Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730263/12/SR/JO

Linz, 25.10.2012

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, geboren am X, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 2. März 2010, AZ: 1034494, betreffend die Erlassung eines auf 7 Jahre befristeten Aufenthaltsverbots, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 19. Oktober 2012, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs. 1a, 63 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 2. März 2010, AZ: 1034494/FRB, eigenhändig übernommen vom Berufungswerber (im Folgenden: Bw) am 4. März 2010, wurde gegen den Bw auf der Grundlage des § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm § 66 des Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG), in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

 

Zum Sachverhalt führte die belangte Behörde folgendes aus:

 

Dem Fremdenakt kann entnommen werden, dass Sie am 01.06.1991 - laut Asylbescheid gemeinsam mit Ihrer Großmutter X und Ihres Onkels X - nach Österreich eingereist sind und schließlich einen Asylantrag stellten. Dieser Antrag wurde am 04.06.1992 abgewiesen.

In weiterer Folge wurden Ihnen wiederkehrend entsprechende Aufenthaltstitel erteilt. Seit 07.08.2007 sind Sie im Besitz eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalts - EG".

 

Während Ihres Aufenthaltes in Österreich wurden Sie wie folgt rechtskräftig gerichtlich verurteilt:

 

I.) Landesgericht Linz vom 14.07.2003 (rk: 18.07.2003), Zahl: 22 Hv 79/2002m, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahles teilweise durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z. 1, 2 und 3 und 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren;

 

II.) Landesgericht Linz vom 14.10.2005 (rk: 18.10.2005), Zahl: 25 Hv 121/2005i, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren;

 

III.) Landesgericht Linz vom 06.06.2008 (rk: 10.06.2008), Zahl: 23 Hv 81/2008x, wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 StGB, des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15 Abs. 1 und 269 Abs. 1 StGB, des Vergehens der versuchten gefährlichen Drohung nach den §§ 15 und 107 Abs. 1 und 2 StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB, des Vergehens des Diebstahles nach § 127 StGB, des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens der Ent­fremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241 e Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten;

 

IV.) Landesgericht Linz vom 20.11.2009, Zahl: 27 Hv 103/2009p, wegen des Verbre­chens des gewerbsmäßigen Diebstahles teils durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z. 1 und 130 1. Fall StGB, des Vergehens des versuchten Betruges nach den §§ 15 Abs.1 und 146 StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens nach § 50 Abs.1 Z. 2 und 3 WaffG zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten.

 

Diesen Verurteilungen liegt zugrunde, dass Sie:

 

Ad I.) A.) zu nachgenannten Zeiten in X mit dem abgesondert verfolgten X fremde bewegliche Sachen anderen durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

 

1.) zwischen 23. und 25.03.2002 dem X Handys nicht näher bekannten Wertes sowie Handyzubehör in nicht näher bekannten Wert durch Aufbrechen einer Lagertüre;

2.) im März 2002 nicht näher bekannten Geschädigten Gegenstände nicht näher be­kannten Wertes in nicht näher bekannter Höhe durch Aufbrechen von zwei Spinden, wobei es beim Versuch geblieben ist;

 

B.) I.) fremde bewegliche Sachen teilweise durch Einbruch nachgenannten Geschädigten mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu berei­chern, und zwar:

1.) im Zeitraum 10. bis 11.05.2002 mit X Getränkedosen nicht näher bekannten Wertes aus einem Getränkeautomaten der Firma X;

2.) vermutlich am 25.06.2002 dem X eine Klingel im Wert von € 11,-;

3.) im Sommer 2002 zwei Fahrräder unbekannten Wertes einem bislang unbekann­ten Geschädigten durch Aufbrechen wobei es beim Versuch geblieben ist;

II.) Sachen, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, nämlich Diebstahl, erlangt hat, an sich gebracht haben und zwar:

1.) im Sommer 2002 einen Nothammer der X;

2.) am 09.07.2002 Bargeld in der Höhe von € 20,- die X zuvor ge­stohlen hat;

 

C.) am 07.03.2002 in X dem X € 10,-, somit eine fremde bewegliche Sache, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

 

Ad II.) in X am 08.03.2005 den X gefährlich zumindest mit Verletzungen am Körper bedroht haben, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem Sie telefonisch äußerten: „Wenn ich dich irgendwann sehe, brech ich dir ein Bein. Ich schicke Leute zu deinem Vater, wo er arbeitet. Du wirst noch sehen was passiert".

 

Ad III.) A.) am 28.05.2008 in X einen Polizeibeamten mit Gewalt an einer Amtshandlung gehindert bzw. zu hindern versucht haben, indem Sie

1.) sich aus der Umklammerung durch den Polizeibeamten, welcher Sie, da Sie auf X einschlugen, von hinten an beiden Armen erfasste und von X heruntergezogen hat­te, durch schnelles Hin- und Herbewegen und durch einen Stoß mit dem Ellebogen gegen diesen Polizeibeamten befreiten;

2.) den Polizeibeamten, weicher Sie - da Sie sich neuerlich auf den am Boden lie­genden X gestürzt haben und in dessen Richtung geschlagen hatten - am linken Arm erfasste und zu Boden brachte, Schläge mit dem rechten Arm und Fußtritte versetzten;

 

B.) nachstehende Personen durch gefährliche Drohung mit dem Tode bzw. mit einer Gefährdung durch Sprengmittel gefährlich bedroht haben, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, nämlich:

1.) die Gebrüder X und X durch die gegenüber zwei Polizeibeamte getä­tigte Äußerung: „Oida, i schwör, de Türkn hom a Bombn, wenn i morgen wieda außi kum"; wobei es beim Versuch blieb;

2.) einen Polizeibeamten durch die gegenüber zwei weiteren Polizeibeamten getätigte Äußerung: „Den, der mi um'd Erd gworfn hot, den dawisch i a nu und dra na harn";

3.) zumindest die Gebrüder X und X durch die gegenüber zwei Polizeibe­amten getätigte Äußerung: „I stich da drin (gemeint: im Handyshop des X) olle 4 Türken ob"; wobei es beim Versuch blieb;

 

C.) am 20.11.2007 in X

1.) aus dem unversperrten Spind des X ein Handy und eine Geldbörse samt zwei Bankomatkarten und einen Bargeldbetrag in der Höhe von € 10,-, sohin fremde bewegliche Sachen, mit Bereicherungsvorsatz weggenommen haben;

2.) dadurch, dass Sie die Geldbörse in den Spülkasten der Herrentoilettanlage der Fa. X warfen, eine fremde bewegliche Sache aus der Gewahrsame des X dauernd entzogen;

3.) durch die unter Faktum 2.) geschilderte Tat zwei in der Geldbörse befindliche Bankomatkarten des X., sohin unbare Zahlungsmittel über die Sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückten, deren Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern;

 

Ad IV.) in X

I.) gewerbsmäßig nachgenannten Geschädigten fremde bewegliche Sachen, teils durch Einbruch, mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich durch deren Zueignung un­rechtmäßig zu bereichern, und zwar:

a.) zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 20.05.2009 aus dem Fundamt des Magistrates X den jeweiligen unbekannten Eigentümern 11 Fahrzeugschlüssel, einen Schlüssel, einen Kristallanhänger und eine Kindergeldbörse;

b.) am 25.05.2009 der X ein Mountainbike im Wert von ca. € 700,-, indem Sie die Tür des Kellerabteils herausrissen;

c.) am 09. oder 10.03.2009 dem X zwei Ringe im Wert von insgesamt € 540,-(ca. € 270,- pro Stück), einen Diamantring im Wert von € 1.500,- sowie drei Halsketten im Wert von insgesamt € 110,-;

II.) am 16.03.2009 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit X mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Ange­stellte des Computergeschäftes X durch die Vorspiegelung, zahlungsfähige und zahlungswillige Kunden zu sein, unter Benützung der (gesperrten) Bankomatkarte der X., mithin durch Täuschung über Tatsachen zur Ausfolgung eines Laptops im Wert von € 799,-, sohin zu einer Handlung verleitet haben, die das genannte Unternehmen im angeführten Betrag an seinem Vermögen schädigte, wobei die Tat beim Versuch blieb;

 

III.) nachgenannte Personen gefährlich (teils mit einer Brandstiftung) bedroht haben, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar:

a.) am 16.03.2009 X durch die Äußerung, nachdem Ihnen dieser mit­geteilt hatte, nicht die Polizei, sondern die Bankomatkarten-Hotline gerufen zu haben: „Wenn das nicht stimmt, dann brenn ich eure Hütte nieder!", mit einer Brandstiftung;

b.) am 20.50.2009 einen Polizeibeamten durch die Äußerung: „Wenn ich nicht die Handschellen obern hätte, dann würde ich dir die Kehle durchschneiden!", zumindest mit der Zufügung einer Körperverletzung;

IV.) am 20.50.2009 einen Schlagring, mithin eine verbotene Waffe (§ 17 Abs.1 Z. 6 WaffG), unbefugt besessen haben, obwohl Ihnen dies gem. § 12 WaffG verboten war.

 

Im Einzelnen wird auf die Ausführungen der schriftlichen Urteilsausfertigungen verwiesen, die an dieser Stelle, um Wiederholungen zu vermeiden, zum integrierenden Bestandteil des Bescheides erhoben werden.

 

Neben den genannten gerichtlichen Verurteilungen scheinen bei der BPD Linz zahlreiche verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen über Sie auf.

 

Mit Schreiben der BPD Linz vom 20.01.2010 wurde Ihnen daher mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, gegen Sie ein befristetes Aufenthaltsverbot zu erlassen. Gleichzeitig wurde Ihnen Gelegenheit gegeben dazu Stellung zu nehmen und Ihre Privat- und Familienverhältnisse darzulegen.

 

In Ihrer Stellungnahme vom 02.02.2010 geben Sie dazu im Wesentlichen sinngemäß an, dass Sie und Ihre Mutter im Jahr 1992, wegen des Krieges in Bosnien, nach Österreich gekommen seien. Ihr Vater und Ihre Großeltern seien im Krieg umgebracht worden.

 

Sie hätten zuerst in X den Kindergarten und die Volksschule besucht. Im Jahr 1997 seien Sie nach X verzogen, da Ihre Mutter dort eine Arbeitsstelle als Kellnerin bekam. In X hätten Sie die Hauptschule besucht. Nachdem Sie im Jahr 2001 die Schule beendeten, hätten Sie als Hilfskraft zu arbeiten begonnen. Sie schildern in Ihrer Stellungnahme schließlich Ihre beruflichen Beschäftigungen bei verschiedenen Dienstgebern bis zu Ihrer Inhaftierung.

Sie geben weiters an, dass Sie - sollten Sie wieder nach Bosnien zurück müssen - nicht wüssten wohin Sie gehen sollten, da sowohl Ihr Vater als auch Ihre Bekannten im Krieg umgekommen seien. Sie hätten dort auch keine Unterkunftsmöglichkeit.

Ihre Mutter hätte mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft. Nach Ihrer Haftentlassung möchten Sie so schnell als möglich mit Ihrer Freundin wegziehen und irgendwo in Österreich ein neues Leben beginnen, um so von Ihrem alten Freundeskreis wegzukommen.

 

Sie möchten sich ganz auf Ihre eigene Familiengründung konzentrieren.

 

Nach Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen nahm die belangte Behörde folgende Beurteilung vor:

Ihrer Mutter X wurde mit Wirkung vom 22.03.2005 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Da Sie selbst jedoch bereits volljährig sind, sind Sie nicht Familienangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 12 FPG, weshalb auf Sie nicht die Bestimmungen des § 87 zweiter Satz iVm § 86 FPG anzuwenden sind.

 

Nachdem Sie bereits vier Mal rechtskräftig gerichtlich verurteilt wurden - zuletzt am 20.11.2009 vom LG Linz wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch, des Vergehens des versuchten Betruges, des Vergehens der gefährlichen Dro­hung sowie des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 2 und 3 WaffG zu einer unbedingten Frei­heitsstrafe von 10 Monaten - kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG 2005 als erfüllt anzusehen sind.

 

Das von Ihnen gesetzte Fehlverhalten ist schwer zu gewichten, da sich aus Ihrem Verhalten eine erhebliche Gefahr für den Schutz der Freiheit, der Staatsgewalt sowie den Schutz fremden Eigentums manifestiert, die dadurch noch erheblich verstärkt wird, dass Sie die Ihnen zur Last gelegte Straftat teils durch Einbruch und gemeinsam mit anderen Mittätern sowie in der Absicht begangen haben, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

 

Die Art und Häufigkeit der von Ihnen gesetzten - oben bereits ausführlichst erläuterten -strafbaren Handlungen, lässt Ihren weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet als eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit erscheinen.

Als besonders verwerflich ist vor allem auch zu bewerten, dass Sie bereits mehrmals Poli­zeibeamte, welche aufgrund Ihres vorangegangenen Fehlverhaltens zum Einschreiten ge­zwungen waren, gefährlich bedrohten.

 

Zusammenfassend muss daher davon ausgegangen werden, dass aufgrund Ihres bereits mehrfach erläuterten Gesamtfehlverhaltens, Ihr Verbleib im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit maßgeblich und nachhaltig gefährden würde, weshalb die im § 60 Abs. 1 FPG 2005 genannte Annahme als gerechtfertigt anzusehen ist, und dass daher neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche anderen gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, um derartigen Straftaten bzw. Gesetzesübertretungen entgegenzuwirken.

 

Eine Unzulässigkeit des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes könnte sich aus den Bestimmungen des § 61 FPG 2005 ergeben.

 

Im Sinne des § 61 Z. 2 FPG 2005 ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unzulässig, wenn der Sachverhalt, welcher der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zugrunde gelegt wird, nicht ausreichend ist, auch den Aufenthaltstitel als Rechtsgrundlage für den legalen Aufenthalt aufzuheben - damit erfolgt eine Anbindung auch an §§ 55 und 56 FPG 2005.

 

Aufgrund Ihrer gerichtlichen Verurteilung, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch, bzw. des diesen Verurteilungen zugrunde liegenden - bereits oben ausgeführten - Fehlverhaltens, ist der Tatbestand des § 56 Abs. 2 Z 1 FPG als erfüllt anzusehen. Die Erfüllung dieses Tatbestandes indiziert das Vorliegen einer schweren Gefahr im Sinne des § 56 Abs. 1 FPG, weshalb sich aus § 61 Z. 2 FPG 2005 somit keine Unzulässigkeit des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes ergeben kann (siehe dazu Erkenntnis des VwGH vom 29.11.2006, Zahl: 2006/18/0396).

 

Im Hinblick auf die Bestimmung des § 61 Z. 3 FPG 2005 ist anzuführen, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unzulässig ist, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gem. § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1995 verliehen hätte werden können, es sei denn der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mindestens einer unbedingten einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

 

Nach ständiger Judikatur des VwGH ist die Wortfolge „vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" so zu verstehen, dass darunter der Zeitpunkt vor Eintritt des ersten der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände zu verstehen ist. Im Fall eines auf strafbare Handlungen gegründeten Aufenthaltsverbotes handelt es sich beim „maßgeblichen Sachverhalt" nicht um die Verurteilungen, sondern um das zugrundeliegende Fehlverhalten. Der maßgebliche Sachverhalt umfasst alle Umstände, die die Behörde zur Begründung des im konkreten Fall verhängten Aufenthaltsverbotes herangezogen hat.

 

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 61 Z 3 FPG ist zu prüfen, ob er Fremde vor Verwirklichung des ersten der von der Behörde zulässigerweise zur Begründung des Aufenthaltsverbotes herangezogenen Umstände, die in ihrer Gesamtheit die Maßnahme tragen, die Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 StbG 1985 erfüllte (vgl. dazu VwGH vom 29.04.2008; 2007/21/0038).

 

Vor diesem Hintergrund kann, anhand der vorliegenden schriftlichen Urteilsausfertigungen, angenommen werden, dass der erste maßgebliche Sachverhalt bei Ihnen mit 07.03.2002 anzunehmen ist. Dass dieses Fehlverhalten, obwohl es schon 8 Jahre zurückliegt, zur Begründung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes herangezogen werden kann, ergibt sich aus der Tatsache, dass Sie innerhalb der letzten 8 Jahre in regelmäßigen Abständen immer wieder straffällig wurden. Dieses Fehlverhalten führte schließlich zu insgesamt vier gerichtlichen Verurteilungen - großteils wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen.

 

Den Akten kann entnommen werden, dass Sie am 01.06.1992 nach Österreich eingereist sind. Da Sie somit zum Zeitpunkt des ersten maßgeblichen Sachverhaltes Ihren Hauptwohnsitz noch nicht seit 10 Jahren ununterbrochen Ihren Hauptwohnsitz in Österreich hatten, hätte Ihnen zum damaligen Zeitpunkt die Staatsbürgerschaft nicht verliehen werden können (maßgebliche Gesetzeslage: Staatsbürgerschaftsgesetz - Stand März 2002), weshalb eine Unzulässigkeit des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 61 Z 3 FPG nicht anzunehmen ist.

 

Eine Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes könnte sich auch aus der Bestimmung des § 61 Z 4 FPG ergeben.

 

Laut ständiger Rechtssprechung des VwGH (vgl. etwa Erkenntnis vom 16.10.2007, Zahl: 2006/18/0228), gilt jedoch eine Person, die erst im Alter von vier Jahren oder später nach Österreich gekommen ist, grundsätzlich nicht als „von klein auf im Inland aufgewachsen".

 

Da Sie erst im Alter von etwa 5 1/2 Jahren nach Österreich gekommen sind, kann sich auch daraus keine Unzulässigkeit des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes ergeben.

 

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass bei Ihnen keine Gründe gegeben sind, die eine Unzulässigkeit des Aufenthaltsverbotes nach sich ziehen würden.

 

Darüber hinaus ist jedoch zu prüfen, ob die Maßnahme der Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes auch unter den Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit und des gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Grundrechts auf den Schutz des Privat- und Familienlebens zulässig ist.

 

Sie reisten im Alter von 5 1/2 Jahren - den ho. aufliegenden Unterlagen zufolge, im Beisein Ihrer Großmutter X und Ihres Onkels X - nach Österreich ein.

 

Sie selbst geben jedoch in Ihrer Stellungnahme vom 02.02.2010 an, Sie seien im Jahr 1992 im Beisein Ihrer Mutter X nach Österreich eingereist. Weiters geben Sie an, Ihre Großeltern seien während des Krieges umgebracht worden. Dies stellt sich vor dem Hintergrund, dass Sie gemeinsam mit Ihrer Großmutter nach Österreich gereist sind und diese nach wie vor mit Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet ist, als nicht richtig heraus. Laut zentralem Melderegister lebten Sie bis 08.06.2009 im gemeinsamen Haushalt mit Ihrer Mutter X in X, X. Seit 08.06.2009 leben Sie jedoch in X.

 

In Ihrer Stellungnahme vom 02.02.2010 geben Sie an, dass Sie beabsichtigen mit Ihrer Freundin von X wegzuziehen. Da Ihrer Stellungnahme keine näheren Angaben zur Person Ihrer Freundin zu entnehmen sind, kann nicht festgestellt werden, ob Sie mit Ihr bereits vor Ihrer Inhaftierung im gemeinsamen Haushalt lebten.

 

Hinsichtlich Ihrer beruflichen Integration kann angeführt werden, dass Sie in den letzten Jahren bei zahlreichen verschiedenen Dienstgebern - teilweise nur wenige Tage - beschäftigt waren. Zwischen den einzelnen Beschäftigungsverhältnissen bezogen Sie Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe.

 

Aufgrund all dieser Umstände, insbesondere im Anbetracht Ihres langjährigen Aufenthaltes, der Tatsache, dass Ihre Mutter in Österreich lebt sowie, dass Sie offensichtlich mit Ihrer Freundin ein gemeinsames Leben planen, ist die Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes mit einem erheblichen Eingriff in Ihr Privat- und Familienleben verbunden. Dieser Eingriff relativiert sich jedoch dahingehend, dass es weder Ihrer Familie noch Ihrer Freundin gelungen ist, Sie davon abzuhalten wiederkehrend strafbare Handlungen zu begehen. In diesem Zusammenhang ist jedoch auch anzumerken, dass Sie derzeit noch über keine eigene Kernfamilie (Ehegattin, minderjährige Kinder) verfügen. Die Bindung zu Ihrer Mutter ist infolge Ihrer Volljährigkeit als relativiert anzusehen (vgl. VwGH vom 14.05.2009, 2009/22/0092). Ihre Freundin ist, selbst wenn Ihre Beziehung bereits den Status einer Lebensgemeinschaft erreicht haben sollten, nicht als Mitglied der Kernfamilie im Sinne des Gesetzes anzusehen (vgl. § 2 Abs. 4 Z 12 FPG).

 

Dem zweifellos gegebenen Eingriff in Ihr Privat- und Familienleben steht gegenüber, dass Sie durch eine Vielzahl von strafbaren Handlungen rechtlich geschützte Werte missachtet haben, wodurch Sie gegen das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen und dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit verstoßen haben. Dass Sie einen „positiven Wandel" vollzogen hätten, konnten Sie bis dato nicht unter Beweis stellen. So konnten Sie doch nicht einmal die ersten gerichtlichen Verurteilungen davon abhalten in immer schwerwiegenderer Weise straffällig zu werden, was letztendlich zur Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten führte.

 

Wenngleich Sie Ihr strafbares Verhalten bereits im jugendlichen Alter begonnen haben, kann keinesfalls mehr davon ausgegangen werden, es liege bloße Jugenddelinquenz vor, zumal Sie Ihr strafbares Verhalten auch im Erwachsenenalter in massiver Weise fortgesetzt haben.

 

Wenn Sie in Ihrer Stellungnahme angeben, dass Sie keine Verbindung mehr zu Bosnien hätten, so ist dem entgegen zu halten, dass der VwGH in seiner Rechtsprechung davon ausgeht, dass diese Auswirkungen eines Aufenthaltsverbotes im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen sind. Dazu gehören auch Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in­folge Fehlens von Anknüpfungspunkten im Heimatland (vgl. VwGH vom 14.05.2009, 2009/22/0092). Angesichts der bereist oben getroffenen Feststellung, dass Sie im Alter von 5 1/2 Jahren Ihr Heimatland verlassen haben, haben Sie die Phase der ersten Verselbstständigung in Ihrem Heimatland verbracht haben, weshalb nicht von einer gänzlichen Entwurzelung in Ihrem Heimatland auszugehen ist.

 

Im Übrigen wird mit diesem Aufenthaltsverbot nicht darüber abgesprochen in welches Land Sie auszureisen haben.

 

Nach einer umfassenden Interessensabwägung ist nach ho. Rechtsansicht somit die An­nahme gerechtfertigt, dass auf Grund Ihres bisherigen Verhaltens - im Hinblick auf die für Ihren weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose - die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wiegen würden, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf Ihre Lebenssituation.

 

Das gegenständliche Aufenthaltsverbot ist daher auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK -unter besonderer Berücksichtigung des § 66 Abs. 2 und 3 FPG 2005 - erforderlich um das hohe Schutzinteresse des Staates an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte Dritter zu wahren.

 

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist nach § 63 Abs. 2 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen.

 

Unter Berücksichtigung aller oben bereits ausführlichst erläuterten Umstände, insbesondere der Tatsache, dass Sie über mehrere Jahre hinweg wiederkehrend straffällig wurden, erachtet es die BPD Linz für angemessen, die Dauer des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes auf 7 Jahre festzusetzen, da nach Ablauf dieses Zeitraums erwartet werden kann, dass Sie sich wiederum an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten werden.

 

2. Gegen den vorliegenden Bescheid hat der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Bw innerhalb offener Frist rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben.

 

Einleitend stellte der Rechtsvertreter folgende Anträge:

 

die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich möge

 

a)            den hier angefochtenen Bescheid der BPD Linz vom 02.03.2010, zugestellt am 03.03.2010, AZ: 1034494/FRB, durch welchen wider den Berufungswerber ein auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen wurde, aufheben und das eingeleitete Aufenthaltsverbotsverfahren zur Einstellung bringen; in eventu

 

b)            den hier angefochtenen Bescheid der BPD Linz dahingehend abändern, dass das wider den Berufungswerber erlassene befristete Aufenthaltsverbot entsprechend gemäßigt / herabgesetzt werde; in eventu

 

c)             den hier angefochtenen Bescheid aufheben und zur neuerlichen Entscheidung nach Durchführung eines entsprechenden und ergänzenden Beweisverfahrens an die Erstinstanz rückverweisen; und

 

d)            jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen und durchführen.

 

Begründend wurde wie folgt ausgeführt:

 

Der angefochtene Bescheid erweist sich als inhaltlich rechtswidrig und rechtswidrig in Folge Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften. Ich bin am 01.06.1991 gemeinsam mit meiner Großmutter X und meinem Onkel X nach Österreich eingereist, habe ich einen Asylantrag gestellt und wurde mir nach rechtskräftig negativer Beendigung meines Asylverfahrens eine wiederkehrend ausgestellte Aufenthaltsberechtigung ausgestellt Seit 07.08.2007 bin ich im Besitz des Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt - EG".

 

Meine Flucht nach Österreich im Jahr 1991 (somit im Alter von 4,5 Jahren) hatte seinen Grund in den bosnisch/serbischen Bürgerkriegen, bei welchen unter anderem mein Vater und meine Großeltern ermordet wurden.

 

Ich lebe in Österreich gemeinsam mit meiner Mutter und befindet sich ein weiterer Bruder meinerseits in Österreich, der zum Aufenthalt berechtigt ist.

 

Ich habe in Österreich Kindergarten und Volksschule besucht, bin im Jahr 1997 nach X gezogen, da meine Mutter hier eine Arbeitsstelle gefunden hat, habe in X dann die Hauptschule besucht und meine Schulausbildung abgeschlossen. Ich habe hier in Österreich immer wieder als Hilfskraft am Bau gearbeitet und mein eigenes Einkommen erzielt. Ich habe bis zu meiner Inhaftierung gearbeitet.

 

Richtig ist, dass ich in Österreich insgesamt vier Mal rechtskräftig verurteilt wurde und derzeit eine Haftstrafe von 10 Monaten verbüße, welche im August 2010 endet.

 

Ich habe gelobt und geschworen, mich hinkünftig jedweder strafbaren Handlung zu enthalten, sodass von mir keinerlei Gefahr mehr für die Republik Österreich und deren berechtigten Interessen (öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit) mehr ausgeht.

 

Die Erlassung eines - auf 7 Jahre befristeten - Aufenthaltsverbotes für das Bundesgebiet Österreich erweist sich vor diesen Hintergründen als rechtswidrig, da ich von klein auf (im Alter von 4,5 Jahren) nach Österreich, in Folge der Kriegswirren in meinem Heimatstaat, gelangt bin, bei welchen ich meinen Vater und meine Großeltern, die als Zivilisten von der serbischen Armee ermordet wurden, verloren habe.

 

Ich habe keinerlei Kontakt zu meinem Heimatstaat, habe in Bosnien weder einen Platz, an welchem ich leben könnte, noch soziale Kontakte. Ich kenne in Bosnien niemanden. Eine soziale Integration meiner Person ist mir nicht möglich. Meine sprachlichen Kenntnisse betreffend die bosnische Sprache reichen gerade aus, um mich etwas auf bosnisch unterhalten zu können, bzw. bosnisch ansatzweise zu verstehen. Die bosnische Schrift beherrsche ich überhaupt nicht.

 

Ich erachte Bosnien weder als meinen Heimatstaat, noch bosnisch als meine Muttersprache. Ich habe keinerlei wie auch immer gearteten soziale Kontakte oder gar soziale Möglichkeiten, um in Bosnien wieder Fuß fassen zu können, da ich defakto mein gesamtes Leben, an welches ich mich erinnern kann, in Österreich verbracht habe. Eine Erinnerung an Bosnien selbst ist mir nicht möglich. Bosnien ist nur auf dem Papier als mein Heimatstaat, da ich die Staatsbürgerschaft der Republik Bosnien besitze, bekannt. Ich habe keinerlei wie auch immer geartete Erinnerung an mein Leben in Bosnien, da ich bereits im Alter von 4,5 Jahren aus Bosnien flüchten musste, um nicht ebenfalls Opfer der serbischen Armee bzw. der bosnischen Serben zu werden.

 

Meine Außerlandesverbringung hätte zur Folge, dass meine Existenz zerstört werden würde. Ich habe keine wie auch immer gearteten Möglichkeiten in Bosnien sozial Fuß zu fassen, ein Einkommen zu verdienen, einen Platz bzw. Ort zu finden, an dem ich leben könnte. Die Dauer meiner Abwesenheit aus Bosnien für die letzten 19 Jahre hat eine Sprachbarriere geschaffen, die es mir nicht möglich macht, mich sozial, beruflich oder in sonst irgendeiner Form in Bosnien wieder zu integrieren.

 

Ich bin von jedweder wie auch immer gearteter Unterstützungsleistung seitens des bosnischen Staates ausgeschlossen, war im Übrigen niemals in der Republik Bosnien selbst, da diese erst nach meiner Flucht aus meinem Heimatland (damals Serbien) entstanden ist.

 

Bereits aus all diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, ebenso die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wider meine Person.

 

Vor dem Hintergrund meines Zusammenlebens und auch meiner nunmehrigen finanziellen Abhängigkeit von meiner Mutter bin ich - trotz meiner Volljährigkeit -berechtigt, im Sinne des Artikel 8 EMRK mein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens geltend zu machen. Festzuhalten ist, dass ich gemeinsam mit meiner Mutter in deren Wohnung an der Adresse X, lebe und von ihr finanziell vor dem Hintergrund meiner Haft und der Tatsache, dass ich meine Arbeit vor diesen Hintergründen verloren habe, abhängig bin.

 

Im Sinne einer vorzunehmenden Interessenabwägung hätte daher die Erstbehörde das wider mich erlassene - 7jährig befristete - Aufenthaltsverbot nicht erlassen dürfen.

 

Weitere Vorbringen behalte ich mir ausdrücklich vor, beantrage die Beischaffung der im erstinstanzlichen Bescheid zitierten Strafakte, beantrage weiters meinem ausgewiesenen Vertreter einen Termin zur Akteneinsicht unter Setzung einer Stellungnahmefrist zu gewähren.

 

Weitere Vorbringen, Urkundenvorlagen und Zeugenbekanntgaben behalte ich mir ausdrücklich vor.

 

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vorgelegt.

 

3.1. Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich wurde der gegenständliche Akt daher dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat für den 17. Oktober 2012 eine mündliche Verhandlung anberaumt. Über Ersuchen des Rechtsvertreters des Bw wurde die mündliche Verhandlung auf den 19. Oktober 2012 vertagt. Zu der Verhandlung wurden die Verfahrensparteien geladen. Die belangte Behörde ist entschuldigt und der Rechtsvertreter ist unentschuldigt ferngeblieben.

 

3.2. Auf Grund der mündlichen Verhandlung steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Der Bw wurde am X geboren, ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina und hält sich seit dem 1. Juni 1992 durchgehend in Österreich auf.

 

Sein Asylantrag wurde am 4. Juni 1992 abgewiesen. Nach wiederkehrend erteilten Aufenthaltstiteln ist der Bw seit dem 7. August 2007 im Besitz eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt - EG".

 

In Bosnien und Herzegowina leben keine Verwandten des Bw. Sein Vater ist in den Bürgerkriegswirren gestorben. Die Mutter, mittlerweile eine österreichische Staatsangehörige wohnt in X, wo sich auch noch ein entfernter Verwandter aufhält. Derzeit lebt der Bw allein in einer vom Verein X finanzierten Wohnung. Abgesehen von den üblichen Kontakten zu österreichischen Staatsangehörigen verfügt der Bw über keine engeren Beziehungen. Zuletzt hat der Bw bis zum 2. November 2010 bei seiner Mutter gewohnt.

 

Der Bw hat ausschließlich in Österreich die Schule besucht und spricht perfekt Deutsch. Die Sprache seiner Heimatregion (Serbokroatisch) versteht er, kann sich selbst aber nur in einer Mundartform ausdrücken und ist nicht in der Lage Schriftstücke zu lesen (mangelnde Kenntnis der kyrillischen Schrift).

 

Strafrechtlich ist der Bw erstmals am 23. März 2002 in Erscheinung getreten. Wegen dieser Tat wurde er vom Landesgericht Linz am 14. Juli 2003 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt.

 

Wie von der belangten Behörde ausführlich unter Punkt 1 dargestellt, wurde der Bw in der Folge vom Landesgericht Linz am 14. Oktober 2005 (3 Monate bedingt), am 6. Juni 2008 (3 Monate Freiheitsstrafe) und am 20. November 2009 (10 Monate Freiheitsstrafe) verurteilt. Zuletzt verurteilte das BG Linz den Bw mit Urteil vom 9. August 2011, Zl. 18U 205/11m, zu einer Geldstrafe von 560 Euro wegen eines Vergehen nach dem SMG (§ 27 Abs. 1 Z. 1, 1., 2. und 8 Fall und Abs. 2). Das Urteil ist am 13. August 2011 in Rechtskraft erwachsen.

 

Seit dem Jahr 2000 ist der Bw drogenabhängig und hat sich bis 2010 Suchtmittel ausschließlich zum eigen Bedarf beschafft. Ein Großteil seiner strafrechtlichen Verfehlungen ist auf seine Drogenabhängigkeit zurückzuführen (Beschaffungskriminalität).

 

Obwohl der Bw einsichtig ist, seit 2010 keine Drogen mehr zu sich nimmt, sich mehreren Therapien unterzogen hat und mit Ersatzstoffen das Auslangen zu finden sucht, scheint die Behandlung nicht die gewünschte Wirkung zu zeigen. Seit ca. 2 Monaten versucht der Bw ohne Drogen und Drogenersatzstoffe auszukommen, um seine Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess zu ermöglichen. Bedingt durch die ständig schwankenden Gemütsbewegungen war ihm dies bis dato verwehrt.

 

3.3. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist nach Durchführung der mündlichen Verhandlung unstrittig.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 60 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011, konnte gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.      die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.      anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen    zuwiderläuft.

 

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde für die Verhängung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes daher grundsätzlich zu Recht die zitierte Bestimmung herangezogen.

 

Da – sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist – im Berufungsverfahren von der angerufenen Behörde die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt deren Entscheidung heranzuziehen ist, sind die durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, vorgenommenen Änderungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in diesem Verfahren zu berücksichtigen.

 

4.1. Gemäß § 63 Abs. 1 FPG kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.      die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.      anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen    zuwiderläuft.

 

Gemäß § 63 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.

 

Gemäß § 63 Abs. 3 FPG ist ein Aufenthaltsverbot gemäß Abs. 1 in den Fällen des
§ 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

4.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass der Bw über einen Aufenthaltstitel verfügt und sich derzeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Daher sind grundsätzlich die oben genannten Bestimmungen zur Prüfung des Aufenthaltsverbotes heranzuziehen.

 

Allerdings ist davor noch auf die besonderen Ausschließungsgründe des § 64 FPG einzugehen. Der Bw vermeint im Sinne des § 64 Abs. 1 Z 1 und 2 FPG aufenthaltsverfestigt zu sein – ein Aufenthaltsverbot wäre diesfalls generell nicht zulässig. Dieser Ansicht kann jedoch nicht beigetreten werden:

 

4.2.1. § 64 Abs. 1 Z 1 FPG stellt darauf ab, ob dem Drittstaatsangehörigen vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 die Staatsbürgerschaft hätte verliehen werden können. Die zitierte Bestimmung sieht verschiedene Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vor. In § 10 Abs. 1 Z 1 StbG wird etwa auf einen zehnjährigen, ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet abgestellt.

 

Unter dem Zeitpunkt "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" ist der Zeitpunkt vor Eintritt des ersten der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände zu verstehen.

 

Nach unbestrittener Aktenlage erfolgte die Einreise des Bw ins Bundesgebiet am 1. Juni 1992. Das erste (aktenkundige) strafrechtlich relevante Verhalten, das in der Folge zur ersten rechtskräftigen Verurteilung geführt hat, setzte der Bw am 23. März 2002. Somit stellt sich die Frage, ob dem Bw am 23. März 2002 die Staatsbürgerschaft hätte verliehen werden können.

 

Da der Bw zu diesem Zeitpunkt – wenn auch nur knapp – nicht über einen ununterbrochenen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet von zehn Jahren verfügt hat, hätte ihm die Staatsbürgerschaft gestützt auf diese Bestimmung nicht verliehen werden können.

 

Aus dem unstrittigen Sachverhalt geht hervor, dass der Bw zu keiner Zeit die in § 10 Abs. 1 Z 1 StbG geforderte ununterbrochene (deliktsfreie) Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet von zehn Jahren aufweist, weshalb eine Aufenthaltsverfestigung, ohne auf die weiteren Elemente des § 10 Abs. 1 StbG eingehen zu müssen, nicht vorliegen kann.

 

4.2.2. Auch ist der Bw nicht im Sinne des § 64 Abs. 1 Z 2 FPG "von klein auf im Inland aufgewachsen". Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Grenze für diese Art der Aufenthaltsverfestigung in etwa im Alter von vier Jahren zu ziehen. Diese Grenze kann freilich keine absolute sein. Der Bw ist jedoch erst im Alter von fünfeinhalb Jahren nach Österreich gekommen.

 

4.2.3. Der nach Abschluss des Asylverfahrens weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige Bw verfügt seit 7. August 2007 über den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG".

 

Die in Rede stehende aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Bw stützt sich jedoch auf keinen der genannten Tatbestände, weshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die im Sinne des § 64 Abs. 2 FPG vorliegende Aufenthaltsverfestigung nicht gegeben ist.

 

4.2.4. Auch eine Aufenthaltsverfestigung nach § 64 Abs. 3 FPG (acht Jahre ununterbrochener und rechtmäßiger Aufenthalt im Inland, keine gerichtliche Verurteilung und keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den Aufenthalt) sowie des Abs. 4 leg cit (Titel "Daueraufenthalt-EG" oder "Daueraufenthalt-Familienangehöriger") liegen schon ihm Hinblick auf die Verurteilungen und den Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung des angesprochenen Aufenthaltstitels nicht vor.

 

Es gelangt daher § 63 Abs. 1 FPG vollinhaltlich zur Anwendung.

 

4.3.1. Nach dem im gegenständlichen Fall relevanten Sachverhalt sind zweifelsfrei mehrere strafgerichtliche rechtskräftige Verurteilungen des Bw gegeben, wobei der Bw am 20. November 2009 vom LG Linz zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden ist (siehe genaue Darstellung unter Punkt 1). Es ist daher § 63 Abs. 2 in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Z 1 FPG einschlägig und im Sinne der zitierten Norm davon auszugehen, dass der Bw die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende bestimmte Tatsachen verwirklicht hat.

 

Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte ihrer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird. Daher ist – aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – vor Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu prüfen, ob das Verhalten des Bw aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, in Hinkunft die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu gefährden.

 

4.3.2. Zwar führt der Bw in seinem Rechtsmittel aus, sein Fehlverhalten eingesehen zu haben woraus abzuleiten ist, dass er sich in Hinkunft rechtskonform verhalten wolle und daher keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

 

Dieser Zukunftsprognose kann vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jedoch aufgrund folgender Überlegungen nicht beigetreten werden:

 

Der Bw weist – wie dem angefochtenen Bescheid und dem Verwaltungsakt zu entnehmen – eine mehrjährige Kriminalgeschichte auf. In der Berufungsschrift und in der mündlichen Verhandlung werden die zahlreichen Verurteilungen (beginnend 2003 und derzeit endend 2011) nicht bestritten. Obwohl der Bw in der Begründung gelobt und geschworen hat, sich hinkünftig jedweder strafbaren Handlung zu enthalten, wurde er im August 2011 neuerlich verurteilt. Im Hinblick auf die Steigerung der kriminellen Energie, die ihren Höhepunkt in der der Verurteilung vom 20. November 2011 zugrundeliegenden Tat fand, liegt der letzten Verurteilung ein deutlich geringeres Fehlverhalten zugrunde. Zusätzlich scheinen zahlreiche Vormerkungen wegen Verwaltungsstraftaten auf.

 

Im Laufe seines Aufenthaltes hat der Bw somit gegen die verschiedensten verwaltungs(straf)rechtlichen und insbesondere auch kernstrafrechtlichen Vorschriften verstoßen. Er hat das besonders schützenswerte Rechtsgut des Eigentums mehrfach beeinträchtigt. Ebenso hat er mehrmals Dritte gefährlich bedroht und sie dabei in Furcht und Unruhe versetzt.

 

Der Bw hat somit durch sein über mehrere Jahre hinweg kontinuierlich gesetztes rechtswidriges Verhalten in den unterschiedlichsten Bereichen eindrucksvoll bewiesen, die Rechtsordnung im Bundesgebiet nicht zu achten und sich nicht als an die Werteordnung der hiesigen Gesellschaft gebunden anzusehen. Auch wenn der Bw die Taten auf seine Suchtmittelabhängigkeit und die sich daraus ergebende Lebensunfähigkeit zurückführen möchte, vermag der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich seiner Aussage, sich in Hinkunft rechtskonform verhalten zu wollen, bei einer derartigen Vorgeschichte aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung keinen Glauben zu schenken.  

 

Es ist daher mit der belangten Behörde davon auszugehen, dass der weitere Aufenthalt des Bw im Inland eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt.

 

In diesem Sinn ist die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw fraglos gerechtfertigt. Allerdings ist bei der Beurteilung des Falls auch auf § 61 FPG bzw. Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen.

 

4.4.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.4.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.5.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist eingangs festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um Straftaten durch Fremde dauerhaft im Bundesgebiet zu unterbinden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung und Sicherheit eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen und zu erhalten. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind. Eine diesbezügliche Verhältnismäßigkeitsprüfung anhand der Kriterien des § 61 FPG führt dennoch nicht zum Ergebnis, dass der Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben des Bw unrechtmäßig wäre.

 

4.5.2.1. Der Bw hält sich seit 1992 durchgehend rechtmäßig in Österreich auf und verfügt seit dem 7. August 2007 über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG".

 

4.5.2.2. Es steht völlig außer Zweifel, dass der Bw durch seinen Aufenthalt in Österreich seit dem Jahr 1992, seine familiären Bande und der Kenntnisse der deutschen Sprache ein erhebliches Maß an Integration erworben hat und ein Aufenthaltsverbot in das Recht des Bw auf Privat- und Familienleben eingreift.

 

4.5.2.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Fremden alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen.

 

Im diesem Sinne geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa zehn Jahren, fast durchgehender erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit sowie weiterer Integrationsschritte das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl. etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).

 

Der Bw hält sich seit mehr als 20 Jahren rechtmäßig in Österreich auf. Bedingt durch seine erste aktenkundige Tat im Frühjahr 2002 (unmittelbar vor Ablauf der Zehnjahresfrist) kam er einer Aufenthaltsverfestigung sehr nahe, kann aber im Sinne des § 64 FPG nicht als aufenthaltsverfestigt angesehen werden.

 

4.5.2.4. Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf Punkt 4.5.2.2. verwiesen. Zudem ist festzuhalten, dass der Bw während seines Aufenthaltes im Inland bis Ende November 2008 über weite Strecken einer Beschäftigung (vorwiegend geringfügig) nachgegangen ist. Ab November 2008 war der Bw nur mehr ca. ein halbes Jahr beschäftigt. Seit diesem Zeitpunkt wurden dem Bw Arbeitslose, Notstand oder Krankengeld gewährt. Bedingt durch die Strafhaft und seinen labilen Gesundheitszustand, der sich auf die Drogenabhängigkeit und die Entzugstherapien gründet, war es dem Bw nicht möglich, Beschäftigungsverhältnisse länger aufrecht zu erhalten.

 

Die erworbene Integration wird freilich durch die vom Bw begangenen Vergehen und Verbrechen, durch die dieser zu erkennen gegeben hat, die im Gastland geltende Rechtsordnung nicht zu akzeptieren, relativiert bzw. erschüttert.

 

4.5.2.5. Hinsichtlich der Zumutbarkeit der Maßnahme in Verbindung mit einer Rückkehr in sein Heimatland ist festzuhalten, dass der im Dezember 1986 geborene und Mitte 1992 nach Österreich gelangte Bw lediglich einen Teil seines Vorschulalters im Heimatland verbracht hat. Die gesamte Schulausbildung hat der Bw in Österreich absolviert. Der Bw beherrscht seine Muttersprache nur teilweise und dies auch nur in einer Mundartform. Schriftlich kann der Bw nicht kommunizieren, da er keine Kenntnis der kyrillischen Schrift hat. Der Bw ist in seinem Herkunftsstaat weder sozialisiert noch mit der dortigen Kultur, den Gebräuchen usw. vertraut. Bedingt durch den Bürgerkrieg leben auch keine näheren Verwandten des Bw mehr in Bosnien.

 

4.5.2.6. Um Wiederholungen zu vermeiden wird hinsichtlich der Verurteilungen nach oben verwiesen. Die im Verfahren hervorgekommenen verwaltungsstrafrechtlichen Delikte runden das Persönlichkeitsbild des Bw ab, wenn diese alleine auch keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit begründen könnten.

 

4.5.3. Aufgrund der getroffenen Feststellungen gilt es nunmehr in einer Verhältnismäßigkeitsprüfung das Interesse des Bw am Verbleib im Inland mit dem öffentlichen Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit abzuwägen.

 

Beim Bw handelt es sich um eine Person, die kontinuierlich strafrechtliche Delikte verschiedenster Art und Weise begangen hat. Auf Grund dieser Tatsache steht es für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich außer Zweifel, dass der Verbleib des Bw im Inland auch in Hinkunft die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

 

Abstellend auf die hohe Integration und die besonderen Lebensumstände des Bw in Österreich ist eine Rückkehr des Bw in sein Heimatland bei einer Gesamtbetrachtung nicht zumutbar. Der Bw, der auf Grund seiner psychischen Probleme trotz staatlicher und privater Unterstützung in Österreich kaum selbsterhaltungs- und lebensfähig ist, kann abseits von Österreich – auf sich allein gestellt - sein Fortkommen keinesfalls sichern.

 

Bei einer Gesamtabwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK ist im konkreten Einzelfall den privaten Interessen des Bw der Vorzug zu geben.

 

Der Bw kann sich somit durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

4.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Von einer Übersetzung gemäß § 59 Abs. 1 FPG konnte aufgrund der sehr guten Deutschkenntnisse des Bw abgesehen werden.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

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