Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253274/16/Py/Hu

Linz, 14.11.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x,  gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 27. August 2012, GZ: BZ-Pol-76031-2011, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. Oktober 2012  zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 27. August 2012, GZ: BZ-Pol-76031-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 3 Abs.1  Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. 218/1975 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 69 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 200 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma x (Arbeitgeberin) verantworten, dass durch diese Firma beginnend mit März 2010 bis zumindest 11.02.2011 (Tag der Niederschrift) der rumänische Staatsbürger x, geb. x, als Zusteller beschäftigt wurde, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine EU-Entsendebestätigung oder eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt oder ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund der Angaben in der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels als erwiesen anzusehen ist. Der Beschuldigte hat die Pflicht, sich mit den auf dem Gebiete seine Berufes erlassenen Vorschriften laufend vertraut zu  machen. Eine Glaubhaftmachung, dass den Beschuldigten an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, ist ihm durch die Rechtfertigung nicht gelungen.

 

Im Übrigen führt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung herangezogenen Gründe aus.  

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 3. September 2012. Darin bringt er zusammengefasst vor, dass ihm die Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 15. Juli 2011 bzw. die von diesem geführten Beweise nicht zur Kenntnis gebracht wurden, weshalb Mangelhaftigkeit des Verfahrens infolge Verletzung des Parteiengehörs vorliegt. Dies ist insbesondere auch deshalb von Relevanz, da die Behörde in ihrer Begründung lediglich den Inhalt der Stellungnahme des Finanzamtes wiedergibt und es nicht für notwendig erachtet hat, dem Beschuldigten die Stellungnahme des Finanzamtes zur Kenntnis zu bringen. Des Weiteren wurde der von ihm beantragte Zeuge nicht einvernommen, der die Angaben des Beschuldigten bestätigen hätte können bzw. jene des Finanzamtes ausdrücklich widerlegt hätte. Der angefochtene Bescheid ist unzureichend begründet und legt die Behörde nicht dar, weshalb sie zur Ansicht gelangt, dass im gegenständlichen Fall ein bewilligungspflichtiges Arbeitsverhältnis vorliegt. Es ist auch nicht erkennbar, von welchem Sachverhalt die Behörde ausgeht.

 

In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt, dass zwischen Herrn x und der Firma x niemals ein direktes Vertragsverhältnis bestand. Die Firma x hat ausschließlich eine Subunternehmervereinbarung mit der Firma x abgeschlossen. Gegenstand dieser Vereinbarung sind Dienstleistungen der Güterbeförderung. Der Umstand, dass Herr x von der Firma x als selbstständiger Subunternehmer eingesetzt wurde, kann dem Beschuldigten nicht angelastet werden und kann daraus auch nicht auf eine arbeitnehmerähnliche Stellung des Herrn x oder eine Arbeitskräfteüberlassung geschlossen werden. Es ist branchenüblich, dass Speditionen Subunternehmervereinbarungen über Dienstleistungen der Güterbeförderung mit anderen Unternehmen abschließen.  Derartige Subunternehmerverträge werden im Unternehmen des Beschuldigten lediglich mit größeren Unternehmen und nicht mit einzelnen selbstständigen Fahrern geschlossen. Tatsächlich war Herr x im gegenständlichen Fall lediglich an die Weisungen der Firma x gebunden und konnte er auch nur von dieser bei Nichteinhaltung der Anweisungen in Anspruch genommen werden. Auch der Umstand, dass für die Zustellungen von der Firma x ein Scanner zur Verfügung gestellt wird, spricht nicht für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit des Herrn x. Tatsächlich wurde der Scanner von der Firma x gegen Entgelt angemietet. Herr x hat den Scanner wiederum von der Firma x gegen Entgelt angemietet. Der Einsatz des Scanners dient keineswegs der Kontrolle oder Überwachung der einzelnen Zusteller, sondern lediglich als Nachweis der vereinbarungsgemäßen Ablieferung für den Auftraggeber der Firma x und ist ein derartiger Einsatz eines Scanners im Zustellgeschäft üblich. Dem Subunternehmer kommt die Anmietung eines Scanners überdies auch günstiger als die Anschaffung eigener Scanner bzw. eines eigenen Zustellnachweis-Systems. Auch die Zurverfügungstellung von Schlüsseln für die einzelnen Zustellorte oder der Umstand, dass Pakete taggleich auf dafür ausgewiesene Plätze zuzustellen sind, spricht keineswegs für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit des Herrn x im Unternehmen des Beschuldigten. Dies dient zur sicheren Ablieferung der Pakete auch in den Nachtstunden. Das einzige zur Leistungserbringung tatsächlich notwendige und damit "wesentliche" Betriebsmittel, nämlich das Fahrzeug, wurde von der Firma x bzw. Herrn x selbst beigestellt. Herr x hat bei seiner Einvernahme angegeben, dass er sich bei Problemen an seinen Auftraggeber, also die Firma x, wenden musste und nicht an die Firma x. Weisungen an ihn wurden seitens der Firma x nicht erteilt. Die Zeit der Zustellungen war vom Subunternehmer in einem zeitlichen Rahmen von 21.00 bis 9.00 Uhr des Folgetages frei wählbar, ebenso die Wahl der Fahrtroute. Von einer organisatorischen Eingliederung des Herrn x in das Unternehmen des Beschuldigten kann keine Rede sein. Auch hinsichtlich der Entlohnung wurden lediglich pauschale Fixbeträge für die einzelnen Zustelltouren – nicht für geleistete Arbeitsstunden – zwischen der Firma x und der Firma x vereinbart. Die Bezahlung erfolgte ausschließlich an die Firma x. Auch eine gesonderte Abgeltung von Aufwendungen des Herrn x (zB. Ersatz für Telefon- und Fahrtkosten) ist niemals erfolgt. Zusammenfassend liegt daher im vorliegenden Fall weder eine Arbeitskräfteüberlassung noch eine arbeitnehmerähnliche Stellung des Herrn x vor.

 

3. Mit Schreiben vom 4. September 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. Oktober 2012. Aufgrund des sachlichen Zusammenhangs der dem Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen wurde diese gemeinsam mit der im Berufungsverfahren zu VwSen-253273 anberaumten mündlichen Verhandlung durchgeführt (vgl. § 51e Abs.7 VStG). An dieser Berufungsverhandlung nahmen der Bw mit seinem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Finanzamtes Grieskirchen Wels als Parteien teil. Als Zeugen wurden Herr x, Herr x und Herr x einvernommen. Zur Befragung des Zeugen x wurde eine Dolmetscherin der Berufungsverhandlung beigezogen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x (in der Folge: Firma x).

 

Die Firma x ist sowohl national als auch international im Speditionswesen tätig. Eine der von der Firma x ihren Kunden angebotene Dienstleistung ist der sogenannte "Nachtexpress". Dabei wird den Kunden zugesagt, dass am Nachmittag/frühen Abend übernommene Zustellaufträge in Österreich bis (in der Regel) 8.00 Uhr des kommenden Tages durchgeführt werden. Das betrifft insbesondere Ersatzteile der Automobilindustrie, die nachmittags bestellt werden und am kommenden Morgen bei Betriebsbeginn in den Werkstätten zur Verfügung stehen müssen. Um diese Dienstleistung anbieten zu können, wurde in Österreich ein "Nachtexpress-Netzwerk" aufgebaut, für das ausschließlich Subunternehmer eingesetzt werden. Dabei werden verschiedene Zustellgebiete festgelegt und mit den Subunternehmer im Vorhinein vereinbarte Tourenpauschalen festgelegt. In welcher Reihenfolge, mit welchem und mit wie viel Personal der Subunternehmer diese Auslieferungsfahrten abarbeitet, bleibt ihm überlassen. Die Subunternehmer bekommen täglich eine "Ladeliste", aus der erkennbar ist, welche Ware wohin zuzustellen ist. Die Fahrer der Subunternehmer laden die zuzustellende Ware selbstständig in einem der Zentrallager der Firma x. Als Nachweis für die Kunden, dass die Ware übernommen und abgeliefert wurde, werden Scanner benützt, die die Subunternehmer entweder – sofern mit der von der Firma x benützten Software kompatibel – selbst beigestellt oder die von der Firma x den Subunternehmern gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden. Bei Problemen im Rahmen der Zustellfahrten wenden sich die Fahrer direkt an die Subunternehmer, von denen sie eingesetzt werden, für Notfälle stellt die Firma x in den Nachtstunden auch ein Notrufsystem zur Verfügung. Da die Zustellung teilweise auch in absperrbare Bereiche und Lagerräume der Kunden zu erfolgen hat, werden den Subunternehmern seitens der Firma x die dazu von den Kunden zur Verfügung gestellten Schlüssel ausgehändigt, die sie wiederum an den jeweiligen Fahrer weitergeben. Die Firma x hat gegenüber den Fahrern der Subunternehmer kein Weisungsrecht, nimmt keinen Einfluss auf die Personalauswahl der Subunternehmer, stellt keine Zustellfahrzeuge zur Verfügung und kommt auch nicht für deren Wartung oder Betankung auf. Die Firma x stellt den Fahrern auch keine Handys zur Verfügung und übernimmt auch nicht deren Kosten. Im Vertretungsfall bzw. bei Krankheit setzen sich die Fahrer direkt mit dem Subunternehmer in Verbindung, die Firma x wird nicht eingeschaltet. Die Subunternehmer haften der Firma x für die ordnungsgemäße Zustellung der Ware im vereinbarten Zustellgebiet innerhalb der vereinbarten Zustellzeiten, im "Nachtexpress" somit in der Regel innerhalb des Zeitraums 21.00 Uhr bis 8.00 Uhr. Um ein einheitliches Erscheinungsbild zu gewährleisten, wird mit den Subunternehmern – sofern sie dafür keine Miet- oder Leihfahrzeuge einsetzen – vereinbart, dass diese die Aufschrift der Firma x auf den Fahrzeugen zu verwenden haben.

 

In der Zeit von März 2010 bis 11. Februar 2011 wurde der rumänische Staatsangehörige Herr x, geb. am x, als Fahrer von der Firma x, mit der die Firma x im Rahmen des "Nachtexpress" für das Gebiet Gmunden, Kirchdorf und Teile des Mühlviertels eine Subunternehmervereinbarung getroffen hatte, eingesetzt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und den übereinstimmenden Aussagen des Bw sowie der Zeugen x, x und x über die Ausgestaltung und Abwicklung der Vertragsbeziehungen zwischen der Firma x und der Firma x als deren Subunternehmer und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragenen Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Seitens des Bw wurde nicht bestritten, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich ist.

 

5.2. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 1. Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. VwGH vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. VwGH vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187).

 

Als typisch für eine arbeitnehmerähnliche Stellung werden etwa die Tätigkeit im Betrieb des Auftraggebers, Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit, persönliche Leistungspflicht, Beschränkung der Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit, Berichterstattungspflicht, Arbeit mit Arbeitsmitteln des Auftraggebers, Arbeit nur für einen oder nur eine geringe Zahl von Auftraggebern, Unternehmensbindung, Entgeltlichkeit oder direkter Nutzen der Arbeitsleistung für den Auftraggeber, Arbeit gegen gesonderte Abgeltung von Aufwendungen (wie zB. durch Kilometergeld, Ersatz von Telefonkosten etc.) anzusehen sein. Für eine unternehmerische Tätigkeit spricht hingegen, dass der Arbeitende das entsprechende wirtschaftliche Risiko tragen will, indem er zB. losgelöst vom konkreten Auftrag spezifische Betriebsmittel anschafft, werbend am Markt auftritt und auch sonst über eine gewisse unternehmerische Infrastruktur verfügt sowie seine Spesen in die dem Auftraggeber verrechneten Honorare selbst einkalkuliert, wie dies bei einer Pauschalabgeltung in der Regel der Fall ist (vgl. VwGH vom 25. Februar 2010, 2009/09/287).

 

Als Beschäftigung im Sinne des AuslBG gilt nicht nur die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis (§ 2 Abs. 2 lit. a leg. cit.), sondern ebenso die Verwendung überlassener Arbeitskräfte (§ 2 Abs. 2 lit. e leg. cit.). Um die Verwendung von ausländischen Arbeitskräften als Beschäftigung im Sinne des § 3 Abs. 1 AuslBG zu qualifizieren, macht es daher keinen Unterschied, ob derjenige, der die Arbeitskräfte verwendet, selbst Arbeitgeber der Ausländer ist oder ob im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG in Verbindung mit dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz die Verwendung überlassener Arbeitskräfte erfolgt. In beiden Fällen ist derjenige, der die Arbeitskräfte verwendet, ohne dass eine in § 3 Abs. 1 AuslBG angeführte Genehmigung oder Bestätigungen vorliegt, wegen Übertretung des § 3 Abs. 1 AuslBG gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit. strafbar (vgl. VwGH vom 9. Oktober 2006, Zl. 2004/09/0085).

 

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. VwGH vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003, mwN).

 

Auch im gegenständlichen Verfahren ist für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts der wahre wirtschaftliche Gehalt der vom Ausländer verrichteten Tätigkeit wesentlich. Das Vorliegen von Gewerbeberechtigungen bildet hingegen nur einen formalen Umstand und ist für die Beurteilung der sachverhaltsmäßig festgestellten Tätigkeit dahingehend, ob eine Beschäftigung nach dem AuslBG vorliegt oder nicht, nicht maßgeblich (vgl. VwGH vom 23. April 2009, Zl. 2009/09/0049). Eine entsprechend nach dem AuslBG bewilligungspflichtige Beschäftigung wird durch das Vorhandensein einer Gewerbeberechtigung nicht zu einer solchen, für welche keine Bewilligung notwendig wäre, sowie im umgekehrten Fall eine selbstständige Beschäftigung, für deren Ausübung keine entsprechende Gewerbeberechtigung vorhanden ist, dadurch nicht zu einer unselbstständigen bewilligungspflichtigen Beschäftigung nach dem AuslBG wird.

 

Wie das Beweisverfahren im vorliegenden Fall ergeben hat, liegen wesentliche Sachverhaltselemente vor, die das Berufungsvorbringen des Bw, wonach die Firma x als Subunternehmer der Firma x tätig wurde, bestätigen. Insbesondere nachstehende Merkmale sprechen für das Vorliegen einer Werkvertragsleistung durch die Firma x:

 

-        die Leistung wurde gegen ein im Vorhinein bestimmtes Pauschalentgelt – unabhängig von der Anzahl der Zustellstücke – erbracht;

-        die Firma x haftete der Firma x für die ordnungsgemäße Zustellung der Ware;

-        die Firma x nahm keinen Einfluss auf die Personalauswahl durch die Firma x;

-        die Firma x erteilte den von der Firma x eingesetzten Fahrern keine Weisungen, diese waren nicht organisatorisch in den Arbeitsablauf der Firma x eingegliedert;

-        die wesentlichen Betriebsmittel (Zustellfahrzeuge einschließlich deren Betankung und Wartung, Handys der Fahrer etc.) wurden nicht von der Firma x zur Verfügung gestellt;

-        die Abfolge der Zustellfahrten innerhalb des festgesetzten Zeitrahmens konnte von der Firma x frei bestimmt werden;

-        für die Zurverfügungstellung der Scanner, die der Nachverfolgung der Ware und als  Zustellbestätigungsnachweis gegenüber den Kunden dienten, wurde ein Entgelt verrechnet;

-        allenfalls erforderliche Mehrleistungen innerhalb des vereinbarten Zustellgebietes waren von der vereinbarten Pauschalabgeltung erfasst und mussten von der Firma x getragen werden.

 

Im Hinblick auf diese Sachverhaltsmerkmale tritt der Umstand, dass die über den Subunternehmer beigestellten Fahrzeuge wenn möglich mit der Firmenaufschrift der Firma x versehen waren, in den Hintergrund. Für diese vertraglich vereinbarten Leistungen konnte ebenso wie für die Aushändigung von Schlüsseln der Kunden eine nachvollziehbare Erklärung gegeben werden. Der  Zeuge x gab in der Berufungsverhandlung nachvollziehbar und glaubwürdig an, dass er als Fahrer ausschließlich mit der Firma x in Kontakt stand und weder Weisungen noch Anordnungen seitens der Firma x an ihn ergingen.

 

Da somit nicht von einer Arbeitskräfteüberlassung der Firma x an die Firma x und nicht von einer arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung des Herrn x durch die Firma x auszugehen ist, ist der objektive Tatbestand der dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht erfüllt.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Der Kostenausspruch ist in der angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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