Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167097/11/Zo/Ai

Linz, 27.09.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine I. Kammer (Vorsitzende Mag. Karin Bissenberger, Beisitzer Dr. Michael Keinberger, Berichter Mag. Gottfried Zöbl) über die Berufung des Herrn X, geb. X, X vom 16.7.2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 27.6.2012, Zl. VerkR96-3898-2012, wegen mehrerer Übertretungen der StVO und des FSG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.9.2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

 

II.           Bezüglich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und in den Punkten 1. und 3. die Geldstrafe auf jeweils 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) herabgesetzt und die primären Freiheitsstrafen aufgehoben.

         Bezüglich der Punkte 2. und 4. wird die Geldstrafe auf jeweils 2.000 Euro    (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 20 Tage) herabgesetzt und die primären            Freiheitsstrafen aufgehoben.

 

III.         Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 600 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu III.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 11.11.2011 gegen 16:20 Uhr den PKW, X, Kennzeichen X vom X in X auf der B 124 und anschließend am Güterweg X bis zum Haus X in X gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die betreffende Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug fällt, war, da ihm diese mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30.11.2010, VerkR21-656-2010, entzogen worden war. (Punkt 1)

 

Weiters habe er sich am 11.11.2011 um 17:10 Uhr in X, X, im Vorraum des Gasthauses X nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hie zu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, dass er die in Punkt 1 angeführte Fahrt in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand durchgeführt habe (Punkt 2).

 

In der Folge habe er am 11.11.2011 gegen 18:30 Uhr den angeführten PKW vom Gasthof in X weg am Güterweg X und auf der B 124 bis zum öffentlichen Gemeindeparkplatz hinter dem Haus X in X gelenkt, ohne im Besitz einer Lenkberechtigung zu sein, da im diese mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30.11.2010, VerkR21-656-2010, entzogen worden war (Punkt 3).

 

Obwohl vermutet werden konnte, dass er die in Punkt 3 angeführte Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand durchgeführt habe, habe er sich am 11.11.2011 gegen 18.50 Uhr in X, X, nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zu 1. und 3. jeweils eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs.3 FSG begangen, weshalb über ihn gemäß § 37 Abs.1 iVm 37 Abs.4 Z1 FSG Geldstrafen in Höhe von je 2.180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 22 Tage) sowie primäre Freiheitsstrafen in Höhe von je 28 Tagen gemäß § 37 Abs.2 FSG verhängt worden.

Bezüglich der Punkte 2 und 4 habe er jeweils eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.2 iVm mit § 99 Abs.1 lit.b StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 1 lit.b StVO jeweils Geldstrafen in Höhe von 2.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Tage) sowie jeweils eine primäre Arreststrafe in Höhe von 25 Tagen gemäß § 100 Abs.1 StVO verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung von Verfahrenskostenbeiträgen in Höhe von insgesamt 1.095 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass damals nicht er mit dem Fahrzeug gefahren sei, sondern eine andere Person, welche nicht genannt werden wolle. Er gebe über diese Person keine Auskunft. Sämtliche Strafen seien auf bloße Vermutungen aufgebaut und er sei beim Lenken des Fahrzeuges nicht angehalten worden. Er sei nicht mit dem Fahrzeug gefahren.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 1. Kammer zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.9.2012. Zu dieser sind weder der Berufungswerber noch ein Vertreter der Erstinstanz erschienen, die Zeugen GI X und GI X wurden zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Am 11.11.2011 um 16:25 Uhr wurde bei der PI X angezeigt, dass der Berufungswerber mit seinem PKW vom X in X stark alkoholisiert weggefahren sei. Die Polizeibeamten X und X haben das Fahrzeug in weiterer Folge in X beim Gasthof X vorgefunden, wobei sich niemand im Fahrzeug befand und der Berufungswerber als einziger Gast im Gasthaus war. Im Zuge der Amtshandlung stellte GI X beim Berufungswerber Alkoholisierungssymptome fest. Der Berufungswerber räumte bei der Amtshandlung ein, selbst mit dem Auto gefahren zu sein. Daraufhin wurde er vom Polizisten zum Alkotest aufgefordert, welchen er verweigerte.

 

Von den Polizeibeamten wurde ihm der Fahrzeugschlüssel abgenommen und ein Betreuer des Wohnheimes X (Pro Mente) verständigt. Einige Zeit später teilte dieser Betreuer den Polizeibeamten telefonisch mit, dass der Berufungswerber ihm gegenüber gesagt habe, dass er einen weiteren Schlüssel im Fahrzeug habe, die Seitenscheibe einschlagen werde und mit seinem PKW weiter fahren werde. Die Polizeibeamten nahmen wiederum die Fahndung nach dem Fahrzeug auf und fanden dieses in X auf dem öffentlichen Parkplatz hinter dem Haus X. Der Berufungswerber wurde in weiterer Folge im Gasthaus X angetroffen. Bei der darauf folgenden Amtshandlung gab er zu, die Seitenscheibe eingeschlagen und mit einem Reserveschlüssel selbst von X nach X gefahren zu sein. Er wurde daraufhin wiederum von GI X zum Alkotest aufgefordert, welchen er wiederum sinngemäß damit verweigerte, dass ihn ein Alkotest nicht interessiere.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben der Zeugen X und X anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung sowie den Angaben in der Anzeige. Der Berufungswerber bestritt zwar in der Berufung und auch in einem Schreiben vom 6.9.2012, selbst mit dem Fahrzeug gefahren zu sein, gab den angeblichen Lenker jedoch nicht bekannt. Er teilte mit, dass er diesen nur flüchtig gekannt habe, weil es sich um eine Urlaubsbekanntschaft gehandelt habe. Diese Behauptung des Berufungswerbers ist nicht glaubwürdig. Er hat den Polizeibeamten gegenüber anlässlich beider Amtshandlungen eingeräumt, den PKW selbst gelenkt zu haben und es befand sich in beiden Fällen auch keine andere Person in Begleitung des Berufungswerbers oder beim Fahrzeug. Mit der bloßen Behauptung eines unbekannten Fahrzeuglenkers während des Verfahrens kann der Berufungswerber seine Lenkereigenschaft nicht erfolgreich bestreiten.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1.

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind die Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1.      ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2.      als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Gemäß § 1 Abs.3 FSG sind das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs.5, nur mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse zulässig, in die das Kraftfahrzeug fällt.

 

5.2. Der Berufungswerber lenkte nach den unbedenklichen Ergebnissen des Beweisverfahrens in beiden Fällen seinen PKW, obwohl ihm die Lenkberechtigung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30.11.2011, Zl. VerkR21-656-2010, entzogen worden war. Er wies in beiden Fällen bei der Amtshandlung Alkoholisierungssymptome auf und wurde von einem Polizeibeamten zu einem Alkotest aufgefordert, welchen er in beiden Fällen verweigerte. Er hat daher die ihm vorgeworfenen Übertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Umstände, welche sein Verschulden ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3.1

Gemäß § 37 Abs.1 FSG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmtes, mit einer Geldstrafe von 36 – 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwider handelt.

 

Gemäß § 37 Abs.4 FSG ist eine Mindeststrafe von 726 Euro zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl

1)      die Lenkberechtigung entzogen wurde oder

2)      gemäß § 30 Abs.1 ein Lenkverbot ausgesprochen wurde.

 

Wenn der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft wurde, kann gemäß § 37 Abs.2 FSG anstelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

 

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.600 - 5.900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 2-6 Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

 

Gemäß § 100 Abs.1 StVO kann an Stelle der Geldstrafe eine Arreststrafe im Ausmaß der für die betreffende Tat angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden, wenn eine Person einer Verwaltungsübertretung nach § 99 schuldig ist, deswegen sie bereits einmal bestraft worden ist. Ist eine solche Person bereits zweimal bestraft worden, so können Geld- und Arreststrafe auch nebeneinander verhängt werden. Bei Übertretungen nach § 99 Abs.3 und 4 ist die Verhängung einer Arreststrafe nach den vorstehenden Bestimmungen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um die betreffende Person von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art anzuhalten.

 

5.3.2.

Gegen den Berufungswerber wurden zahlreiche Verwaltungsstrafverfahren wegen Lenkens eines Pkw ohne gültige Lenkberechtigung sowie wegen Alkoholdelikten geführt. Zum Tatzeitpunkt (11.11.2011) war jedoch lediglich eine Bestrafung wegen einer Übertretung des § 5 Abs.1 StVO aus dem Jahr 2008 rechtskräftig. Über den Berufungswerber wurden zwar in der Zwischenzeit 4 weitere Strafen wegen Alkoholdelikten sowie 8 Strafen wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkberechtigung verhängt, jedoch waren alle diese Verfahren zum Zeitpunkt der gegenständlichen Übertretungen noch anhängig.

 

Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes dürfen einschlägige Vorstrafen nur dann als Erschwerungsgrund berücksichtigt werden, wenn diese bereits zum Zeitpunkt der Begehung der neuen Straftat rechtskräftig (und noch nicht getilgt) waren (VwGH vom 23.2.1994, 93/09/0191, siehe auch VwGH  vom 15.4.2005, 2004/02/0309). Daraus folgt, dass für die Strafbemessung betreffend die gegenständlichen Übertretungen des Berufungswerbers nur eine Vorstrafe wegen eines Alkoholdeliktes als straferschwerend gewertet werden kann und er bezüglich der "Schwarzfahrten" als unbescholten zu werten ist. Die Verhängung von primären Arreststrafen neben den Geldstrafen scheidet daher bereits auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen des § 37 Abs.2 FSG bzw. des § 100 Abs.1 StVO aus.

 

Sonstige Straferschwerungs- oder Strafmilderungsgründe liegen nicht vor. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheinen Geldstrafen (und entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen), die jeweils knapp über der gesetzlichen Mindeststrafe liegen, gerade noch angemessen. Insbesondere aus Gründen der Spezialprävention erschien die Mindeststrafe jedoch nicht ausreichend. Dem Berufungswerber muss der hohe Unrechtsgehalt seiner Übertretungen deutlich vor Augen geführt werden.

 

Die herabgesetzten Strafen entsprechen auch den finanziellen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei die von der Erstinstanz getroffene Einschätzung (monatliches Nettoeinkommen von 1.300 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten) zu Grunde gelegt wurde, weil der Berufungswerber dieser nicht widersprochen hat.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

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