Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420729/23/Zo/Ai

Linz, 17.10.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Beschwerde des Herrn X, geb. X, X vom 14.3.2012 wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 2.2.2012 durch ein dem Bezirkshauptmann von Wels-Land zurechenbares Organ, nämlich der Abnahme von 30 Hunden in X, X, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27.9.2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.           Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich (Verfahrenspartei Bezirkshauptmannschaft Wels-Land) Kosten in Höhe von 887,20 Euro binnen 2 Wochen zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  §§ 67a Z2 und 67c AVG iVm § 37 Abs.1 Z2 Tierschutzgesetz;

zu II.: § 79a AVG iVm § 1 UVS-Aufwandersatzverordnung

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom 14.3.2012 eine Maßnahmenbeschwerde wegen der behaupteten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 2.2.2012, nämlich der Abnahme von 30 Hunden von seiner Liegenschaft in X, X, durch den Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land. Diese Abnahme sei rechtswidrig erfolgt, weil die 30 Hunde ordnungsgemäß verwahrt bzw. artgerecht gehalten worden seien. Dennoch habe die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land unter Beiziehung von Polizeibeamten und Mitgliedern des Tierschutzvereines die Hunde zwangsweise abgenommen. Im Zuge dieser Abnahme sei er genötigt worden, seine Liegenschaft dem Amtstierarzt zu öffnen und unmittelbar darauf seien die dort befindlichen 30 Hunde eingefangen worden. Im Rahmen dieser Amtshandlung sei er genötigt worden, Protokolle zu unterfertigen, in denen er angeblich bestätigt haben solle, dass er der Hundeabnahme freiwillig zugestimmt habe. Er sei jedoch durch die Ausübung der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt sowie durch den Einsatz der Polizeibeamten massiv unter Druck gesetzt worden und es seien ihm verwaltungsbehördliche Maßnahmen angedroht worden, sodass er die Protokolle ungelesen unterschrieben habe.

 

2. Vom UVS wurde eine Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land eingeholt und am 27.9.2012 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. An dieser haben der Beschwerdeführer sowie eine Vertreterin der belangten Behörde und der Tierschutzombudsmann teilgenommen. Die Zeugen Mag. X, X, X sowie Bez. Insp. X wurden zum Sachverhalt befragt.

 

2.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer verfügt in X, X über ein halbes Einfamilienhaus. In diesem sowie im daran anschließenden Garten hielt er zum damaligen Zeitpunkt nach eigenen Angaben zwischen 25 und 30 Hunde. Diese konnten sich im Haus frei bewegen, weil die Türen zwischen den einzelnen Räumen offen waren. Die Eingangstür wies einen "Durchgang" auf, sodass die Hunde jederzeit ins Freie bzw. vom Freien wieder ins Haus konnten.

 

Zu den Heizmöglichkeiten in diesem Haus gibt der Beschwerdeführer an, dass er einen Gasstrahler und einen Elektrostrahler verwende, mit welchem er jedenfalls drei Räume heizen könne. Diese Geräte seien so eingestellt, dass jedenfalls die Wasserleitungen nicht abfrieren. Der Sohn des Beschwerdeführers, welcher in der zweiten Haushälfte wohnt, gab dazu an, dass der Bereich, in welchem sich die Tiere aufhalten, durch einen Ofen geheizt werde und sein Vater 2 Gasstrahler besitze. Von einem Elektrostrahler wiese er nichts. Allerdings beheize er seine Haushälfte, in der anderen Hälfte, in welcher sich die Tiere aufhalten, könne es sein, dass es in die äußeren Räume "hinein friere". Der Amtstierarzt gab dazu an, dass er während der Amtshandlung keinen beheizten Ofen gefunden hatte. Es seien zwar 2 Öfen vorhanden gewesen, diese seien aber kalt gewesen. Sonstige Heizungsmöglichkeiten habe er nicht gesehen. Er habe dann auch einen Behälter gefunden, in welchem sich gefrorenes Wasser befunden hatte.

 

Dazu ist in freier Beweiswürdigung festzuhalten, dass die Angaben des Amtstierarztes glaubwürdig sind. Er stellte während der Amtshandlung fest, dass innerhalb des Gebäudes Wasser gefroren war (vgl. Foto), weshalb als erwiesen anzusehen ist, dass auch im Haus die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt lagen. Dem zuständigen Mitglied des UVS ist bekannt, dass Anfang Februar 2012 die Temperaturen mehrere Tage hindurch deutlich unter dem Gefrierpunkt lagen, es handelte sich um die kälteste Zeit des Jahres.

 

Bereits am 1. Februar hatte der Amtstierarzt gemeinsam mit Personen des Tierschutzvereines 8 Hunde beim Beschwerdeführer abgeholt. Die Übergabe dieser Tiere durch Herrn X erfolgte freiwillig, er unterfertigte auch eine entsprechende Erklärung. Am 2. Februar langte beim Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wiederum eine Beschwerde des Tierschutzvereines ein, wonach Hunde im Hof herumlaufen würden, und es sehr kalt sei. An diesem Tag war es tatsächlich kalt, nach Einschätzung des Amtstierarztes dürfte die Außentemperatur auch untertags bei ca. minus 10 Grad gelegen sein. Die Anruferin teilte dem Amttierarzt auch mit, dass bei einem Hund ein Auge "heraushänge". Es wurde daraufhin eine Überprüfung der Tierhaltung durchgeführt, wobei um etwa 12:00 Uhr der Amtstierarzt, mehrere Personen des Tierschutzvereines, Polizeibeamte und ein Vertreter der Gemeinde vor dem Haus des Beschwerdeführers zusammengekommen sind. Der Beschwerdeführer selbst ist etwas später gekommen und hat vorerst die Polizisten und den Amtstierarzt in den Hof gelassen, in weiterer Folge durften auch die sonstigen Personen ins Innere. Sowohl im Hof als auch im Gebäude haben sich zahlreiche Hunde aufgehalten, es handelte sich um Tiere der Rassen Pintscher, Shi-Tzu und Lhasa-Apso. Diese Hunderassen sind für die Haltung bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt im Freien bzw. ohne beheizten Unterschlupf nach Einschätzung des Amtstierarztes nicht geeignet. Weiters wurde tatsächlich ein Hund vorgefunden, bei welchem ein Auge "heraushing". Die Hunde wiesen zahlreiche haarlose Stellen auf, hatten kotverschmierten After und waren hochgradig mit Flöhen befallen sowie insgesamt verwahrlost. Zu den allgemeinen Haltungsbedingungen der Hunde wird auch auf die zahlreichen im behördlichen Akt befindlichen Fotos verwiesen.

 

Der Beschwerdeführer wurde vom Amtstierarzt auf die Haltungsmängel hingewiesen. Letztlich wurden die Hunde eingefangen und vom Tierschutzverein weggebracht. Zur Frage, ob diese Tiere gegen den Willen des Beschwerdeführers abgenommen wurden oder dieser sie freiwillig dem Tierschutzverein übergeben hat, weichen die Aussagen deutlich voneinander ab:

 

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die Hunde von den Personen des Tierschutzvereines eingefangen wurden, wobei er dabei möglicherweise mitgeholfen habe. Es sei auch möglich, dass er sinngemäß gesagt habe, dass man ihn in Ruhe lassen solle und sie die Hunde mitnehmen sollen, wenn es anders nicht möglich sei, jedenfalls sei er aber damit nicht einverstanden gewesen und habe sie nicht freiwillig herausgegeben. Er sei zwar nicht bedroht und es sei keinesfalls körperliche Gewalt angewendet worden, die Tiere seien aber gegen seinen Willen weg gebracht worden.

 

Die Zeugen X sowie Bez. Insp. X gaben dazu im Wesentlichen übereinstimmend an, dass dem Beschwerdeführer in keiner Weise mit einer zwangsweisen Abnahme der Tiere oder sonstigen Zwangsmaßnahmen gedroht worden wäre. Letztlich habe der Beschwerdeführer sinngemäß gesagt, dass die Tierschützer alle Hunde mitnehmen und ihn in Ruhe lassen sollten.

 

Der Amtstierarzt gab an, dass der Beschwerdeführer im Zuge des Gespräches eingeräumt habe, dass im die Situation "über den Kopf wachse" und sie die Hunde mitnehmen sollten. Er habe ihm zu keinem Zeitpunkt mit der zwangsweisen Abnahme der Tiere gedroht.

 

In weiterer Folge sind der Beschwerdeführer, der Amtstierarzt sowie Personen des Tierschutzvereines zur Wohnadresse des Beschwerdeführers in X gefahren, von wo weitere Hunde vom Tierschutzverein weg gebracht wurden.

 

3.1. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

Gemäß § 67a AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern

1.        über Anträge und Berufungen in Angelegenheiten, die ihnen durch die Verwaltungsvorschriften zugewiesen sind,

2.        über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt ist, entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. In den Angelegenheiten der Ziffern 1 entscheiden sie über Anträge, für deren Erledigung sie als erste Instanz oder gemäß § 73 Abs.2 zuständig sind und über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes, der Landesregierung, einer sonstigen Behörde, deren Sprengel das gesamte Landesgebiet, soweit es sich nicht um das Gebiet des Landes Wien handelt, umfasst, oder eines Kollegialorganes, durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen. Über Berufungen gegen verfahrensrechtliche Bescheide entscheiden sie durch Einzelmitglied.

 

Gemäß § 37 Abs.1 Z2 Tierschutzgesetz sind die Organe der Behörde verpflichtet, einem Tier, das in einem Zustand vorgefunden wird, der erwarten lässt, dass das Tier ohne unverzügliche Abhilfe Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst erleiden wird, dem Halter abzunehmen, wenn dieser nicht Willens oder in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall ist bereits fraglich, ob überhaupt verwaltungsbehördliche Befehls- oder Zwangsgewalt ausgeübt wurde. Jedenfalls haben weder der Amtstierarzt, noch die von diesen beigezogenen Exekutivorganen körperliche Gewalt ausgeübt oder angedroht. Andererseits erfolgte das behördliche Einschreiten nicht über Ersuchen des Beschwerdeführers sondern es bedurfte offenbar erheblicher Überzeugungsarbeit, um den Beschwerdeführer zur Herausgabe der Hunde zu überreden. Im Hinblick auf die konkrete Situation (Anwesenheit mehrerer Polizeibeamter, mehrerer Personen des Tierschutzheimes sowie eines Vertreters der Gemeinde und des Tierschutzombudsmanns sowie des Amtstierarztes der Bezirkshauptmannschaft) ist es durchaus möglich, dass der Beschwerdeführer mit unmittelbaren behördlichen Maßnahmen rechnete, wenn er der Forderung nach Herausgabe der Tiere nicht entsprochen hätte. Es ist daher zweifelhaft, ob die Schwelle für das Vorliegen einer verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt überschritten wurde oder die Herausgabe der Tiere tatsächlich aus freiem Willen des Beschwerdeführers erfolgte.

 

Eine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nach der Rechtsprechung dann nicht vor, wenn der Betroffene bei objektiver Betrachtungsweise damit rechnen konnte, dass bei  Nichtbefolgung der Aufforderung keine unmittelbaren Zwangsmaßnahmen angewendet würden. Musste der Beschwerdeführer jedoch bei einer Verweigerung der Herausgabe der Tiere nach den gesamten Begleitumständen mit einer sofortigen zwangsweisen Abnahme rechnen, so handelte es sich bereits  um eine "Maßnahme" (vgl. dazu die bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 67a Rz 44 und 45 angeführte Judikatur). Letztlich braucht diese Frage jedoch nicht im Detail geprüft zu werden, weil die Abnahme der Tiere ohnedies auch sachlich gerechtfertigt war:

 

Einer der Hunde wies eine schwere Verletzung (Heraushängen eines Auges) auf und alle Tiere machten einen verwahrlosten Eindruck. Sie wurden bei Temperaturen, welche damals deutlich unter dem Gefrierpunkt lagen, in einem nicht geheizten Gebäude gehalten, obwohl sie dafür nicht geeignet sind. Selbst im Gebäudeinneren herrschten offenbar Temperaturen unter dem Gefrierpunkt (siehe den Behälter mit gefrorenem Wasser) und auch die sonstigen Haltungsbedingungen ließen auf eine deutliche und länger dauernde Verwahrlosung der Tiere schließen. Diesbezüglich kann auf die im Akt der belangten Behörde befindliche Fotos verwiesen werden. Die Einschätzung des Amtstierarztes, dass sich die Tiere in einem Zustand befunden haben, in welchem sie ohne unverzügliche Abhilfe Schmerzen erleiden und dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage war, unverzügliche Abhilfe zu schaffen, ist daher durchaus zutreffend. Die Abnahme der Tiere war daher jedenfalls gemäß  § 37 Abs.1 Z2 Tierschutzgesetz gerechtfertigt.

 

 

Zu II.:

Da der Beschwerde keine Berechtigung zukam, ist die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als obsiegende Partei anzusehen, weshalb dem Land Oö. als Rechtsträgerin dieser Behörde die gemäß UVS- Aufwandersatzverordnung zustehenden Kosten (Vorlage Aufwand 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand 368,80 Euro sowie Verhandlungsaufwand 461 Euro) zu zusprechen waren.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1)    Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2)    Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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