Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167117/14/Bi/Th

Linz, 18.10.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, x, x, vertreten durch Frau RAin Dr. x, x, x, vom 23. Juli 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Grieskirchen vom 29. Juni 2012, VerkR96-4738-2012, wegen Übertretungen des Führerscheingesetzes und der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am
25. September und am 15. Oktober 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird im Punkt 1) im Zweifel Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.  

      Im Punkt 2) wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tatzeit auf 20.15 Uhr geändert wird.

 

II. Im Punkt 1) entfällt jeglicher Verfahrenskostenersatz.

     Im Punkt 2) hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Verfahrens­kosten der Erstinstanz den Betrag von 380 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1, 45 Abs.1 Z1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 37 Abs.1 iVm 14 Abs.1 Z1 FSG und 2) §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 2.Satz StVO 1960 Geldstrafen von 1) 20 Euro (10 Stunden EFS) und 2) 1900 Euro (400 Stunden EFS) verhängt, weil er 1) es am 2. April 2012, 21.15 Uhr, in der Gemeinde x, x, B141 bei km 3.850, als Lenker des Pkw x unterlassen habe, den Führerschein trotz Verlangen eines Organes der Straßenaufsicht zur Überprüfung auszuhändigen, und 2) sich am 2. April 2012 um 12.15 Uhr in x auf der B141 bei Strkm 3.850 nach Aufforderung eines besonderes geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er im Verdacht gestanden sei, dass sein Verhalten als Lenker des angeführten Fahr­zeuges am angeführten Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 192 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 25. September und am 15. Oktober 2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw und seiner Rechtsvertreterin Frau RAin Dr. x, der Vertreterin der Erstinstanz Frau Dr. x und der Zeugen Meldungsleger BI x (Ml), GI x (GI H), Dr. x (Dr. P) und x (H) durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Aussagen der beiden Beamten zum Punkt 1. seien widersprüchlich zumal GI H bestätigt habe, dass er auf gutes Zureden den Führerschein schließlich ausgehändigt habe. Er selbst habe aufgrund der beim Unfall erlittenen Verletzungen keinerlei Erinnerung, ob er den Führerschein ausgehändigt habe oder nicht. Er könne nur darauf verweisen, dass sich der Führerschein in dem dafür vorgesehenen Fach im Auto befunden habe, wo er ihn dann zur Abgabe an die BH entnommen habe. Nachdem GI H ihn nach eigenen Aussagen in Händen gehalten habe, dürfe eine Strafe nicht zu seien Lasten verhängt werden.

Zur Verweigerung des Alkotests vertrete die Erstinstanz nach den Aussagen der Beamten die Auffassung, dass er zu keiner Zeit bewusstlos gewesen sei und sich situationsbezogen verhalten habe. Jedoch ergebe sich aus der Aussage des Ml, dass er nicht gesagt habe, wie er heiße, erklärt habe, das Fahrzeug gestohlen zu haben, und zudem die Hilfe des Notfallteams verweigert habe. Allein daraus müsse situationsbezogenes Verhalten eher verneint als bejaht werden. Es werde schon stimmen, dass er beim Eintreffen der Polizei nicht bewusstlos gewesen sei, aber diese Tatsache könne nicht genügen, eine Gehirnerschütterung, die zur Amnesie geführt habe, zu verneinen. Dazu verweise er auf die vorgelegten Fotos, die die Wucht des Anpralls zeigten, sowie seine Verletzungen und deren Folgen. Seine Äußerung auf die Aufforderung zum Alkotest, das interessiere ihn nicht, er habe da eh schon hineingeblasen, sei wie auch die Äußerung, er habe das Auto gestohlen, auf seine damalige gesundheitliche Verfassung, nämlich seinen Verwirrtheitszustand aufgrund der Gehirnerschütterung, zurückzuführen gewesen. Aus einer einzigen nicht bewusst gemachten Äußerung seinerseits könne sicher­lich der Tatbestand nicht als erwiesen angenommen werden. Die Einholung des beantragten medizinischen SV-Gutachtens habe sich nicht erübrigt, wobei zu bedenken sei, dass auch die Angaben der beiden Beamten widersprüchlich seien, zumal GI H angegeben habe, er habe anfangs den Alkotest machen wollen, dann wieder nicht. Die Erstinstanz habe sich mit der Stellungnahme des Neurologen Dr. x nicht auseinandergesetzt, der die Angaben bestätigt habe, dass ein heftiger Aufprall des Kopfes am Armaturenbrett bzw der eingedrückten Belüftungsabdeckung der Konsole stattgefunden habe, von welchem eine Gehirn­erschütterung mit mehr oder weniger lang andauernder Bewusstseinsstörung durchaus erwartet werden könne. Er habe Verwirrtheitszustände über mehrere Stunden sowie eine ortograde Amnesie als typisch für den Unfallhergang fest­gestellt und davon gesprochen, dass aus der Verletzungsfolge ein Zustands­bild resultieren könne, das rein klinisch einer Substanzbeeinträchtigung gleich­komme. Ohne medizi­nische Vorkenntnisse sei es den Beamten nicht möglich, den vom Neurologen beschriebenen Zustand von Alkoholisierungssymptomen zu unter­scheiden. Zum Alkoholgeruch könne er nicht ausschließen, vor dem Unfall allenfalls ein Seidel Bier getrunken zu haben, aber Geruch alleine würde nicht für eine Verurteilung ausreichend sein. Das beantragte SV-Gutachten wäre geeignet gewesen, eine andere Beurteilung durch die Erstinstanz herbeizuführen. Auch sein Verhalten, sich vehement zu weigern, ins Krankenhaus gebracht zu werden, sei nicht als situationsbezogen zu werten. Seine Einkommensverhältnisse habe er in der Eingabe vom 25.4.2012 dargelegt. Beantragt wird Bescheidaufhebung – allenfalls nach Einholung des beantragten medizinischen SV-Gutachtens.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die oben genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB befragt wurden. Weiters wurde die vorgelegte Stellungnahme Dris x, Facharzt für Neurologie in x, vom 24. Mai 2012 verlesen und erörtert;  ebenso erörtert wurden die vorgelegten Fotos von der Verletzung des Bw, der Beschädigung des Fahrzeuges innen und außen und den Blutspuren innen. 

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw befand sich am 2. April 2012 gegen 20.00 Uhr auf der B141 auf dem Weg in Richtung der Wohnung seiner Lebensgefährtin in x, wobei er den auf diese zugelassenen Pkw x lenkte. Bei km 3.850 fuhr er plötzlich vor einem entgegenkommenden Pkw (in seiner Fahrtrichtung gesehen) nach links in ein Feld, wo er nach ca 30 m zum Stehen kam. Der Lenker des entgegenkommenden Pkw verständigte die Rettung, die kurz vor dem Notarzt Dr. P, alle noch vor der Polizei, an der Unfallstelle eintraf.

Laut Aussage des Notarztes traf dieser den Bw im Fahrzeug an die Fahrertür gelehnt an, wobei er feststellte, dass der Bw eine Schürfwunde an der Stirn – wie auf dem Foto ersichtlich – oberhalb des rechten Auges erlitten hatte, die "nicht wesentlich stark blutete". Weitere Verletzungen waren nicht sichtbar und wurden auch vom Bw nicht behauptet. Der Bw verhielt sich den anwesenden Sanitätern und dem Notarzt gegenüber abwehrend und wollte "in Ruhe gelassen" werden. Laut Dr. P war aus dem Bw zum Unfall nichts herauszubekommen, außer dass er nicht behandelt und auch nicht ins Krankenhaus Grieskirchen gebracht werden wollte. Den Sanitätern gelang es, den Bw aus dem Auto zu bekommen, wobei er mit Hilfe einige Meter in Richtung Straße ging, dann aber zum Auto zurückkehrte.  Laut Dr. P war der Bw erkennbar alkoholisiert, er roch nach Alkohol, schwankte beim Gehen, setzte sich auch mehrmals auf den Boden und lallte. Wo er sich den Kopf angeschlagen hatte, war nicht zu eruieren.

Als die Polizei kam, saß der Bw laut Ml auf dem Beifahrersitz mit den Beinen außerhalb des Pkw und alle redeten ihm gut zu, während sein Grundtenor der war, er wolle in Ruhe gelassen werden, er gehe jetzt heim. Auf die Frage nach Führerschein und Zulassungsschein durch den Ml reagierte der Bw so, dass er zunächst angab, das Auto habe er gestohlen, dann gab er ihm zu verstehen, den habe er nicht dabei. GI H fand schließlich im Fahrzeug einen Zulassungsschein lautend auf die Lebensgefährtin. Seinen Namen gab der Bw nicht an, der Ml erfuhr schließlich den Namen des ihm unbekannten Mannes von den Sanitätern. Der Ml stellte außer einem deutlichen Alkoholgeruch der Atemluft des Bw fest, dass dessen Gesicht blutverschmiert war, und fragte den Notarzt, ob eine Atem­luftalkoholuntersuchung möglich wäre, was dieser bejahte. Daraufhin holte der Ml das Vortestgerät aus dem Polizeifahrzeug, forderte den Bw zum Alkoholvortest auf und hielt ihm das Röhrchen hin. Der Bw blies daraufhin insgesamt dreimal hinein, allerdings auf eine Weise, die ein Ergebnis ganz offensichtlich nicht erwarten ließ, wie auch Dr. P zeugenschaftlich bestätigte. Dieser führte dazu aus, der Bw habe dabei weder über Schmerzen geklagt noch sei sein Unvermögen auf eine Unfallverletzung zurückzuführen gewesen. Seine Blasversuche seien zu schwach und unkoordiniert gewesen. Er habe einfach in Ruhe gelassen werden wollen, das habe er auch deutlich artikuliert. Nachdem der Vortest kein Ergebnis erbracht hat, forderte der Ml den Bw zum Alkotest mittels Alkomat auf, wobei er dazu zum Polizeifahrzeug, also die Strecke über das Feld zur B141, mitkommen hätte müssen. Daraufhin antwortete der Bw dem Ml, das interessiere ihn nicht, er habe "eh schon da hineingeblasen". Nach dreimaliger wörtlicher Weigerung durch den Bw wertete der Ml diese Äußerung als  Verweigerung des Alkotests. Da der Bw nicht ins Krankenhaus mitfahren wollte, wo er laut Dr. P nur zur Beobachtung seines weiteren Zustandes aufgrund der Stirnwunde und zu deren Desinfektion 24 Stunden behalten worden wäre, wurde schließlich mit dem Bw vereinbart, dass er von der Rettung heimgebracht werde, worauf dieser – aufgrund seiner Gleichgewichtsschwierigkeiten mit Hilfe der Sanitäter – über das Feld zum Rettungsfahrzeug gebracht wurde. Er wurde schließlich zur Wohnung der Lebensgefährtin gebracht, die über den Verbleib ihres Fahrzeuges und darüber informiert wurde, dass sich der Bw niederlegen sollte.

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens steht für den UVS fest, dass der Bw in Anwesenheit des Notarztes und der Polizei nie bewusstlos war, dass er über Verletzungen oder Schmerzen nichts sagte und nur die Stirnwunde erkennbar war, die laut Dr. P eine Abschürfung war, die auch im Krankenhaus nicht genäht worden wäre. Die Blutspuren laut Fotos waren Spritzer und blutige Handabdrücke auf dem Armaturenbrett nur auf der Beifahrerseite des Pkw, wobei zwar der Zeuge H bestätigte, dass das Gitter der Lüftungsöffnung rechts offensichtlich durch einen Stoß eingedrückt war und aufgrund der ramponierten Verankerung der darunter befindlichen Lüftungsschläuche weder warme noch kalte Luft austrat, jedoch letztlich nicht geklärt wurde, wie es genau dazu kam und ob das beim ggst Unfall passiert ist. Die Vermutung des Bw, er müsse sich den Kopf an der Lüftungsöffnung angeschlagen haben, lässt sich schon deshalb nicht nachvollziehen, weil zum einen unwahrscheinlich ist, dass jemand, auch wenn er nicht angeschnallt ist, bei einer geraden Fahrlinie – die laut Dr. P auf dem Feld erkennbar war – so gegen die Lüftungsöffnung ganz rechts außen auf der Beifahrerseite stößt, dass er sich eine Abschürfung auf der rechten Stirnseite zuzieht, die zwar blutet, aber keine Spuren auf der nur oben vorgewölbten Umrandung der Lüftungsöffnung hinterlässt. Der Zeuge H, Inhaber der Kfz-Reparaturwerkstätte, zu der der Pkw nach dem Unfall gebracht wurde, hat nach seiner Erfahrung ausgeschlossen, dass die Beschädigung der Lüftungsschläuche  und des Lüftungsgitters im Pkw darauf zurückzuführen sei, dass der Pkw eine längere Strecke über ein Feld geschlittert ist.

 

Zu seinem Zustand nach dem Unfall hat der Bw eine neurologische Stellung­nahme Dris x vorgelegt, der "nach Durchsicht des Vernehmungs­materials" aus­führte, dass laut den beigefügten Bildern – die Narbe auf der Stirn des Bw war nicht unmittelbar nach dem Unfall sondern später bereits im Stadium des Abheilens fotografiert worden, wobei auch in der Verhandlung am 25. September 2012 am Bw festzustellen war, dass die Wunde weitgehend verheilt ist – "bei auch eindeutiger Verletzung an der rechten Stirnseite von Herrn C. offenbar ein heftiger Anprall des Kopfes am Armaturenbrett bzw der eingedrückten Lüftungs­abdeckung der Konsole stattgefunden haben muss. Eine Gehirn­erschütterung mit mehr oder weniger lang andauernder Bewusstseins­störung (per definitionem zwischen 1 und 60 Minuten Dauer bei SHT Gr.1) kann daher durchaus erwartet werden. Weiters sind auch Verwirrtheitszustände über mehrere Stunden möglich.

Typisch wäre auch das Bestehen einer ortograden Amnesie für den Unfall­hergang. Weitere klinische Merkmale des leichten SHT können sein ein post­traumatischer Verwirrtheitszustand mit motorischer Unruhe, Desorientiert­heit und Aufmerksamkeitsstörung unter Umständen für mehrere Stunden Dauer, ebenso Gangunsicherheit und emotionale Labilität. Es kann also ein Zustandbild resultieren, das rein aus klinischen Gesichtspunkten einer Substanzbeeinträchti­gung gleicht. Eine cerebrale Bildgebung gibt es nicht, offenbar auch keinen validen Alkoholtest."

 

Diese neurologische Stellungnahme, die ohne persönliche Untersuchung des verunfallten Bw offenbar erst eineinhalb Monate danach erstellt wurde, wurde in der Verhandlung am 15. Oktober 2012 mit Dr. P, der über eine 25jährige Erfahrung als Unfallchirurg und eine 15jährige Notarzterfahrung verfügt und als einziger Arzt den Bw persönlich nach dem Unfall gesehen hat, im Einzelnen erörtert. Dr. P erklärte ausdrücklich, für ihn sei der Bw aufgrund des wahrge­nommenen Alkoholgeruchs, seines schwankenden Gangs und seiner lallenden Sprechweise eindeutig alkoholisiert gewesen. Er sei nicht bewusstlos gewesen. Es habe sich nicht um eine Rissquetschwunde gehandelt, nur um eine ober­flächliche Abschürfung, die nicht wesentlich geblutet habe; auch im Fahrzeug sei ihm keine größere Blutmenge aufgefallen. Eine Untersuchung des Bw sei wegen seiner abwehren­den Haltung nicht möglich gewesen. Er habe ihm aber in die Augen geleuchtet und dabei seien ihm keine Anzeichen aufgefallen, die auf ein Schädel-Hirn-Trauma hingedeutet hätten. Ob sich der Bw an den Unfall erinnern konnte, sei aus ihm nicht herauszubekommen gewesen. Weitere Anzeichen für eine Gehirnerschütterung seien Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen, das könne aber von einer Alkoholbeeinträchtigung genauso kommen. Der Bw habe nicht über Kopfschmerzen geklagt, sei beim Gehen öfter hingefallen, sodass er schließlich von den Sanitätern "begleitet" wurde, und habe gelallt. Nach konkreter Aussage des Notarztes wusste nach seinem Eindruck der Bw, worum es beim Alkoholvortest ging, er blies auch irgendwie in das Röhrchen, wobei aber klar war, dass dabei kein Ergebnis zu erwarten war, was aber nicht an seinem Verletzungszustand lag. Bei einer leichten Gehirnerschütterung verhalten sich Personen insofern laut Dr. P anders, als Fragen mehrmals gestellt würden, obwohl sie bereits beantwortet seien. Beim Bw sei das nicht vorgelegen, er habe "in Ruhe gelassen" werden wollen und sei nur schwer zu überreden gewesen, überhaupt mit der Rettung mitzufahren und auch da ausdrücklich nicht ins Krankenhaus, sondern zur Lebensgefährtin. Der Ml habe ihn nach der Möglichkeit gefragt, mit dem Bw einen Alkotest durchzuführen, das habe er diesem gegenüber auch bejaht. Beim Verdacht auf leichte Gehirnerschütterung – dazu wäre eine 24stündige Beobachtung im Krankenhaus erfolgt – sei nicht zwingend Unzurechnungs­fähigkeit gegeben, und man könne in einem solchen Zustand auch ohne weiteres ohne zu befürchtende Schädigung einen Alkotest machen. Dr. P konnte das Vorliegen eines Schädel-Hirn-Traumas weder bejahen noch verneinen, bestätigte aber, dass der Bw nach seinem Eindruck seine Situation genau mitbekommen hat. Einen Unfallschock hat der Notarzt ausdrücklich verneint.

 

Aus der Sicht des UVS ist dem Bw durchaus zuzugestehen, dass er sich aufgrund des Unfalls, bei dem es aber zu keinem Anstoß kam, sondern der Pkw nur vor dem Pkw im Gegenverkehr nach links geradeaus ins Feld fuhr und dabei einige Unebenheiten passierte, in einem Schreckzustand befand, der aber seine Wahr­nehmungs­fähigkeit bezogen auf Geschehnisse in seiner unmittelbaren Umgebung offensichtlich nicht beeinträchtigte. Er bekam offenbar genau mit, dass er ins Krankenhaus gebracht werden sollte, wo er absolut nicht hinwollte, und protestierte dagegen mit dem Ergebnis, dass er mit der Rettung zu seiner Lebensgefährtin gebracht wurde. Auf die aufgrund seiner ablehnenden Haltung erfolgten Äußerung des Notarztes, dann lasse er ihn eben "zwangseinweisen", antwortete der Bw laut Ml, zwangsweise gehe bei ihm gar nichts. Der Ml führte näher aus, dass er wegen der Kälte einen Anorak trug und der Bw, als er vor ihm stand, sagte, "eine Wampe hast, aber ich fahr nicht mit". Auch daraus ist nach Ansicht des UVS der Schluss zu ziehen, dass der Zustand des Bw, der sich auch nachher nicht in ärztliche Behandlung begeben hat, nicht so war, dass er nicht mitbekommen hätte, was von ihm verlangt wurde. Er hat in das vom Ml direkt hingehaltene Vortestgerät dreimal hinein­geblasen – allerdings so leicht und laut Dr. P "unkoordiniert", dass kein Ergebnis zu erwarten war – und auf die Aufforderung zum Alkotest mittels im Polizei­fahrzeug befindlichen Alkomaten geantwortet, er habe "eh schon da hinein­geblasen", wobei seine wörtliche Weigerung insgesamt dreimal erfolgte. Seine also nicht bloß einmalige Äußerung lässt nach Auffassung des UVS durchaus den Schluss zu, dass der Bw keinerlei Interesse hatte, seinen Alkoholkonsum irgendwie auszubreiten oder gar einen konkreten Atemalkoholwert offenkundig zu machen. Seine ausdrückliche Weigerung, auf konkretes Befragen seinen Namen zu nennen, die Frage nach der Herkunft des Pkw zu beantworten, seinen Führerschein auszuhändigen oder wenigstens zu sagen, wo dieser sich befindet, wenn er nach den nunmehrigen Behauptungen in der Berufung ohnehin "im dafür bestimmten Fach im Fahrzeug" lag, und vor allem sein Nichtmitwirken trotz deutlicher, ausdrücklicher und von ihm nach seiner Antwort offensichtlich auch so verstandener Aufforderung zum Alkotest lassen darauf schließen, dass er bewusst den mehrmaligen Auffor­derungen des Ml nicht nachkommen wollte.

Wenn der Bw nunmehr über ungewohnte Kopfschmerzen klagt, nach eigenen Angaben nach dem Unfall wegen mehrerer Blutergüsse mit Schmerztabletten eine Woche lang im Bett verbrachte und sich erst ab dem Tag nach dem Unfall überhaupt wieder an etwas erinnern kann, ist das in seinem Sinne vorstellbar, deutet aber nicht zwingend auf eine unfallbedingte Gehirnerschütterung im Sinne eines leichten Schädel-Hirn-Traumas hin, bei der ihm sein Verhalten kurz nach dem Unfall nicht vorwerfbar wäre. Seine Antworten auf die Fragen und Aufforderungen des Ml sind durchaus als situationsbezogen zu sehen, dh seine Antworten und Äußerungen passten zum Geschehen und zum jeweiligen konkreten Ansinnen des Ml. Hinweise darauf, dass der Bw etwas nicht oder falsch verstanden hätte, sind aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens nicht erschließ­bar. Er fragte offenbar weder nach noch reagierte er in irgendeiner Weise nicht zur Situation passend. Er hat seine Ablehnung zum Alkotest mitzu­kommen eindeutig und zweifelsfrei artikuliert und nichts unternommen, um dem Ml seine Identität bekanntzumachen. Den Namen des Bw erfuhr der Ml über die Sanitäter, die ihn offenbar kannten. Seine Aussage, das Auto habe er gestohlen, war nach Auffassung des UVS nur dazu bestimmt, den Namen seiner Lebensgefährtin, der Zulassungsbesitzerin des von ihm gelenkten Pkw, aus der Amtshandlung herauszuhalten – was misslang, weil GI H den Zulassungsschein im Fahrzeug fand.

 

Die im vorgelegten Verfahrensakt ursprünglich zutage getretenen Widersprüche in den Zeugenaussagen der beiden Polizeibeamten klärten sich in der Berufungs­verhandlung insofern auf, als der Ml als Verfasser der Anzeige eine bessere Erinnerung an den Vorfall hatte, während GI H dazu nie etwas formuliert und überdies nun als Pensionist sein Berufsleben auch gedanklich weitgehend abge­schlossen hat, was bei seiner Befragung deutlich wurde. Geklärt wurde aber zweifelsfrei, dass auch GI H nie einen Führerschein des Bw in Händen hielt und er sich zwar an ein Kopfschütteln des Bw, nicht aber an den konkreten Wortlaut seiner Weigerung zum Alkotest mitzukommen erinnern konnte. Diesbezüglich besteht aber auch nach seiner Aussage kein Zweifel, ebenso wenig daran, dass Dr. P ausdrücklich einen Alkotest beim Bw für gesundheitlich unbedenklich hielt.

 

Ein weiteres medizinisches Fachgutachten zur bereits vorliegenden schriftlichen  Stellungnahme Dris x und den persönlichen Wahrnehmungen Dris P ist nach Auffassung des UVS nicht zielführend, weil der Bw nach dem Unfall nie in ärztlicher Behandlung war und Dr. P zwar der Beschreibung des Zustandes einer Person mit SHT durch Dr. x grundsätzlich nicht widerlegt aber seine aus seinen Beobachtungen des Bw gezogenen Schlüsse ausführlich und nachvollziehbar in der Richtung begründet hat, dass ihm ein Alkotest gesund­heitlich ohne die Befürchtung von Schäden möglich und zuzumuten gewesen wäre und er auch in der Lage war, die Aufforderung des Ml zum Alkotest als solche wahrzunehmen und situationsbezogen darauf zu reagieren. Vonseiten des UVS war daher beweiswürdigend von einem Zustand des Bw auszugehen, der sowohl dessen Diskretionsfähigkeit als auch dessen Dispositionsfähigkeit ein­schließt. Zusammenfassend war der Bw daher im Sinne des § 3 VStG in der Lage, das Unerlaubte der Tat – nämlich seiner Nichtentsprechung auf die Aufforderungen des Ml ihm seinen Führerschein zur Einsichtnahme auszu­händigen und einen Atemalkoholtest zu absolvieren – einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 14 Abs.1 Z1 FSG hat jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges unbeschadet der Bestimmungen des § 102 Abs.5 KFG 1967 den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein auf Fahrten mitzuführen.

 

Dem Bw wurde im Straferkenntnis vorgeworfen, den Führerschein nicht zur Überprüfung ausgehändigt zu haben – dieser Tatvorwurf entspricht nicht dem    § 14 Abs.1 Z1 FSG, wohl entspricht dem aber die Strafverfügung vom 17. April 2012. Der Bw hat erstmals im Einspruch vom 25. April 2012 behauptet, er habe den Führerschein in einem bestimmten Fach im Fahrzeug mitgeführt. Nach­träglich war diese Behauptung nicht mehr nachprüfbar, weil der Bw bei der Amtshandlung nicht mitgewirkt hat und GI H bloß den Zulassungsschein zufällig fand. Allerdings ist auch das Gegenteil nicht mehr feststellbar, sodass im Zweifel zugunsten des Bw mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen war.

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 5 Abs.2 2.Satz StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht (außerdem) berechtigt, die Atemluft von Personen, 1. die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigen Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder 2. bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

 

Nach den Schilderungen des beim Verkehrsunfall im Gegenverkehr befindlichen Lenkers x, der laut Ml mit diesem noch an der Unfallstelle gesprochen hat, fuhr der Bw vor dessen Pkw – aber ohne dessen Zutun in irgendeiner Weise – nach links ins Feld hinaus. Der Verdacht, dass das Verhalten des Bw, der überdies – übereinstimmend bestätigt von den Beamten und dem Notarzt – auffällig nach Alkohol roch, in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall stand, bestand für den Ml ohne jeden Zweifel, sodass die Aufforderung zunächst zum Alkoholvortest und, als dieser keinerlei Ergebnis erbrachte, zur Atemluftuntersuchung mittels Alkomat im Sinne des § § 5 Abs.2a StVO gerechtfertigt war.  

Dass der Bw dieser Aufforderung bewusst keine Folge geleistet sondern den Alkotest insgesamt dreimal verweigert hat, hat das Beweisverfahren eindeutig und ohne jeden Zweifel ergeben.

Damit war davon auszugehen, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungs­übertretung zu verantworten hat. Dabei ist aber gemäß § 44a Z1 VStG zu berücksichtigen, dass in der Berufungsverhandlung am 25. September 2012, also innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist, zutage trat, dass sich der Unfall kurz vor 20.00 Uhr des 2. April 2012 ereignete und die Verweigerung des Alkotests bereits um 20.15 Uhr stattfand – nicht um 21.15 Uhr wie irrtümlich in der Anzeige angegeben und im Spruch angeführt. Damit war aber auch eine Spruchkorrektur gemäß § 44a Z1 VStG möglich und zulässig.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 von 1.600 Euro bis 5.900 Euro Geldstrafe, für den Fall der Unein­bringlichkeit von zwei bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Die Erstinstanz ging laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses davon aus, dass der Bw keine Milderungsgründe aufweist, wohl aber eine einschlägige Vormerkung wegen Übertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO vom 3. August 2011, die erschwerend zu berücksichtigen war. Seine finanziellen Verhältnisse wurden mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.800 Euro bei Nichtbestehen von Vermögen und Sorgepflichten geschätzt. Dazu hat er in der Berufung auf seine Angaben vom 25. April 2012 verwiesen – darin finden sich keine anders lautenden Angaben und wurde auch in der Berufungsverhandlung dazu nichts geltend gemacht oder belegt, sodass auch im Berufungsverfahren von dieser Schätzung auszugehen war.

 

Der UVS kann angesichts des bestehenden Erschwerungsgrundes nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessens­spielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, liegt immer noch im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft von der Begehung gleichartiger Übertretungen abhalten. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen. Anhaltspunkte für eine Strafherabsetzung fanden sich nicht und wurden konkret auch nicht behauptet.

Die Voraussetzungen der §§ 20 oder 21 VStG waren nicht gegeben. Dem Bw steht es frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit der Bezahlung der Geldstrafe in Teilbeträgen anzusuchen. 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw den Kostenentfall im Punkt 1) ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

FS nicht vorgewiesen + nicht mitgeführt -> Einstellung

Verweigerung des Alkotests vorwerfbar -> bestätigt

 

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