Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281425/13/Kl/TK

Linz, 12.09.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn Ing. x, x, vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 10. Mai 2012, Ge96-12-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Verordnung über Beschäftigungsverbote und –beschränkungen für Jugendliche (KJGB-VO) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 5. September 2012 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und  das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die KJGB-VO "i.d.F. BGBl. II Nr. 221/2010" zu zitieren ist und die verletzte Rechtsvorschrift um die Zitierung "i.V.m. § 30 Abs. 2 Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1997 – KJBG, BGBl. Nr. 599/1987 i.d.F. BGBl. I Nr. 93/2010" zu ergänzen ist, und die Strafnorm im Sinn des § 44 a Z 3 VStG zu lauten hat: "§ 30 Abs. 1 und 2 KJBG".

 

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 60 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 VStG.


 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 10. Mai 2012, Ge96-12-2012, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 300 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 6 Abs. 1 Z 6 KJGB-VO verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen gemäß § 9 Abs. 1 VStG berufenes Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer, der x GmbH, x, der Arbeitgeberin zu verantworten hat, dass, wie im Zuge einer Unfallerhebung am 12.01.2012 durch Organe des Arbeitsinspektorates Linz festgestellt wurde, am 27.9.2011 in der Arbeitsstätte der x GmbH in x, in der Maschinenhalle der jugendliche Tischlerlehrling x, geb. x, nach etwa fünf Monaten Ausbildung zu Arbeiten an der Kantenschleifmaschine der Marke x GmbH, Type x, Fabr.Nr. x, Baujahr x, herangezogen wurde, obwohl die bestehenden Unfallgefahren nicht durch geeignete Maßnahmen beseitigt wurden.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des  Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Tischerlehrling nicht an der Kantenschleifmaschine beschäftigt wurde, sondern vielmehr ihm die Inbetriebnahme dieser Maschine sowohl vom Berufungswerber als auch von Herrn x (Sicherheitsvertrauensperson) untersagt wurde. Er wurde auf die entsprechende gesetzliche Bestimmung hingewiesen und wurden ihm Sanktionen bei Verstoß gegen dieses Verbot aufgezeigt. Der jugendliche Lehrling hatte keinen Anreiz zur Übertretung des Verbotes. Es sind die Gesellen des Berufungswerbers angewiesen, die Lehrlinge nochmals auf das Verbot der Inbetriebnahme von Kantenschleifmaschinen durch jugendliche Lehrlinge sowie etwaige Sanktionen hinzuweisen und die Einhaltung zu kontrollieren. Der Berufungswerber hat in seinem Betrieb 25 Arbeitnehmer beschäftigt. Es ist ihm daher nicht zumutbar, jeden seiner Lehrlinge auf Schritt und Tritt zu verfolgen. Sollte trotzdem ein Verschulden angenommen werden, so liege nur geringfügiges Verschulden vor, weil sich der Jugendliche beim Unfall lediglich am Daumen etwas Haut abgeschürft hat. Dies seien nur sehr unbedeutende Folgen. Jedenfalls sei die Strafhöhe herabzusetzen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. September 2012, zu welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie das Arbeitsinspektorat Linz geladen wurden und erschienen sind. Die weiters geladene Behörde ist nicht erschienen. Weiters wurden die Zeugen x und x geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH mit Sitz in x. Er hat ca. 25 Arbeitnehmer im Unternehmen, darunter 3 bis 4 Lehrlinge. Zum Tatzeitpunkt war der Berufungswerber nicht im Betrieb anwesend. Herr x ist Arbeitnehmer im Unternehmen und Sicherheitsvertrauensperson. Der Berufungswerber ist im Unternehmen der Lehrlingsausbildner. Zu Beginn des Lehrverhältnisses macht der Berufungswerber die allgemeine Unterweisung. Die wöchentlichen Besprechungen sowie dann die wiederholten Unterweisungen erfolgen durch x. Die Ausbildung sowie auch die schrittweise Unterweisung obliegt Herrn x sowie auch dem zugeteilten Gesellen. Zum Tatzeitpunkt am 27. September 2011 war x im ersten Lehrjahr und Herrn x zugeteilt. Die tägliche Schulung und Kontrolle des Lehrlings erfolgt durch den zugewiesenen Gesellen. Lehrlinge dürfen im Betrieb erst dann Maschinen betätigen, wenn sie mit der Berufschule begonnen haben und die entsprechenden Sicherheitsunterweisungen in der Berufschule über rotierende bzw. sich bewegende Teile bei Maschinen erhalten haben. Der Lehrling war am 27.9.2011 noch nicht in der Berufschule, die Berufschule begann erst am 31.1.2012.

Am 27.9.2011 wurde dem Lehrling vom Gesellen x aufgetragen, eine Leiste zu schleifen. Dabei wurde nicht aufgetragen, bei der Kantenschleifmaschine das Schleifen zu erledigen. Der Lehrling hat sich aber gedacht, dass er das Schleifen an der Maschine könne und ist daher zur Kantenschleifmaschine gegangen. Der Lehrling hat schon vor diesem Zeitpunkt Kanten geschliffen, sowohl händisch als auch mit der Kantenschleifmaschine. Er hat die Kantenschleifmaschine schon vorher alleine betätigt. Es hat ihm schon vor diesem Zeitpunkt ein Geselle gezeigt, wie das Hantieren bei der Kantenschleifmaschine geht. Ob der Lehrling die Leiste händisch schleift oder mit der Maschine, war für den Gesellen x egal. Der Geselle x hat sich nicht darum gekümmert. Er hat an einem anderen Platz gearbeitet, er hat eine andere Maschine (Bandschleifmaschine) in Betrieb gehabt. Der Lehrling war vor dem 27.9.2011 jedenfalls an der Kantenschleifmaschine und an der Bandschleifmaschine eingeschult und tätig. Bei der Tischfräse hat er mitgeholfen. In der Produktionshalle haben sich auch andere Arbeitnehmer befunden. Der Geselle x hat an der Bandschleifmaschine gearbeitet. Die Produktionshalle ist keine gerade Halle, sodass nicht jeder Platz einsehbar ist. Von der Breitbandschleifmaschine aus ist nicht von jedem Punkt aus Einsicht zur Kantenschleifmaschine gegeben.

Bei Eintritt werden alle Lehrlinge von der Sicherheitsvertrauensperson x auf die allgemeinen Gefahren aufmerksam gemacht und unterwiesen. Auch werden sie darauf hingewiesen, dass vor der ersten Berufschule und der Sicherheitseinschulung in der Berufschule keine Maschinen selbständig betätigt werden dürfen. Dies wird auch von den Lehrlingen unterschrieben. Es wird auch dem Lehrling gesagt, dass die Kantenschleifmaschine nicht in Betrieb gesetzt werden darf. Auch die Gesellen wissen dies und liegen Folder auf, welche Maschinen ab welchem Alter in Betrieb gesetzt werden dürfen bzw. in welchem Ausbildungsstadium diese verwendet werden dürfen. Herr x ist im Büro tätig und kommt 4 bis 5 mal täglich zu Kontrollgängen in die Produktionshalle sowie dann, wenn er Arbeitsaufträge an die Mitarbeiter weitergibt. Bei seinen Kontrollgängen hat er den Lehrling vor dem 27.9.2011 nie allein bei einer Maschine gesehen, immer nur mit einem Lehrlingsausbildner.

Der Berufungswerber ist 2 bis 3 Tage in der Woche in der Firma anwesend. Einen Tag in der Woche ist er in Wien, ansonsten muss er auch öfters weg, aber nie für längere Zeit. Auch macht der Berufungswerber Kontrollen, wenn er im Betrieb anwesend ist. Es gibt wöchentlich einmal eine Besprechung, bei der alle Probleme besprochen werden, insbesondere auch Sicherheitsfragen besprochen werden und auch Vorkommnisse besprochen werden. Diese werden dann evaluiert. Auch der gegenständliche Vorfall wurde nach besprochen. Auch gibt es jährlich eine Besprechung, die sich mit den Gefahren beschäftigt und auf die Gefahren bei Maschinen hinweist. Insbesondere wird auch darauf Bedacht genommen, dass Maschinen ausgetauscht werden.

Am 27.9.2011 passierte der Unfall um 8.30 Uhr, der Lehrling hat sich Haut am Daumen abgeschürft. Herr x hat den Lehrling durch Aufkleben eines Pflasters verarztet und es hat der Lehrling noch bis 16.35 Uhr weitergearbeitet. Erst am darauffolgenden Tag ist er zur Arbeit nicht erschienen und hat sich krank gemeldet. Der Lehrling hat im März 2012 gekündigt.

Der Lehrling hätte die Leiste in der Handwerkstätte schleifen müssen.

Der Lehrling hatte auch die Anweisung, den Anweisungen des Gesellen und der Sicherheitsfachkraft x nachzukommen.

Wenn ein Lehrling selbständig eine Maschine betätigt, dann ist dies vom Gesellen im Büro zu melden, nämlich an Herrn x oder dem Berufungswerber. Es wird dann der Geselle befragt, ob es einen Auftrag für diese Arbeiten an der Maschine gegeben hat und warum der Lehrling dort gearbeitet hat. Dann findet eine neuerliche Belehrung des Lehrlings statt, im Fall eines Auftrags durch den Gesellen auch eine Belehrung des Gesellen. Eine weitere Missachtung durch den Lehrling hätte die Versetzung in eine andere Abteilung oder die Kündigung zur Konsequenz. Dies ist im Betrieb noch nicht vorgekommen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist aufgrund der Aussagen der einvernommenen Zeugen erwiesen. Seitens des erkennenden Verwaltungssenats bestehen keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen. Eine ausdrückliche Anweisung zum händischen Schleifen hat es an den Jugendlichen nicht gegeben. Auch wurde er zum Tatzeitpunkt weder vom Gesellen als der ausbildenden Person noch von der Sicherheitsvertrauensperson x noch vom Berufungswerber beobachtet oder kontrolliert.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 6 der Verordnung über Beschäftigungsverbote und –beschränkungen für Jugendliche (KJBG-VO) sind verbotene Arbeitsmittel und Arbeiten insbesondere Bandschleifmaschinen, ausgenommen handgeführte Bandschleifmaschinen mit einer Nennleistung von nicht mehr als 1200 Watt sowie Bandschleifmaschinen mit einer Funktion ähnlich der von Schleifböcken; erlaubt ab Beginn der Ausbildung; ausgenommen Kantenschleifmaschinen; diese erst nach 18 Monaten Ausbildung, mit Gefahrenunterweisung im Rahmen des Berufschulunterrichts nach 18 Monaten, unter Aufsicht.

Gemäß § 30 Abs. 1 und 2 Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 – KJBG sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.090 Euro, im Wiederholungsfall von 280 Euro bis 2.180 Euro Dienstgeber und deren Bevollmächtigte zu bestrafen, die den Bestimmungen der Abschnitte 3 und 4 dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme des § 27 Abs. 1 oder einer aufgrund einer Bestimmung dieser Abschnitte erlassenen Verordnung zuwiderhandeln.

 

Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ist erwiesen, dass der im Betrieb beschäftigte Lehrling im 1. Lehrjahr noch vor dem Berufschulunterricht und der Gefahrenunterweisung im Rahmen des Berufschulunterrichtes zum Schleifen einer Leiste die Kantenschleifmaschine alleine, ohne Aufsicht, im Betrieb des Berufungswerbers in Betrieb gesetzt hat. Der ihm zugeteilte Geselle hat ihn nicht beobachtet und beaufsichtigt. Der Lehrling wurde dabei verletzt. Es wurde daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 6 Abs. 1 Z 6 KJBG-VO erfüllt.

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH und hat daher die Verwaltungsübertretung verwaltungsstrafrechtlich gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten.

 

5.2. Der Berufungswerber hat die Verwaltungsübertretung aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Das Vorbringen, dass es keine Anordnung des Gesellen zur Betätigung der Maschine gegeben hätte, dass der Lehrling selbständig tätig geworden ist, dass kein Anreiz zur Übertretung des Verbotes gegeben sei, dass die Gesellen und Lehrlinge unterwiesen sind, kann den Berufungswerber nicht entlasten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinne dieser Judikatur reicht das Vorbringen des Berufungswerbers für eine Entlastung nicht aus. Insbesondere ist es nicht ausreichend, dass der Berufungswerber unregelmäßig die Arbeitsstätte und Lehrlinge kontrolliert, dass eine Sicherheitsvertrauensperson Kontrollgänge durchführt und Anweisungen sowohl durch die Sicherheitsvertrauensperson als auch durch den Berufungswerber an die Gesellen und Lehrlinge und auch entsprechende Unterweisungen hinsichtlich der Maschinen und des Verbots der Benützung der Maschinen stattfinden. Es hat das Beweisverfahren ergeben, dass zwar die Sicherheitsvertrauensperson sowie die Gesellen sowie auch der Lehrling über das grundsätzliche Verbot der Betätigung der Kantenschleifmaschine Bescheid wussten, dass aber der Berufungswerber als Lehrlingsausbildner sowie auch die Sicherheitsvertrauensperson bzw. der zugeteilte Geselle in Stellvertretung des Lehrlingsausbildners den Lehrling nicht bei seinen Arbeitsschritten beobachtet und kontrolliert haben. Der zugewiesene Geselle hat nicht ausdrücklich angewiesen, die Leiste händisch zu schleifen. Auch hat sich der Geselle nicht um den Lehrling gekümmert und ihn nicht bei seiner Tätigkeit beobachtet und beaufsichtigt. Vielmehr hat sich gezeigt, dass der Geselle bei der Bandschleifmaschine zu diesem Zeitpunkt tätig war und sich nicht um die Tätigkeit des Lehrlings gekümmert hat und auch nicht von jedem Punkt aus auf den Lehrling Einsicht hatte. Es war daher ein ausreichendes Kontrollnetz im Betrieb des Berufungswerbers nicht gegeben. Auch hat die Aussage des Lehrlings dargelegt, dass er schon mehrmals an der Maschine sowie auch an der Bandschleifmaschine tätig gewesen ist. Auch dies zeigt deutlich, dass eine lückenlose Kontrolle der Einhaltung der Beschäftigungsverbote für jugendliche Lehrlinge nicht gegeben war. Vielmehr hat das Beweisverfahren gezeigt, dass zwar die Gesellen in den Verboten unterwiesen waren und auch angewiesen waren, dass sie die Verbote einhalten. Die Kontrolle der Einhaltung der Verbote bzw. entsprechende Maßnahmen, die gewährleisten können, dass die Bestimmungen eingehalten werden, wurden jedoch nicht aufgezeigt und unter Beweis gestellt. Es war daher jedenfalls von fahrlässiger Tatbegehung des Berufungswerbers auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung weder Strafmilderungs- noch Straferschwerungsgründe zugrunde gelegt. Sie hat aber im Hinblick auf nachteilige Folgen und auf den Schutzzweck der Norm befunden, dass die verhängte Geldstrafe erforderlich ist, um den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Auch liegt die verhängte Geldstrafe im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens.

Diese Erwägungen können bestätigt werden. Insbesondere wurde durch das Missachten des Beschäftigungsverbotes Schutzinteressen erheblich verletzt. Insbesondere sind Maschinen durch ihre bewegten Teile eine besondere Gefahr, die Jugendliche, insbesondere, wenn sie noch keine Schulung durch die Berufschule haben, nicht erkennen können. Der Lehrling war daher einer besonderen Gefahr ausgesetzt. Dies war im Rahmen der objektiven Strafbemessung zu berücksichtigen. Wenn auch die Verletzung nicht groß war, so sind trotzdem nachteilige Folgen eingetreten. Im Übrigen war dem Berufungswerber anzulasten, dass er neben den Unterweisungen und Besprechungen dafür zu sorgen hat, dass in der Organisation seines Betriebes auch die entsprechenden Unterweisungen und Anweisungen eingehalten werden. Er hat daher Maßnahmen zu ergreifen, die unter vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Schutzbestimmungen gewährleisten können. Solche organisatorischen Maßnahmen waren nicht erkennbar. Dies war auch im Rahmen des Verschuldens bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

Im Übrigen war die Strafe tat- und schuldangemessen. Sie kann auch unter Zugrundelegung von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen als nicht überhöht betrachtet werden. Besondere Strafmilderungsgründe lagen nicht vor und wurden auch vom Berufungswerber nicht vorgebracht. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Es war daher die verhängte Geldstrafe und die gemäß § 16 VStG verhängte Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

Milderungsgründe lagen nicht vor, sodass eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht in Betracht kommt. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es war daher nicht von § 21 VStG Gebrauch zu machen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 60 Euro, festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

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