Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240898/2/WEI/MZ/Ba

Linz, 04.10.2012

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des R H, S, S, vertreten durch Rechtsanwälte Prof. H & Partner, K, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Statutarstadt Steyr vom 5. April 2012, Zl. SanR-12/09, wegen vier Verwaltungsübertretungen nach dem Medizinproduktegesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis in allen vier Spruchpunkten aufgehoben und das Strafverfahren jeweils gemäß dem § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

II.                Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG; §§ 31 Abs 2, 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden nur Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen bestimmtes Organ der Firma 'H Handelsgesellschaft m.b.H' in S, S, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass

  1. durch oa. Firma im Mai 2009 mittels Postwurfsendung an alle österreichischen Haushalte (und somit an Verbraucher) für das Produkt -P-G', welches ein Medizinprodukt ist, geworben wurde, ohne dass ggst. Produkt eindeutig als Medizinprodukt dargestellt wurde. Da Medizinproduktwerbung, die für Verbraucher bestimmt ist, so gestaltet sein muß, dass das Produkt eindeutig als Medizinprodukt dargestellt wird, stellt oa. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes dar.
  2. durch oa. Firma im Mai 2009 mittels Postwurfsendung an alle österreichischen Haushalte (und somit an Verbraucher) für das Produkt 'M-P-G', welches ein Medizinprodukt ist, mit dem Hinweis darauf, dass durch oa. Produkt eine 'medikamentenfreie Hilfe bei: Heuschnupfen' gegeben sei, geworben wurde. Diese Werbung legt somit nahe, dass eine ärztliche Behandlung überflüssig erscheint. Da Medizinproduktwerbung, die für Verbraucher bestimmt ist, keine Elemente enthalten darf, die eine ärztliche Behandlung als überflüssig erscheinen lassen, stellt oa. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes dar.
  3. durch oa. Firma im Mai 2009 mittels Postwurfsendung an alle österreichischen Haushalte (und somit an Verbraucher) für das Produkt 'M-P-G', welches ein Medizinprodukt ist, ohne die für die sinnvolle Anwendung des Medizinproduktes unerlässliche Information geworben wurde. Da Medizinproduktwerbung, die für Verbraucher bestimmt ist, zumindest die für die sinnvolle Anwendung des Medizinproduktes unerlässliche Information zu enthalten hat, stellt oa. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes dar.
  4. durch oa. Firma im Mai 2009 mittels Postwurfsendung an alle österreichischen Haushalte (und somit an Verbraucher) für das Produkt 'M-P-G', welches ein Medizinprodukt ist, ohne Hinweis darauf geworben wurde, dass die Gebrauchsanweisung genau zu beachten ist und erforderlichenfalls der Rat eines Arztes, Zahnarztes, Dentisten, Apothekers oder einer sonstigen, auf Grund ihrer beruflichen Ausbildung dazu befugten Person einzuholen ist.. Da Medizinproduktwerbung, die für Verbraucher bestimmt ist, einen Hinweis darauf zu enthalten hat, dass die Gebrauchsanweisung genau zu beachten und erforderlichenfalls der Rat eines Arztes, Zahnarztes, Dentisten, Apothekers oder einer sonstigen, auf Grund ihrer beruflichen Ausbildung dazu befugten Person einzuholen ist, stellt oa. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes dar.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

ad 1.

§ 105 i.V.m. § 111 Ziff. 42 Medizinproduktegesetz, BGBl. 657/1996 i.d.g.F.

ad 2.

§ 106 Ziff. 3 i.V.m. § 111 Ziff. 42 Medizinproduktegesetz, BGBl. 657/1996 i.d.g.F.

ad 3.

§ 107 Abs. 1 Ziff. 3 i.V.m. § 111 Ziff. 42 Medizinproduktegesetz, BGBl. 657/1996 i.d.g.F.

ad 4.

§ 107 Abs. 2 i.V.m. § 111 Ziff. 42 Medizinproduktegesetz, BGBl. 657/1996 i.d.g.F."

 

Die belangte Behörde verhängte wegen dieser vier Verwaltungsübertretungen je eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit je eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden. Gemäß § 64 VStG wurde als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens der einheitliche Betrag von 120 Euro (10 % der Geldstrafen) vorgeschrieben.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der rechtsfreundlichen Vertretung des Bw am 10. April 2012 postalisch zugestellt wurde, wendet sich die rechtzeitig am 23. April 2012 zur Post gegebene Berufung vom gleichen Tage.

 

Im Rechtsmittel stellt der Bw die Anträge, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge der Berufung Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen, in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufheben und in der Sache selbst nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, allenfalls unter Anwendung des § 21 VStG, das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

3. Mit Vorlageschreiben vom 7. Mai 2012, ho. eingelangt am 10. Mai 2012, hat die belangte Behörde die Berufung und ihren Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 31 Abs 3 Satz 1 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem in Abs 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind. Nach dem § 31 Abs 2 Satz 2 VStG ist die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Handlung abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Dem Bw wird in sämtlichen Spruchpunkten des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet, jeweils "im Mai 2009" die in vier Spruchpunkten umschriebenen Übertretungen des Medizinproduktegesetzes begangen zu haben (dazu Punkt 1.). Eine genauere Eingrenzung der Tatzeit ist dem angefochtenen Straferkenntnis mangels näherer Begründung nicht zu entnehmen.

 

Mit Schreiben vom 7. Mai 2012, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 10. Mai 2012, wurde von der belangten Behörde der gegenständliche Verwaltungsstrafakt mit dem Ersuchen um Berufungsentscheidung vorgelegt. Schon zu diesem Zeitpunkt konnte nicht ausgeschlossen werden, dass aufgrund des Tatvorwurfs, der Bw habe "im Mai 2009" – somit möglicherweise im Zeitraum vom 1. bis zum 9. Mai 2009 – die strafbaren Handlungen begangen, bereits mehr als drei Jahre verstrichen sind und gemäß § 31 Abs 3 VStG Strafbarkeitsverjährung eingetreten war. Selbst wenn man zu Lasten des Bw eine andere Auffassung vertreten würde, ist jedenfalls mit Ende des Monats Mai 2012 Strafbarkeitsverjährung eingetreten. Die Durchführung einer vom Bw beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der Erlassung der Berufungsentscheidung wäre dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im verbliebenen, mehr als knapp bemessenen Zeitraum gar nicht möglich gewesen.

 

Demnach ist die Strafbarkeit der gegenständlich angelasteten Verwaltungsübertretungen spätestens mit Ablauf des Monats Mai 2012 als verjährt anzusehen. Verfahrenszeiten, die nach dem § 31 Abs 3 letzter Satz VStG nicht einzurechnen sind, lagen nicht vor.

 

Im Hinblick auf die eingetretene Strafbarkeitsverjährung bedarf es keiner weiteren Erörterungen in der Sache bzw. auch keines weiteren Eingehens auf die im Rechtsmittel geltend gemachten Argumente. Das angefochtene Straferkenntnis war aus Anlass der Berufung aufzuheben und das Strafverfahren zu den vier Spruchpunkten gemäß dem § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen, weil nunmehr mit der Strafbarkeitsverjährung ein Umstand vorliegt, der die Strafbarkeit aufhebt.

 

5. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

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