Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150900/9/Lg/Hu

Linz, 25.09.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 6. Juli 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Be­rufung des Herrn H-G F, L, W, Deutschland, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 11. Oktober 2011, Gz. BauR96-94-2011, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.         Die Berufung wird abgewiesen und das ange­fochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanz­lichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 60 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 37 Stunden verhängt, weil er am 31.3.2011, 9.30 Uhr, in der Gemeinde Suben, A8 Innkreis Autobahn bei StrKm 75,000, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Suben, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Es sei am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung bringt der Bw Folgendes vor:

 

-         Habe am 31.03.11 gegen 8.45 Uhr das Hotel B in P verlassen

      siehe Rechnung Anlage

-     Wo soll ich die Autobahn verlassen haben? Suben?

-         Ich habe die Erste – für mich erkennbare Möglichkeit genutzt – mein Auto zu wenden – um nach P und dann weiter nach A zu fahren.

-         Was sollte ich in Ihrem Land? Ich erwarte einfach ein faires Gerichtsverfahren (mit meinem Rechtsanwalt). Was hätte ich nach P machen sollen?

 

Der Berufung angeschlossen ist die Hotelrechnung und die Seite 3 des angefochtenen Straferkenntnisses.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 31. März 2011 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Gemäß § 19 Abs.2 BStMG sei der Lenker mündlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert, dieser Aufforderung jedoch nicht entsprochen worden.

 

In einem Schreiben vom 20.6.2011 äußerte sich der Bw, er habe die Vignette auf der Scheibe der Fahrerseite angebracht. Um Kosten zu vermeiden habe er am 30.5.2011 123,50 Euro überwiesen.

 

Nach Strafverfügung vom 7. Juni 2011 rechtfertigte sich der Bw Folgendermaßen:

 

"Habe am 31.03.11 gegen 8.45 Uhr das Hotel I in P verlassen. (Ist alles nachweisbar)

Ging in P auf die Autobahn. Hatte den 1. Termin in A. Durch starken Lkw-Verkehr verpasste ich die Ausfahrt P. Die für mich 1. erkennbare Wendemöglichkeit war auf Ihrem Staatsgebiet. Diese nutzte ich und wurde sofort angehalten. Die Art und Weise wie ich von Ihrer Staatsdienerin behandelt wurde war für mich in Europa totales Neuland. Sie sprach vom österreichischen Hoheitsgebiet. Sie machte Photos. Ich fühlte mich wie ein Staatsfeind, der Ihrem Land Schaden zu fügen wollte. Dabei hatte ich nur eine Abfahrt verpasst. Ich habe bzw. wollte den Vorgang ihr erklären. Sie zeigte kein Interesse.

Ich versichere:

Ich wollte Ihr Land weder betreten noch befahren.

Strafverfügung 300 € für ein Versehen – einige 100 Meter in Österreich gewesen zu sein.

Ich will weder Wohlwollen, Gnade oder sonst etwas.

Ich will – Mein Recht und Gerechtigkeit als 'Deutscher Staatsbürger'.

Nach dieser Erfahrung werde ich so schnell nicht mehr das Wort Europa in den Mund nehmen."

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wiederholte der Bw sein bisheriges Vorbringen, das sich im Wesentlichen dahingehend zusammenfassen lässt, dass er auf das österreichische Autobahnnetz (wegen starken Lkw-Verkehrs) nur irrtümlich aufgefahren sei (weil er von P nach A fahren habe wollen) und es nach Bemerken des Irrtums nach einer Fahrstrecke von 100 bis 200 m bzw. nach der Anhaltung bei der Ausfahrt S sofort wieder verlassen habe.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Punkt 7.1. der Mautordnung lautet: An jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug (unter Berücksichtigung des Punktes 7.2 Mautordnung Teil A I) ist vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Jede andere Art der Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung. Besondere  Bestimmungen gelten für die Korridorvignette (siehe Punkt 7.3) Die Vignette ist - nach vollständigem Ablösen von der Trägerfolie - unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen). Das Ankleben einer Vignette auf der Seitenscheibe ist nicht zulässig. Auf die Anbringungsempfehlung auf der Vignettenrückseite wird hingewiesen.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 20 Abs.3 BStMG werden Taten gemäß Abs.1 straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die Ersatzmaut bezahlt.

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs.1 den Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wen der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).  

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

5.2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage und der Angaben des Bw fest.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Zum Verschulden ist zu bemerken, dass dem Bw zwar kein Vorsatz, jedoch Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, da es dem Lenker obliegt (gerade auch bei starkem Verkehr), der Straßensituation die gehörige Aufmerksamkeit zu widmen. Nach eigener Angabe in der Berufungsverhandlung hat der Bw "sehr viel über die Fernsprechanlage telefoniert … und die Abfahrt P übersehen".

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Strafer­kenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe und eine ent­sprechende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurden. Mildernd wirkt lediglich die (bei ausländischen Kraftfahrern häufig gegebene) Unbescholtenheit. Über­wiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 VStG gerechtfertigt sein könnte. Insbesondere ist festzuhalten, dass das Verschulden des Bw unter den gegebenen Umständen nicht als geringfügig im Sinne der Bestimmung des § 21 VStG einzustufen ist und auch die Kürze der Fahrstrecke die Anwendung des § 21 VStG nicht rechtfertigt.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ewald Langeder

 

 

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