Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240929/2/Gf/Rt

Linz, 20.11.2012

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung der S, vertreten durch RA Dr. B, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 10. Oktober 2012, Zln. SanRB96-24-2010 u. SanRB96-24-1-2010, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.      

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch einen Ersatz von Untersuchungskosten zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG; § 71 Abs. 3 LMSVG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 10. Oktober 2012, Zln. SanRB96-24-2010 u. SanRB96-24-1-2010, wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 15 Euro; Untersuchungskosten: 112,50 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 277,50 Euro) verhängt, weil sie es als verantwortlicher Beauftragte einer KG zu vertreten habe, dass von dieser am 4. März 2010 Lebensmittel in Verkehr gebracht worden seien, die deshalb nicht den kennzeichnungsrechtlichen Anforderungen entsprochen hätten, weil die danach maßgeblichen Angaben von einer abziehbaren Folie verdeckt gewesen seien. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 5 Abs. 1 Z. 3 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 52/2009 (im Folgenden: LMSVG), i.V.m. § 3 Abs. 1 lit. a der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1993, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 165/2008 (im Folgenden: LMKV) begangen, weshalb sie nach § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das der Rechtsmittelwerberin angelastete Verhalten auf Grund entsprechender Wahrnehmungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes sowie eines Gutachtens der Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Wien vom 29. März 2010 als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen; ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden (monatliches Einkommen: 2.000 Euro; keine Sorgepflichten; kein Vermögen).

1.2. Gegen dieses ihm am 12. Oktober 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 24. Oktober 2012 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass die LMKV dahin ausgelegt werden müsse, dass diese bloß eine dauerhafte Abdeckung verbiete; dies treffe jedoch nicht zu, wenn eine Überdeckung mit einer leicht abziehbaren Folie, die zudem mit dem Hinweis "hier auffalten" versehen war, verwendet wurde, weil dies gleichsam einer Aufforderung zum Umblättern gleichkäme. Insgesamt seien jedenfalls sämtliche nach der LMKV geforderten Kennzeichnungselemente vorgelegen, wie dies auch aus den bereits im Rahmen des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens von der Rechtsmittelwerberin vorgelegten Privatgutachten hervorgehe; daher könne ihr auch kein Verschulden angelastet werden.

Da zudem bereits Verfolgungsverjährung eingetreten sei, wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu ein Absehen von der Verhängung einer Strafe und stattdessen bloß die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Wels-Land zu Zl. SanRB96-24-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Z. 3 LMSVG und i.V.m. § 3 Abs. 1 lit. a LMKV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel in Verkehr bringt, deren Kennzeichnungselemente nicht an gut sichtbarer Stelle deutlich lesbar und dauerhaft auf der Verpackung oder auf einem mit ihr verbundenen Etikett angebracht bzw. durch andere Angaben oder Bildzeichen verdeckt sind.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall wird der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG deshalb nicht gerecht, da in diesem das Tatbestandselement des Inverkehrbringens zwar angesprochen, aber nicht in der Weise konkretisiert ist, dass die der Beschwerdeführerin angelastete Tathandlung unter eine der zahlreichen, in § 3 Z. 9 LMSVG (i.V.m. Art. 3 Z. 8 der VO 178/2002/EG) normierten Alternativen subsumiert wurde. Da bloß der Spruch eines Straferkenntnisses in Rechtskraft zu erwachsen vermag, reicht aber eine bloße Wiedergabe des Gesetzestextes – wie diese hier im Ergebnis vorliegt – nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht hin, um einen Beschuldigten wirksam vor einer Doppelbestrafung zu schützen.

 

3.3. Weil angesichts bereits eingetretener Verfolgungsverjährung eine entsprechende Korrektur durch den Oö. Verwaltungssenat schon von vornherein nicht in Betracht kam, war der gegenständlichen Berufung sohin schon aus diesem Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

3.4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch nach § 71 Abs. 3 LMSVG der Ersatz von Untersuchungskosten vorzuschreiben.

3.5. Hinsichtlich der im gegenständlichen Verfahren strittigen Rechtsfrage, ob hier dadurch ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 lit. a LMKV gegeben war, dass nach § 4 LMKV erforderliche Kennzeichnungselemente nicht unmittelbar sichtbar, sondern vielmehr derart positioniert waren, dass ein gefaltetes Etikett verwendet wurde und somit einige Angaben auf dessen erst nach entsprechendem Entfalten lesbarer Rückseite angebracht waren, ist auf Folgendes hinzuweisen:

Davon ausgehend, dass § 4 LMKV die Anbringung einer Vielzahl von Kennzeichnungselementen verlangt und für alle diese gilt, dass sie jeweils in gleicher Weise (u.a.) sowohl gut lesbar als auch an gut sichtbarer Stelle angebracht sein müssen, liegt es auf der Hand, dass beiden Ansprüchen jeweils nur im Wege einer situationsangepasst ausgleichenden Kompromisslösung Rechnung getragen werden kann, wobei in diesem Zusammenhang insbesondere auch der Größe der Verpackung entscheidendes Gewicht zukommt.

Kann daher objektiv besehen dem Anspruch an eine gleichermaßen gute Sichtbarkeit einerseits und gute Positionierung andererseits auf Grund der Größe der Verpackung beispielsweise – anstelle der Verwendung einer Überverpackung als Behälter für einen Beipackzettel (wie dies z.B. bei Medikamenten üblich ist) – besser durch die Verwendung eines Faltetiketts Rechnung getragen werden, so erscheint dies insgesamt dann nicht als ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 lit. a LMKV, wenn auf den Umstand, dass sich noch weitere Kennzeichnungselemente auf der Rückseite befinden, unmissverständlich hingewiesen wird und der Zugang zu diesen Informationen für den Konsumenten zudem keinen nennenswerten Aufwand verursacht. Dem gegenüber ist eine Übertretung des § 3 Abs. 1 lit. a LMKV wohl gegeben, wenn die zuvor genannten Voraussetzungen nicht vorliegen – was anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen ist –, wobei in einem solchen Fall diese Aspekte im Spruch des Straferkenntnisses jeweils im Sinne von negativen Tatbestandselementen anzuführen sind.  

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

Dr.  G r ó f

VwSen-240929/2/Gf/Rt vom 20. November 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

LMSVG §5 Abs1 Z3;

LMKV §3 Abs1 lita;

LMKV §4

 

 

* Bezüglich der Frage, ob dann ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 lit. a LMKV vorliegt, wenn nach § 4 LMKV erforderliche Kennzeichnungselemente nicht unmittelbar sichtbar, sondern vielmehr derart angebracht sind, dass ein gefaltetes Etikett verwendet wurde und somit einige dieser Angaben auf dessen erst nach entsprechendem Entfalten lesbarer Rückseite positioniert sind, liegt es – davon ausgehend, dass § 4 LMKV die Anbringung einer Vielzahl von Kennzeichnungselementen verlangt und für alle diese gilt, dass sie jeweils in gleicher Weise (u.a.) sowohl gut lesbar als auch an gut sichtbarer Stelle angebracht sein müssen – auf der Hand, dass beiden Ansprüchen jeweils nur im Wege einer situationsangepasst ausgleichenden Kompromisslösung Rechnung getragen werden kann, wobei in diesem Zusammenhang insbesondere auch der Größe der Verpackung entscheidendes Gewicht zukommt.

 

* Kann daher objektiv besehen dem Anspruch an eine gleichermaßen gute Sichtbarkeit einerseits und gute Positionierung andererseits auf Grund der Größe der Verpackung beispielsweise – anstelle der Verwendung einer Überverpackung als Behälter für einen ausführlichen Beipackzettel (wie dies z.B. bei Medikamenten üblich ist) – besser durch die Verwendung eines Faltetiketts Rechnung getragen werden, so erscheint dies insgesamt dann nicht als ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 lit. a LMKV, wenn auf den Umstand, dass sich noch weitere Kennzeichnungselemente auf der Rückseite befinden, unmissverständlich hingewiesen wird und der Zugang zu diesen Informationen für den Konsumenten zudem keinen nennenswerten Aufwand verursacht; dem gegenüber ist eine Übertretung des § 3 Abs. 1 lit. a LMKV wohl gegeben, wenn die zuvor genannten Voraussetzungen nicht vorliegen – was anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen ist –, wobei in einem solchen Fall diese Aspekte im Spruch des Straferkenntnisses jeweils im Sinne von negativen Tatbestandselementen anzuführen sind.

 

 

 

 

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