Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281413/10/Kl/TK

Linz, 25.10.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzende Mag. Michaela Bismaier, Berichterin Dr. Ilse Klempt, Beisitzer Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung des Herrn X, X, vertreten durch Rechtsanwälte X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. April 2012, Ge96-16-2012/HW, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 20. September 2012 zu Recht erkannt:

I.            Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und  das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass bei der verletzten Rechtsvorschrift folgender Ausdruck zu ergänzen ist: "(in zwei Fällen)".

Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben als die verhängte Geldstrafe auf 2.500 Euro je Arbeitnehmer, für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage je Arbeitnehmer herabgesetzt wird.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 500 Euro, das sind 10 % der  verhängten Geldstrafen. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat sind keine Kostenbeiträge zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. April 2012, Ge96-16-2012/HW, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von 3.000 Euro je Arbeitnehmer, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs. 5 Z 1 iVm mit § 118 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz iVm § 87 Abs. 3 Bauarbeiterschutzverordnung verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Arbeitgeberin X, X, X, zu verantworten hat, dass von dieser Arbeitgeberin folgende Bestimmungen der BauV nicht eingehalten wurden:

 

Der Arbeitsinspektor X vom Arbeitsinspektorat Linz hat bei einer Baustellenüberprüfung am 1.12.2011 festgestellt, dass am 1.12.2011 auf der Baustelle X, X zwei Arbeitnehmer der X, X, X

Herr X, geb.: X und

Herr X, geb. X

auf einem ca. 25° geneigten Dach bei einer Absturzhöhe von ca. 12 m mit dem Abtrag der Dachlattung beschäftigt waren, wobei keine geeigneten Schutzeinrichtungen vorhanden waren.

 

Dadurch wurde § 87 Abs. 3 BauV übertreten, wonach bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,0 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der erhobene Vorwurf sachlich unrichtig sei und keine Absturzgefahr mit einer Höhe von 12 m bestanden habe. Die X sei mit dem Abbruch des Hauses X in X beauftragt gewesen. Aus dem Strafbescheid gehe nicht hervor zu welchem Zeitpunkt konkret die Verwaltungsstraftat stattgefunden habe. Dem Spruch des angefochtenen Bescheides sei nicht zu entnehmen zu welcher Uhrzeit dies stattgefunden habe. Die Arbeitnehmer seien mit der Entfernung der Dachlattung beschäftigt gewesen und sei die tatsächlich mögliche Absturzhöhe höchstens zwischen 1,20 m und 2,60 m gewesen. Das Dach des Hauses verfüge über eine 1,2 m auskargende attikagleiche Dachfläche, sodass die beschäftigten Arbeitnehmer nur die Möglichkeit hätten, vom Dachstuhl auf den allerhöchstens bis 2,6 m darunterliegenden Dachboden zu fallen. Eine Möglichkeit, vom Hausdach zu fallen, sei nicht gegeben gewesen, da nur die Lattung vorhanden gewesen sei und daher nur eine Durchbruchsmöglichkeit auf den Dachboden möglich gewesen sei. Hinsichtlich der Strafhöhe wurde ausgeführt, dass der Berufungswerber lediglich 2.000 Euro netto monatlich verdiene und sorgepflichtig für eine Tochter und seine Gattin sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil jeweils eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war die nach der Geschäftsverteilung zuständige 5. Kammer zur Entscheidung berufen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere das der Anzeige beigeschlossene Foto, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. September 2012, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen            Arbeitsinspektor X sowie X geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der X mit dem Sitz in X. Das Unternehmen verfügt über ca. 20 Arbeitnehmer und einen Bauleiter.

Am 1.12.2011 wurde auf der Baustelle in X, X vom Arbeitsinspektorat bei einer Kontrolle festgestellt, dass zwei Arbeitnehmer auf dem Dach mit der Entfernung der Dachlattung beschäftigt waren. Dies wurde auf der Rückseite des Hauses festgestellt und dann auch ein Foto angefertigt, wobei sich in der Zwischenzeit  bereits ein Arbeitnehmer vom Dach entfernt hat. Der Arbeitsinspektor hat das Dachgeschoß dieses Gebäudes von innen bestiegen. Bei einem Teil des Daches war bereits die Dachlattung entfernt. Es handelt sich um ein Satteldach, wobei die Dacheindeckung bereits entfernt war und teilweise auch schon die Dachlattung entfernt war. Es ist zwar eine 1,2 m hohe aufgemauerte Attika am Gebäudesims vorhanden, allerdings reicht die Dachlattung bzw. reichen die Dachsparren bis zur Traufe, also bis zur Dachrinne. Das Satteldach weist ca. 25° Dachneigung auf. Die Absturzhöhe nach außen betrug ca. 12 Meter. Es handelt sich um ein viergeschossiges Gebäude. Ein nach der Attika auskragendes Dachsims war nicht vorhanden. An der Baustelle waren weder technische noch persönliche Schutzausrüstungen für die Arbeitnehmer vorhanden. Eine persönliche Schutzausrüstung war weder auf dem Dach noch im Firmenbus oder sonst wo auf der Baustelle vorhanden. Die Arbeitnehmer waren bei ihren Arbeiten zwischen Dachfirst und Dachtraufe beschäftigt und gingen hin und her. Bei den Arbeitnehmern handelt es sich um den Vorarbeiter X und den Arbeitnehmer X. Der Arbeitsinspektor hat auch mit einem Verantwortlichen, Herrn X, vermutlich Bauleiter, der Firma X telefonischen Kontakt aufgenommen und das weitere Arbeiten auf dem Dach untersagt. Allenfalls wären nur Arbeiten von der Geschoßdecke von innen aus zulässig.

 

Der Berufungswerber hat die Baustelle vor Arbeitsbeginn nicht selber besichtigt. Für die Baustelle ist der Bauleiter der Firma verantwortlich. Sicherungsmaßnahmen werden vom Berufungswerber mit dem Bauleiter festgelegt. Die Arbeitnehmer wissen genau wie eine Baustelle eingerichtet wird und wann eine persönliche Schutzausrüstung zu verwenden ist. Eine Schutzausrüstung ist immer dann zu verwenden, wenn sie auf der Baustelle vorhanden ist. Der Polier ist selbständig und muss selber wissen, welche Sicherungsmaßnahmen zu verwenden sind. Ein Gerüst bzw. Dachschutzblenden waren für diese Baustelle vom Berufungswerber bzw. Bauleiter nicht vorgesehen.

Die persönlichen Verhältnisse gibt der Berufungswerber mit einem Einkommen von monatlich 2.000 Euro und Sorgepflichten für eine 10-jährige Tochter und seine Gattin an.

 

4.2. Dieser Sachverhalt gründet sich auf die im Akt liegenden Fotos sowie auch die eindeutige und glaubwürdige Aussage des einvernommenen Arbeitsinspektors. Es handelt sich dabei um einen sachverständigen Zeugen und können seine Aussagen der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Zweifel an der Richtigkeit und Wahrheitsgemäßheit der Aussage bestanden für den erkennenden Verwaltungssenat nicht. Im Übrigen decken sich die Aussagen auch mit den aus den Fotos ersichtlichen Gegebenheiten.

Die Einvernahme des unentschuldigt ferngebliebenen Zeugen X war hingegen entbehrlich, weil der Sachverhalt ausreichend geklärt ist und im Übrigen auch keine Beweisanträge vom Berufungswerber diesbezüglich gestellt wurden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 87 Abs. 3 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, wie insbesondere Dachfanggerüste (§ 88).

 

Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

5.2. Aufgrund der getroffenen Feststellungen ist erwiesen, dass an der näher genannten Baustelle am 1.12.2011 zwei Arbeitnehmer, Herr X und X, der X mit dem Sitz in X mit Dacharbeiten, nämlich mit der Abtragung der Dachlattung, beschäftigt waren. Es waren keine technischen Schutzeinrichtungen wie Dachfanggerüst vorhanden. Auch waren die Arbeitnehmer nicht angegurtet. Es waren auf der Baustelle auch keine persönlichen Schutzausrüstungen vorhanden. Eine technische Schutzeinrichtung war vom Berufungswerber für die Baustelle nicht vorgesehen. Die Dachneigung betrug ca. 25°, die Absturzhöhe nach außen ca. 12 Meter. Es war daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt. Der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer hat die Tat gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

5.3. Der Berufungswerber hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinn dieser Judikatur fehlt es in der Berufung an einem geeigneten Vorbringen des Berufungswerbers, das ihn von seinem Verschulden befreien könnte. Der Berufungswerber ist vielmehr von der rechtsrichtigen Vorgehensweise überzeugt gewesen. Maßnahmen zur Hintanhaltung der Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften hat er nicht vorgebracht und nicht unter Beweis gestellt. Alleine die Bestellung eines Bauleiters bzw. eines Vorarbeiters hingegen kann den Berufungswerber nicht entlasten. Vielmehr hat er darzulegen und unter Beweis zu stellen, wie konkret die Sicherheitsanweisungen lauten und wie diese dann auch konkret umgesetzt werden. Dazu ist auch darzulegen, dass außer den Anweisungen auch eine entsprechende Kontrolle der Arbeitnehmer durchgeführt wird. Wie aber das Beweisverfahren gezeigt hat, kennt der Berufungswerber die Baustelle vor dem Tatzeitpunkt nicht, er hat keine konkreten Anweisungen an die Arbeitnehmer gegeben, es wurde keine Vorsorge hinsichtlich Sicherheitsmaßnahmen von ihm getroffen und er hat auch keine Kontrollen hinsichtlich der Verwendung von Sicherheitsbestimmungen durchgeführt. Eine grundsätzliche Schulung der Arbeitnehmer hingegen reicht nicht aus, sondern hat der Arbeitgeber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend ein Kontrollsystem einzurichten, dass auch die entsprechenden Schulungen und Anweisungen konkret umgesetzt werden. Dazu führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften als bloßes Ungehorsamsdelikt verwaltungsstrafrechtlich strafbar ist und schon deshalb es kein Vertrauen darauf geben kann, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (VwGH vom 5.8.2008, Zl. 2008/02/0127).

 

Es war daher auch vom Verschulden, nämlich zumindest von sorgfaltswidrigem Verhalten des Berufungswerbers auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers mit einem Nettoeinkommen von 3.000 Euro monatlich, Eigentümer einer Immobilie und keinen Sorgepflichten geschätzt. Strafmildernd wurde nichts gewertet. Straferschwerend wurde die hohe Absturzhöhe und sohin die erhöhte Unfallgefahr sowie zwei rechtskräftige Verwaltungsvorstrafen gewertet.

 

Der Berufungswerber gab in der mündlichen Verhandlung Sorgepflichten für eine 10-jährige Tochter und die Gattin an und führte ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro an. Diese persönlichen Verhältnisse mussten im Berufungsverfahren berücksichtigt werden. Es war daher mit einer geringfügigen Herabsetzung der Geldstrafen je Arbeitnehmer vorzugehen. Im Übrigen sind aber die angeführten Erschwerungsgründe und Strafbemessungsgründe der belangten Behörde heranzuziehen und zu bestätigen. Insbesondere ist auf die besondere Absturzhöhe von 12 Metern Rücksicht zu nehmen. Dies ist eine erhebliche Verletzung des Schutzzweckes der Norm. Zu Recht hat auch die belangte Behörde auf zwei einschlägige rechtskräftige Vorstrafen aus dem Jahr 2010 wegen Übertretungen nach der Bauarbeiterschutzverordnung hingewiesen. Dies ist erschwerend heranzuziehen. Es kommt damit zum Ausdruck, dass der Berufungswerber uneinsichtig ist und nicht gewillt ist, seine Arbeitsbedingungen in seinem Betrieb bzw. seine Organisation im Betrieb zu ändern. Die beiden Vorstrafen waren nicht geeignet, den Berufungswerber zu einem rechtskonformen Verhalten zu bewegen. Es war daher mit einer höheren Geldstrafe je Arbeitnehmer vorzugehen. Die nunmehr verhängte Geldstrafe von 2.500 Euro pro Arbeitnehmer ist im Hinblick auf die Erschwerungsgründe und den erhöhten Unrechtsgehalt der Tat gerechtfertigt und geeignet, den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Eine weitere Herabsetzung ist aber im Hinblick auf die genannten Gründe nicht gerechtfertigt.

Gemäß § 16 VStG war daher auch die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen, wobei im Übrigen auch noch darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die Verhängung einer Gesamtstrafe dem in § 22 VStG festgelegten Kumulationsprinzip widerspricht. Es waren daher wie bei der Geldstrafe auch bei der Ersatzfreiheitsstrafe eine Strafe je Arbeitnehmer festzusetzen. Die nunmehr festgelegte Geldstrafe ist aber tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen angepasst.

Da Milderungsgründe nicht vorliegen, war auch § 20 VStG nicht anzuwenden. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Mangels dieser Voraussetzung war daher auch nicht von einem Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG Gebrauch zu machen.

 

5.5. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen, dass der Tatvorwurf im Straferkenntnis keine Anführung der Uhrzeit aufweist, ist dem Berufungswerber die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, nämlich dass die Angabe der Uhrzeit, zu welcher die unerlaubte Tat ausgeführt wurde, nicht erforderlich ist (VwGH vom 4.9.2006, Zl. 2003/09/0096-6).

 

6. Weil die Berufung hinsichtlich der Strafhöhe Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG. Im Hinblick auf die Strafreduzierung ist auch der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz auf 10 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 500 Euro zu reduzieren (§ 64 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

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