Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750060/2/SR/WU

Linz, 09.11.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geb. X, StA der Ukraine, X gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 5. Oktober 2012, GZ.: Sich96-575-2012, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

 

            I.      Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

        II.      Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu leisten. 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 44a und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II.: § 64ff. VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit mündlich verkündetem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 5. Oktober 2012, GZ.: Sich96-575-2012, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in der Höhe von 500,-- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Stunden verhängt.

 

Die belangte Behörde führt dabei in der Niederschrift vom selben Tag unter der Überschrift Straferkenntnis folgenden Tatvorwurf aus:

 

"Der Beschuldigte hat (eine) Verwaltungsübertretung(en) nach w.o. begangen".

 

Darüber findet sich eine protokollierte Erklärung des Beschuldigten:

 

Ich gebe die mir angelastete(n) Verwaltungsübertretung(en) nach § 120 Abs. 1a FPG 2005 (illegaler Aufenthalt aufgrund illegaler Beschäftigung) vollinhaltlich zu."

 

Weiters findet sich am Schluss der Niederschrift der ebenfalls vom Bw unterfertigte Vermerk:

 

"Auf die Möglichkeit eines Rechtsmittels gegen das umseitige Straferkenntnis wurde ich hingewiesen, ich verzichte jedoch auf eine Berufung."

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, grundsätzlich innerhalb der Berufungsfrist rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 11. Oktober 2012.

 

Darin führt der Bw ua. begründend aus, dass der am 5. Oktober 2012 abgegebene Rechtsmittelverzicht mangels Sprachkenntnis sowie mangels Beiziehung eines Dolmetschers keine Wirkung zeitigen könne.

 

Das in der vorgefertigten Niederschrift angeführte "volle Geständnis" sei weder vom Bw noch von seinem ebenfalls anwesenden Bruder X verstanden worden. Diesbezüglich verweist der Bw auf eine E-Mail vom 7. Oktober 2012.

 

Es werde daher ersucht, das Straferkenntnis aufzuheben.

 

2.1. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.

 

Sie führt dabei an, dass der Bruder des Bw, der der deutschen Sprache mächtig sei, als Dolmetscher fungiert habe. Ihm sei auch der Sachverhalt und der Rechtsmittelverzicht erklärt worden. Jener habe dann seinen Brüdern übersetzt, worauf diese unterfertigt hätten.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt und den Berufungsschriftsatz.

 

Da sich bereits daraus ergab, dass der mit Berufung bekämpfte Bescheid aufzuheben war, entfiel die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Insbesondere ist anzumerken, dass der – als Dolmetscher fungiert habende – Bruder des Bw nicht im Protokoll aufscheint bzw. dessen Übersetzungstätigkeit nicht vermerkt wurde. Aufgrund der "äußerst allgemein" gehaltenen Darstellung des Tatvorwurfs in der Niederschrift darf durchaus bezweifelt werden, dass sich der Bw der Bedeutung der von ihm abgegebenen Unterfertigungen bewusst war. Glaubhaft ist hingegen, dass auch der als "Dolmetsch" fungierende Bruder nicht in der Lage war, die rechtlichen Konsequenzen rein sprachlich zu verstehen und diese dem Bw auch entsprechend zu kommunizieren.

 

2.5. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1.1. Im vorliegenden Fall ist nun vorerst zu klären, ob wegen des abgegebenen Rechtsmittelverzichts überhaupt eine Berufung zulässig ist.

 

Gemäß dem nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anwendbaren    § 63 Abs. 4 AVG ist eine Berufung dann nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung ausdrücklich auf die Berufung verzichtet.

 

3.1.2. Nun liegt zwar ein vom Bw unterfertigter Berufungsverzicht vor, allerdings ist – wie unter Punkt 2.4. dieses Erkenntnisses angemerkt – dieser nicht als rechtsverbindlich anzusehen, zumal der der deutschen Sprache nicht kundige Bw schon rein sprachlich nicht in der Lage war, die Bedeutung seiner Unterschrift hiezu zu erfassen. Auch die belangte Behörde selbst maß der Rolle des als Dolmetscher fungierenden Bruder X keine übergeordnete Bedeutung zu, da sie nicht einmal dessen Anwesenheit bei der Aufnahme der Niederschrift oder gar dessen Tätigkeit als Übersetzer protokollarisch festhielt (vgl. § 14 AVG). Dem Rechtsmittelverzicht kommt insoweit auch keine Bedeutung zu, da sich aus dem im Rahmen der Niederschrift festgehaltenen Tatvorwurf – mit Ausnahme der Strafe und deren Rechtsgrundlage (§ 120 Abs. 1a FPG ohne Anführung des § 31 FPG) nichts Konkretisierbares entnehmen lässt.

 

3.1.3. Insofern ist also die Berufung als zulässig und rechtzeitig erhoben anzusehen. 

 

3.2. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die     durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung          bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur          Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten    Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet   keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländer­beschäfti­gungs-        gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsende­be-­       willi­gung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3     Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit       einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

3.3.1. Zwar ist gemäß § 62 Abs. 1 AVG die mündliche Verkündung eines Bescheides vorgesehen, allerdings ist gemäß Abs. 2 leg. cit. dessen Inhalt in einer Niederschrift festzuhalten.

 

Inhalt eines Bescheides ist aber jedenfalls der Tatvorwurf dessen Determiniertheit sich an § 44a VStG zu messen hat.

 

3.3.2. Hinsichtlich der Tatanlastung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Bw stellt sich nun zunächst die Frage, ob der "Spruch" des in Rede stehenden Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a VStG genügt.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall einer Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes – wie im vorliegenden Fall – die als erwiesen angenommen Tat durch Verneinung aller in § 31 Abs. 1 FrG bzw. FPG genannten Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 2007 (2007/21/03/03). Ein Spruch eines Straferkenntnisses, der diesen Anforderungen nicht genügt, entspricht nach diesem Erkenntnis nicht dem Maßstab des § 44a VStG.

 

3.3.3. Der vorliegenden Niederschrift ist aber weder ein Hinweis auf § 31 FPG, auf die als erwiesen anzunehmende konkrete Tat noch auf Zeit, Ort und Art des der Übertretung zugrundeliegenden Verhaltens des Bw zu entnehmen. Es wird keinesfalls klar, worauf sich das "volle Geständnis" überhaupt bezieht. Somit sind aber die Voraussetzungen des § 44a VStG keinesfalls erfüllt.

 

Unter den gegebenen Umständen war auch eine Verbesserung des Spruchs undenkbar.

 

3.4. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass – mangels Vorliegens eines konkreten Tatvorwurfs - der in Rede stehenden Berufung stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

4. Gemäß § 64ff. VStG war dem Bw weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

 

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