Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523068/11/Fra/Bb/CG

Linz, 19.10.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des x, geb. x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, x, x, vom 24. Jänner 2012, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 10. Jänner 2012, GZ 11/413835, betreffend Einschränkung der Lenkberechtigung der Klassen AV, A und B und Erteilung von Auflagen, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. März 2012, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Berufungswerber zweimal halbjährlich jeweils innerhalb einer Woche ab nachweislicher Verständigung durch die Behörde gemäß Code 104 die alkoholspezifischen Laborparameter (CDT, LFP und MCV) einzuholen und der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vorzulegen hat.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und § 67a Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 - AVG iVm

§§ 3 Abs.1 Z3, 5 Abs.5 und 8 Führerscheingesetz 1997 – FSG iVm § 2 Abs.1 und 14 Abs.5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung – FSG-GV

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat x (den Berufungswerber) mit Bescheid vom 10. Jänner 2012, GZ 11/413835, die Gültigkeit der am x erteilten Lenkberechtigung für die Klassen AV, A und B durch zeitliche Befristung bis 10. Jänner 2014 eingeschränkt und als Auflagen das Tragen einer geeigneten Sehbrille (Code 01.01), die halbjährliche Vorlage der alkoholspezifischen Laborparameter (CDT, LFP, MCV) kurzfristig auf Abruf der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vorzulegen (Code 104) sowie eine  amtsärztliche Nachuntersuchung in zwei Jahren, vorgeschrieben.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die – mangels Vorliegen eines Zustellnachweises – als rechtzeitig eingebracht zu wertende, durch die Rechtsvertreter des Berufungswerbers mit Schriftsatz vom 24. Jänner 2012 erhobene Berufung.

 

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die amtsärztliche Feststellung eines Alkoholabhängigkeitssydroms schlichtweg aus der Luft gegriffen sei. Der Berufungswerber habe über einen Zeitraum von immerhin rund einem dreiviertel Jahr durch die Vorlage von sechs Laborbefunden, welche allesamt äußerst niedrige Parameter aufwiesen, unter Beweis gestellt, dass ein Abhängigkeitssyndrom bei ihm nicht vorliege. Der Amtsarzt habe sich offensichtlich von seiner einschlägigen Vorgeschichte leiten lassen und alleine daraus lediglich eine bedingte Eignung angenommen, dies widerspreche aber der Begründung des amtsärztlichen Gutachtens, wonach hingegen auch von geänderten Alkoholtrinkgewohnheiten, vorliegender Alkoholkarenz und unauffälligen Befunden die Rede sei.

 

Die Auflage der Verwendung einer Brille (Code 01.01) ließ der Berufungswerber unangefochten.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 25. Jänner 2012, GZ 11/413835/HM, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 35 Abs.1 FSG). Gemäß § 67a Abs.1 AVG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. März 2012.

 

An der mündlichen Verhandlung haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie als medizinischer Sachverständiger der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung teilgenommen und zum Sachverhalt gehört und befragt. Ein Vertreter der bescheiderlassenden Behörde hat an der Verhandlung nicht teilgenommen.

4.1. Es ergibt sich – aus den genannten Beweismitteln - folgender für die Beurteilung rechtlich relevanter Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber beantragte am 15. November 2011 bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung die Verlängerung seiner bis 17. Jänner 2012 zeitlich befristeten und unter den Auflagen Code 01.01 (Brillen) und Code 104 (ärztliche Kontrolluntersuchungen) erteilten Lenkberechtigung für die Klassen AV, A und B.

 

Aus diesem Anlass unterzog er sich am 10. Jänner 2012 einer amtsärztlichen Untersuchung. In seinem amtsärztlichen Gutachten vom 10. Jänner 2012, GZ San20-442-2011 stellte der Amtarzt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung unter Zugrundelegung von Laborbefunden fest, dass der Berufungswerber zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 (Klassen A und B) gesundheitlich bedingt geeignet ist, wobei er die Befristung der Lenkberechtigung im Ausmaß der Dauer von zwei Jahren sowie die Erteilung von Auflagen, nämlich die Verwendung einer Brille (Code 01.01), zweimal halbjährlich die Vorlage der alkoholspezifischen Laborparameter CDT, LFP und MCV auf Abruf und eine amtsärztliche Nachuntersuchung vorschlug.

 

Begründet wurden die vorgeschlagene Befristung und die Auflagen im Wesentlichen mit dem beim Berufungswerber bestehenden und bereits bekannten Alkoholabhängigkeitssyndrom. Trotz seiner derzeit vorliegenden geänderten Alkoholtrinkgewohnheiten bzw. die erneut vorliegende Alkoholkarenz, die auch durch unauffällige Befunde der alkoholspezifischen Laborparameter untermauert werde, sei aber weiterhin insbesondere auf Grund der auffälligen Vorgeschichte in Zusammenhang mit Alkohol (Alkoholabhängigkeitssyndrom Alkoholhalluzinose seit ca. 2004) und erneutem anamnestisch erhobenen Alkoholkonsum vor Weihnachten 2011 eine Befristung und die Vorschreibung von Auflagen notwendig.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde gemäß § 8 Abs.1 FSG ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend „geeignet”, „bedingt geeignet”, „beschränkt geeignet” oder „nicht geeignet” auszusprechen.

 

Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten “bedingt geeignet” für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Gemäß § 8 Abs.3a FSG ist die Dauer der Befristung ist vom Zeitpunkt der Ausfertigung des amtsärztlichen Gutachtens zu berechnen.

 

Gemäß § 5 Abs.5 erster Satz FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs.3 Z2).

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Werden in den Fällen der §§ 5 bis 16 ärztliche Kontrolluntersuchungen als Auflage vorgeschrieben, so dürfen diese gemäß § 2 Abs.1 zweiter Satz FSG-GV niemals alleine, sondern immer nur in Verbindung mit einer Befristung der Lenkberechtigung und einer amtsärztlichen Nachuntersuchung bei Ablauf dieser Befristung verfügt werden.

 

5.2. Nach dem amtsärztlichen Gutachten gemäß § 8 FSG vom 10. Jänner 2012 besteht beim Berufungswerber ein bekanntes Alkoholabhängigkeitssyndrom, wobei er seine Trinkgewohnheiten geändert hat und derzeit alkoholabstinent ist. Der amtsärztliche Sachverständige hat schlüssig und gut nachvollziehbar dargelegt, dass dennoch insbesondere auf Grund seiner auffälligen Vorgeschichte im Zusammenhang mit Alkohol und des Alkoholkonsums vor Weihnachten 2011 eine zeitliche Befristung der Lenkberechtigung und zweimal halbjährlich die Vorlage der alkoholspezifischen Laborparameter CDT, LFP und MCV sowie eine amtsärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist.

 

Der Berufungswerber hat gegen den Inhalt dieses ihm bekannten Amtsarztgutachten zwar in seiner Berufung Einwände erhoben, letztlich aber diesem nicht auf gleicher fachlicher Ebene widersprochen. Insbesondere hat er trotz Ankündigung in der mündlichen Verhandlung keine fachärztliche Stellungnahme vorgelegt. Die im amtsärztlichen Gutachten enthaltenen Ausführungen sind deshalb als beweiskräftig anzusehen und das Gutachten ist daher der Entscheidung zu Grunde zu legen.

 

Die weitere Kontrolle der derzeitigen Alkoholabstinenz des Berufungswerbers in Form der Auflage von ärztlichen Kontrolluntersuchungen der alkoholrelevanten Laborparameter CDT, LFP und MCV erscheint auch aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates jedenfalls notwendig und ergibt sich insbesondere auch aus § 14 Abs.5 FSG-GV. Von diesen Kontrolluntersuchungen und der Befundvorlage an die Behörde kann dann abgesehen werden, wenn eine ausreichend lange Abstinenz nachgewiesen wurde, sodass keine relevante Rückfallgefahr mehr besteht. Die insgesamt sechsmalige Vorlage unbedenklicher Laborwerte im Zeitraum von Ende März 2011 bis Anfang Jänner 2012 erscheint auf Grund des langjährig bestehenden Abhängigkeitssyndroms (aktenkundig seit 2004) derzeit jedenfalls noch zu kurz, um ein Rückfallrisiko definitiv auszuschließen. Die Vorlage der alkoholspezifischen Laborparameter zweimal halbjährlich ist damit unerlässlich.

 

Die im Spruch des angefochtenen Bescheides diesbezüglich enthaltene, an den Berufungswerber gerichtete Auflage, "zweimal halbjährlich kurzfristig auf Abruf die alkoholspezifischen Laborparameter einzuholen und der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vorzulegen", ist jedoch nicht ausreichend bestimmt im Sinne des § 59 AVG, sodass diese Auflage nunmehr entsprechend zu modifizieren war. Im Falle der Auflage von Kontrolluntersuchungen ist es erforderlich, die Fristen, innerhalb der sie vorzunehmen sind, exakt zu umschreiben (vgl. dazu die Judikatur des VwGH, z. B. 24. April 2011, 2000/11/0337 uvm.). 

 

Die zeitliche Befristung sowie die Auflage der amtsärztlicher Nachuntersuchung ergibt sich auf Grund der Vorschreibung ärztlicher Kontrolluntersuchungen (nunmehr) zwingend aus der gesetzlichen Bestimmung des § 2 Abs.1 zweiter Satz FSG-GV. Gemäß § 8 Abs.3a FSG ist die vom Amtsarzt vorgeschlagene Befristung im Ausmaß der Dauer von zwei Jahren vom Zeitpunkt der Gutachtenserstellung, also vom 10. Jänner 2012 weg, zu berechnen.

 

Die Vorschreibung der Verpflichtung zur Verwendung einer Sehbrille beim Lenken von Kraftfahrzeugen (Code 01.01) ließ der Berufungswerber im Berufungsschriftsatz unangefochten, sodass diese Auflage im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung daher – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen und sich eine Berufungsentscheidung darüber erübrigt. 

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständliche Fall sind Stempelgebühren in der Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r

 

 

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