Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253296/2/Kü/HK

Linz, 03.10.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn K L, vertreten durch H – E & Partner Rechtsanwälte, L, L, vom 23. August 2012, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. Juli 2012, GZ: 0038381/2011, wegen einer Übertretung des Ausländer­beschäftigungs­gesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF        iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991     idgF.

zu II.:   § 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. Juli 2012, GZ: 0038381/2011 wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe von 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach au­ßen zur Vertretung berufene Person der Firma F & C R mbH., B, L verwaltungs­strafrechtlich zu verantworten, dass von dieser Fir­ma als Arbeitgeber am 23.07.2011 auf der Baustelle P J, K, B der rumänische Staatsbürger Herr K I-C, geboren X, gemeldet in x, x als Reinigungskraft gegen Entgelt - € 1200,00 pro Monat - beschäftigt wurde, obwohl Ihnen für diesen Arbeitnehmer lediglich für den örtlichen Geltungsbereich Linz eine Beschäftigungsbewilligung, ABB-Nr. x, für den Zeitraum vom 20.12.2010 bis 19.12.2011 ausgestellt worden war. Für die Tätigkeit auf der Baustelle in B war Ihnen weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden, noch war der Ausländer weder im Besitz einer Arbeitserlaubnis noch eines Befreiungsschein oder einer "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" oder eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt-EG" oder eines Niederlassungsnachweises".

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung in der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass der Bw zum Tatzeitpunkt und zum Zeitpunkt der Aufforderung der Rechtfertigung beruflich im Ausland tätig gewesen sei. Es gebe jedoch eine zweite handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma F & C R mbH, welcher die Aufforderung zur Rechtfertigung ebenfalls übermittelt worden sei. Diese habe sowohl für sich selbst als auch im Namen des Bw eine Rechtfertigung abgegeben. In dieser Rechtfertigung sei mitgeteilt worden, dass nicht der Bw sondern Frau E R als handelsrechtliche Geschäftsführerin alleinig für die Arbeitseinteilung der Mitarbeiter verantwortlich sei. In einigen wenigen Fällen komme es vor, dass sich Kunden direkt mit dem Objektleiter der Firma, Herrn Ö, in Verbindung setzen würden, wobei dieser jedoch verpflichtet sei die handelsrechtliche Geschäftsführerin E R umgehend darüber zu informieren, damit die Arbeitseinteilung erfolgen könne. Auf der Baustelle P in B sei ebenfalls der Objektleiter Herr Ö direkt vom Kunden kontaktiert worden, um auf der Baustelle am 23.07.11 Reinigungsarbeiten vorzunehmen. Die handelsrechtliche Geschäftsführerin E R sei von Herrn Ö darüber in Kenntnis gesetzt worden und habe für diese Arbeiten Herrn Ö selbst und Herrn R eingeteilt.

 

Zu jenem Zeitpunkt habe sich das Firmenauto der Firma F & C R GmbH in der Werkstatt befunden, weshalb Herr Ö und sein Arbeitskollege mit einem kleineren Leihauto zur Baustelle gefahren seien. Während der Reinigungsarbeiten habe man festgestellt, dass man eine größere Leiter benötige, welche jedoch nicht mitgenommen worden sei. Aus diesem Grunde habe Herr Ö (von sich aus und ohne Rücksprache mit der handelsrechtlichen Geschäftsführerin) telefonischen Kontakt zu Herrn I-C K aufgenommen, damit ihm dieser eine Leiter nach B nachbringen möge. Dies sei von Herrn K schließlich auch veranlasst worden. Die Abgabenbehörde hingegen hätte angeführt, dass sie den Ausländer bei der Fensterreinigung betreten habe. Hierin liegt ein aufzuklärender Widerspruch vor und hätte die Behörde ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchführen müssen.

 

Die Ermittlungstätigkeit wäre vor allem deshalb angebracht gewesen, da jedenfalls auf § 6 Abs.2 AuslBG Rücksicht zu nehmen gewesen wäre. Die Rechtfertigung der zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführerin E R deute eindeutig darauf hin, dass der rumänische Staatsbürger Herr K nur kurzfristig auf der Baustelle in B (tätig) gewesen sei. Selbst wenn Herr K vor Ort noch eine Reinigungstätigkeit für kurze Zeit verrichtet hätte, was jedoch ausdrücklich bestritten würde, so sei auf jeden Fall § 6 Abs.2 AuslBG anzuwenden, da der Ausländer lediglich an diesem einen Tag nämlich am 23.07.2011 für die Reinigungsfirma F & C R mbH außerhalb des örtlichen Geltungsbereichs der Beschäftigungsbewilligung in Linz tätig gewesen sei. Für solche kurzfristige Tätigkeiten sei eine Änderung der Beschäftigungsbewilligung gemäß § 6 Abs.2 AuslBG nicht erforderlich und könne deshalb weder dem Bw noch der zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführerin eine Verletzung der Verwaltungsvorschrift gemäß § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit. a AuslBG vorgeworfen werden.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Linz hat mit Schreiben vom 24. September 2012 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw ist einer von zwei handelsrechtlichen Geschäftsführern der F & C R mbH mit dem Sitz in B, L. Am 23.07.2011 wurde von Organen des Finanzamtes Grieskirchen Wels auf einer Baustelle in K, B, eine Kontrolle durchgeführt. Bei dieser Kontrolle wurden vor Ort 3 Arbeiter der F & C R mbH  angetroffen. Nach der Sachverhaltsdarstellung des kontrollierenden Beamten wurden die 3 Arbeiter bei Fensterreinigungsarbeiten angetroffen. Festgestellt wurde auch, dass einer der 3 Arbeiter, der rumänische Staatsangehörige I-C K ist, für welchen der F & C R mbH für den Zeitraum 20. Dezember 2010 bis 19. Dezember 2011 für die berufliche Tätigkeit als Reinigungskraft beschränkt auf den örtlichen Geltungsbereich Linz eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 06. September 2011 sowie der vorliegenden Beschäftigungs­bewilligung. Im Berufungsvorbringen wurde bestätigt, dass sich der rumänische Staatsangehörige I-C K am Kontrolltag auf der Baustelle in B aufgehalten hat.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Gemäß § 6 Abs.1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung für einen Arbeitsplatz zu erteilen und gilt für den politischen Bezirk, in dem der Beschäftigungsort liegt. Der Arbeitsplatz ist durch die berufliche Tätigkeit und den Betrieb bestimmt. Der Geltungsbereich kann bei wechselndem Beschäftigungsort unter Bedachtnahme auf die Lage und Entwicklung der in Betracht kommenden Teilarbeitsmärkte auf mehrere Betriebe eines Arbeitgebers und auch den Bereich mehrerer politischer Bezirke, eines Bundeslandes, mehrerer Bundesländer oder das gesamte Bundesgebiet festgelegt werden.

 

Nach § 6 Abs.2 AuslBG ist eine Änderung der Beschäftigungsbewilligung nicht erforderlich, wenn der Ausländer für eine verhältnismäßig kurze, eine Woche nicht übersteigende Zeit auf einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt wird. Für einen längeren Zeitraum ist eine neue Beschäftigungsbewilligung erforderlich.

 

5.2. § 6 Abs.2 AuslBG bedeutet, dass eine kurzfristige (bis zu einer Woche) von der ursprünglich erteilten Beschäftigungsbewilligung in beruflicher, fachlicher und örtlicher Hinsicht abweichende Tätigkeit des Ausländers im eigenen Unternehmen des Arbeitgebers ohne neue Beschäftigungsbewilligung erlaubt ist. Der kurzfristige Arbeitsplatzwechsel ist aber nur innerhalb der Geltungsdauer der aktuellen Beschäftigungsbewilligung zulässig. Eine kurzfristige Tätigkeit auf einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb eines anderen Unternehmens, ist ohne neue Beschäftigungsbewilligung nur im Rahmen der Nachbarschaftshilfe möglich (Deutsch, Neurath, Nowotny, Seitz – Ausländerbeschäftigungsrecht, Lose-Blatt-Ausgabe, Seite 249).

In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16.12.1997, 96/09/0047 ausgesprochen, dass die echte Leiharbeit in den zeitlichen Grenzen des § 6 Abs.2 AuslBG zulässig ist, diese Ausnahme allerdings für die Überschreitung des territorialen Bereiches nicht anwendbar ist.

 

Dem Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen-Wels, welcher dem gegenständlichen Strafverfahren zu Grunde liegt, ist zu entnehmen, dass der rumänische Staatsangehörige I-C K am 23.07.2011 um ca. 10.00 Uhr bei der Kontrolle der Baustelle in B, K mit zwei seiner Kollegen angetroffen worden ist. Die F & C R mbH verfügte am Kontrolltag über eine Beschäftigungsbewilligung für den rumänischen Staatsangehörigen für den örtlichen Geltungsbereich Linz. Den Erhebungen der Kontrollorgane ist nicht zu entnehmen, dass der rumänische Staatsangehörige auch an anderen Tagen Tätigkeiten für die F & C R mbH außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches der Beschäftigungsbewilligung durchgeführt hätte. Da somit die Beschäftigung des rumänischen Staatsangehörigen außerhalb des örtlichen Geltungsbereichs der Beschäftigungsbewilligung ausschließlich an einem Tag angelastet werden kann existiert daher kein Beweis dafür, dass dessen Beschäftigung außerhalb des örtlichen Geltungsbereichs der Beschäftigungsbewilligung das Ausmaß einer Woche (Arbeitszeit des ausländischen Staatsangehörigen laut Beschäftigungs­bewilligung – Ganztagsbeschäftigung, 40 Stunden pro Woche) überschritten hätte. Dabei ist es unerheblich, ob der ausländische Staatsangehörige, wie in der Berufung ausgeführt, ausschließlich eine Zustellfahrt zur Baustelle nach B durchgeführt hat und aus diesem Grunde dort anwesend war oder ob er auf der Baustelle in B auch Fensterreinigungsarbeiten durchgeführt hat.

 

Im Erkenntnis vom 28.2.2002, Zl. 99/09/0257, vertritt der Verwaltungsgerichts­hof folgende Auffassung:

"Sollte sich ergeben, dass die beantragte ausländische Arbeitskraft über das in § 6 Abs.2 AuslBG hinausgehende Ausmaß in mehreren Bundesländern von der beschwerdeführenden Partei beschäftigt werden soll, dann wäre dies – nach entsprechender Antragsmodifikation durch die beschwerdeführende Partei – bei der Festlegung des Geltungsbereichs einer allenfalls zu erteilenden Beschäfti­gungsbewilligung zu berücksichtigen."

 

Aus dieser Formulierung des Verwaltungsgerichtshofes kann nur geschlossen werden, dass eine Beschäftigungsbewilligung für den Geltungsbereich mehrerer Bundesländer nur dann beantragt werden muss, wenn ein in der Beschäftigungsbewilligung festgelegter räumlicher Geltungsbereich länger als eine Woche überschritten wird.

 

Im gegenständlichen Straferkenntnis wird dem Bw die Beschäftigung des ausländischen Staatsangehörigen an einem Tag auf einer Baustelle außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der vorliegenden Beschäftigungsbewilligung angelastet. Dieser Umstand bedeutet aber, dass dem Bw die Beschäftigung innerhalb des vom § 6 Abs.2 AuslBG umfassten Zeitraums von einer Woche angelastet wird, weshalb für eine Tätigkeit außerhalb des örtlichen Geltungsbereichs der Beschäftigungsbewilligung die Erteilung einer neuen Beschäftigungsbewilligung nicht erforderlich gewesen ist. Weitere Tätigkeiten des Ausländers außerhalb des örtlichen Geltungsbereichs der Beschäftigungs­bewilligung, die den Zeitraum von einer Woche übersteigen würden, sind nicht Gegenstand des Verfahrens. Eine Beschäftigung des ausländischen Staatsangehörigen durch den Bw am 23.07.2011 ist daher innerhalb des vom § 6 Abs.2 AuslBG festgelegten Rahmens erfolgt, weshalb dem Bw die Beschäftigung entgegen den Vorschriften des Ausländer­beschäftigungs­gesetzes nicht angelastet werden kann. Insofern war daher der Bw mit seinem Vorbringen in der Berufung im Recht, weshalb der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

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