Linz, 07.11.2012
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn x, x, x, vertreten durch Maga. x, Rechtsabteilung des x, x, x, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich - Sicherheits- und verwaltungspolizeiliche Abteilung, Referat SVA 1 - Strafamt, vom 10.09.2012, Zl.: S-16229/12-VP, zu Recht:
I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.
II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.
Rechtsgrundlagen:
I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012 – VStG.
II. § 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wegen Übertretung nach § 24 Abs.1 lit.a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 72 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden verhängt, weil er am 3.5.2012 um 21.29 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen
x, in x, auf der x, entgegen dem Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten, ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen" abgestellt habe, obwohl sein Fahrzeug nicht nach § 29b Abs.3 StVO gekennzeichnet gewesen sei.
1.1. Die Behörde erster Instanz führte auszugsweise begründend dazu aus:
Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet."
2. Gegen dieses Straferkenntnis wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreterschaft erhobenen Berufung:
3. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG). Eine Berufungsverhandlung war ob der sich nur auf die Lösung einer Rechtsfrage beschränkenden Berufung nicht erforderlich (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).
3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Diesem findet sich neben den vom Berufungswerber aufgenommenen Foto (siehe Bild unten), auch die Bezug habende Verordnung. Ebenfalls wurde Beweis erhoben durch Vornahme eines Ortsaugenscheins am 6.11.2012, wobei die Örtlichkeit mit Blick auf die ständige Beschilderung bzw. Anordnung eines Halte- u. Parkverbotes fotografisch dokumentiert wurde.
3.2. Dem ggstl. Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des LPK Linz, PI Xstraße vom 04.05.2012 zugrunde.
Der Pkw des Berufungswerbers wird darin am 3.5.2012 um 21:29 Uhr in der x im Behinderten HV abgestellt der Behörde erster Instanz zur Anzeige gebracht. Der Berufungswerber beruft sich im Ergebnis auf die irreführende Beschilderung.
4. Es ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:
Die Ordnungsnummer x findet sich etwa 42 m vom Anfang des hier abgebildeten, zeitlich u. sachlich determinierten Halte- u. Parkverbot entfernt. Laut Verordnung der Stadt Linz wurde das fragliche HV in einer Länge von ca. 100 m von ONr. x bis ONr. x verordnet. Eine Ordnungsnummer x konnte weder im Bereich des Beginns des verfahrensgegenständlichen Verbotes, noch aus dem "DORIS-Luftbild" vorgefunden werden. Zu bemerken gilt es, dass auch der quer zur Fahrbahn zeigende Doppelpfeil den Bereich des Verbotes nicht wirklich klarzustellen vermag. Schließlich ist die Örtlichkeit der offenkundig irreführenden Kundmachung auch nicht schlüssig mit der in der Verordnung umschriebenen Örtlichkeit in Einklang stehend zu beurteilen (Objekt Nummer x bis x). Schließlich verleitet das kurz dahinter stehende Verkehrszeichen "Halteverbot Ende" in verwirrender Weise, dass eben an dieser Stelle zur Nachtzeit das Verbot aufgehoben gewesen wäre. Als ungewöhnlich mag auch der in der Länge von 100 m den Behinderten vorbehaltene Parkraum gelten.
4.1. Das aus all diesen Gründen von einem Kundmachungsmangel auszugehen ist, lässt insbesondere das Foto nur unschwer erkennen, wobei selbst die inhaltlich nur schwer erfassbare Begründung des Schuldspruches dies ebenfalls zu untermauern scheint:
"Die oben beschriebenen Verkehrsschilder sind für Verkehrsteilnehmer dahingehend verständlich zu interpretieren, dass am besagten Tatort einerseits eine Halte- und Parkverbotszone ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen in der Zeit von 08:00 Uhr bis 06:00 Uhr beginnt und andererseits eine unbeschränkte Halte- und Parkverbotszone endet.
In zweierlei Hinsicht führt die von Ihnen ins Treffen geführte Interpretation des beschilderten Endes der unbeschränkten Halte- und Parkverbotszone als Ende der Halte- und Parkverbotszone ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen in der Zeit von 08:00 Uhr bis 06:00 Uhr ins Leere: Erstens kann sich das beschilderte Ende der unbeschränkten Halte- und Parkverbotszone nicht auf die Halte- und Parkverbotszone ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen in der Zeit von 08:00 Uhr bis 06:00 Uhr beziehen, weil sich unter dem Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit. a Zif. 13b StVO mit dem Zusatz „Ende" keinerlei Zusatztafeln befinden, sodass durch die Beschilderung letztlich deutlich erkennbar war, dass sich das beschilderte Ende der Halte- und Parkverbotszone nicht auf die Halte- und Parkverbotszone ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen in der Zeit von 08:00 Uhr bis 06:00 Uhr beziehen kann.
Dazu darf auf die einschlägige Judikatur des VwGH verwiesen werden, wonach zwei Halteverbotstafeln, wovon eine mit der Zusatztafel „Ende ausgenommen Ladetätigkeit" und die andere mit der Zusatztafel „Anfang" versehen sind, dem Gesetz entsprechend angebracht sind, weil die angeführten Zusatztafeln, die sich jeweils auf die darüber angebrachten Verkehrszeichen beziehen, wegen ihres inhaltlichen Zusammenhanges nicht als eigene Verkehrszeichen zu zählen sind (VwGH 1374/79 vom 1109.1979 mwN).
Zur Verdeutlichung, dass im Bereich vor dem gegenständlichen Halte- und Parkverbot ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen in der Zeit von 08:00 Uhr bis 06:00 Uhr eine unbeschränktes Halte- und Parkverbot besteht, ist wie oben ausgeführt eine Zusatztafel mit Doppelpfeil angebracht, der es für einen Fahrzeuglenker unmissverständlich ersichtlich macht, dass er sich ein einem Bereich eines Halteverbotes und Parkverbotes befindet, das eben in Höhe des zuletzt genannten Verkehrszeichens in beiden Fahrtrichtungen gilt und erst auf Höhe des Straßenverkehrszeichens mit der Zusatztafel „Ende" endet (vgl. VwGH 86/18/0230 vom 16.01.1987)."
4.2. Diese Darstellung vermag nicht zu überzeugen. Wenn demnach die Behörde selbst mit vielen Worten den Erklärungsinhalt der dort angebrachten Verkehrszeichens interpretieren muss, belegt dies, dass von einem Verkehrsteilnehmer einerseits diese diffizilen Betrachtungen nicht zu erwarten sind, anderseits der objektive Erklärungswert der Beschilderung vielmehr gegen ein dort geltendes Verbot deutet, wenn das "Ende" des regulären (außerhalb des U.-M.) verordneten Halte- u. Parkverbotes nicht verdeckt wurde. Damit waren in sich widersprüchliche Anordnungen kundgetan, die jedenfalls in einem Strafverfahren nicht zu Lasten des Normunterworfenen gehen dürfen. Der Schuldspruch kann auch nicht mit dem Hinweis die Schuldform der bloßen Fahrlässigkeit iSd auf § 5 Abs.1 VStG gehalten werden, weil ein Kundmachungsmangel keine normative Wirkung zu entfalten vermag.
Der Beschwerdeführer bringt daher zutreffend vor, die gegenständliche Verordnung betreffend das Halte- und Parkverbot sei nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden, sodass es für die Straßenverkehrsteilnehmer keine rechtliche Wirkung habe entfalten können.
5. Gemäß § 44 Abs. 1 StVO sind die im § 43 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nicht anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen und sie treten mit der Anbringung dieser Zeichen in Kraft. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen unter anderem auch die Vorschriftszeichen in Betracht. Dazu zählt auch das Zeichen "Halten und Parken verboten" gemäß § 52 lit.a Z 13b leg. cit. Ausgehend davon, dass im vorliegenden Fall die Verordnung des Magistrates der Stadt Linz durch Aufstellung eines Verkehrszeichens hier mit Beginn auf Objektnummer x kundzumachen war, ergibt sich, dass damit der Vorschrift des § 44 Abs.1 erster Satz StVO nicht Genüge getan wurde, weil die diesbezüglichen Straßenverkehrszeichen nicht mit dem örtlichen Geltungsbereich der Verordnung übereinstimmen dürften. Objekt Nr. x kann nämlich nicht 42 m östlich des sich über 50 Meter erstrecken Objektes Nr. x gefunden werden.
5.1. Wenn sich demnach die dem Verfahren zu Grunde liegende Verordnung als nicht gehörig kundgemacht erweist, konnte sie auch keine Rechtswirkungen entfalten (VwGH 28.7.1995, 93/02/0263 mit Hinweis auf VwGH v. 3.7.1986, Zl. 86/02/0038 und die dort zitierte Vorjudikatur). Der Beschwerdeführer ist damit mit seinem Vorbringen im Recht und die wider ihn ausgesprochene Strafe erweist sich als rechtswidrig.
5.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde u.a. von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.
6. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r