Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750050/2/SR/JO

Linz, 08.10.2012

 

E R K E N N TN I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der X, nigerianische Staatsangehörige, geboren am X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Juli 2012, GZ.: Sich96-151-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

            I.      Aus Anlass der Berufung wird das in Rede stehende Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

        II.      Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 44a und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm.

          § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

Zu II.: § 64ff. VStG.


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Juli 2012, GZ.: Sich96-151-2012, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) gemäß § 120 Abs. 3 Z. 2 FPG eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 333 Stunden) verhängt und ihr folgender Tatvorwurf gemacht:

"Am 08.02.2012 um ca. 21.10 Uhr in X, wurde von Beamten der Polizeiinspektion X festgestellt, dass Sie mit Vorsatz der nigerianischen Staatsangehörigen X, geb. X, den unbefugten Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union erleichterten. Sie haben mit Vorsatz das Verfahren zur Erlassung oder Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hintangehalten, indem Sie der oa. Person Unterkunft in X, gewährten."

 

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges, der Sachverhaltsfeststellung und Darstellung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen kommt die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die objektive Tatseite erfüllt sei. Da sich aus den Angaben der Anzeige keine Anhaltspunkte ergeben würden, die Zweifel an der subjektiven Tatseite aufkommen lassen, liege auch diese vor.

 

Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen worden.

2. Gegen das in Rede stehende Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung vom 18. Juli 2012.

Erschließbar wird die Aufhebung des in Rede stehenden Straferkenntnisses beantragt.

In der Begründung bringt die Bw vor, dass sie Frau X an der Bushaltestelle kennengelernt habe und von dieser gefragt worden sei, ob sie zu ihr kommen könne. Am Samstag den 4. Februar 2012 habe sie diese dann ersucht, einige Tage bleiben zu können. Dass sich diese Frau illegal und ohne Dokumente in Österreich aufgehalten habe, habe sie nicht gewusst. Die in der Wohnung vorgefundenen Gegenstände hätte nicht dieser Frau sondern Frau X gehört. Das Schlafkleid habe sie Frau X gegeben. Die Polizei behaupte das Gegenteil. Eine Befugnis zur Kontrolle stehe ihr nicht zu. Sie sei schon lange in X und habe noch nie Probleme gehabt. Da es nicht ihrem Verhalten entspreche, habe sie auch noch nie Leute illegal in ihrer Wohnung gehabt. Sie bestreite daher die Anschuldigungen.

3. Mit Schreiben vom 26. Juli 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt und die Berufungsschrift.

3.2. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG die Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung entfallen.

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 VStG zuständig, über Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren zu entscheiden. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gemäß § 51c VStG durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs. 3 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen zu bestrafen, wer mit dem Vorsatz, das Verfahren zur Erlassung oder die Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hintanzuhalten, einem Fremden den unbefugten Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union wissentlich erleichtert.

 

4.2. Nach § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

4.2.1. Der Spruch hat alle Tatbestandsmerkmale zu beinhalten. Neben der Anführung des objektiven Tatbestandes bedarf es dann auch der Nennung subjektiver Tatbestandsmerkmale im Spruch, wenn das Gesetz die vorsätzliche Tatbegehung unter Strafe stellt.

 

Darüber hinaus ist im Spruch die als erwiesen angenommene Tat zu konkretisieren.

 

Die belangte Behörde hat dem Täter grundsätzlich nicht nur den objektiven Tatbestand sondern auch das Verschulden nachzuweisen. Die Verschuldensvermutung des § 5 Abs. 1 VStG bezieht sich ausschließlich auf die Schuld. Die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit hat die Behörde nachzuweisen.

Enthält die Tatumschreibung im Spruch des Straferkenntnisses einen Alternativvorwurf, so liegt ein Verstoß gegen § 44a Z. 1 VStG vor (VwGH vom 17. September 1987, 86/08/0208).

 

4.2.2. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses widerspricht mehrfach den Voraussetzungen des § 44a VStG.

 

Der Gesetzgeber fordert im § 120 Abs. 3 Z. 2 FPG die wissentliche Tatbegehung. Die belangte Behörde hat, ohne auf die verschiedenen Vorsatzformen Bedacht zu nehmen, allgemein auf eine vorsätzliche Tatbegehung abgestellt und den Spruch daher mit Rechtswidrigkeit belastet.

Weiters weist der Spruch nicht die erforderliche Konkretisierung auf. Die belangte Behörde hat lediglich zwei Tatbestandselemente mit dem dritten zu konkretisieren versucht.

Darüber hinaus hat die belangte Behörde dem Bw einen Alternativvorwurf (Erlassung oder Durchsetzung) gemacht.

 

Anzumerken ist, dass sich die belangte Behörde auch in der Begründung nicht mit der erforderlichen Vorsatzform (als Tatbestandmerkmal) auseinandergesetzt und sich lediglich mit der Verschuldensvermutung des § 5 Abs. 1 VStG im Hinblick auf eine fahrlässige Tatbegehung begnügt hat.

 

Da eine Spruchkorrektur gemäß § 31 VStG nicht mehr zulässig war, hatte der Oö. Verwaltungssenat auf Grund mangelnder Spruchkonkretisierung der Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5. Spruchgemäß waren keine Kosten vorzuschreiben. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

 

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