Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252873/20/Lg/Ba

Linz, 21.08.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 27. Juni und am 2. August 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des D O F, P, N, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes des Bezirkes Perg vom 10. Mai 2011, Zl. SV96-6-2011, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafen in Höhe von 96 Stunden verhängt, weil er als Dienstgeber den Dienstnehmer A E durch Überlassung als Bauhilfsarbeiter an R T in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit am 21.12.2010, am 24.12.2010, am 14.1.2011 und am 15.1.2011 gegen Entgelt beschäftigt habe. Er habe den vorgenannten nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherten (vollversicherten) Dienstnehmer, bei dem keine Ausnahme von der Meldepflicht gemäß § 5 ASVG gegeben gewesen sei und das Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs.2 gelegen sei, vor Arbeitsantritt nicht bei der Oö. Gebietskrankenkasse in Linz, Gruberstraße 77, zu zuständigen Krankenversicherungsträger gemeldet.

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Aufgrund eines von der Polizei festgestellten Sachverhaltes auf der Baustelle P, P, am 15.01.2011 um 16.00 Uhr, auf Einhaltung der Bestimmungen des NAG und in weiterer Folge nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, wurden beim Finanzamt Linz umfangreiche Erhebungen und Nachschauen bzw. Abfragen in sämtlichen Datenbanken durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass der von der Polizei am Kontrollort angetroffene mazedonische Staatsbürger Herr E A, geb. am X, mit der SVNr: X am 21.12.2010 von 08.00 Uhr bis 16.00 Uhr, am 24.12.2010 von 08:00 Uhr bis 12.00 Uhr, am 14.01.2011 von 12.00 Uhr bis 16.00 Uhr und am 15.01.2011 von 08.00 Uhr bis zum Eintreffen der Polizei, das war um 16.00 Uhr, auf der o.a. Baustelle mit diversen Hilfsarbeiten beschäftigt war. Im Zuge der niederschriftlichen Befragung gab Herr R T an, dass es sich bei Herrn E A um eine überlassene Arbeitskraft handelt. Herr E A wurde lt. Aussage von Herrn R T für Arbeitsleistungen von Herrn F D O (Überlasser) an Herrn R T (Beschäftiger) überlassen. Eine Abfrage beim Hauptverband ergab, dass Herr E A seit 11.01.2011 laufend Notstandshilfe - Überbrückungshilfe bezieht/bezog. Eine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgte vor Arbeitsantritt nicht. Da seitens D O F gemäß § 33 (1) ASVG keine entsprechende Anmeldung an einen zuständigen Krankenversicherungsträger erfolgte, liegt ein Verstoß gegen das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz vor.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall von 2.180 € bis zu 5.000 €,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Entsprechend § 33 Abs. 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 Ziffer 2 ASVG sind von der Vollversicherung nach § 4 - unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung ausgenommen: Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs. 4 gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie die im § 4 Abs. 1 Ziffer 6 genannten Personen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Abs. 2 nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen). Nach § 5 Abs. 2 ASVG gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es

  1. für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 27,47 €, insgesamt jedoch von höchstens 357,74 € gebührt oder
  2. für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 357,74 € gebührt.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Ziffer 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Ziffer 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Mit ha. Aufforderung zur Rechtfertigung vom 03.03.2011 wurde Ihnen die vorstehende Sach- und Rechtslage mit der Einladung zur Kenntnis gebracht, binnen zwei Wochen ab Erhalt dieser Aufforderung entweder bei der hs. Behörde zur Erörterung des gegenständlichen Falles persönlich vorzusprechen oder innerhalb dieser Frist eine schriftliche Rechtfertigung einzubringen und alle ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekannt zu geben. Dieser Einladung haben Sie weder innerhalb der eingeräumten Frist noch bis zum heutigen Tag Folge geleistet. Durch Ihr vollkommenes Verschweigen zum gegenständlichen Tatvorwurf ist davon auszugehen, dass Sie diesen nicht bestreiten bzw. auch nicht widerlegen können und ist Ihr Verhalten als Geständnis zu werten. Der im Spruch bezeichnete Tatbestand ist somit in objektiver wie subjektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.

 

Mit einer Bestrafung war daher vorzugehen, weil nach den Umständen der Tat eine zumindest grob fahrlässige Handlungsweise zu unterstellen ist und das Verschulden nicht als geringfügig anzusehen ist. Die Bemessung der Geldstrafe erfolgte nach den Bestimmungen des § 19 Verwaltungsstrafgesetz. Besonders zu berücksichtigende Straferschwerungsgründe bzw. Strafmilderungsgründe sind nicht vorgelegen, sodass die in § 111 Abs. 2 ASVG vorgeschriebene Mindeststrafe verhängt werden konnte. Der Beitrag zu den Kosten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet."

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Sehr geehrter Hr. F,

hiermit erhebe ich gegen die Straferkenntnis vom 10.5.2011, in der obigen Causa das Rechtsmittel der Berufung

Berufungsgrund

Da ich seit 30.10.2011 in der JA Linz bin und keine Möglichkeit gehabt habe Aufträge zu tätigen oder Hr. A E welcher am 29.10.2011 von mir in der Probezeit gekündigt wurde, Arbeiten zuzuteilen kann man mich nicht dafür verantwortlich machen, der Auftrag bzw. Arbeiten wurden mit meiner Inhaftie­rung am 30.10.2011 eingestellt. Daher kann ich im Dez. bzw. Jänner mit keinen Leuten mehr auf der Baustelle gewesen sein."

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

Aus dem Akt ist ua. ersichtlich:

 

R T gab gegenüber dem Finanzamt Linz am 24.1.2011 nieder­schriftlich an "bei Herrn E A M bin ich davon ausgegangen, dass dieser zur Sozialversicherung angemeldet ist bzw. eine Arbeitsbewilligung hat, weil dieser von Herrn F D an mich überlassen wurde, kontrolliert habe ich es aber nicht."

 

In dieser Niederschrift gab T auch an, E A M von F D "vermittelt bekommen" zu haben". Das ist so zu verstehen: Ich habe im Sommer 2010 mit Herrn F D auf einer Baustelle in O – Niederösterreich ein Flachdach montiert. Von dieser Baustelle ist er mir noch einen gewissen Betrag (€ 1.500,00) schuldig. Da er mir diesen Betrag nicht bezahlen konnte, haben wir vereinbart, dass Herr A E M auf der Baustelle meines Großvaters im Namen von Herrn F D Hilfsarbeiter­tätigkeiten (Dach montieren, Fenster zukleben und Gipsplatten tragen) am 21.12. 8:00 Uhr bis 16:00 Uhr, am 24.12.2010 von 8:00 – 12:00 Uhr, am 14.1.2011 von 12:00 – 16:00 Uhr und am 15.01.2011 von 08:00 – zum Eintreffen der Polizei. Herr A E wurde von Herrn F entlohnt (es wurde zumindest so vereinbart)."

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung führte der Bw dazu aus:

 

"Der gegenständliche Dienstnehmer war bei mir bis zum 30. Oktober 2011 gemeldet. Daraufhin rief die Gebietskrankenkasse meine Steuerberaterin Frau K an, sie solle alle Arbeitnehmer abmelden. Am 30.10.2011 trat ich meine Haft an.

 

Der gegenständliche Dienstnehmer hat in einem Verfahren vor der Arbeiterkammer gesagt, dass er arbeitswillig gewesen wäre. Ende Jänner hat mich der gegenständliche Dienstnehmer im Gefängnis besucht, hat mir aber nicht gesagt, dass er auf irgendeiner Baustelle wäre. Über Urgenz der Arbeiterkammer wurde der gegenständliche Dienstnehmer nachversichert bis 20. Jänner. Dies auf Grund einer arbeitnehmerrechtlichen Geschichte.

 

Zusammenfassend sage ich, dass dieser Dienstnehmer nach 30.10.2011 nicht mehr für mich gearbeitet hatte, ich war ja im Gefängnis und hatte keine Baustelle. In dieser Angelegenheit habe ich nachträglich, als ich von dem Fall bemerkt habe, mit T telefoniert. T sagte, der gegenständliche Dienstnehmer hätte zu ihm gesagt, ich hätte ihn zu T geschickt.

 

T sagte auf meine Frage, wie er den Dienstnehmer bezahlt hat, das wisse er nicht mehr. Er bestätigte aber, von mir keine Rechnung bekommen zu haben."

 

Die zur Fortsetzung der öffentlichen mündlichen Verhandlung geladenen Zeugen R T und A E erschienen nicht.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Da für eine Fortsetzung des Verfahrens, bei der die Teilnahme der erwähnten Zeugen unter Androhung von Zwang erreicht werden könnte unter dem Blickwinkel des § 51 Abs.7 VStG nicht mehr ausreichend Zeit zur Verfügung stand, war im Zweifel den Tatsachenbehauptungen des Bw zu folgen. Da daher nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit festgestellt werden kann, dass der Bw Überlasser der gegenständlichen Ausländer war, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

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