Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523259/2/Bi/Th

Linz, 24.09.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn RA Dr. X, vom 31. August 2012 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 27. August 2012, VerkR21-426-2012/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid im Anfechtungsumfang bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) ua   gemäß §§ 3 Abs.1 Z2, 7 Abs.1 Z1 und Abs.3 Z1, 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 3, 26 Abs.1 Z2 und 32 Abs.1 Z1 FSG die von der BH Braunau/Inn am 2. Mai 2011, Zl. 11/149009, für die Klassen A, B, C1, C, EzB, EzC1, EzC und F erteilte Lenk­berechtigung für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab 13. August 2012 (Zustellung des Mandatsbescheides vom 8. August 2012), dh bis 13. November 2012, wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen, ihm für die Dauer der Entziehung das Recht, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt und ihm das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten. Einer allenfalls einzubringenden Berufung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß
§ 64 Abs.2 AVG wegen Gefahr im Verzug aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 28. August 20212.

 

2. Ausschließlich gegen die Entziehungsdauer wendet sich die vom Bw frist­gerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungs­vorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei zweifellos mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden, aber es sei für ihn nicht erkennbar, worin sein Verschulden am Unfall liege, weshalb es zu Unrecht zur Anwendung des § 26 Abs.1 Z2 FSG im Sinne eines dreimonatigen Entzuges der Lenkberechtigung anstatt von einem Monat im Sinne des § 26 Abs.1 1.Satz FSG gekommen sei. Er habe abgesehen von § 99 Abs.1b StVO keine andere Übertretung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften zu verantworten und die Erstinstanz habe nicht begründet, worin ein Fahrfehler seinerseits liegen solle. Er habe dem den Unfall aufnehmenden Beamten gegenüber angegeben, er sei nicht schnell gefahren und in der dortigen Linkskurve plötzlich weggerutscht, was für ihn ein unabwendbares Ereignis darstelle. Die in der Nähe der Unfallstelle wohnende Dame, vermutlich X, habe ihm gegenüber geäußert, ihr sei seine moderate Geschwindigkeit aufgefallen, sie habe beim Kochen gerade beim Küchenfenster hinausgeblickt. In einer Kurve komme es in der Praxis ohne Beteiligung eines anderen Verkehrsteilnehmers häufig dann zum Sturz eines Motorradlenkers, wenn dieser die Kurvengrenzgeschwindigkeit überschreite und dann die Bodenhaftung verliere. Im ggst Fall sei die eingehaltene Geschwindig­keit von ca 60 km/h völlig unbedenklich gewesen, lediglich der Schotter auf der Fahrbahn sei Grund für sein Wegrutschen und den Sturz gewesen. Ihm liege weder eine absolute (§ 20 Abs.2 StVO) noch die relative (§ 20 Abs.1 StVO) Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last, daher habe er kein Verschulden zu verantworten. Die Vermutung der Erstinstanz, dass er ohne Alkoholbeein­trächtigung vermutlich in der Lage gewesen wäre, entsprechend zu reagieren und den Sturz zu vermeiden, reiche für die Feststellung eines Verschuldens nicht aus. Beantragt wird die Herabsetzung der Entziehungsdauer auf einen Monat.    

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw als Lenker des Motorrades X am 29. Juli 2012 gegen 16.15 Uhr auf der X, Ortschafts­bereich X, Gemeindegebiet X, als einziger Verkehrsteil­nehmer an einem Verkehrsunfall beteiligt war, bei dem er selbst verletzt wurde. Im Zuge der Unfallerhebungen ergab der nach einem positiv verlaufenen Vortest vom Anzeiger GI X durchgeführte Alkotest mit dem Alkomaten, Dräger Alcotest 7110A, GeräteNr. ARDB-0055, um 18.04 Uhr einen günstigsten Atemluftalkoholwert von 0,41 mg/l. Der 105 kg schwere Bw gab im Zuge der Unfallerhebungen an, er habe zwischen 12.00 und 14.00 Uhr des Unfalltages eine Halbe Bier und drei Halbe Radler getrunken, letzter Alkoholkonsum sei um 16.00 Uhr gewesen. Er gab zum Unfall an, er sei nicht schnell gefahren und in einer Linkskurve plötzlich weggerutscht. Er habe sich nicht alkoholisiert gefühlt.

In seiner Vorstellung gegen den Mandatsbescheid der Erstinstanz vom 8. August 2012 führte er aus, er sei in der genannten Kurve mit angemessener Geschwin­dig­keit von 60 km/h unterwegs gewesen, als er plötzlich gesehen habe, dass Schotter auf der Fahrbahn gelegen sei, der schließlich zur Instabilität des Motorrades geführt habe, sodass er gestürzt sei. Den Sturz habe er nicht verhindern können. Dazu gab er in der Berufung an, die Geschwindigkeit sei von der zur Unfallzeit zufällig aus dem Fenster blickenden Hausbewohnerin, die die Rettung verständigt habe, bestätigt worden.

 

Der Bw hat den um 18.04 Uhr erzielten Atemalkoholgehalt, der umgerechnet 0,82 %o Blutalkoholgehalt entspricht, nicht bestritten. Rückgerechnet auf die Unfallzeit 16.15 Uhr ergibt sich unter Zugrundelegung eines stündlichen Abbau­wertes für die Unfallzeit ein BAG von mehr als 0,8 %o aber weniger als 1,2 %o, nämlich etwa 1%o.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunken­heit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beein­träch­tigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraft­fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer in einem Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt. – In der Zusammenschau der Alkoholbestimmungen der StVO 1960 und des FSG umfasst diese Bestimmung einen Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 %o oder mehr, aber weniger als 1,2 %o, oder einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,6 mg/l.   

 

Der Bw lenkte nach den unbestrittenen Ergebnissen des Beweisverfahrens am 29. Juli 2012 gegen 16.15 Uhr das Motorrad X auf der XX, Ortschafts­bereich X, Gemeindegebiet X, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Ausmaß von etwa 1 %o BAG. Er hat damit zweifellos eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 verwirklicht.

 

Gemäß § 26 Abs.1 FSG ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begangen wird, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen. Wenn jedoch ... 2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat, hat die Entziehungs­dauer mindestens drei Monate zu betragen.  Wenn jedoch eine der in § 7 Abs. 3 Z 3 genannten Übertretungen vorliegt, so hat die Entziehungsdauer mindestens sechs Monate zu betragen. § 25 Abs. 3 zweiter Satz ist in allen Fällen sinngemäß anzuwenden.

 

Der Bw hat erstmals eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begangen, wobei er insofern einen Verkehrsunfall verschuldet hat, als er ohne jede Fremdbeteiligung in einer Kurve zu Sturz kam, wobei er sich beim Sturz verletzte. Den Grund für den Sturz sieht er darin, dass er bei Einhaltung einer Geschwindigkeit von ca 60 km/h Schotter auf der Fahrbahn bemerkte und sein Fahrverhalten darauf nicht mehr einstellen konnte, was er aber nicht als "Verschulden eines Verkehrsunfalls" im Sinne des § 26 Abs.1 2.Satz Z2 FSG bewertet haben will.

 

Gemäß § 20 Abs.1 1.Satz StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges die Fahr­ge­schwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündig­ten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen, sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen.

Nach der Rechtsprechung des VwGH hat der Lenker seine Fahrgeschwindigkeit so einzurichten, dass er einerseits der erlaubten Höchstgeschwindigkeit und ander­er­seits dem sich aus der besonderen Verkehrssituation ergebenden Verhältnissen jederzeit gerecht werden kann (vgl E 24.6.1971, 563, 565/70).

Nach der Vorschrift des Abs.1 ist der durch den Genuss von Alkohol beeinträchtigten Fahrtüchtigkeit bei der Wahl der Geschwindigkeit auf jeden Fall Rechnung zu tragen, also auch dann, wenn sich der Fahrzeuglenker ungeachtet der Verbotsvorschrift des § 5 Abs.1 zu einer Fahrt entschließt (vgl OGH 14.12.1973, 11 Os 75/73).    

 

Der Ansicht der Erstinstanz, der Bw hätte aufgrund seiner Alkoholisierung die Situation nicht mehr richtig einschätzen können und daher sei ihm ein Fahrfehler unterlaufen, der letztlich den Sturz herbeigeführt habe, bzw ohne Alkohol­beeinträchtigung wäre er vermutlich in der Lage gewesen, entsprechend zu reagieren, um den Sturz vermeiden zu können, ist aus der Sicht des UVS nichts entgegenzuhalten.

Das Argument des Bw, er sei ohnehin – gegenüber dort üblicherweise von Motorradlenkern gefahrenen Geschwindigkeiten – langsam gefahren, was auch die nahe der Unfallstelle wohnende Dame bestätigt habe, geht deshalb ins Leere, weil auch eine "niedrige" Geschwindigkeit – die mit einer Kurvengrenz­geschwindigkeit nicht das mindeste zu tun hat – unter Umständen für die konkreten örtlichen Verhältnisse im Sinne des § 20 Abs.1 StVO zu schnell sein kann. Speziell bei plötzlichem Auftauchen von Schotter, Riesel oä auf der Fahrbahn im Bereich der Fahrlinie kann dann nicht mehr durch entsprechende Fahrweise, zB Ausweichen, Bremsen oä reagiert werden. Damit hat der in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Motorrad lenkende Bw aber im ggst Fall eine nicht den konkreten Straßenverhältnissen angepasste Geschwindigkeit einge­halten, weil er ansonsten noch in der Lage gewesen wäre, rechtzeitig zu bremsen und den Sturz zu verhindern. Bei einem Alkoholgehalt von etwa 1 %o hätte er unter Bedachtnahme auf ein dadurch bedingtes späteres Erkennen und Einschätzen der Gefahr durch Schotter und eine verzögerte Reaktion eben noch langsamer fahren müssen, um einen derartigen Unfall zu vermeiden. Die Nichteinhaltung einer konkret situationsangepassten Geschwindigkeit im Sinne des § 20 Abs.1 StVO ist ihm im Lichte fahrlässiger Begehung vorwerfbar. Der Verkehrsunfall ist damit nicht als "unabwendbares Ereignis" zu sehen, sondern allein vom Bw verschuldet.

 

Im Sinne des § 26 Abs.1 2.Satz Z2 FSG war somit eine Entziehungsdauer von drei Monaten, gerechnet ab 13. August 2012 (Zustellung des Mandats­bescheides), gesetzlich vorgesehen.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit war naturgemäß auch auf das Lenkverbot gemäß § 32 Abs.1 FSG und die Dauer der Aberkennung des Rechts gemäß § 30 Abs.1 FSG zu beziehen.

Damit war im Anfechtungsumfang spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

VU ohne Fremdverletzung, erstmalige Begehung § 99 Abs.1b StVO = 3 Monate Entziehungsdauer.

 

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