Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-401222/4/MB/WU

Linz, 14.10.2012

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des X alias X, geb. X, StA von Somalia bzw. Äthiopien, derzeit angehalten im X, wegen Anhaltung in Schubhaft seit dem 1. Oktober 2012 durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich, zu Recht erkannt:

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Landespolizeidirektion Oberösterreich) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 135/2009) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Landespolizeidirektors vom 1. Oktober 2012, AZ.: 1038419, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. 2 Z 4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgF die Schubhaft angeordnet und im X vollzogen. Der Bf befindet sich im Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates weiterhin im Stande der Schubhaft.

 

Die belangte Behörde spricht dazu wie folgt ab:

"Gemäß § 76 Abs. 2 ZI. 4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (BGBl. Nr, I 100/2005; FPG), iVm. § 57 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BGBl. Nr. 51/1991; AVG) wird gegen Sie die Schubhaft zur Sicherung

  • des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG)
  • der Abschiebung (§ 46 FPG)

angeordnet."

 

Die belangte Behörde begründet dies wie folgt:

"Sie sind Fremder gemäß § 2 Abs. 4 Zi. 1 FPG, da Sie die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen. Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.       gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde,

2.       wenn gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde,

3.       wenn gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4.       wenn auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs. 3 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 des AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Für die Anordnung der Schubhaft war folgender Sachverhalt maßgebend:

Sie wurden im Bundesgebiet ohne Unterstand und ohne gültiges Reisedokument angetroffen.

 

Sie wurden am 30.09.2012 in X betreten, wobei festgestellt wurde, dass aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass Ihr Antrag auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird, weil Sie bereits am 27.07.2012 in der Slowakei einen Asylantrag gestellt haben.

 

Die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG kam nicht in Betracht, da die Behörde keinen Grund zur Annahme hatte, dass der Zweck der Schubhaft auch durch dessen Anwendung erreicht werden kann, da Sie nicht im Besitz ausreichender Mittel zur Bestreitung Ihres Lebensunterhaltes sind und im Bundesgebiet keinen Wohnsitz haben."

 

1.2. Gegen die Festnahme, die Anordnung sowie die Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2012 Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat, welche am 8. Oktober 2012 einlangte.

 

Der Bf führt darin wie folgt aus:

"Mit nachstehender Beschwerde bekämpfe ich die Schubhaftverhängung vom 1.10.2012 durch das X, Fremdenpolizeiliche Angelegenheiten, und die Anhaltung in Schubhaft durch die X, Fremdenpolizeiliche Angelegenheiten durch Schubhaftbescheid vom 1.10.2012.

 

SACHVERHALT

Mit dem Bescheid des X, Fremdenpolizeiliche Angelegenheiten, vom 1.10.2012, AZ: 1038419/FP/12 wurde gegen mich gemäß § 76 Abs. 2 Zi 4 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG die Schubhaft zur Erlassung einer Ausweisung (§10 AsylG) und zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) angeordnet. Die Behörde stellt fest, dass ich im Bundesgebiet ohne Unterstand und ohne gültiges Reisedokument angetroffen wurde, dass ich am 30.9.2012 in X betreten wurde, wobei festgestellt wurde, dass aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass mein Antrag auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird, well ich bereits am 27.7.2012 in der Slowakei einen Asylantrag gestellt habe. Die Anordnung des gelinderen Mittels gem. § 77 FPG würde nicht in Betracht kommen, da die Behörde keinen Grund zur Annahme hätte, dass der Zweck der Schubhaft auch durch dessen Anwendung erreicht werden kann, da ich nicht im Besitz ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes sei und im Bundesgebiet keinen Wohnsitz haben würde. Seit der Schubhaftverhängung befinde ich mich in Schubhaft.

 

Dem entgegne ich wie folgt:

Sowohl die Schubhaftverhängung als auch die Anhaltung in Schubhaft sind rechtswidrig.

 

Begründung

Die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft zur Sicherung meiner Abschiebung (S 46 FPG), erweist sich als nicht rechtmäßig, da in meinem konkreten Fall (noch) kein Titel für eine allfällige Abschiebung vorhanden ist, insbesondere gibt es noch keine durchsetzbare Ausweisung, da mein Asylverfahren in erster Instanz noch nicht abgeschlossen ist.

 

Aus dem § 46 Abs 1 FPG ist zu entnehmen, dass die Abschiebung lediglich aufgrund von folgenden Titeln erfolgen darf:

1.       einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung

2.       einer durchsetzbaren Ausweisung oder

3.       eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes

 

Abgesehen von der oben angeführten Rechtswidrigkeit des gegenständlichen Bescheides der Erstbehörde, ist darauf hinzuweisen, dass die Anordnung der Schubhaft zwecks Sicherung der Abschiebung ordnungsgemäßer Begründung entbehrt.

 

§ 76 FPG idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 (FrÄG 2011) lautet:

'Schubhaft

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(1a) Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erfassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2,gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.gegen Ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden Ist oder

4.auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstilchen Behandlung anzunehmen Ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.'

 

Im konkreten Fall stützt sich die Schubhaft auf § 76 Abs 2 FPG und spricht von 'kann', dies bedeutet, dass nicht automatisch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 1, Schubhaft zu verhängen ist, sondern eine individuelle Prüfung stattzufinden hat.

 

In diesem Zusammenhang wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.07.2011, GZ: 2008/21/0100 verwiesen:

'Die Zulässigkeit der Schubhaft verlangt nach ständiger Rechtsprechung -abgesehen vom Vorliegen eines die Schubhaft rechtfertigenden Tatbestandes -auch ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, zu deren Beurteilung eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Außerlandesschaffung bzw. Aufenthaltsbeendigung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen ist. Bei dieser Prüfung ist unter dem Gesichtspunkt des Öffentlichen Interesses vor allem der Frage nachzugehen, ob im jeweils vorliegenden Einzelfall ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist. Dies setzt die gerechtfertigte Annahme voraus, der Fremde werde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. nach deren Vorliegen der Abschiebung (insbesondere) durch Untertauschen entziehen oder es/sie zumindest wesentlich erschweren.'

 

Art.1 Abs 3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit statuiert, dass jede Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist.

 

Die belangte Behörde hat es in meinem Fall unterlassen - eine individuelle Prüfung im Bezug auf Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, zu deren Beurteilung eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Außerlandesschaffung bzw. Aufenthaltsbeendigung und meinem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit vorzunehmen ist, durchzuführen.

 

Die Verhängung der Schubhaft ist unzulässig, weil keine Gründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, ich würde mich dem Verfahren entziehen:

 

Ich wurde von der Polizei im Zug auf dem Weg nach Deutschland aufgegriffen. Die Polizei hat mich einvernommen und ich habe auch einen Asylantrag gestellt. Ich habe zu diesem Zeitpunkt seit 48 Stunden nicht mehr geschlafen und kaum gegessen, ich fragte die Polizisten, ob ich nicht zunächst eine Unterkunft und Verpflegung haben könnte, und nachher das Interview machen könne, da ich dermaßen erschöpft war, diese wollten jedoch die Einvernahme gleich machen. Ich habe überhaupt keinerlei Verhalten gesetzt, dass darauf hinweisen könnte, ich hätte mich dem weiteren Verfahren entzogen. Vielmehr wäre ich dankbar für eine Unterkunft und Verpflegung gewesen und hätte mich dem weiteren Verfahren nicht entzogen bzw. wäre auch bereit gewesen, mich regelmäßig bei der Polizei zu melden. Ich habe dort die Unterschrift unter das Interview verweigert, ich habe auch jetzt im X einen Brief bei der Polizei abgegeben, in dem ich einige Daten korrigiert habe, ich war bei dem ersten Interview dermaßen fertig und müde (ich bin sogar fast eingeschlafen während der Befragung), dass ich mich nicht mehr erinnern kann, was ich gesagt habe - auf jeden Fall habe ich nunmehr alles schriftlich berichtigt, mein richtiges Geburtsdatum ist der X, und ich komme nicht aus Äthiopien, sondern aus Somalia. Mein Name kann anders auch X. X geschrieben werden (das ist die Kurzform). Ich möchte auch noch erklären, dass man mich in der Slowakei rechtswidrigerweise für Volljährig erklärt hat, obwohl ich dort auch mein richtiges Geburtsdatum gesagt habe, Ich habe dann deswegen nichts unternommen, weshalb dort auch offiziell das Geburtsdatum X aufscheint, dieses ist Jedoch falsch. Ich denke, ich könnte auch Dokumente aus Somalia besorgen, nur in der Schubhaft ist dies praktisch nicht möglich. Ich habe keinerlei Interesse mehr an einer Weiterreise nach Deutschland, ich möchte hier mein Asylverfahren abwarten, und sollte ich in die Slowakei zurückgehen müssen, so werde ich das akzeptieren (nachdem ich das mir zustehende Rechtsmittel der Beschwerde ausgeschöpft habe). Nachdem ich, wie die Behörde bereits festgestellt hat, mittellos bin, könnte ich ohnehin nicht untertauchen und würde jedenfalls die Grundversorgung in einer Erstaufnahmestelle in Anspruch nehmen. Ich habe im übrigen Europa, auch in Deutschland, keine Verwandten, ich war lediglich auf der Suche nach einem besseren Leben, weil ich In der Slowakei nicht sehr gut gelebt habe. Ich wurde aber nunmehr aufgeklärt, dass ich aufgrund meiner Antragsstellung in der Slowakei in keinem anderen EU-Land einen weiteren Asylantrag steilen kann, da grundsätzlich die Slowakei zuständig ist für mein Asylverfahren, ich werde natürlich im Zuge der mir zustehenden Rechtsmittel versuchen, ein Asylverfahren in Österreich zu bekommen, sollte ich jedoch endgültig in die Slowakei ausgewiesen werden, so würde ich dorthin auch freiwillig zurückgehen. Ich weiß nicht, warum ich in Schubhaft genommen wurde, ich habe keinerlei Verhalten gesetzt, dass darauf hinweisen würde, ich würde mich dem Verfahren entziehen, zumal ich sofort nach Einvernahme durch die Polizei, obwohl ich einen Asylantrag gestellt habe, in die Schubhaft verbracht worden bin. Warum das gelindere Mittel nicht ausreicht, das kann für mich nicht nachvollzogen werden.

 

Bemerkenswert ist auch, dass mir erst am 4,10,2012, sohin vier Tage nach meiner Inschubhaftnahme, die Mitteilung ausgefolgt worden ist, wonach beabsichtigt ist, meinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da Dublin Konsultationen mit der Slowakei seit 3.10,2012 geführt werden. Zum Zeitpunkt meiner Inschubhaftnahme lag somit eine derartige Mitteilung noch gar nicht vor, ich wurde sogleich nach Stellung meines Asylantrages festgenommen und in die Schubhaft gebracht.

 

Ich möchte auch noch sagen, dass für mich die Haft psychisch sehr belastend ist, ich komme aus Somalia und habe dort genug furchtbare Dinge gesehen, das Eingesperrtsein belastet mich psychisch massiv.

 

Die Verhängung der Schubhaft erweist sich als nicht notwendig, da ich mich dem Zugriff der Behörden keinesfalls entziehen werde.

 

'Es kann dem Gesetzgeber vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes jedenfalls nicht zugesonnen werden, er sei davon ausgegangen, alle potenziellen ,Dublin-Fälle' seien statt in Grundversorgung in Schubhaft zu nehmen. Der Integration kommt primär im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 FrPolG 2005 Bedeutung zu. Eine Schubhaftnahme kann sich vielmehr nur dann als gerechtfertigt erweisen, wenn weitere Umstände vorliegen, die den beireffenden ,Dublin-Fall' in einem besonderen Licht erscheinen und von daher 'in einem erhöhten Grad' ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen [Hinweis E 28. Juni 2007, 2006/21/00511].' (VwGH 19.06.2008, 2007/21/0070)

 

Es ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen, weshalb ich, wäre ich nicht in Schubhaft, sondern in Grundversorgung, diese Unterstützung aufgeben und in die Anonymität untertauchen hätte sollen (vgl. auch § 46 AsyiG und § 2 Abs 1 und 2 Grundversorgungsgesetz - Bund 2005).

 

Vor diesem Hintergrund fehlen also konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass ich mich dem weiteren Asylverfahren entziehen und für die Behörde nicht erreichbar sein würde.

 

Die Richtlinie vom Februar 1999 über anwendbare Kriterien und Standards betreffend die Haft von Asylsuchenden von UNHCR legt folgende Kriterien fest:

 

'Es sollte die (rechtliche) Vermutung gegen eine Inhaftierung sprechen. Sofern andere Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Haft zur Verfügung stehen (etwa Meldepflicht oder Bürgen ([siehe Richtlinie 4]), sollten diese zuerst Anwendung finden, es sei denn, es gibt Anhaltspunkte für die Vermutung, dass eine solche Alternative im betreffenden Fall nicht wirksam wäre. Zur Haft sollte es daher erst kommen, wenn alle möglichen Alternativen ausgeschöpft wurden oder wenn sich gezeigt hat, dass Üherwachungsmaßnahmen nicht den gesetzmäßigen, legitimen Zweck erreicht haben. Bei der Beurteilung, ob die Inhaftierung eines Asylsuchenden notwendig ist, sollte geprüft werden, ob die Haft angemessen ist und ob sie verhältnismäßig ist gegenüber dem angestrebten Ziel.' [...]

 

'Angesichts der negativen Auswirkungen der Haft auf die psychische Verfassung der inhaftierten sollte aktiv nach Alternativen zur Haft gesucht werden, bevor gegen Asylsuchende folgender besonders schutzbedürftiger Personenkategorien ein Haftbefehl erlassen wird: Unbegleitete ältere Personen, Opfer von Folter oder Trauma, Personen mit geistiger oder körperlicher Behinderung'

 

Auch aus diesem Grund sind die Anordnung der Schubhaft, die Festnahme und die Aufrechterhaltung der Schubhaft inhaltlich rechtswidrig,

 

Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2, September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist lautet:

 

'KAPITEL III

DURCHFÜHRUNG DER ÜBERSTELLUNG Artikel 7

Modalitäten der Überstellung

(1) Die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat kann auf eine der folgenden Weisen erfolgen:

a)       auf Initiative des Asylbewerbers innerhalb einer vorgegebenen Frist;

b)       in Form der kontrollierten Ausreise, wobei der Asylbewerber bis zum Besteigen des Beförderungsmittels von einem Bediensteten des ersuchenden Staates begleitet wird und dem zuständigen Staat Ort, Datum und Urzeit seiner Ankunft bis zu einer vereinbarten Frist vor der Ankunft mitgeteilt wurden;

c)       in Begleitung, wobei der Asylbewerber von einem Bediensteten des ersuchenden Staates oder einem Vertreter einer von dem ersuchenden Staat zu diesem Zweck beauftragten Einrichtung eskortiert und den Behörden des zuständigen Staats überstellt wird.'

 

Aus dieser Bestimmung geht hervor, dass es eine Rangordnung der Überstellungsmodalitäten gibt bzw. dass eine freiwillige Ausreise des Asylwerbers in den zuständigen Mitgliedsstaat prioritär ist. Auch die österreichische Rechtsordnung geht von der grundsätzlichen Annahme aus, dass Gesetze zwar mit Zwangsandrohung, aber zunächst ohne Zwangsausübung eingehalten werden. Zunächst ist davon auszugehen, dass ein Gesetz bzw. eine gesetzlich ergangene Entscheidung von den Rechtsunterworfenen grundsätzlich respektiert und eingehalten wird. Erst, wenn sich herausstellt, dass dies nicht der Fall ist, kann zu Zwangsmaßnahmen gegriffen werden. Eine automatische Schubhaftverhängung, d.h. die grundsätzliche Annahme ein Gesetz würde von den Rechtsunterworfenen generell nicht befolgt werden - wie sie derzeit in der Praxis stattfindet - findet keine Deckung in der österreichischen Verfassung.

 

Nach Abschluss des Verfahrens über die (Un-)Zuständigkeit Österreichs ist zunächst dem Asylwerber die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise zu geben. Erst wenn sich herausstellt, dass der Asylwerber nicht freiwillig ausreist bzw. zu verstehen gibt, dass er dies nicht tun wird, ist eine Haftverhängung zulässig.

 

Die Schubhaftverhängung des BF ohne Einhaltung dieser Abfolge steht daher sowohl in Widerspruch zur oben genannten Verordnung, als auch zur österreichischen Verfassung und ist daher inhaltlich rechtswidrig.

 

Die Verhängung der Schubhaft ist insbesondere dann rechtswidrig, wenn an deren Stelle seitens der Fremdenpolizeibehörde gelindere Mittel i.S.d. § 77 FPG hätten angewendet werden können.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis B 292/04 vom 28.9.2004 ausgeführt:

'Bloß allgemeine Annahmen oder 'Erfahrungswerte' genügen jedoch nicht, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsentziehung im Binzellfall zu begründen (vgl. bereits VfSIg. 14.981/1997).'

 

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ich mich einem anfälligen fremdenrechtlichen Verfahren entziehen würde.

 

Zum Zweck der Sicherung eines allfälligen Verfahrens hätte, wenn doch ein Sicherungsbedürfnis als rechtmäßig erkannt werden sollte, auch ohne weiteres das gelindere Mittel angewandt werden können.

 

Die belangte Behörde hat die Schubhaft stets als ultima ratio zu verhängen (vgl, Judikatur des VwGH) und hat zu prüfen, ob der Sicherungszweck nicht auch durch gelinderes Mittel erreicht werden kann.

 

Dies hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall in rechtswidriger Weise unterlassen.

 

Eine Anhaltung in Schubhaft ist in meinem Fall somit auch deswegen unzulässig, da gem. §77 Abs. 1 FPG das gelindere Mittel überhaupt nicht geprüft wurde!!!

 

In diesem Fall spricht für die Anwendung des gelinderen Mittels, dass ich bei meiner Entlassung aus der Schubhaft in die Grundversorgung aufgenommen werden kann und somit einen ordentlichen Wohnsitz begründen könnte.

 

Auch hat die Behörde meine Minderjährigkeit bei der Schubhaftverhängung und Anhaltung in der Schubhaft überhaupt nicht berücksichtigt!!

 

Vor dem Hintergrund der oben genannten Argumente sind die Schubhaftverhängung und die Anhaltung in Schubhaft äußerst rechtswidrig."

 

Beantragt wird vom Bf daher:

1. den Schubhaftbescheid,

2. die Festnahme und

3. die Anhaltung für rechtswidrig zu erklären, in eventu die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG zu verfügen, sowie

4. die Verfahrenskosten idHv. 750, 80 Euro ( Beschwerde: 737,60 Euro + 13,20 Euro Gebühr) zu ersetzen.

 

2. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2012 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat, welcher am 11. Oktober 2012 einlangte.

 

2.1. In der Gegenschrift führt die belangte Behörde wie folgt aus:

"Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, Fremdenpolizeiliche Angelegenheiten, übermittelt aufgrund der SCHUBHAFTBESCHWERDE anbei den Fremdenakt der im Betreff genannten Person.

 

Es wird beantragt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge

1.       die Beschwerde als unbegründet abweisen,

2.       gemäß § 83 Abs. 4 FPG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen,

3.       den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.

 

Ersatz für den Vorlageaufwand der belangten Behörde                              € 57,40

Ersatz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde                         € 368,80

Summe                                                                                           € 426,20

 

Der Beschwerdeführer ist in Schubhaft."

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung (v.a.) mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist und dieser zwischen den Verfahrensparteien auch in den wesentlichen Teilen nicht strittig ist, weshalb die bereits von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen auch dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde gelegt bzw. durch weitere Ausführungen in der Beschwerde und Gegenschrift ergänzt wurden und im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden konnte. Zudem wurde mit 14. Oktober 2012 eine Abfrage der EKIS-Datenbank (AI und FI) durchgeführt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht somit von dem unter Punkt 1.1., 1.2. und 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides der Landespolizeidirektion von Oberösterreich vom 1. Oktober 2012, AZ.: 1038419, seit dem 1. Oktober 2012 bis laufend in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist. Daher hat der Oö. Verwaltungssenat auch eine umfassende Prüfung durchzuführen.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.    gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.    gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.    gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4.    auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1.      in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2.      sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden      oder

3.      eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

3.4. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass der Bf im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung am 1. Oktober 2012 einen mit 30. September 2012 gestellten Asylantrag in Österreich vorweisen konnte. Nachfolgend wurden mit 3. Oktober 2012 Schritte gem. Art. 16 Abs. 1 lit. c der Dublin II VO durchgeführt.

 

3.4.1. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass in der ersten polizeilichen Einvernahme des Bf nach seinem "Aufgreifen" am 30. September 2012, bekannt wurde, dass der Bf jüngst am 27. Juli 2012 in der Slowakei einen Asylantrag gestellt hatte, aber dennoch auf den Weg in Richtung Deutschland im ICE 228 (Wien-Passau) aufgegriffen wurde und widerstreitende Angaben zu seinem Namen, Geburtsdatum, Herkunftsstaat und Reiseroute angab. Aufgrund der zeitlich nahen Antragstellung in der Slowakei und der Ermittlung des genauen Datums der Antragstellung des Bf liegt im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung jedenfalls Grund für eine Annahme gem. § 76 Abs. 2 Z 4 FPG vor. Umso mehr, als selbst ein alleiniger Eurodac-Treffer idR von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als ausreichend für die angesprochene Annahme angesehen wird (s dazu VwGH 30. August 2007, Zl. 2007/21/0043). Die Anwendbarkeit des § 76 Abs. 2 Z 4 FPG kann somit dem Grunde nach bejaht werden.

 

3.5. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass er sich dem Verfahren gem. § 76 Abs. 1 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

3.5.1. Zuvorderst ist festzuhalten, dass der Bf zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Verhängung der Schubhaft nicht in Strafhaft o.ä. befindlich war. Insofern hat die belangte Behörde rechtsrichtig einen Mandatsbescheid gem. § 57 AVG erlassen.

 

3.5.1.1. Im Zuge des fremdenpolizeilichen Verfahrens wurde von der belangten Behörde am 3. Oktober 2012 der Mechanismus gem. Art 16 Abs. 1 lit c Dublin II VO eingeleitet und auch am 4. Oktober 2012 die Verfahrensanordnung gem. § 29 AsylG 2005 vom PAZ der belangten Behörde rückübermittelt.

 

3.5.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst – wie bereits ausgeführt – völlig unbestritten, dass der Bf zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft am 1. Oktober 2012 ein im Stadium der Zulassung seines Asylantrages befindlichen Verfahrensabschnitt verhaftet war. Überdies ist ebenso unstrittig, dass am 3. Oktober 2012 das Dublinverfahren eingeleitet wurde.

 

3.6.1. Zur Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Schubhaft ist darzulegen, dass entgegen den Ausführungen des Bf in seiner Person konkret Umstände zu erkennen sind, welche die Schubhaft ausreichend begründen: Nach dem erfolgten Aufgriff wurde der Bf am 30. September 2012 im PAZ Wels einer Einvernahme unterzogen. Auf die Frage nach seiner Reiseroute gab der Bf an, dass er von seinem Heimatort nach Somalia mit dem Bus gereist sei und wiederum von Somalia aus – nach Besorgung eines Passes gegen Entgelt – nach Istanbul per Flugzeug gelangte. Von Istanbul aus sei er nach Griechenland mit einem großen Auto (!) gefahren, dort habe er auch neue gefälschte Reisedokumente mit fremden Namen vom Schlepper bekommen. Von Griechenland aus sei er in die Schweiz mit dem Flugzeug geflogen. Von der Schweiz wiederum per Zug nach Wien und abschließend mit dem Zug von Wien zum Zielort Frankfurt. Zwischen den Reisebewegungen habe er 2-3 Tage Pause gemacht. Im Zuge der letzten Reisebewegung sei er der Kontrolle unterzogen worden. 4 Fragen nach diesen Ausführungen antwortete der Bf auf die Frage, ob er in einem anderen Land einen Asylantrag gestellt habe, dass dies nicht der Fall sei.

 

Nach weiteren detaillierten Schilderungen zur "fiktiven" Reise wurde der Bf sodann damit konfrontiert, dass er am 27. Juli 2012 in der Slowakei einen Asylantrag gestellt hat. Daraufhin gab der Bf an, dass er einerseits aus der Slowakei gekommen sei und dort einen Asylantrag gestellt habe und andererseits, dass er sich bewusst sei, aufgrund des dort gestellten Asylantrages direkt in die Slowakei abgeschoben zu werden und er daher gelogen habe.

 

Hinzu tritt, dass der Bf im Wege seiner Rechtsberatung am 4. Oktober 2012 bekannt gibt – gleichbedeutend wie in der Beschwerde des Bf –, dass er auch hinsichtlich seiner Personalien (Name, Geburtsdatum- und Ort, Herkunftsstaat) keine der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe. Die Begründung über einen Erschöpfungszustand im Zeitpunkt der Einvernahme ist als bloße Schutzbehauptung zu entlarven, denn sollte dies zutreffen, warum konnte der Bf einerseits detailverliebt eine fiktive Reiseroute samt Schlepperhistorie schildern und andererseits spontan auf den Vorhalt die richtige Reiseroute samt Hintergrund darlegen. Insofern ist auch die Begründung der Klarstellung der Lüge zu den Personalien wiederum eine Lüge.

 

Hieraus ergibt sich, dass der Bf im Grunde keinerlei Interesse am Ausgang eines Asylverfahrens außerhalb seines definierten Ziellandes (Deutschland) hat, da er einerseits in der Reisebewegung Richtung Deutschland aufgegriffen wurde und andererseits sein ursprünglich begonnenes Asylverfahren in der Slowakei bereits nach relativ kurzer Zeit (Antrag. 27. Juli 2012) durch seine Ausreise behinderte und sohin kein Interesse an der Beendigung des Verfahrens mehr zeigt. Dies wird dadurch bestätigt, dass er selbst die Existenz eines derartigen Verfahrens erst nach intensiver Befragung bestätigt. Zudem wird ersichtlich, dass der Bf jegliche erdenkliche Mittel zu ergreifen bereit ist, um sein Zielland zu erreichen. Die Verschleierung seiner Reiseroute, Identität und Asylantagstellung bestätigt diesen Schluss. Dies umso mehr, als selbst die Berichtigung der Identität mit einer Schutzbehauptung begründet wird.

 

3.6.2. Diese besondere Art der Vehemenz der Zielerreichung (Zielland: Deutschland, Frankfurt) wird unterstrichen, wenn man das Verhalten im Zuge seiner Vernehmung hinzutreten lässt. Der Bf verweigerte einerseits die Unterschrift unter die Niederschrift und wies im Zeitpunkt des Aufgriffes am 30. September 2012 verklebte Fingerkuppen zur Verschleierung seiner Identität auf.

 

Vor diesem Hintergrund ist somit – auch schon in und seit diesem frühen Stadium des Asyl- bzw. fremdenrechtlichen Verfahrens – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erschließen, dass sich der Bf von seinem erklärten Ziel: Deutschland, nicht abbringen lassen wird und eine Vereitelung der Abschiebung zu erwarten ist. Dies bekräftigt die Erkenntnis, dass der Bf im Zuge seiner Einvernahme am 30. September 2012 (Vorhalt bei Frage 12.1. der Niederschrift vom 30. September 2012, Erstbefragung nach dem AsylG) klare Kenntnis vom Dublinmechanismus und dessen Ablauf hat (= Abschiebung in die Slowakei aufgrund seiner dortigen Asylantragsstellung).

 

3.6.3. Der belangten Behörde folgend ist im vorliegenden Fall – in Zusammenschau all der eben beschriebenen Sachverhaltselemente - von einem besonders hohen sowie akuten Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen – umgehend dem Zugriff der Behörde entzogen haben würde und seinen Weg nach Deutschland fortsetzen wird.

 

3.7. Mit dieser Begründung des Sicherungsbedarfes scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können, ebenso nicht die Unterkunftnahme in einer behördlich bestimmten Räumlichkeit, zumal der Bf schon im Zuge des (kurzen) fremden- bzw. asylrechtlichen Verfahrens nachhaltig bewies, dass er nicht bereit ist, sich von seinem Ziel abbringen zu lassen.

 

3.8. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses im vorliegenden Fall fraglos überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf über keine familiären Kontakte oder Verpflichtungen im Bundesgebiet verfügt und diese auch nicht vorbringt.

 

3.8.1. Auch der vom Bf ins Treffen geführte psychische Zustand gereicht nicht zum Erfolg, da er selbst bei der Erstbefragung angab, keinerlei gesundheitliche oder psychische Probleme zu haben.

 

3.9.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1.      zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.      vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen   Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein         Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.9.2. Der Bf wird seit 13 Tagen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem noch nicht ausgeschöpft wurde. Es liegen auch keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch beträchtliche Zeit andauern werde, zumal die für eine Außerlandesbringung des Bf getroffenen Maßnahmen durch die belangte Behörde konsequent verfolgt werden und eine Finalisierung in naher Zukunft zu erwarten ist.

 

3.9.3. Es sind zudem keinerlei weitere Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

3.10.1. Was schließlich den behaupteten Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie betrifft, ist auf die bereits dargelegten Ausführungen zur Prüfung der Möglichkeit der Verhängung eines gelinderen Mittels weiter oben zu verweisen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 


 

 

Markus Brandstetter

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum