Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240908/2/WEI/Ba

Linz, 20.09.2012

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung von Frau Mag. M R, D, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5. Juli 2012, Zl. SanRB 96-29-2012, betreffend Zurückweisung des Einspruchs gegen die Strafverfügung vom 13. Juni 2012 wegen verspäteter Einbringung in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz - LMSVG zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Strafverfügung vom 13. Juni 2012, Zl. SanRB 96-29-2012, hat die belangte Behörde der Berufungswerberin (im Folgenden nur Bwin) als der iSd § 9 Abs 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen handelsrechtlichen Geschäftsführerin des Lebensmittelunternehmens E H A GmbH Verwaltungsübertretungen zu Spruchpunkt 1) nach § 90 Abs 3 Z 2 LMSVG iVm der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung und zu Spruchpunkt 2) nach § 90 Abs 1 Z 1 iVm § 5 Abs 2 Z 1 LMSVG angelastet, über sie je eine Geldstrafe von 75 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Stunden) verhängt und zum Ersatz der Untersuchungskosten der AGES von insgesamt 231 Euro verpflichtet.

 

1.2. Gegen diese Strafverfügung, die der Bwin nach einem Zustellversuch am 15. Juni 2012 und eine in den Briefkasten eingelegte Verständigung (vgl Postrückschein) durch Hinterlegung beim Postamt L zugestellt wurde, wobei der Zusteller den Beginn der Abholfrist mit 15. Juli 2011 vermerkt hat, richtet sich der per Telefax eingebrachte, näher begründete Einspruch vom 2. Juli 2012, der nach der Kennung am 2. Juli 2012 um 16:16 Uhr an die belangten Behörde gesendet und in der Folge dort elektronisch erfasst wurde.

 

Im Einspruch führt die Bwin zur Frage der Rechtzeitigkeit aus, sie habe die Strafverfügung erst am 29. Juni 2012 beheben können, da sie auf Grund einer Verletzung gehindert gewesen wäre, die RSa-Sendung zu einem früheren Zeitpunkt  bei der Hinterlegungsstelle zu beheben. Dieser Umstand wäre zusätzlich zu dem Fristenlauf ab Hinterlegung zu beachten, weshalb der Einspruch rechtzeitig wäre

 

2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. Juli 2012 wies die belangte Behörde diesen Einspruch der Bwin gegen die Strafverfügung auf der Grundlage des § 49 Abs 1 und Abs 3 VStG als verspätet zurück.

 

Nach Darstellung von Rechtsgrundlagen führte die belangte Behörde begründend zum Sachverhalt aus, dass die Strafverfügung am 15. Juni 2012 hinterlegt und von der Bwin entsprechend ihren Angaben auf Grund einer Verletzung erst am 29. Juni 2012 übernommen worden sei. Eine Ortsabwesenheit habe sie nicht behauptet. Der Einspruch hätte daher spätestens am 29. Juni 2012 zur Post gegeben oder auf andere Weise eingebracht werden müssen. Der am 2. Juli 2012 eingebrachte Einspruch sei daher verspätet gewesen und die Strafverfügung bereits in Rechtskraft erwachsen.

 

2.2. Gegen diesen Zurückweisungsbescheid, der der Bwin nach dem aktenkundigen Zustellnachweis durch Hinterlegung am 10. Juli 2012 (Beginn der Abholfrist)  zugestellt wurde, richtet sich die per Telefax am 17. Juli 2012 rechtzeitig eingebrachte Berufung gleichen Datums, mit der die Rechtzeitigkeit des Einspruchs behauptet und sinngemäß die Aufhebung des angefochtenen Bescheides angestrebt wird.

 

Die Bwin wiederholt zunächst in der Berufung ihre Angaben zur Rechtzeitigkeit im Einspruch mit dem Hinweis auf eine nicht weiter konkretisierte Verletzung, welche sie gehindert hätte, die RSa-Sendung zu einem früheren Zeitpunkt zu beheben. Zusätzlich führt die Bwin dann ganz allgemein ins Treffen, dass RSa-Schreiben "nach Informationen der Post" ab dem der Hinterlegung folgenden Tag zur Abholung bereitgehalten werden würden. Die hinterlegte Sendung wäre daher erstmals am Samstag, dem 16. Juni 2012, erstmals zur Abholung bereitgehalten worden, sofern das Postamt geöffnet hatte. Der Fristenlauf beginne erst mit diesem Tag und der Ablauf der Frist wäre dann nicht am Samstag, dem 30. Juni 2012, sondern nach dem § 33 Abs 2 AVG am nächsten Werktag erfolgt, weshalb der Einspruch am Montag, dem 2. Juli 2012, rechtzeitig gewesen wäre.

 

3. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat mit Vorlageschreiben vom 9. November 2011 die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid und ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verfahrensakt und die Berufung festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage hinlänglich geklärt erscheint und nur Rechtsfragen zu lösen sind.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Bei rechtzeitigem Einspruch ist gemäß § 49 Abs 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wurde der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben, dann ist nach § 49 Abs 3 VStG die Strafverfügung zu vollstrecken.

 

Die Berechnung von Fristen ist in §§ 32 und 33 AVG geregelt, welche Bestimmungen gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden sind.

 

Nach § 32 Abs 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

 

Gemäß § 33 Abs 1 AVG wird der Beginn und Lauf einer Frist durch Sonn- oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Karfreitag, so ist der nächste Werktag letzter Tag der Frist (§ 33 Abs 2 AVG).

 

Nach § 33 Abs 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

 

Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs 4 AVG weder verkürzt noch verlängert werden.

 

4.2. Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereits zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem unbedenklichen aktenkundigen Zustellnachweis, der vom Zusteller ausgefüllt und unterschrieben wurde, eindeutig, dass die Hinterlegung der Strafverfügung nach einem ordnungsgemäßen Zustellversuch am Freitag, dem 15. Juni 2012, erfolgt war und bereits an diesem Tag die Sendung auch zur Abholung bereitgehalten wurde. Mit der ganz allgemein gehaltenen Behauptung, dass "nach Informationen der Post" die Abholbereitschaft erst am Tag nach der Hinterlegung vorliege, konnte die Bwin die Richtigkeit der Angaben auf dem Postrückschein nicht in Frage stellen.

 

Der ordnungemäß ausgestellte Zustellnachweis (Postrückschein) iSd § 22 Zustellgesetz ist eine öffentliche Urkunde (vgl Thienel/Zeleny, Verwaltungsverfahrensgesetze18 [2012] Anm 2 zu § 22 ZustG), die die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat. Diese Vermutung ist nur widerlegbar, wenn das Gegenteil konkret begründet und dafür Beweise angeführt werden, welche die Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (stRspr; vgl Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] E 20a zu § 17 ZustG und E 4a bis 4f zu § 22 ZustG). Die Bwin hat dem in keiner Weise entsprochen.

 

Der Hinterlegung nach ordnungsgemäßem Zustellversuch mit Hinterlegungsanzeige kommt grundsätzlich die Wirkung der Zustellung zu. Wird die Sendung am selben Tag der versuchten Zustellung erstmals zur Abholung bereitgehalten, dann gilt schon dieser Tag als Tag der Zustellung (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch6 Anm 5 zu § 17 ZustG). Die Zustellung iSd § 17 Zustellgesetz ist mit der Hinterlegung in Verbindung mit der Abholbereitschaft beendet. Auf die tatsächliche Abholung kommt es nach dem Normzweck nicht mehr an (vgl VwGH 31.08.1995, Zl. 95/19/0324).

 

4.3. Gemäß § 49 Abs 2 VStG kann nur ein rechtzeitig erhobener Einspruch das Außerkrafttreten der Strafverfügung und die Pflicht der Strafbehörde zur Einleitung des ordentlichen Verfahrens bewirken. Im Fall eines nicht oder nicht rechtzeitig erhobenen Einspruchs ist die (rechtskräftig gewordene) Strafverfügung gemäß § 49 Abs 3 VStG zu vollstrecken.

 

Ein nicht rechtzeitig erhobener Einspruch ist mit Bescheid zurückzuweisen. Dabei ist Voraussetzung für die Zurückweisung als verspätet allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung. Dieses wäre erst bei Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag von Belang (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch6, Anm 11 zu § 49 VStG).

 

Das Vorbringen der Bwin betreffend eine Verletzung, durch die sie gehindert gewesen wäre, die hinterlegte Strafverfügung früher als am 29. Juni 2012 zu beheben, vermag nichts an den Tatsachen der erfolgten Zustellung durch Hinterlegung samt Abholbereitschaft am 15. Juni 2012 und der verspäteten Einbringung des Einspruchs am 2. Juli 2012 nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zu ändern. Die nicht konkretisierte Erkrankung bzw Verletzung der Bwin könnte allenfalls einen Grund für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist darstellen, der bisher aber nicht gestellt wurde. Nach der strengen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs könnte insofern nur dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis iSd § 71 Abs 1 Z 1 AVG vorliegen, wenn die Erkrankung einen Zustand der Dispositionsunfähigkeit zur Folge gehabt hätte, der es der Partei unmöglich machte, die nach der Sachlage gebotenen Maßnahmen zu treffen (vgl näher die Judikaturnachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch6 , E 20 ff zu § 71 AVG).

 

5. Im gegenständlichen Verfahren betreffend die Frage der Rechtzeitigkeit des Einspruchs war nur der Umstand entscheidungswesentlich, dass die Bwin die Rechtsmittelfrist versäumt hat und den Einspruch gegen die Strafverfügung verspätet bei der belangten Behörde einbrachte. Aus den oben dargelegten Gründen ist daher der wegen Verspätung erlassene Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde zu Recht ergangen.

 

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde zu bestätigen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. W e i ß

 

 

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