Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150953/12/Lg/Ba

Linz, 23.10.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 6. Juli 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des T S, W, F, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 8. März 2012, GZ 0031897/2011, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Strafer­kenntnis bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanz­lichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 60 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X (D) am 23.6.2011 um 15.23 Uhr die A1, Mautabschnitt Asten St. Florian – KN Linz, km 164,057 (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Nach den Bestimmungen des Bundes­straßen-Mautgesetzes unterliege die Benützung von Mautstrecken (Bundesauto­bahnen und Bundesschnellstraßen) mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, der höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, einer fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde mit Schreiben der ASFINAG vom 28.7.2011 angezeigt. Das für die elektronische Entrichtung der fahrleistungs­abhängigen Maut zwingend vorgeschriebene Fahrzeuggerät sei nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen. Dadurch sei die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden.

 

Mit Strafverfügung vom 11.8.2011 wurde gegen den Beschuldigten wegen der im Spruch dargestellten Verwaltungsübertretung ein ordentliches Verwaltungsstraf­verfahren eingeleitet.

 

Der Beschuldigte erhob gegen diese Strafverfügung Einspruch und brachte vor: Das Fahrzeug wurde von mir so übernommen. Ich habe diese Go-Box nicht installiert und übernehme daher keine Strafe. Bitte wenden Sie sich an die R L GmbH & Co KG, A in N.

 

Für die erkennende Behörde ist der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen.

 

In rechtlicher Würdigung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat die erkennende Behörde erwogen:

 

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) lauten auszugsweise wie folgt:

 

Mautprellerei

§ 20

(2) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.

(3) Taten gemäß Abs. 1 und 2 werden straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

Fahrleistungsabhängige Maut

Mautpflicht

§ 6

Die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der fahrleistungsabhängigen Maut. Mehrspurige Kraftfahrzeuge, die noch nie zum Verkehr zugelassen waren und ein Probefahrt- oder Überstellungskennzeichen führen, unterliegen der fahrleistungsabhängigen Maut, sofern ihr Eigengewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt. Sofern kein Nachweis des Eigengewichtes erbracht wird, gelten diese Fahrzeuge als solche mit einem Eigengewicht von mehr als 3,5 Tonnen.

 

Mautentrichtung

§ 7

(1) Die Maut ist durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Pflichten der Fahrzeuglenker und Arbeitgeber

§ 8

(1) Soweit Lenker nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, haben sie vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

(2) Sie haben sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und - mit Ausnahme des Falles gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz - des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung des Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

(3) Die näheren Bestimmungen über die Pflichten der Fahrzeuglenker sind in der Mautordnung zu treffen.

 

Ersatzmaut

§ 19

(1) In der Mautordnung ist für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatz­maut festzusetzen, die den Betrag von 250 € einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

(5) Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so sind die Mautaufsichtsorgane ermächtigt, anlässlich einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut jenes Fahrzeuges, mit dem die Tat begangen wurde, den Zulassungsbesitzer mündlich zur Zahlung ei­ner Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Tat nicht bereits verjährt ist. Die Aufforderung ist an den Lenker zu richten, der bei der Leistung der Ersatzmaut als Vertreter des Zulassungsbesitzers fungiert. Ihr wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.

(6) Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Auffor­derungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht.

 

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen der zum Tatzeitpunkt gültigen Mautordnung lauten auszugsweise wie folgt:

 

8.1 Ordnungsgemäße Anbringung der GO-Box

Die GO-Box ist ausschließlich in dem mit dem angemeldeten Kraftfahrzeugkennzeichen zugelassenen mautpflichtigen Kraftfahrzeug dauerhaft an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkstange nahe der Windschutzscheiben-Unterkante, und zwar in jenem Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, so zu montieren, dass die Bedientaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist Der Scheibenwischer darf dabei in Ruhestellung die GO-Box nicht überlappen (vergleiche Grafik 22). Der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe ist von fremden Gegenständen freizuhalten. Der Kraftfahrzeuglenker hat von der GO-Box alle Gegenstände fern zu halten, die zu einer Beeinflussung der Bedientasten führen könnten. Eine andere Anbringung der GO-Box im Einzelfall ist nur nach individueller schriftlicher Zustimmung der ASFINAG Maut Service GmbH zulässig.

 

Der Beschuldigte hat als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X (D) am 23.06.2011 um 15.23 Uhr die A1, Mautabschnitt Asten St, Florian - KN Linz, km 164,057 (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ord­nungsgemäß entrichtet zu haben, da das Fahrzeuggerät nicht ordnungsgemäß angebracht war und die Maut daher nicht abgebucht wurde.

 

Es ist somit der Tatbestand der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.

 

Schuldfrage:

Das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt daher § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt.

Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn

·         einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und

·         zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (sogenanntes Ungehorsamsdelikt) und

·         der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Beschuldigte hat im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen.

 

Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnte er mit seiner Rechtfertigung nicht erbringen.

 

Der Beschuldigte ist seiner Verpflichtung, die GO-Box ordnungsgemäß anzubringen bzw. die ordnungsgemäße Anbringung zu überprüfen, nicht nachgekommen.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit erwiesen.

 

Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs. 1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteili­ge Folgen nach sich gezogen hat, ist. Nach Abs. 2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemes­sung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Dies bedeutet, dass die erkennende Behörde auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 VStG ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun hat. Eine Strafbemessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den in § 19 leg.cit. festgelegten Kriterien vorzunehmen ist.

 

Als strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet, straferschwerend war kein Umstand.

 

Bei der Berücksichtigung der Vermögens-, Einkommens- und Familienver­hältnisse des Beschuldigten ging die Behörde aufgrund einer realistischen Schätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von € 1.200,-- aus.

 

Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender Bemessungs­gründe erscheint daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden des Beschuldigten angemessen.

 

Das Ausmaß der gemäß § 16 VStG festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts- ­und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung."

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Ich wiederspreche diesem Bescheid da mir weder eine Ersatzmaut angeboten wurde noch bin ich nicht schuld daran das die Maut nicht ordnungsgemäß abgeführt wurde. Das Fahrzeug wurde mir von der Firma R L mit eingebautem Gerät übergeben. Ich habe keine Einweisung zum Anbau des Gerätes bekommen und konnte daher den Falschanbau nicht erkennen. Für mich war es klar das das Gerät einwandfrei funktionierte, da es in Regelmäßigen abständen piep-Geräusche von sich gegeben hat. Da ich dieses Gerät nicht installiert habe und keine Mängel erkennen konnte sehe ich es nicht in meiner Schuld das die Maut nicht abgeführt wurde.

 

Ich bitte sie daher das Verfahren gegen mich einzustellen."

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenteile.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurden die Berufungen gegen die Straferkenntnisse des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 8.3.2012, Zl. 0031897/2011 (VwSen-150953), Tatzeit: 23.6.2011, 15.23 Uhr, vom 8.3.2012, Zl. 0031893/2011 (VwSen-150955), Tatzeit: 9.5.2011, 15.51 Uhr, vom 8.3.2012, Zl. 0031894/2011 (VwSen-150956), Tatzeit: 25.4.2011, 15.15 Uhr, vom 8.3.2012, Zl. 0031898/2011 (VwSen-150957), Tatzeit: 13.6.2011, 16.27 Uhr, und vom 6.3.2012, Zl. 0031895/2011 (VwSen-150965), Tatzeit: 31.3.2011, 18.14 Uhr, Tatort: jeweils A1, Mautabschnitt Asten St. Florian – KN Linz, gemeinsam verhandelt.

 

Der Vertreter des Bw legte folgenden ergänzenden Schriftsatz vor:

 

"Verhandlung UVS Oberösterreich                                      06.07.2012, 09.00h

 

Betreffend die vorgeworfenen und gesondert bestraften Fakten in den Bescheiden zu

 

Ø       Zahl 0031897/2011 23.06.2011 15.23h wg. § 20 Abs 2 BStMG

Ø       Zahl 0031898/2011 13.06.2011 16.27h wg. § 20 Abs 2 BStMG

 

mit welchen allesamt die Übertretung derselben Norm vorgeworfen wird, sind zu einer ein­zigen Tat zusammenzufassen. Es geht aus dem Inhalt der bekämpften Bescheide bereits her­vor, dass es sich stets um denselben Fahrer und dasselbe benutzte Fahrzeug, in diesem Fall einen Sattelschlepper/Zugfahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen X (D), gehan­delt hat. Die Transporte, bei welchen die Übertretungen der oben angeführten Norm began­gen worden sein sollen, wurden in einem Zug durchgeführt.

 

Eine Reihe von Einzelhandlungen bilden dann nur eine einzige Straftat, wenn eine Gleichar­tigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände (zB nur Verstöße gegen das BStMG) sowie ein Gesamtkonzept und eine Zeitspanne von max. 2 Wochen zwischen zwei gleichartigen Übertretungen, vorhanden sind. Genau das ist hier der Fall.

 

Die Fahrten wurden im Zuge einer 'Tour' ausgeführt. Aus diesem Grund ist bei den vorange­führten Fakten von lediglich einem einzigen Delikt im Sinne eines fortgesetzten Deliktes aus­zugehen.

 

Beim fortgesetzten Delikt ist eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetz­ten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, infolge der Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände sowie des zeitlichen Zusammenhanges zu einer rechtlichen Einheit zu verbinden und als einziges Delikt zu bestra­fen (vgl. VwGH vom 13.01.1994, Zl. 91/19/0200, mwN). Da gegenständlich die Vorausset­zungen zur Annahme eines fortgesetzten Deliktes schon aufgrund des Inhaltes der Bescheide vorhanden sind, sind die Fakten 23.06.2011 15.23h und 13.06.2011 16.27h daher nur einmal und nur als einziges Delikt zu bestrafen.

Im Übrigen bringt der Berufungswerber vor, dass bestritten wird, dass er die Maut auch nur fahrlässig geprellt habe. Vielmehr hat seine GO-BOX offensichtlich eine Funktionsstörung gehabt. Dies erscheint auch aus dem Akteninhalt, nämlich der Auflistung der ASFINAG in deren Stellungnahme vom 18.03.2012, plausibel. So scheint dort auf, dass zB am 25.04.2011, 14:35:21 keine Maut in Traun-Ansfelden abgebucht worden ist, aber nur 2 Sekunden später, 25.04.2011 14:35:23 ebenfalls in Traun-Ansfelden Maut abgebucht wurde.

 

Der im Bescheid zu Zahl 0031894/2011 vom 08.03.2012 genannte Zeitpunkt, nämlich 25.04.2011, 15:15 Uhr scheint hingegen auf der im Akt enthaltenen Liste der ASFINAG gar nicht auf.

 

Der Berufungswerber hat am 12.05.2011 nach Aufforderung durch die ASFINAG Mitarbeiter von denen er an diesem Tag aufgehalten wurde, die GO-BOX nach Anweisung der Mitarbei­ter versetzt, um die offensichtliche Funktionsstörung zu beheben. Die ASFINAG Mitarbeiter haben eine Funktionsprüfung durchgeführt und danach das Funktionieren der GO-BOX fest­gestellt. Wenn dem Berufungswerber sachverhaltsgegenständlich ein Verschulden attestiert zu werden vermöge, so ist dieses im untersten Bereich gelegen.

 

Betreffend die übrigen bekämpften Bescheide hinsichtlich der Fakten 09.05.2011 und 31.03.2011 wird darauf hingewiesen, dass die Behörde verpflichtet ist, alle Umstände, die erhebliche Milderungsgründe darstellen können, zu berücksichtigen, da diese Auswirkungen auf die Geringfügigkeit der Schuld haben können (vgl für viele etwa VwGH 27.02.2003, 2000/09/0188). In diesem Zusammenhang ist also - unter entsprechender Heranziehung des § 34 Abs 1 StGB - zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber nur aufgrund der entspre­chenden Weisung seiner Arbeitgeberin (Z 4) gehandelt hat, zudem zumindest betreffend die vor dem 12.05.2012 vorgeworfenen Fakten zum Tatzeitpunkt keine Kenntnis von der Funkti­onsstörung hatte, die Tat also unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen (Z 11), und die Vollendung der Tat in facto nur geringen Schaden herbeigeführt hat (Z 13). Im Übrigen wird der objektive Tatbe­stand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht vom Berufungswerber nicht bestrit­ten, sodass auch Z 17 leg cit mildernd mit zu berücksichtigen ist.

 

Die Behörde wird daher das Ausmaß einer allenfalls zu verhängenden Strafe tat- und schuld­angemessen anzusetzen haben. Den vorangeführten Milderungs­gründen stehen keine Er­schwerungsgründe gegenüber. Die Behörde hat daher so nicht ein Verbotsirrtum angenom­men wird bzw. gem. § 21 VStG vorzugehen ist gem. § 20 VStG die Strafe in Höhe der Hälfte der Mindeststrafe zu bemessen.

 

Der Vollständigkeit wegen wird angegeben, dass der Berufungswerber Sorgepflichten für 2 minderjährige Kinder im Alter von 4 und 3 Jahren hat, ein monatliches Bruttoeinkommen von ca. EUR 1.800,00, erzielt und über kein Vermögen verfüge.

 

Zusammengefasst werden gestellt die

 

ANTRÄGE,

 

1)    Der Berufung Folge zu geben und die Bescheide vom 11.08.2011 zu Zahl 0031897/2011, 23.06.2011, 15.23h wg. § 20 Abs 2 BStMG und vom 08.03.2012 zu Zahl 0031898/2011, 13.06.2011, 16.27h wg. § 20 Abs 2 BStMG aufheben; sowie

 

2)    Der Berufung Folge zu geben und den Bescheid zu Zahl 0031894/2011 vom 08.03.2012, 25.04.2011,15:15 Uhr aufzuheben; in eventu gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen und eine bescheidmäßige Ermahnung auszusprechen; und

 

3)    Der Berufung Folge zu geben und die bekämpften Bescheide aufzuheben; in eventu gem. § 21 VStG bzw. gem. § 20 VStG vorzugehen und eine Strafe in Höhe der Hälfte der Mindeststrafe auszusprechen."

 

Mündlich fasste der Vertreter des Bw das Vorbringen wie folgt zusammen:

 

(1.) Bei den Tatvorwürfen betreffend den 13.6.2011 und den 23.6.2011 handle es sich um ein einziges Delikt.

(2.) Es wird moniert, dass am 25.4.2011 um 14.35 Uhr und 21 Sekunden keine Maut abgebucht wurde, jedoch für 14.35 Uhr und 23 Sekunden eine Mautab­buchung aufscheint.

(3.) Am 12.5. (gemeint: 2011) sei der Bw von Mautaufsichtsorganen angehalten worden. Diese hätten eine Funktionsprüfung der GO-Box durchgeführt und das Funktionieren der GO-Box festgestellt. Dies schließe das Verschulden des Bw aus oder mindere es in hohem Maße.

 

Zu (2.) trug der verkehrstechnische Amtssachverständige vor:

 

"Zu der Frage, wie man sich es erklären kann, dass, wenn ein Lkw mit einer GO-Box durch ein Mautportal fährt, es zuerst zu einer Nichtabbuchung kommt und 1, 2 Sekunden später schon zu einer Abbuchung kommt, dazu ist aus technischer Sicht festzustellen, dass die GO-Box bei der Annäherung an den Maut­balken Kontakt aufnimmt und probiert, einen Kontakt mit dem Mautbalken herzustellen. Wenn das beim ersten Mal gelingt, erfolgt sofort die Transaktion und die Abbuchung des Mautguthabens. Wenn die Transaktion beim ersten Mal nicht gelingt, werden von der GO-Box automatisch weitere Versuche gestartet im Sekundentakt, bis es zu einer korrekten Mautabbuchung führt. Diese Möglich­keit besteht, solange sich das Fahrzeug vor dem Mautbalken befindet. Gründe dafür, dass die erste Transaktion nicht dazu führt, die Kommunikation mit dem Maut­balken herzustellen, können darin liegen, dass knapp vor dem gegenständ­lichen Fahrzeug ein anderes Fahrzeug gefahren ist und der Mautbalken noch die Information vom vorausfahrenden Fahrzeug bearbeitet und daher erst 1, 2 Sekunden später wieder bereit ist, die nächste Information aufzunehmen. Dieser Vorgang wird dann im Leistungsverzeichnis dokumentiert und es ist daher ersichtlich, dass eine zweite, eventuell eine dritte Transaktion stattgefunden hat und erst beim zweiten Mal oder dritten Mal dann die Maut bezahlt wurde. Entscheidend ist, dass bei der Annäherung an den Mautbalken eine gültige Transaktion zustande kommt, dann gilt die Maut als korrekt entrichtet, es ist unerheblich, ob dazu die GO-Box ein, zwei oder drei Mal die Kommunikation aufbauen muss, denn das ist auch abhängig vom Verkehr und vom Datenfluss in den Leitungen.

 

Der Sachverständige wird befragt, warum gesichert ist, dass sozusagen die letzte Kommunikation die richtige ist? Weil dann das Mautguthaben zahlenmäßig abge­bucht wird und dies im Leistungsverzeichnis dokumentiert ist. Dazu der Sachver­ständige: Es wird die Kommunikation so lange aufgebaut, bis eine Abbuchung zustande gekommen ist.

 

Weiters bringt der Vertreter des Bw vor, dass es nicht möglich ist, dass auf derselben Liste im zeitlichen Zusammenhang Abbuchungen und Nichtabbuchungen aufscheinen bzw. behauptet wird, es sei die GO-Box falsch montiert gewesen. Dazu führt der Sachverständige aus, dass die Fehlmontage der GO-Box eben dazu führt, dass die Abbuchungen nicht mehr gesichert sind. Es ist daher bei Fehlmontage der GO-Box durchaus möglich, dass Abbuchungen stattfinden, ja sogar überwiegend Abbuchungen stattfinden, in Einzelfällen jedoch nicht. Dies ist eben gerade daraus erklärbar, dass die GO-Box vorschrifts­widrig installiert wurde."

 

Im Übrigen führte der Amtssachverständige aus:

 

"Der Sachverständige verweist auf die von ASFINAG übermittelten Kontrollfotos. Aus denen ist klar erkennbar, dass die GO-Box so montiert ist, dass der ruhende Scheibenwischer über der GO-Box liegt… Der Sachverständige weist nochmals darauf hin, dass für sämtliche hier gegenständ­lichen Kontrollfälle Kontrollfotos vorliegen und auf sämtlichen Fotos ersichtlich ist, dass die GO-Box falsch, nämlich hinter dem Scheibenwischer montiert ist."

 

Das Mautaufsichtsorgan E G führte aus, die gegenständliche Amtshand­lung habe sein Kollege geführt. Gegenstand seien Nichtabbuchungen bzw. eine Falschmontage der GO-Box gewesen. Dem Zeugen sei nicht erinnerlich, in welcher Weise der Bw über die richtige Montage der GO-Box belehrt wurde und ob der Bw im Zuge der Amtshandlung eine Änderung der Lage der GO-Box vornahm. Der Zeuge halte es jedoch für gänzlich unwahrscheinlich, dass der Bw dahingehend belehrt wurde, er solle die GO-Box hinter dem Scheibenwischer montieren. Die Mautaufsichtsorgane hätten ja das entsprechende Fachwissen. Daher könne sich der Zeuge eine falsche Belehrung nicht vorstellen. Die Funktionsprüfung der GO-Box durch Aufsichtsorgane beziehe sich nicht auf die korrekte Montage der GO-Box und habe mit dieser nichts zu tun.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Unbestritten steht fest, dass der Bw zu den angegebenen Zeiten an den angegebenen Orten der Lenker des gegenständlichen Lkw war und dass dabei keine Mautabbuchung erfolgte. Ferner steht fest, dass die GO-Box in allen Fällen (entgegen Punkt 8.1 der Mautordnung falsch, d.h.) hinter dem Scheibenwischer montiert war. Dies ergibt sich einerseits aus dem (lt. Amtssachverständigem nur so erklärbaren) Wechsel zwischen Abbuchung und Nichtabbuchung und andererseits aus den von der ASFINAG vorgelegten Kontrollfotos. Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt an der Richtigkeit, Schlüssigkeit und Vollständigkeit der gutachtlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen – dem der Bw nicht (schon gar nicht auf gleicher fachlicher Ebene) entgegenge­treten ist – keinen Zweifel.

 

Zur Frage der Deliktseinheit ist auszuführen, dass ein fortgesetztes Delikt dann gegeben ist, wenn eine Mehrheit von an sich selbstständigen, nacheinander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden ist. Die Einzelhandlungen müssen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wobei sie nicht durch einen größeren Zeitraum unterbrochen werden dürfen (vgl. VwGH 18.3.2004, Zl. 2003/05/0201). Von einem fortgesetzten Delikt kann – abgesehen davon, dass diesfalls Vorsatz vorliegen müsste, was gegenständlich nicht anzunehmen ist, aber jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn der Bw durch Abfahren vom mautpflichtigen Straßennetz das jeweilige Delikt abge­schlossen hat. Jedes neuerliche Auffahren auf die Autobahn löst die Lenker­pflichten von Neuem aus. Bei Missachtung der Lenkerpflichten beginnt somit mit jeder neuerlichen Auffahrt auf eine mautpflichtige Strecke eine neuerliche Deliktsverwirklichung. Im gegenständlichen Fall umfasst der vom Vertreter des Bw ins Auge gefasste Deliktszeitraum 10 Tage, sodass schon aus diesem Grund auszuschließen ist, dass der Bw während dieser Zeit die Autobahn nicht verlassen hat (bzw. nicht wieder aufgefahren ist); dass zwischenzeitig der Lkw be- und entladen werden musste, liegt auf der Hand. Im Übrigen bilden beim vorliegenden Delikstyp 10 Tage an sich schon einen zu großen Unterbrechungszeitraum. Dass für jedes Delikt eine gesonderte Strafe zu verhängen war, ist eine Folge des Kumulationsprinzips (§ 22 VStG).

 

Zur Frage der Nichtabbuchung am 25.4.2011 um 14.35 Uhr und 21 Sekunden bzw. der Abbuchung um 14.35 Uhr und 23 Sekunden ist zunächst festzuhalten, dass dies nicht unmittelbar den gegenständlichen Tatvorwurf (25.4.2011, 15.15 Uhr) betrifft. Dass aus der vom Vertreter des Bw ins Treffen geführten Auffällig­keit zu einem anderen Zeitpunkt als dem der Deliktsverwirklichung nicht auf einen technischen Systemfehler zu schließen ist, hat der Amtssachverständige dargelegt. Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Darlegung des Amtssachverstän­digen gilt das oben Gesagte.

 

Was die Anhaltung des Bw durch Mautaufsichtsorgane am 12.5.2011 betrifft, ist festzustellen, dass eine falsche Belehrung des Bw durch die Mautaufsichtsorgane über die richtige Montage der GO-Box aufgrund der Fachkompetenz der Organe nicht anzunehmen ist. Falls dies überhaupt zur Sprache gekommen ist, ist anzunehmen, dass die Mautaufsichtsorgane den Bw an ihrem Wissen teilhaben und ihn nicht böswillig im Unklaren ließen.

 

Die Taten (darunter die hier gegenständliche) sind dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Zum Verschulden ist zu bemerken, dass eine Unkenntnis der Montagevorschriften der GO-Box den Bw nicht exkulpiert, da nach ständiger Rechtsprechung durch die Höchstgerichte auch für ausländische Kraftfahrzeug­lenker die Verpflichtung besteht, sich über die rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise in Kenntnis zu setzen. Dies trifft auch auf die Montagevorschriften für die GO-Boxen zu (vgl. dazu Punkt 8.1 der Mautordnung). Das Verhalten des Bw ist als fahrlässig einzustufen, da es ihm oblegen wäre, sich entsprechend zu informieren und für eine ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsab­hängigen Maut Sorge zu tragen, wobei überdies darauf hinzuweisen ist, dass die Nichtkommunikation der Box sich durch den Entfall des Piepstons bemerkbar macht, was dem Lenker bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht entgehen darf.

 

Zur allfälligen Problematisierung des Ersatzmautangebots ist auf die zitierte Regelung des § 19 Abs.6 BStMG zu verweisen. Demnach ist es unerheblich, aus welchen Gründen die Leistung der Ersatzmaut unterblieben ist.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Strafer­kenntnis ohnehin lediglich die gesetzliche Mindestgeldstrafe und eine ent­sprechende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw ohne Relevanz sind. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Dass der Bw die Fahrten auf Weisung seiner Arbeitgeberin unternommen hat, welche zudem von der (vom Bw zu verantwortenden) Fehlmontage keine Kenntnis hatte, wirkt nicht mildernd. Die Nichtbestreitung des objektiven Tatbestandes hinsichtlich VwSen Zl. 150955 und Zl. 150965 reicht nicht für eine Begründung der Anwendung des § 20 VStG aus. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG möglich wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Gering­fügigkeit des Verschuldens) nicht gegeben sind. Die fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und für die Bestrafung ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs.1 VStG). Der Schuldgehalt ist auf der Grundlage des vorliegenden Sachverhalts als nicht geringfügig zu veranschlagen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

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