Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240923/2/Gf/Rt

Linz, 25.10.2012

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des Mag. M, vertreten durch die RAe Mag. M u.a. gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28. September 2012, Zl. SanRB96-16-2012, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.      

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 28. September 2012, Zl. SanRB96-16-2012, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 175 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 18 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 17,50 Euro; Untersuchungskosten: 165 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 357,50 Euro) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser am 2. Dezember 2011 ein Produkt mit einem zu lange bemessenen Verbrauchsdatum und daher mit einer zur Irreführung geeigneten Angabe durch Lagerung in Verkehr gebracht worden sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 125/2011 (im Folgenden: LMSVG), begangen, weshalb er nach § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete Verhalten auf Grund entsprechender Wahrnehmungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes sowie eines Gutachtens der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werden gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Einkommen: 3.000 Euro; keine Sorgepflichten).

1.2. Gegen dieses ihm am 2. Oktober 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 15. Oktober 2012 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass die beanstandete Ware fertig abgepackt und gekennzeichnet aus Lettland angeliefert werde, wobei der Hersteller das Mindesthaltbarkeitsdatum auf Veranlassung des Beschwerdeführers von der sonst üblichen 28-Tage-Frist jeweils auf 21 Tage herabsetze. Weiters gehe aus insgesamt fünf im zeitlichen Naheverhältnis zum Vorfallszeitpunkt stichprobenartig erstellten – wenngleich andere Chargen betreffenden – Gutachten hervor, dass der Räucherlachs auch noch nach dem Ablauf der Haltbarkeitsfrist mängelfrei gewesen sei, sodass er damit seiner Verpflichtung zur Installierung eines wirksamen Kontrollsystems vollständig entsprochen habe. Dem gegenüber sei seitens der Gutachterin lediglich ein Geruchstest, nicht jedoch auch ein Geschmackstest oder eine mikrobiologische Untersuchung durchgeführt worden. Schließlich könne dem Beschwerdeführer – wenn überhaupt – bloß ein geringfügiges Verschulden angelastet werden.

Daher wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu ein Absehen von einer Bestrafung bzw. eine Herbsetzung der Strafhöhe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Linz-Land zu Zl. SanRB96-16-2012; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel mit einer irreführenden Angabe in Bezug auf deren Haltbarkeit in Verkehr bringt.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall hat die AGES in ihrem Gutachten vom 2. Februar 2012, Zl. 11127404, festgestellt, dass drei der insgesamt fünf beprobten Packungen mit einem "abwegigen Geruch (mäßig unrein)" behaftet gewesen seien, weshalb "eine Verkostung ..... aus diesem Grund abgelehnt" wurde. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass bei allen fünf Packungen "eine Kontamination mit Listeria monocytogenes" festgestellt wurde, weshalb die Ware zwar als "Lebensmittel, die die Vermehrung von L. monocytogenes begünstigen können" einzustufen, im Ergebnis deshalb jedoch "nicht zu beanstanden" sei (vgl. S. 6 dieses Gutachtens).

 

Resumierend verbleibt damit aber lediglich der – vollumfänglich auf einer rein subjektiven Einschätzung jener Person, die die Untersuchung der Proben durchgeführt hat, basierende – Vorwurf, dass die Proben am letzten Tag des angegebenen Haltbarkeitsdatums einen "mäßig unreinen Geruch" aufgewiesen hätten.

 

Ein derartige Form der Beweiserhebung vermag jedoch rechtsstaatlichen Maßstäben, wie diese an ein Strafverfahren anzulegen sind, deshalb nicht zu genügen, weil diese nicht objektivierbar ist. Um eine solche Einschätzung nämlich auch ex post – insbesondere im Zuge einer nachfolgenden Rechtmäßigkeitskontrolle – verifizieren zu können, hätte (zumindest) der sensorischen Prüfung jedenfalls ein (oder mehrere) weitere(s) Untersuchungsorgan(e) beigezogen werden müssen.

 

Darauf, dass dies im vorliegenden Fall geschehen ist, finden sich jedoch weder im Gutachten der AGES noch sonst in dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt entsprechende Hinweise. Deshalb war im Ergebnis mangels erwiesener Tatbestandsmäßigkeit gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK vom Nichtvorliegen eines strafbaren Verhaltens des Rechtsmittelwerbers auszugehen.

3.3. Der gegenständlichen Berufung war sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

Dr.  G r ó f

 

 

VwSen-240923/2/Gf/Rt vom 25. Oktober 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

EMRK Art6 Abs2;

LMSVG §5 Abs2 Z1;

VStG §45 Abs1 Z1

 

 

Wenn sich der Tatvorwurf, dass mit einem zu langen Haltbarkeitsdatum gekennzeichnete Lebensmittel in Verkehr gebracht worden seien, lediglich darauf zu stützen vermag, dass dieses Tatbestandselement im Wege einer sensorischen Überprüfung, die einen "mäßig unreinen Geruch" ergeben hätte, festgestellt wurde, so genügt eine derartige Form der Beweiserhebung jenen rechtsstaatlichen Maßstäben, wie diese an ein Strafverfahren anzulegen sind, deshalb nicht, weil diese nicht objektivierbar ist. Um eine solche Einschätzung nämlich auch ex post – insbesondere im Zuge einer nachfolgenden Rechtmäßigkeitskontrolle – verifizieren zu können, hätte(n) (zumindest) der sensorischen Prüfung (ein oder mehrere) weitere(s) Untersuchungsorgan(e) beigezogen werden müssen. Da dies jedoch im vorliegenden Fall unterlassen wurde, war sohin gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK mangels erwiesener Tatbestandsmäßigkeit vom Nichtvorliegen eines strafbaren Verhaltens auszugehen.

 

 

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