Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101263/17/Weg/Atz

Linz, 22.03.1994

VwSen-101263/17/Weg/Atz Linz, am 22 . März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des W, vertreten gewesen durch die Rechtsanwalte Dr. Werner L und Dr. M, vom 5. April 1993 gegen die Fakten 2 und 3 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 18. März 1993, VU/S/2459/91 W, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Fakten 2 und 3 vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren betreffend die Fakten 2 und 3 binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution 2.400 S (20 % der verhängten Geldstrafe) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 19, § 51 Abs.1, § 51i und § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis unter den Punkten 2. und 3. über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach ... 2.) § 64 Abs.1 KFG 1967 und 3.) § 5 Abs.5 StVO 1960 Geldstrafen von ... 2.) 10.000 S und 3.) 2.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von zehn Tagen und zwei Tagen verhängt, weil dieser ... 2.) am 9. Mai 1991 um 11.30 Uhr in Linz, F, den PKW gelenkt hat, ohne im Besitz einer dafür erforderlichen Lenkerberechtigung der Gruppe B gewesen zu sein und 3.) es als Lenker des genannten PKWs unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, bei dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten unterblieben ist.

Außerdem wurde hinsichtlich dieser Delikte ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.200 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde begründet ihr Straferkenntnis im wesentlichen damit, daß die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen durch die Anzeige vom 9.5.1991 sowie durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren einwandfrei erwiesen sei.

Demnach stehe fest, daß der Beschuldigte als Lenker des genannten PKWs einen Verkehrsunfall mit leichtem Sachschaden verursacht hat und er trotz gegenteiliger Beteuerung diesen Anstoß hätte bemerken müssen, wie ein Amtssachverständiger des Amtes der o.ö. Landesregierung festgestellt hat. Der Berufungswerber habe in der Folge diesen Verkehrsunfall, den er zumindest hätte wahrnehmen müssen, nicht ohne unnötigen Aufschub der nächsten Sicherheitsdienststelle gemeldet, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Wohnanschrift mit dem Unfallbeteiligten nicht erfolgt sei. Zur Frage, ob der Beschuldigte berechtigt war, mit seiner mexikanischen Lenkerberechtigung den PKW zu lenken, sei von der Behörde Einsicht in seinen Reisepaß genommen und dabei festgestellt worden, daß nur zwei Grenzkontrollstempel, Mexiko betreffend, vorhanden seien, aus denen zu ersehen sei, daß der Beschuldigte sich nur drei Tage in Mexiko aufgehalten habe, wobei in dieser Zeit (9. November 1990) der mexikanische Führerschein ausgestellt wurde. Es sei anhand anderer Verwaltungsstrafakte festgestellt worden, daß sich der Beschuldigte am 15.3.1991, am 16.3.1991, am 2.5.1991 und am 26.12.1991 in Österreich aufgehalten habe, ohne daß in seinem Reisepaß entsprechende Aus- bzw. Einreise-, Grenzkontrollstempeln (mexikanisch) aufschienen. Der Beschuldigte habe seinen Wohnsitz in Österreich sohin nicht aufgegeben und somit auch keinen solchen in Mexiko begründet, sodaß der Schluß naheliege, daß der Aufenthalt in Mexiko nur dem Erwerb einer Lenkerberechtigung, nicht aber der Begründung eines Wohnsitzes dienen sollte.

Straferschwerend zum Faktum 2 seien vier einschlägige Verwaltungsstrafvormerkungen zu werten, ein Strafmilderungsgrund liege (auch das Faktum 3 betreffend) nicht vor.

3. Dagegen wendet der Berufungswerber unter Hinweis auf sein bisheriges Vorbringen ein, daß er zwischen 15. November 1990 und 10. Juli 1991 in Mexiko beschäftigt gewesen sei, was aus einer beigelegten Bestätigung eines Restaurantinhabers vom 12. Februar 1993 ersichtlich sei. Somit sei erwiesen, daß er zu dieser Zeit Mexiko zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gewählt habe und somit ein ordentlicher Aufenthaltsort in Mexiko vorgelegen sei. Hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 habe die Erstbehörde seinen Antrag, die Zeugin Dr. Elfriede T zu vernehmen, nicht Folge gegeben, wobei die genannte Zeugin zum Beweis dafür hätte vernommen werden sollen, daß das Zerkratzen der vorderen Stoßstange an ihrem PKW und die leichte Verbiegung des vorderen Kennzeichens von einem anderen Vorfall stamme und aus diesem Grund auch keine Schadenersatzansprüche gegenüber der Haftpflichtversicherung des PKWs geltend gemacht worden sei.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten, durch zeugenschaftliche Befragung der Dr. Elfriede T und der den Unfall beobachtet habenden Sara S anläßlich der mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 1993 sowie durch Einsichtnahme in die vom Autohaus H ausgestellte Rechnung betreffend den Unfallschaden am PKW der Dr. Elfriede T. Diese Rechnung wurde dem nach Einbringung der Berufung neu bestellten Rechtsfreund des Berufungswerbers Dr. S anläßlich einer zu einem anderen Delikt durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Februar 1994 zur Kenntnis gebracht.

Demnach steht als erwiesen fest, daß der Berufungswerber am 9. Mai 1991 den im Straferkenntnis genannten PKW gelenkt hat. Dabei hat er im Zuge eines Einparkmanövers den PKW der Dr. Elfriede T leicht beschädigt. Die Möglichkeit einer Kollision schließt der Berufungswerber selbst nicht aus, er habe jedoch die Kollision nicht bemerkt.

Hinsichtlich der Tatzeit wird der Aussage der Sara S, die diesen Verkehrsunfall vom Balkon ihres Hauses aus bemerkt hat, beigetreten. Demnach hat dieser Verkehrsunfall nicht - so der Beschuldigte - um ca. 10.00 Uhr stattgefunden, sondern zwischen 11.00 Uhr und 11.30 Uhr.

Die genannte Zeugin sah dabei den Berufungswerber, wie er den Retourgang einlegte und mit dem PKW der Frau Dr. Elfriede T kollidierte. Dabei vernahm sie ein lautes Anstoßgeräusch. Der Beschuldigte fuhr in der Folge mit seinem PKW weg. Die Zeugin konnte noch das Kennzeichen notieren und die Zulassungsbesitzerin in der Folge informieren. Die Erstbehörde hat bereits ein Gutachten zur Wahrnehmbarkeit dieses Verkehrsunfalles eingeholt und sich auf dieses Gutachten vom 18.8.1992 gestützt, in welchem festgehalten ist, daß der Lenker bei entsprechender Aufmerksamkeit den von ihm verursachten Schaden bzw. Anstoß sowohl akustisch als auch als Stoßreaktion hätte wahrnehmen müssen. Frau Dr. T führte zeugenschaftlich befragt aus, daß der Unfallschaden, welcher vom Autohaus H repariert wurde und über welchen eine Rechnung, datiert mit 25. Juli 1991, vorgelegt wurde, zweifelsohne vom gegenständlichen Verkehrsunfall herrühre. Somit steht hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 fest, daß der Berufungswerber um ca. 11.30 Uhr einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht hat und - ohne daß ein gegenseitiger Nachweis von Name und Wohnanschrift mit der Unfallgegnerin erfolgt ist - in der Folge diesen Verkehrsunfall nicht ohne unnötigen Aufschub der nächsten Sicherheitsdienststelle gemeldet hat. Diese Meldung erfolgte durch Frau Dr. T um 11.46 Uhr.

Der Berufungswerber wies bei der folgenden Amtshandlung einen mexikanischen Führerschein vor. Wenn nun eine Bestätigung eines mexikanischen Restaurantbesitzers namens F vorgelegt wird, aus der abzulesen sein soll, daß der Berufungswerber zwischen 15. November 1990 und 10. Juli 1991 in Mexiko tätig war, so wird dieser Bestätigung kein Wahrheitsgehalt beigemessen, weil der Beschuldigte - wie die Erstbehörde zutreffend ermittelt hat - zumindest am 15. März 1991, am 16. März 1991 und am 2. Mai 1991, aber auch zum Zeitpunkt des gegenständlichen Deliktes am 9. Mai 1991, in Linz aufhältig war. Daß der Berufungswerber zu den angeführten Zeiten von Mexiko nach Österreich und wieder zurück reiste, wird nicht einmal behauptet und findet vor allem aus den Einreise- oder Ausreisestempeln (Mexiko betreffend) keine Deckung. Vielmehr ist aus diesen Stempeln zu ersehen, daß der Berufungswerber lediglich im November 1990 drei Tage in Mexiko war und zu dieser Zeit der in Rede stehende mexikanische Führerschein ausgestellt wurde. Die am 15. Oktober 1990 beim Meldeamt erfolgte Abmeldung mit der Angabe, nach Mexiko verzogen zu sein, ist nicht ausreichend, eine Wohnsitzverlegung nach Mexiko zu begründen, zumal für die Wohnung in der L noch die Miete entrichtet wurde (Einzahlungen vom 5. Dezember 1990, 11. Dezember 1990, 4. Dezember 1990 und 3. März 1991).

Es steht sohin fest, daß der Berufungswerber sowohl in der Zeit ab 15. Oktober 1990 als auch zum Tatzeitpunkt selbst seinen Wohnsitz nicht in Mexiko hatte, sondern im Bundesgebiet. Eine österreichische Lenkerberechtigung für die Gruppe B liegt unbestrittenerweise nicht vor.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zu § 4 Abs. 5 StVO 1960:

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO 1960 haben alle an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die Unfallbeteiligten oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Der oben angeführte und als erwiesen feststehende Sachverhalt erfüllt den Tatbestand der eben zitierten Verwaltungsvorschrift sowohl objektiv als auch (in Ermangelung von Schuldausschließungs- und Rechtfertigungsgründen) subjektiv. Auf die diesbezügliche einhellige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Möglichkeit des Wahrnehmens des Verkehrsunfalles und die daran knüpfenden Folgen wird verwiesen.

Ein Zuwiderhandeln gegen die Vorschrift des § 4 Abs. 5 StVO 1960 stellt gemäß § 99 Abs. 3 lit.b StVO 1960 eine Verwaltungsübertretung dar und ist mit einer Geldstrafe bis 10.000 S bedroht. Die nunmehr verhängte Geldstrafe von 2.000 S ist schuldangemessen und entspricht dem Unrechtsgehalt der Tat, die als echte Fahrerflucht zu qualifizieren ist. Milderungsgründe sind nicht zutage getreten. Dem Antrag auf Herabsetzung der Geldstrafe, zumal diese keinesfalls den Vermögens- oder Einkommensverhältnissen entsprechen, konnte nicht Folge gegeben werden, zumal in der Berufung nicht einmal angeführt ist, welche Vermögens- und Einkommensverhältnisse vorliegend sind. Aus einem Aktenstück zu einem anderen Strafverfahren (Niederschrift vom 7. Mai 1992) ist zu ersehen, daß der Berufungswerber sein Einkommen selbst mit 12.000 S netto monatlich angibt. Im übrigen besteht die Möglichkeit, um Zahlungsaufschub oder Ratenzahlung anzusuchen.

Zu § 64 Abs. 1 KFG 1967:

Gemäß § 64 Abs. 1 KFG 1967 ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur aufgrund einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe zulässig, in die das Kraftfahrzeug fällt. Es handelt sich im gegenständlichen Fall um die Gruppe B.

Ausnahmen von dieser Bestimmung gelten für Inhaber ausländischer Lenkerberechtigungen, wobei im gegenständlichen Fall aufgrund des als erwiesen angenommenen ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet zum Tatzeitpunkt nur die Ausnahmevorschrift des § 64 Abs. 5 KFG 1967 zu untersuchen ist. Nach dieser Norm ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges aufgrund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist.

Nach der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedarf es für die Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet der vorhergehenden Aufgabe desselben. Die Ermittlungen haben ergeben, daß in Wirklichkeit der ordentliche Wohnsitz im Bundesgebiet niemals aufgegeben wurde, sodaß ein solcher später auch nicht begründet werden konnte. Schon aus diesem Grund war der Berufungswerber nicht berechtigt, sich auf das Vorliegen einer mexikanischen Lenkerberechtigung zu berufen.

Ein Zuwiderhandeln gegen die Vorschrift des § 64 Abs. 1 KFG 1967 stellt gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Verwaltungsübertretung dar und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Arreststrafe bis zu sechs Wochen vorzugehen, wobei bei einer einschlägigen Vormerkung anstelle der Geldstrafe eine Arreststrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden kann. Bei zwei gleichen Zuwiderhandlungen können Geld- und Arreststrafen nebeneinander verhängt werden. Im unwidersprochen gebliebenen Vorstrafenverzeichnis scheint unter Berücksichtigung der bereits getilgten Vormerkungen lediglich eine einschlägige Vorstrafe auf, wobei das diesbezügliche Straferkenntnis mit 24. August 1989 datiert ist und dabei eine Geldstrafe von 4.000 S verhängt wurde.

Unter Berücksichtigung des Strafrahmens ist trotz Wegfall einer im Straferkenntnis angeführten einschlägigen Übertretung im Ergebnis die Geldstrafe nicht zu reduzieren.

Es handelt sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um eine der schwersten Verfehlungen gegen das Kraftfahrgesetz. Das Verschulden ist in Anbetracht der eingesetzten deliktischen Energie als grob zu bewerten.

Mildernde Umstände liegen nicht vor. Hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse wird auf die Ausführungen zur Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 verwiesen.

6. Die Kostenentscheidung findet ihre gesetzliche Deckung in § 64 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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