Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-740208/4/MB/BZ/WU

Linz, 20.11.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Berufung der X, vertreten X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom 4. Oktober 2012, Zl.: Pol96-173-2012, wegen der Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom 4. Oktober 2012, Zl.: Pol96-173-2012, als belangte Behörde, der sowohl der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) als auch der Inhaberin, der Betreiberin und dem Finanzamt zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

"Bescheid über eine Beschlagnahme                                               

Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:

 

Die/der Verantwortliche der Firma X, X hat es verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass durch die im Besitz der erwähnten Firma befindlichen Glücksspielgeräte

 

1)    MLT Multy Lottery Terminal, Typenbezeichnung X3000, Seriennummer: X

2)    MLT Multy Lottery Terminal, Typenbezeichnung X3000, Seriennummer: X

3)    MLT Multy Lottery Terminal, Typenbezeichnung X3000, Seriennummer: X

4)    MLT Multy Lottery Terminal, Typenbezeichnung X3000, Seriennummer: X

5)    MLT Multy Lottery Terminal, Typenbezeichnung X3000, Seriennummer: X

6)    MLT Multy Lottery Terminal, Typenbezeichnung X3000, Seriennummer: X

 

die zumindest vom 22. April 2012 bis 22.06.2012 in X, aufgestellt waren, obwohl der Verdacht besteht, dass mit diesen Glücksspielgeräten, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Glücksspielgesetz verstoßen wird.

 

Verwaltungsübertretungen nach

§ 53 Abs. 1 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. I. Nr. 73/2010

I. Zur Sicherung der Einziehung werden folgende Gegenstände in Beschlag genommen:

1)    MLT Multy Lottery Terminal, Typenbezeichnung X3000, Seriennummer: X

2)    MLT Multy Lottery Terminal, Typenbezeichnung X3000, Seriennummer: X

3)    MLT Multy Lottery Terminal, Typenbezeichnung X3000, Seriennummer: X

4)    MLT Multy Lottery Terminal, Typenbezeichnung X3000, Seriennummer: X

5)    MLT Multy Lottery Terminal, Typenbezeichnung X3000, Seriennummer: X

6)    MLT Multy Lottery Terminal, Typenbezeichnung X3000, Seriennummer: X

 

Rechtsgrundlage: §§ 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. I. Nr. 73/2010"

 

Begründend legt die belanget Behörde zunächst den Sachverhalt wie folgt dar:

"Bei einer von den Organen des Finanzamtes Grieskirchen Wels am 22.06.2012 um 18:00 Uhr durchgeführten Kontrolle nach dem Glückspielgesetz wurden die im Spruch näher bezeichneten Glücksspielgeräte betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden. Mit diesen wurden seit ca. 2 Monaten wiederholt Glücksspiele, hauptsächlich in Form von virtuellen Walzenspielen durchge­führt. Aufgrund der in Aussicht gestellten Gewinne in der Höhe des jeweils Mehrfachen des gewählten Einsatzes bestand der Verdacht, dass mit den Geräten durch das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen in das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministerium für Finanzen nicht vorlag.

 

Durch die dienstlichen Wahrnehmungen der Kontrollorgane wurde festgestellt, dass der Spieler keine Möglichkeit hatte, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbol­kombinationen zu nehmen. Dem Spieler war es nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Spiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing bei allen diesen Spielen somit vorwiegend vom Zufall ab.

 

Die Lokalverantwortliche für diesen Tag, Frau X, geb. X, gab an, keine Aussagen zu tätigen. Ebenso wurde die Abschaltung der Überwachungskameras verweigert.

 

Ebenfalls im Lokal befand sich Herr X, geb. X. Dieser gab an, ein Techniker der Firma X zu sein, welcher mit den hier aufgestellten Geräten vertraut sei und bei Defekten und Reparaturen herangezogen werde. Laut seiner Auskunft beträgt der Mindesteinsatz bei den Geräten € 0,30 und der Höchsteinsatz € 0,50. Auf die Frage, seit wann die Geräte hier aufgestellt sind und wer diese geliefert hat, gab Herr X zu Protokoll, dass sie seit zwei Monaten im Lokal aufgestellt seien, er aber nicht wisse wer diese geliefert bzw. vermittelt habe, da er bei der Aufstellung selber nicht dabei war. Bezüglich der Höhe der am Kontrolltag an die Spieler ausbezahlten Geldbeträge wisse er nichts bzw. dürfe er von seinem Chef aus nichts sagen. Frau X dürfe ebenfalls keine Auskunft geben.

 

Von den kontrollierenden Organen wurden die Glückspielgeräte gemäß § 53 Abs. 2 vorläufig beschlagnahmt.

Der Eigentümer der Geräte, der Betreiber und der Inhaber wurden mit der Bescheinigung über die vorläufige Übernahme gemäß § 53 Abs. 2 Glückspielgesetz aufgefordert sich binnen 4 Wochen bei der BH Gmunden als zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu melden.

 

Mit Schreiben vom 28.06.2012 teilte die X als rechtsfreundliche Vertretung mit, dass Eigentümerin der in der Bescheinigung angeführten Geräte 'MLT Multy Lottery' die Firma X sei. Aufstellerin und Betreiberin sei die X ebenfalls mit dem Sitz in X. Diese Gesellschaft trage auch das wirtschaftliche Risiko. Die in Rede stehenden Terminals wären daher zum Vorfallszeitpunkt von der X, also einer EU-Ausländerin unter Berufung auf die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, aufgestellt und betrieben worden. Mit jedem der beschlagnahmten Terminals hätten Spiele ausgeführt werden können, bei denen höhere Einsätze als 10 Euro möglich gewesen wären. Mit jedem der betroffenen Terminals hätten Spieler auch tatsächlich Spiele ausgeführt, bei denen sie mehr als 10 Euro pro Spiel eingesetzt hätten.

 

Bisher wären keine Feststellungen darüber getroffen worden, welcher Spieleinsatz mit den beschlagnahmten Terminals möglich gewesen wäre oder welche Spieleinsätze von den Spielern mit diesen Terminals tatsächlich geleistet worden wären, was jedoch zwingend erforderlich gewesen wäre, weil sich daraus eine Zuständigkeit der Gerichte (§ 168 StGB) ergeben hätte können. Die Betreiberin der Terminals habe bereits ein Tatsachengeständnis dahingehend abgelegt, dass mit den Terminals Spiele mit Einsätzen von mehr als 10 Euro pro Spiel nicht nur möglich gewesen wären, sondern auch tatsächlich geleistet worden wären. Daher gebe es keine sachliche Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde für die Beschlagnahme der Geräte. Voraussetzung für die Beschlagnahme sei jedoch zumindest der begründete Verdacht, dass mit den beschlagnahmten Eingriffsgegenständen unzulässige Ausspielungen im Sinne des GSpG durchgeführt worden wären. Dies sei jedoch nicht der Fall. Begründend wurde dazu ausgeführt: 'Da die Monopolregelung und -praxis des österreichischen Glückspielgesetzes nicht den Vor­gaben der Judikatur des EuGH entspricht und daher unionsrechtswidrig ist, kann sie in Sachver­halten mit Unionsrechtsbezug nicht weiter angewendet werden. Sie kann daher insbesondere Wirtschaftsteilnehmern aus anderen EU-Mitgliedstaaten, die von ihrer Dienstleistungsfreiheit Ge­brauch machen, nicht entgegengehalten werden. Sowohl strafrechtliche Sanktionen als auch verwaltungsrechtliche Sanktionen dürfen darauf nicht mehr gestützt werden. Zum Beleg dafür, dass die EU-rechtliche Einschätzung der Einschreiter richtig ist, wird ein erst jüngst ergangenes Urteil des LG Ried als Berufungsgericht in einem Strafverfahren wegen § 168 StGB vorgelegt.

Es wurde daher beantragt, die vorläufige Beschlagnahme aufzuheben und die beschlagnahmten Geräte unter Entfernung der angebrachten Siegel an die Eigentümerin herauszugeben.'"

 

Nach Darstellung der Rechtslage gelangt die belangte Behörde zu folgender rechtlichen Beurteilung:

 

"Die Firma X sowie die Verantwortlichen (Fa. X) des Lokales X, X, haben seit 2 Monaten ab dem Kontrolltag gerechnet die im Spruch angeführten Glücksspielgeräte selbständig zur Erzielung von Einnahmen betrieben. Die erwähnten Firmen bzw. deren Verantwortliche haben daher Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG veranstaltet, da sie als Unternehmer Glücksspiele veranstaltet haben, bei denen die Spieler eine vermögenswerte Leistung mit der Teilnahme am Glücksspiel erbracht haben und denen vom Unternehmer eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt worden ist.

 

Die Geräte wurden von der Firma X zur Verfügung gestellt. Der genaue Verteilungsschlüssel der Gewinne konnte bislang nicht festge­stellt werden.

Es lagen jedenfalls Ausspielungen vor, für welche keine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz erteilt worden ist, eine Ausnahme nach § 4 GSpG lag nicht vor. Die Ausspielungen waren daher verboten.

 

Da die Firma X Eigentümerin der Geräte ist, die Firma X Betreiberin der Geräte und die Firma X Lokalbetreiberin ist, bzw. weil davon auszugehen ist, dass die genannten Firmen an den Gewinnen, die die Geräte abwerfen, beteiligt sind, trifft auch die oben erwähnte Unternehmereigenschaft für alle im Rahmen dieses Bescheides genannten Firmen zu.

 

Es wurde bei der Kontrolle weiters festgestellt, dass bei den betreffenden Geräten virtuelle Walzenspiele angeboten wurden. Es wurde den Spielern keine Möglichkeiten geboten, bewusst auf das Zustandekommen eines bestimmten Spielergebnisses Einfluss zu nehmen. Die Spieler konnten nur einen Einsatz und den dazugehörenden Gewinnplan auswählen.

 

Die genannten Firmen bzw. deren Verantwortliche stehen daher im Verdacht, als Unternehmer mit den angeführten Glücksspielgeräten in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen und eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG begangen zu haben. Die Organe der Abgabenbehörde waren daher auch befugt, die Glücksspielgeräte aus eigener Macht vorläufig in Beschlag zu nehmen.

 

Die vorläufige Beschlagnahme der im Spruch genannten Geräte wurde im Zuge der Kontrolle durchgeführt. Die Ermittlung der Eigentumsverhältnisse der Geräte ergab, dass die Firma X Eigentümerin der Geräte ist. Der Beschlagnahmebescheid ergeht an die Eigentümerin der Glücksspielgeräte bzw. an ihre rechtsfreundliche Vertretung.

 

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die Organe der Abgabenbehörde nicht feststellen konnten, dass mit einem Einsatz in Höhe von 10 Euro oder mehr pro Spiel an den erwähnten Geräten gespielt werden konnte. Der als Auskunftsperson einvernommene X gab im Zuge der Amtshandlung an, dass der Mindesteinsatz pro Spiel 30 Cent und der Höchsteinsatz 50 Cent pro Spiel beträgt.

Diesbezüglich sind die Angaben der rechtsfreundlichen Vertretung zu relativieren bzw. sind diese als reine Schutzbehauptungen zu werten. Der dringende Verdacht, dass mit den Geräten Ver­waltungsübertretungen iSd. Glücksspielgesetzes begangen worden sind, liegt somit eindeutig vor.

 

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes und der durchgeführten Ermittlungen war für die Bezirkshauptmannschaft Gmunden erwiesen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Be­schlagnahme vorliegen.

 

Festzustellen ist, dass die genauen Verhältnisse bezüglich Vermietungen der Geräte, Gewinn­beteiligungen udgl. im Rahmen von dieser Beschlagnahme folgenden Verwaltungsstrafverfahren abzuhandeln sein werden.

 

Somit war wie im Spruch zu entscheiden."

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, rechtzeitige Berufung vom 16. Oktober 2012.

 

Zunächst wird in diesem Schriftsatz festgehalten, dass die X mit Sitz in der X, also mit Sitz in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, Veranstalterin der unzulässigen Ausspielungen gewesen sei.

 

In der Folge wird umfangreich ausgeführt, weshalb die X bei Ihrem Tätigwerden Begünstigte der Grundfreiheiten des Unionsrechts sei. Aufgrund der Entscheidungen "Engelmann", "Dickinger und Ömer", "Markus Stoß", "Placanica", "Costa und Cifone" des EuGH werden Widersprüche der österreichischen Monopolrechtslage zum Unionsrecht aufgezeigt. Als Konsequenz seien Sanktionen, wie eine Strafbarkeit nach § 168 StGB oder § 52 GSpG sowie Beschlagnahmen und Einziehungen gemäß §§ 53 und 54 GSpG unzulässig.

 

Sodann wird für den Fall, dass noch Zweifel am Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG bestehen würden, beantragt, dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

"Sind die Art 49 und 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 4 des Vertrages über die Europäische Union sowie die zum Glücksspielrecht ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes dahingehend auszulegen, dass gegen einen Glücksspielanbieter, der über keine nach nationalem Recht des Mitgliedsstaates erteilte Konzession verfügt, auch dann wegen des Fehlens dieser Konzession keinerlei Strafsanktionen verhängt werden dürfen, wenn dieser Glücksspielanbieter nicht sämtliche nach dem nationalen Recht des Mitgliedsstaates vorgeschriebenen Konzessionsvoraussetzungen erfüllt, wenn bei der Vergabe sämtlichen, nach dem nationalen Recht des Mitgliedsstaates zu vergebenden Konzession jegliche Transparenz gefehlt hat und der Glücksspielanbieter schon aufgrund dieser unionsrechtswidrigen Vergabe der Konzession für den Zeitraum bis zumindest 31.12.2012 von der Möglichkeit ausgeschlossen ist, sich um eine solche Konzession zu bewerben?"

 

Weiters werden Feststellungs- und Begründungsmängel behauptet, da der Verlauf der einzelnen Spiele im bekämpften Bescheid nicht näher beschrieben sei.

 

Mit diesem Schriftsatz stellt die Bw den Berufungsantrag, die Berufungsbehörde wolle eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen, die beantragten Beweise aufnehmen, der Berufung Folge geben und den bekämpften Bescheid ersatzlos aufheben. 

 

2.1. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Berufung den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie die Dokumentation (Bescheinigung, Niederschrift, Aktenvermerk, Fotodokumentation) der einschreitenden Organe des Finanzamtes.

 

Da die Entscheidung über eine Beschlagnahme einen verfahrensrechtlichen Bescheid darstellt, konnte der Unabhängige Verwaltungssenat unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, 2011/17/0171; ebenso jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0313 sowie 27.4.2012, 2011/17/0315) gemäß § 51e Abs. 4 VStG ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, zumal eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung auch nicht erwarten ließ und dem auch nicht Art. 6 EMRK entgegensteht. Mit anderen Worten: Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen; der dafür entscheidungswesentliche Sachverhalt war aufgrund der Aktenlage eindeutig geklärt. Die Beurteilung der Glücksspielnatur des in Rede stehenden Spieltyps und der vorliegenden Verdachtslage iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG war unzweifelhaft möglich.

 

Der ganz allgemein gehaltene Einwand in der Berufung, es seien keine ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen zu Geldeinsatzmöglichkeit, Spielablauf etc. getroffen worden, geht ins Leere. Vielmehr gehen diese Angaben aus den Erhebungen der Finanzpolizei hinreichend hervor und werden auch unter Pkt. 2.3. dieser Entscheidung wiedergegeben. Im Übrigen enthält die Berufung selbst keine entsprechenden konkretisierten Angaben.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht sohin von dem unter Pkt. 1.1. und 1.2. dargestellten, in den entscheidungswesentlichen Passagen unbestrittenen Sachverhalt aus. Zusammengefasst ist festzuhalten:

 

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 22. Juni 2012 um ca. 18.24 Uhr im Lokal "X" in X, durchgeführten Kontrolle wurden die oa. Geräte, die im Eigentum der Bw stehen, aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Mit diesen Geräten wurden zumindest von 22. April 2012 bis zur Beschlagnahme am 22. Juni 2012 wiederholt virtuelle Walzenspiele durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind (vgl. dazu die Ausführungen in der Fotodokumentation des Finanzamtes über die erfolgten Probespiele an den oa. Geräten sowie die Anzeige vom 6. Juli 2012, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht: Mindesteinsatz – soweit festgestellt – 0,30 Euro und in Aussicht gestellter Gewinn 20,00 Euro + mehrere SG [Super Games]).

 

Der konkrete Spielablauf stellt sich für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter Bezugnahme auf den Aktenvermerk vom 22. Juni 2012, dessen Glaubwürdigkeit nicht zu beanstanden ist, wie folgt dar:

 

Die virtuellen Walzenspiele können an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste werden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entsteht. Nach etwa einer Sekunde kommt der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergibt einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Die Spieler hat keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Dem Spieler ist es nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Spiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen. Der Ausgang dieses Spiels kann vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hängt somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

2.4. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Zur Zulässigkeit der – rechtzeitig erhobenen – Berufung:

3.1.1. Der bekämpfte Bescheid wurde der Bw gegenüber – als Eigentümerin der beschlagnahmten Gegenstände – durch Zustellung am 5. Oktober 2012 erlassen. Der Bw kommt daher als Sacheigentümerin Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0084 mwN; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1502, Anm. 3a. zu § 39 VStG).

 

3.1.2. Zur Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates ist darauf hinzuweisen, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz für die Durchführung von Strafverfahren in zweiter Instanz zuständig sind. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (VwGH 3.7.2009, 2005/17/0178; 3.7.2009, 2009/17/0065) davon aus, dass die "Vorschriften des § 53 [Glücksspielgesetz] als (von § 39 VStG abweichende) Regelungen des Verwaltungsstrafverfahrens zu verstehen" sind. Eine solche Beschlagnahme sei daher "nicht ... als eine Beschlagnahme, die nicht im Rahmen eines Strafverfahrens ergeht, zu qualifizieren". Da der bezogene Regelungsgehalt des § 53 Glücksspielgesetz auch in der gegenständlich maßgeblichen Rechtslage im Wesentlichen unverändert geblieben ist, ist nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates § 53 Glücksspielgesetz (nach wie vor) dem Verwaltungsstrafverfahren zuzurechnen. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, da dieser gem. § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz (sowie auch unmittelbar nach Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG; vgl. diesbezüglich die zitierten Entscheidungen des VwGH sowie auch jüngst VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097, 27.4.2012, 2012/17/0057) für Strafverfahren (nicht aber für Administrativverfahren – mit Ausnahme von Betriebsschließungen) zuständig ist.

Örtlich zuständig ist dabei gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz iVm § 51 Abs. 1 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

 

3.2. In der Sache:

3.2.1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Bescheiderlassung nach § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, in der im Beschlagnahmezeitpunkt geltenden Fassung, gegeben war.

 

3.2.2. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art. 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art. 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

3.2.3. Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 69/2012, kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs. 3 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gem. § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Nach § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG begeht ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, der verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer iSd § 2 Abs. 2 leg.cit. daran beteiligt.

 

Ebenso begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 52 Abs. 1 Z 6 GSpG mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht.

 

Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 1 GSpG Glücksspiele (das sind gem. § 1 Abs. 1 leg.cit. Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt),

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Unternehmer ist gem. Abs. 2 leg.cit., wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

 

Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten liegt gemäß § 2 Abs. 3 leg.cit. vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind verbotene Ausspielungen solche Ausspielungen, für die einerseits eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und die andererseits auch nicht iSd § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen sind.

Nach § 4 Abs 2 GSpG unterliegen Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten gemäß § 5 GSpG (unter Einhaltung ordnungspolitischer Mindestanforderungen an Bewilligungswerber sowie besonderer Begleitmaßnahmen) nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes. Dies trifft – soweit im vorliegenden Fall von Interesse – insbesondere dann zu, wenn im Zuge einer Ausspielung in einem Automatensalon (mit mindestens 10 und höchstens 50 Glücksspielautomaten) als ordnungspolitische Mindestvoraussetzung eine Spielsuchtvorbeugung derart, dass die vermögenswerte Leistung des Spielers höchstens 10 Euro pro Spiel beträgt und der Gewinn 10.000 Euro pro Spiel nicht überschreitet, bzw. im Zuge einer Ausspielung im Wege einer Einzelaufstellung als ordnungspolitische Mindestvoraussetzung eine Spielsuchtvorbeugung derart, dass die vermögenswerte Leistung des Spielers höchstens 1 Euro pro Spiel beträgt und der Gewinn 1.000 Euro pro Spiel nicht überschreitet, eingehalten wird (§ 5 Abs 1 Z 1 iVm § 5 Abs 5 lit a Z 1 und 2 bzw. § 5 Abs 5 lit b Z 1 und 2 GSpG).

 

Insgesamt folgt daraus für den vorliegenden Fall, dass Landesausspielungen mittels Glücksspielautomaten in Automatensalons bzw. im Wege der Einzelaufstellung dann schon von vornherein nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen, wenn der Höchsteinsatz von 10 Euro bzw. 1 Euro pro Spiel bzw. der Höchstgewinn von 10.000 Euro bzw. 1.000 Euro pro Spiel nicht überschritten wird.

 

Das GSpG geht ersichtlich davon aus, dass der Betrieb eines Automatensalons ebenso wie eine Landesausspielung in Form der Einzelaufstellung einer Konzession bzw. Bewilligung bedarf (vgl zBsp § 5 Abs 1 und 8 sowie die §§ 31a und 31b GSpG); es normiert das Verfahren zur Konzessions- bzw. Bewilligungserteilung jedoch nicht unmittelbar selbst, sondern überlässt dessen Regelung den Landesgesetzgebern.

 

Soweit es das Land Oberösterreich betrifft, besteht eine an § 5 GSpG anknüpfende Regelung der Landesausspielungen erst durch das am 4. Mai 2011 kundgemachte Oö. Glücksspielautomatengesetz (LGBl Nr. 35/2011), welches in den §§ 3 ff für die Ausspielung mit Glücksspielautomaten eine Bewilligung durch die Landesregierung vorsieht.

 

Gemäß § 12a Abs. 1 GSpG sind elektronische Lotterien Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird.

 

3.2.4. Nach stRsp des Verwaltungsgerichtshofs (jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0046 uHa VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097; ebenso nunmehr auch VfGH 14.06.2012, G 4/12-10 ua) ist von der Zulässigkeit einer verwaltungsbehördlichen Beschlagnahme auch in Fällen der Subsidiarität des verwaltungsbehördlichen Straftatbestandes auszugehen. Denn die Notwendigkeit der Sicherung des Verfalls oder der Einziehung sei im Fall eines subsidiären Verwaltungsstraftatbestandes in gleicher Weise gegeben wie im Fall eines kumulativ neben einem gerichtlichen Straftatbestand anwendbaren Straftatbestandes oder im Falle des gänzlichen Fehlens eines gerichtlichen strafbaren Tatbestandes, der durch die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Handlungen verwirklicht sein könnte. Da nach dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes eine verwaltungsbehördliche Beschlagnahme auch dann zulässig ist, "wenn wegen der inkriminierten Handlungen gleichzeitig ein gerichtliches Strafverfahren geführt wird bzw. zu führen ist", stellt sich auch nicht die Frage, "welcher Grad der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung eines gerichtlichen Straftatbestandes vorliegen muss, um die Beschlagnahme unzulässig zu machen".

 

Die vorliegende Beschlagnahme erfolgte aufgrund eines Verdachtes, dass gegen die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG fortgesetzt verstoßen wird. Dieser Verdacht iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG muss entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch) ausreichend substanziiert sein (VwGH 26.1.2009, 2005/17/0223 und 2008/17/0009; 10.5.2010, 2009/17/0202; vgl. jüngst auch VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097).

 

3.2.5. Hinsichtlich des Charakters der an den beschlagnahmten Gegenständen verfügbaren virtuellen Walzenspiele ergibt sich aufgrund des unter 2.3. skizzierten Spielablaufes der Verdacht, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die Spiele damit als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

Weiters handelt es sich bei diesen Glücksspielen offensichtlich um Ausspielungen iSd § 2 GSpG: Aufgrund der oa. Geräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs. 1 iVm Abs. 4 GSpG auszugehen. Dabei ist es im Rahmen des Beschlagnahmeverfahrens unerheblich, ob die Ausspielung mit Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs. 3 GSpG oder in Form von elektronischen Lotterien iSd § 12a Abs. 1 GSpG erfolgte; in beiden Fällen liegt bei Fehlen einer entsprechenden Konzession bzw. Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes eine verbotene Ausspielung gem. § 2 Abs. 4 leg.cit. vor.

 

Für die Beschlagnahme genügt iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG der entsprechend substanziierte Verdacht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen (mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird) fortgesetzt gegen § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird; es muss also etwa ein begründeter Verdacht von (fortgesetzten) verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 leg.cit. – konkret deren Veranstaltung, Organisation oder unternehmerische Zugänglich-Machung bzw. Beteiligung (§ 52 Abs. 1 Z 1 leg.cit.) bzw. die Förderung oder Ermöglichung der Teilnahme an solchen Ausspielungen (§ 52 Abs. 1 Z 6 leg.cit.) – bestehen. Dass aber mit den oa. Gegenständen zumindest seit 22. April 2012 bis zur Beschlagnahme verbotene Ausspielungen iSd § 2 leg.cit. im oa. Aufstellungslokal mit entsprechend erbrachtem Spieleinsatz der Spieler bei in Aussicht gestellten Gewinnen durchgeführt wurden bzw. jedenfalls ein diesbezüglicher Verdacht vorliegt, ergibt sich unstreitig aus den Ausführungen in der Niederschrift des Finanzamtes und wird auch von der Bw dem Grunde nach nicht bestritten. Darauf gründet sich der Verdacht, dass auch künftig – dh "fortgesetzt" – gegen die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 (insbes. Z 1 bzw. Z 6) GSpG verstoßen wird (vgl. eingehend VwGH 20.12.1999, 97/17/0233).

 

Die rechtliche Qualifikation der Stellung der Bw in Bezug auf die strafbare Handlung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist nicht von Bedeutung (VwGH 10.5.2010, 2009/17/0202). So ist unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nach § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG nicht ausschlaggebend, ob die Bw selbst Veranstalterin der entgegen dem Glücksspielgesetz betriebenen Glücksspiele ist bzw. ob diese Spiele auf ihre Rechnung betrieben wurden. "Ausschlaggebend ist lediglich der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz, unerheblich ist es hingegen, ob (auch) der Eigentümer der Geräte eine Übertretung des Glücksspielgesetzes zu verantworten hat."

 

3.2.6. Die in der Berufung vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen die österreichische Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz greifen nicht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl.2011/17/0068, mit der Judikatur des EuGH (insb Urteil v 8.09.2010, Rs C-316/07 ua, Rechtssachen Placanica und Stoß, und Urteil v 9.09.2010, Rs C‑64/08, Rechtssache Engelmann) zum Art 43 und 49 EGV (nunmehr Art 49 und 56 AEUV) und weiter im darauffolgenden Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097, damit befasst. Dabei hat er ausgesprochen, dass aus der jüngeren Judikatur des EuGH nicht abgeleitet werden könne, dass das Gemeinschafts-recht (Unionsrecht) der Anwendung jeglicher nationaler Vorschrift auf dem Gebiet des Glücksspielwesens entgegenstünde, sobald nur eine Regelung auf diesem Gebiet nicht unionsrechtskonform ist. Die Verpflichtung zur Nichtanwendung nationaler Rechtsvorschriften bestehe nach der Rechtsprechung des EuGH nur für solche Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zu Unionsrecht stehen. So könne eine nationale Vorschrift, die das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform (Aktiengesellschaft) für die Verleihung einer Konzession auf dem Gebiet des Glücksspielwesens normiere, für sich nicht unionsrechtlich bedenklich sein. Eine aus der Rechtsprechung des EuGH ableitbare Unanwendbarkeit von Sanktionen gegenüber Personen, denen unionsrechtswidriger Weise die Erlangung einer Konzession verwehrt worden wäre, greife etwa gegenüber einem Rechtsträger in Form einer GmbH nicht. Dies sei auch auf die Rechtsform der Limited zu übertragen.

Entsprechend der vom EuGH in der Rechtssache Engelmann (Urteil v 9.09.2010, Rs C-64/08) mit Rücksicht auf das Transparenzgebot geforderten Ausschreibung wurde die österreichische Rechtslage der §§ 14 und 21 GSpG zur Konzessionsvergabe bekanntlich inzwischen geändert (BGBl I Nr. 111/2010) und eine öffentlich Interessentensuche vorgesehen, wobei sich auch Wirtschaftsteilnehmer mit Sitz im Hoheitsgebiet von anderen Mitgliedsstaaten bewerben können.

 

Auch aus der Rechtssache Dickinger und Ömer (Urteil v 15.09.2011, Rs C 347/09) lässt sich die in der Berufung behauptete Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols und die Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen nicht ableiten. Der EuGH hat in dieser Entscheidung zur österreichischen Rechtslage festgehalten, dass ein Mitgliedstaat, der bestrebt ist, ein besonderes Schutzniveau für Verbraucher im Glücksspielsektor zu gewährleisten, Grund zu der Annahme haben kann, dass ihm nur die Errichtung eines Monopols zugunsten einer einzigen Einrichtung, die von den Behörden genau überwacht wird, erlaubt, die Kriminalität in diesem Sektor zu beherrschen und hinreichend wirksam zu verfolgen. In diesem Zusammenhang können auch gewisse verhältnismäßige Beschränkungen des Monopolinhabers erforderlich sein: Etwa kann das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform der Glücksspielanbieter durch das Ziel der Geldwäsche- und Betrugsvorbeugung gerechtfertigt sein; ebenso kann sich das Erfordernis, über ein Gesellschaftskapital in einer bestimmten Höhe zu verfügen, als nützlich erweisen, um eine gewisse Finanzkraft des Anbieters zu gewährleisten und sicherzustellen, dass er in der Lage ist, die Verpflichtungen zu erfüllen, die er gegenüber Gewinnern haben könnte. Das Unionsrecht sei auch derart auszulegen, dass – um mit den Zielen der Kriminalitätsbekämpfung und der Verringerung der Spielgelegenheiten im Einklang zu stehen – eine nationale Regelung nur den Einsatz maßvoller Werbung zulassen darf.

 

Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, könne keinen Einfluss auf die Beurteilung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben.

 

Im zitierten Urteil des EuGH in der Rechtssache Dickinger und Ömer hält der Gerichtshof fest, dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei steht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele – im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung – festzulegen. Es steht durchaus im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben, wenn der österreichische Gesetzgeber davon ausgeht, dass das Glücksspielmonopol vorrangig ordnungspolitischen Zielen (wie Verbraucherschutz iSv Spielerschutz sowie soziale Sicherheit der Familien und Kinder, Jugendschutz, Vorbeugung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Kriminalitätsabwehr, Wettbewerbsfairness – vgl. eingehend RV 657 BlgNR 14. GP) dient (vgl. die Erl der RV 1067 und AB 1139 BlgNR 17. GP; weiters Strejcek/Bresich, Glücksspielgesetz-Kommentar [2009], 24 und Rz 9 ff zu § 3 GSpG).

 

Eine entsprechende Aufsicht über die Ausübung der Konzessionen durch den Bundesminister für Finanzen ist ausdrücklich im § 31 GSpG vorgesehen. Durch das Erfordernis eines gewissen Stamm- und Grundkapitals für die Erteilung einer Konzession (nach § 14 Abs 2 und nach § 21 Abs 2 GSpG) will der Gesetzgeber sicherstellen, dass "das verlangte eingezahlte Eigenkapital dem konzessionierten Spielbetrieb bei Konzessionsantritt als Haftungsstock auch unbelastet zur Verfügung steht" (RV 981 BlgNR 14. GP zu § 14 und zu § 21 GSpG). Weiters wird im § 56 Abs 1 GSpG normiert, dass bei Werbeauftritten ein "verantwortungsvoller Maßstab" zu wahren ist, was im Aufsichtswege überwacht wird.

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats hat die Berufung keine hinreichend schlüssige Argumentation vorgebracht, warum die geltende Regelung nicht im Sinne der Judikatur des EuGH verhältnismäßig sein soll. Deshalb sind beim erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenats auch keine Bedenken wegen der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit aufgekommen. Von der schlechthin behaupteten Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen kann – insbesondere auch im Lichte der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur – überhaupt keine Rede sein.

 

3.3. Abschließend sei für das weitere Verfahren Folgendes angemerkt:

Wenn auch die Beurteilung des Vorliegens eines begründeten Verdachts iSd § 53 Abs. 1 GSpG noch keine abschließende rechtliche Beurteilung des konkreten Sachverhalts als Verwaltungsübertretung iSd GSpG erfordert, wird dies – insbesondere auch im Hinblick auf eine endgültige und gesicherte Abgrenzung zum Gerichtsdelikt nach § 168 StGB (der im Lichte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Doppelbestrafungsverbotes und der vom Verwaltungsgerichtshof postulierten Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes gegenüber dem Gerichtsdelikt [vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181] besondere Bedeutung zukommt) – im Rahmen eines allfällig folgenden Strafverfahrens sehr wohl Gegenstand sein.

 

Da es im vorliegenden Fall schon im Beschlagnahmeverfahren nicht ausgeschlossen erscheint, dass das dem Verdacht iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG zugrundeliegende Verhalten den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet und infolge der Subsidiarität der Verwaltungsstraftatbestände nach § 52 GSpG nicht von den Verwaltungsbehörden zu ahnden wäre, wird die belangte Behörde eingehend zu prüfen haben, ob (auch) ein Verdacht auf eine gemäß § 30 Abs. 2 VStG relevante gerichtlich strafbare Handlung vorliegt; gegebenenfalls wird – unter Zugrundelegung der diesbezüglich eindeutigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233; 22.3.1999, 98/17/0134) – gemäß § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und sodann das Verwaltungsstrafverfahren bis zum Ausgang des gerichtlichen Strafverfahrens gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen sein.

 

4. Aufgrund eines hinreichend substanziierten Verdachtes auf einen fortgesetzten Verstoß gegen Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG war daher spruchgemäß zu entscheiden. Hinsichtlich der im erstinstanzlichen Beschlagnahmebescheid enthaltenen spruchgemäßen Feststellung, dass die Beschlagnahme "zur Sicherung der Einziehung" angeordnet werde, ist darauf hinzuweisen, dass diese gesetzlich nicht geboten ist und ihr daher keine normative Bedeutung zukommt. Denn das Beschlagnahmeverfahren ist unabhängig von einem Zweck der Sicherung des Verfalls oder der Einziehung; die Frage, ob die Einziehung bzw. der Verfall vorgesehen ist, stellt lediglich die Voraussetzung für die Gesetzmäßigkeit der Beschlagnahme nach § 53 GSpG dar (VwGH 3.7.2009, 2009/17/0065).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Markus Brandstetter

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum