Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150987/2/Lg/Ba

Linz, 08.11.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Dr. W W, Rechtsanwalt, N, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 7. August 2012, Zl. VerkR-765/12, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkennt­nis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Ersatzfreiheitsstrafe auf 33 Stunden herabgesetzt wird.

 

II.        Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe von 120 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben es als Lenker des Personenkraftwagens mit dem behördlichen Kennzeichen X zu vertreten, dass Sie am 5.2.2012 um 15.09 Uhr oa. Kraftfahrzeug auf der Autobahn A 7 (welche eine mautpflichtige Bundesstraße ist), Richtungsfahrbahn Knoten Linz, im Gemeindegebiet von 4052 Ansfelden bei Straßenkilometer 000.853 lenkten und somit die Autobahn A 7 benützten, ohne dass Sie die hiefür erforderliche zeitabhängige Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung ordnungsgemäß entrichtet hatten."

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Aufgrund einer Anzeige der ASFINAG wurde gegen den Beschuldigten mit Strafverfügung der BH Linz-Land vom 5.6.2012 (ZI.: VerkR96-15871-2012), wegen des im Spruch angeführten Tatbestandes, ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.

 

Hr. Dr. W W berief gegen oa. Strafverfugung und führte aus, dass er die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht begangen hätte.

 

Sodann wurde ggst. Verfahren von der BH Linz-Land gem. § 29a VStG an den Magistrat der Stadt Steyr abgetreten.

 

Auf die Aufforderung zur Rechtfertigung des Magistrates Steyr vom 6.7.2012 (Zl.: VerkR-765/12) hin verwies der Beschuldigte auf seine Korrespondenz mit der ASFINAG.

 

Aus diese Korrespondenz geht hervor, dass Hr. Dr. W W zwar eine Mautvignette gekauft habe. Diese habe sich auch im PKW befunden. Sie sei nur nicht an der vorgesehenen Stelle an der Windschutzscheibe angebracht gewesen.

 

Die Anbringung sei unterblieben, da sich die Vignette des Jahres 2011 trotz intensiver Bemühungen nicht habe entfernen lassen.

 

Die erkennende Behörde hatte von folgendem Tatbestand auszugehen:

 

Gegenständlicher Tatbestand wurde von der ASFINAG mittels automatischem Überwachungssystem festgestellt.

 

Es konnte zum Tatzeitpunkt keine gültige Vignette an ggst. Auto festgestellt werden. Die erkennende Behörde hat hierüber wie folgt erwogen:

 

§ 10 Abs. 1 des Bundesstraßen-Mautgesetzes normiert, dass die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen einer zeitabhängigen Maut unterliegt.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 des Bundesstraßen-Mautgesetzes ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

In § 20 Abs. 1 des Bundestrassen-Mautgesetzes wird festgelegt, dass Fahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung begehen und mit Geldstrafe von 300 EURO bis 3.000 EURO zu bestrafen sind.

 

Zur Verantwortlichkeit von Hrn. Dr. W W wurde von der erkennenden Behörde wie folgt erwogen:

 

Der Beschuldigte ist als Lenker (wie er selbst gegenüber der BH Linz-Land im Wege einer Lenkererhebung angab) ggst Kraftfahrzeuges und somit als Benutzer oa. mautpflichtiger Bundesautobahn für ggst. Verwaltungsübertretung verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

Hinsichtlich des Verschuldens genügt gem. § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Bei der ggst. Verwaltungsübertretung gehört zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr, weshalb es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt. Bei Ungehorsamsdelikten belastet der Gesetzgeber den Täter schon durch den objektiven Tatbestand und präsumiert die Schuld, solange der Beschuldigte nicht das Gegenteil glaubhaft macht.

 

Infolge Außerachtlassens der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt hat Hr. Dr. W W verkannt, dass er durch sein Verhalten einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklichte und mußte als Grad des Verschuldens zumindest Fahrlässigkeit angenommen werden.

 

Die Übertretung der Bestimmungen des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes war sohin aufgrund der Anzeige der ASFINAG und des ha. durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

Als strafmildernd wurde die völlige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholten des Beschuldigten gewertet.

 

Weitere mildernde oder erschwerende Umstände wurden nicht bekannt.

 

Die ausgesprochene Geldstrafe entspricht dem Verschuldensgehalt, dem Strafrahmen der angewendeten Rechtsvorschriften sowie den sozialen und finanziellen Verhältnissen von Hrn. Dr. W W, die von diesem selbst wie folgt angegeben wurden: € 3.500,-- monatliches Nettoeinkommen (Schätzung), Sorgepflichten für 2 mj. Kinder."

 

Die Kosten des Verfahrens gründen in den bezogenen Gesetzesstellen."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"1. Mir ist vorgeworfen worden, dass ich zum Tatzeitpunkt die Autobahn A7 benützte, ohne dass ich die hiefür erforderliche zeitabhängige Maut vor der mautpflichtigen Stra­ßenbenützung ordnungsgemäß entrichtet hätte.

 

Dieser Vorwurf ist unrichtig. Wie ich bereits in der mit der ASFINAG Mautservice GmbH geführten Korrespondenz dargelegt und nachgewiesen habe, habe ich am 01.02.2012 eine Vignette gekauft und im Fahrzeug mitgeführt. Diese Vignette wurde zwar nicht an der vorgesehenen Stelle an der Windschutzscheiben (also im Bereich des Rückspiegels) befestigt, was jedoch ausschließlich darauf zurück zu führen war, weil sich die Vignette des Vorjahres (2011) trotz intensiver Bemühungen nicht entfer­nen ließ. So habe ich versucht, die alte Vignette unter zu Hilfenahme eines feucht­warmen Tuches und sogar eines Messers zu entfernen, was mir aber nicht gelungen ist (vielmehr konnten nur Teile der alten Vignette weggekratzt werden). Es ist mehr als un­verständlich und darüber hinaus sehr ärgerlich, dass die ASFINAG Mautservice GmbH zwar von den österreichischen Autofahrern hunderte Millionen an Einnahmen lukriiert, jedoch offensichtlich nicht in der Lage ist, eine solche Vignette produzieren zu lassen, die sich nach Ablauf der Gültigkeit vom Fahrzeug wieder ohne nennenswerten Aufwand ent­fernen lässt.

Es ist daher einzig und allein auf die beschriebene Unfähigkeit der ASFINAG Mautservi­ce GmbH zurückzuführen, dass ich die bereits gekaufte und im Fahrzeug natürlich mitgeführte Vignette nicht an der vorgesehenen Stelle an der Windschutzscheibe aufbringen konnte, weil sich eben die alte Vignette nicht entfernen ließ. Wo daher ein Verschulden meinerseits an der mir zur Last gelegten Verwaltungsübertretung vorliegen soll, ist nicht nachvollziehbar. Davon abgesehen kann mir maximal vorgeworfen werden, dass ich die Vignette nicht der vorgesehenen Stelle aufgebracht habe, nicht aber, dass ich die Auto­bahn ohne die Vignette gekauft und mitgeführt bzw die zeitabhängige Maut entrichtet zu haben, benutzt habe.

 

Der in Rede stehende Tatbestand ist daher schon aus diesem Grund nicht verwirklicht.

 

2. Abgesehen davon, wäre das erstinstanzliche Straferkenntnis auch schon auf Grund völ­lig mangelhafter Begründung aufzuheben, zumal sich die erstinstanzliche Behörde nicht mit dem Vorbringen in meiner Rechtfertigung, in welcher ich wiederum auf die mit der ASFINAG Mautservice GmbH geführte Korrespondenz verwiesen habe, auseinanderge­setzt hat. Die genannte Korrespondenz wird dieser Berufung zur Kenntnisnahme ange­schlossen.

 

3. Abgesehen davon, dass ich die mir vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht began­gen habe, ist die verhängte Strafe der Höhe nach gerade zu absurd und grotesk. Es kann wohl nicht sein, dass eine Geldstrafe in Höhe von sage und schreibe € 300,00 verhängt wird, weil jemand eine gekaufte und im Fahrzeug mitgeführte Vignette deshalb nicht an der Windschutzscheibe angebracht hat, weil die ASFINAG Mautservice GmbH nicht in der Lage ist, eine solche Vignette herzustellen, die sich nach Ab­lauf der Gültigkeit wieder mit gewöhnlichen Mitteln entfernen lässt. Wo soll hier der Unrechtsgehalt liegen, der eine Geldstrafe in Höhe von sage und schreibe € 300,00 rechtfertigt?!?

 

Es fehlt hier wahrlich an jeglicher Relation zwischen dem Unrechtsgehalt der vorgewor­fenen Tat einerseits und der verhängten Strafe bzw der sonst von Strafbehörden verhäng­ten Strafen andererseits. Wenn beispielsweise jemand in Oberösterreich alkoholisiert ei­nen Unfall verursacht, der eine leichte (oder oft auch schwere) Körperverletzung nach sich zieht, wird regelmäßig nur zu bedingten Geldstrafen verurteilt. Dass ein Sachverhalt bzw Tatbestand wie der hier vorliegende dann aber eine Geldstrafe in Höhe von € 300,00 nach sich ziehen soll, ist durch nichts zu rechtfertigen.

 

4. Ich stelle daher den

 

ANTRAG,

 

meiner Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben; in eventu von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen oder zumindest die Geldstrafe ganz erheblich zu reduzieren."

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt (Nichtanbringen der Vignette an der Windschutzscheibe) bei Benützung einer mautpflichtigen Strecke durch den Bw als Lenker zur angegebenen Zeit und am angegebenen Ort ist unstrittig.

 

Gemäß Punkt 7.1. der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß – unter Verwendung des originären Vignettenklebers – anzubringen. Jede andere Art der Anbringung ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung. Die Vignette ist – nach vollständigem Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf der Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist. Der Besitz oder Kauf der Vignette bzw. das unsachgemäße Anbringen der Vignette erfüllt diesen Umstand nicht.

 

Damit steht fest, dass die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde. Die Relevanz der Einwendungen in der Berufung (Schwierigkeiten bei der Entfernung der alten Jahresvignette) ist nicht zu erkennen. Die Höhe der gesetzlichen Mindestgeldstrafe beruht auf einer Entscheidung des Gesetzgebers.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Als Verschuldensform ist, wegen eventueller Rechtsunkenntnis, im Zweifel Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu anzumerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht hervorgekommen. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Der Unrechtsgehalt der Tat ergibt sich aus dem evidenten Kontrollzweck der Anbringungsvorschrift. Das in der Rechtsunkenntnis begründete Verschulden ist nicht als entsprechend geringfügig einzustufen. Die auf der Anwendung der Strafzumessungskriterien für die Geldstrafe beruhende Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe erspart dem Bw den Ersatz der Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat (§ 65 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

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