unterscheidungszeichen des Heimatstaates zu führen.

4.2. Aus der von den erhebenden Beamten angefertigten und im Akt der belangten Behörde erliegenden, aus insgesamt acht Bildern bestehenden Fotoserie ergibt sich für den Oö. Verwaltungssenat folgende Ungereimtheit:

4.2.1. Im einzelnen weisen die Bilder folgende Werte auf:

Bild 1: A: 0000m Z: 00.00sek Geschw: 197 km/h 12:30:15 Bild 2: A: 0744m Z: 14.48sek Geschw: 183 km/h 12:30:36 Bild 3: A: 1000m Z: 19.49sek Geschw: 189 km/h 12.30:44 Bild 4: A: 0039m Z: 00.60sek Geschw: 188 km/h 12:31:00 Bild 5: A: 0267m Z: 05.02sek Geschw: 191 km/h 12:31:04 Bild 6: A: 0898m Z: 16.78sek Geschw: 195 km/h 12:31:16 Bild 7: A: 1000m Z: 18.72sek Geschw: 203 km/h 12:31:35 Bild 8: A: 1000m Z: 18.72sek Geschw: 205 km/h 12:31:45 Geht man davon aus, daß sowohl Bild 1 bis Bild 3 einerseits als auch Bild 4 bis Bild 7 andererseits jeweils eine Meßserie über eine Strecke von 1 km dokumentieren, so benötigte der Berufungswerber für diese im ersteren Fall 19,49 Sekunden, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 184,71 km/h entspricht, und im zweiten Fall 18,72 Sekunden, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 192,31 km/h entspricht.

Wenn nun im Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses (Pkt. 1) von einer Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit "um durchschnittlich 62,3 km/h" die Rede ist, so bezieht sich dieses demnach insoweit offenkundig auf die zweite Meßserie. Damit ist aber unter Zugrundelegung des Umstandes, daß sich der Beobachtungsbereich von Strkm 44,0 bis Strkm 47,5 erstreckte, unvereinbar, daß diese Tat "von Strkm 44,0 bis Strkm 45,0" begangen worden sein soll, wenn bereits zuvor (von 12:30:15 Uhr bis 12:30:44 Uhr) durch Bild 1 bis Bild 3 eine andere 1 km lange Meßserie dokumentiert ist. M.a.W: Entweder ist der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses insofern unzutreffend, als die durchschnittliche Geschwindigkeitsüberschreitung nicht 62,3 km/h, sondern tatsächlich 54,7 km/h betragen oder sich diese nicht zwischen Strkm 44,0 und 45,0, sondern erst nachher (von 12:31:00 Uhr bis 12:31:35 Uhr) - etwa zwischen Strkm 46,0 und 47,0 - ereignet hat. Eine exaktere Rekonstruierung des Tatortes anhand der Fotoserie ist aber deshalb nicht möglich, weil die in der ProViDaAnlage (vgl. zu deren Konstruktion und Wirkungsweise näher Beck - Löhle, Fehlerquellen bei polizeilichen Meßverfahren, 2. Aufl., Bonn 1994, 57 ff) eingeblendete Absolutzeit zudem hinsichtlich ihrer Intervalle nicht mit jenen relativen Werten der Stoppuhr übereinstimmt, sondern bei einem entsprechenden Vergleich davon sogar erheblich abweicht: Bei Bildserie 1 bis 3 von 12:30:15 Uhr bis 12:30:44 Uhr entspricht das Intervall 29 Sekunden, während mit der Stoppuhr für diesen Zeitraum nur 19,49 Sekunden gemessen wurden; bei Bildserie 4 bis 7 von 12:31:00 Uhr bis 12:31:35 Uhr hingegen 35 Sekunden, während lediglich 18,72 Sekunden gestoppt wurden. Würde man nun diese längeren Zeiten zugrundelegen, so ergäbe sich eine nunmehr überdies für die erste (Bild 1 bis 3) und nicht für die zweite Meßserie (Bild 4 bis Bild 7) höhere Durchschnittsgeschwindigkeit von 124,14 km/h (anstelle von 184,71 km/h) bzw. von 102,85 km/h (anstelle von 192,31 km/h), die aber wiederum jeweils deutlich unter der erlaubten Höchstgeschwindigkeitsgrenze liegt.

Der Frage, ob im gegenständlichen Fall - wie vom Berufungswerber vermutet - tatsächlich eine Fehlmessung vorlag oder ob bloß die eingeblendete Absolutzeit der ProViDa-Kamera unzutreffend angezeigt wurde, brauchte aber im gegenständlichen Fall schon deshalb nicht weiter nachgegangen zu werden, weil der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses - wie dargetan - hinsichtlich des Tatortes in Verbindung mit dem Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung jedenfalls widersprüchlich ist und damit nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG genügt. Eine diesbezügliche Korrektur durch den Oö. Verwaltungssenat kam zum einen im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretene Verfolgungsverjährung, zum anderen aber auch deshalb nicht in Betracht, weil dieser von Verfassungs wegen (vgl. Art. 129 B-VG) als ein Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle und nicht (auch) als eine Anklage(Ermittlungs)behörde eingerichtet ist.

Ohne damit einem übertriebenen Formalismus zu huldigen, hat der Berufungswerber aber im Ergebnis - bei sonstigem Entfall seiner Strafbarkeit - selbst dann, wenn er tatsächlich eine - allenfalls sogar gravierende - Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hätte, jedenfalls doch einen Anspruch darauf, daß ihm diese Tat in einer zumindest von offensichtlichen Widersprüchen freien, nach Akteneinsicht auch für einen technischen Laien nachvollziehbaren Form vorgeworfen wird.

4.2.2. Hingegen ist auf der zuvor erwähnten Bildserie zweifelsfrei erkennbar, daß der Berufungswerber zumindest auf den zwei jeweils 1 km langen Meßstrecken stets den linken Fahrstreifen benützt hat, ohne daß sich am rechten Fahrstreifen (ausgenommen Bild 4 und Bild 7/8; darauf wird aber im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses [arg.

"größtenteils"] ohnedies Bedacht genommen) Fahrzeuge befunden hätten. Von einer permanenten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer bei Benutzung des rechten Fahrstreifens infolge ständigen Ein- und Ausscherens beim Überholen kann daher offensichtlich keine Rede sein, sodaß die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Berufungswerbers und dessen Verschulden - nämlich vorsätzliches Handeln - insoweit erwiesen ist.

4.2.3. Gleiches gilt auch für die Nichtverwendung des Unterscheidungszeichens des Heimatstaates des Berufungswerbers: Denn insbesondere das Nichtvorhandensein von Kleberückständen oder von Umrißspuren einer ellipsenförmigen Schablone an der Rückseite des KFZ läßt darauf schließen, daß sich dort - auch nicht vor Fahrtantritt - eine entsprechende "D"-Vignette befunden hat.

4.3. Angesichts der gravierenden Verschuldensform kann der Oö. Verwaltungssenat selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Berufungswerber nicht bloß für eine, sondern für drei Personen sorgepflichtig ist, nicht finden, daß die belangte Behörde das ihr im Zuge der Strafbemessung zukommende Ermessen gesetzwidrig ausgeübt hätte, wenn diese ohnehin bloß eine im untersten Siebzehntel bzw. im untersten Hundertstel der gesetzlichen Strafdrohung gelegene Geldstrafe als gleichermaßen tat- und schuldangemessen zu verhängen gefunden hat.

4.4. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insofern stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen, als dadurch eine Bestrafung wegen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit erfolgte Pkt.

1); im übrigen, d.h. hinsichtlich der Pkte. 2) und 3) war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben; der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 30 S bzw. 60 S, d.s. insgesamt 90 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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