Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166931/8/Sch/Eg

Linz, 22.11.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn H. W. B., x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 12. April 2012, Zl. VerkR96-3201-2011, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.               Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 14 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Straferkenntnis vom 12. April 2012, VerkR96-3201-2011, über Herrn H. W. B. wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs. 1 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 70 Euro, 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 verhängt, weil er am 15.9.2011, 15:20 Uhr, in der Gemeinde Steyregg, Landesstraße Freiland, Steyreggerbrücke ca. Km 136,8, Nr. 3 bei km 236,800, mit seinem Fahrzeug, PKW, Audi, Kennzeichen x, ein anderes Fahrzeug rechts anstatt links überholt habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 7 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung ist die Zeugin A. K. eingehend befragt worden. Sie gab dabei Folgendes an:

 

"Ich kann mich an den heute abzuhandelnden Vorfall noch erinnern. Ich fuhr damals mit meinem Pkw auf der B 3 in Richtung Steyregger Brücke von Linz kommend. Die Fahrbahn weist dort zwei Fahrstreifen in eine Fahrtrichtung auf, ich habe den linken der beiden Fahrstreifen benützt. Ich fuhr damals mit etwa 100 km/h, ich war alleine im Fahrzeug. Ich befand mich etwa auf der Mitte der Brücke, als ich sah, dass auf dem rechten Fahrstreifen ein Lastwagen war. Ich fuhr deshalb auf der linken Fahrspur, ich wollte diesen Lastwagen überholen. Ich sah im Rückspiegel ein Fahrzeug hinter mir. Der Lenker dürfte eine kleine Lücke entdeckt haben, er wechselte auf den rechten Fahrstreifen und fuhr dann bis auf den Lastwagen auf, es war kein Abstand mehr, und dann wechselte er wieder nach links, dies unmittelbar vor meinem Fahrzeug. Der Platz hätte nicht ausgereicht, wenn ich keine Vollbremsung hingelegt hätte. Ich schildere heute die Situation in der Form, dass es sich hiebei um eine "Zakzak-Aktion" gehandelt hatte, das ganze dauerte ganz wenige Sekunden, alles ging irrsinnig schnell. Zusammenfassend kann ich sagen, dass mir diese Aktion des erwähnten Lenkers fast das Leben kosten hätte können, ich fuhr deshalb nicht gleich nach Hause, sondern auf den Polizeiposten Steyregg und erstattete dort Anzeige.

 

Den Verkehr auf der rechten Fahrspur würde ich nicht als Kolonnenverkehr bezeichnen, es waren aber schon Fahrzeuge dort. Zwischen den Fahrzeugen war genügend Platz.

 

Auf meinem Fahrstreifen war schon ein weiteres Auto, aber etwa 50 m vor mir. Auch diesen Verkehr würde ich nicht als Kolonnenverkehr bezeichnen.

 

Ich notierte mir das Kennzeichen, zu mehr hatte ich nicht Gelegenheit, ich weiß also nicht, wohin der Fahrzeuglenker dann abgebogen ist.

 

Zum Notieren des Kennzeichens ist zu sagen, dass ich in der Mittelkonsole meines Fahrzeuges immer einen Stift und Papier habe, ich konnte also gleich das abgelesene Kennzeichen notieren. Ich schließe diesbezüglich einen Irrtum beim Ablesen des Kennzeichens aus. Bezüglich Marke und Type des Fahrzeuges kann ich nichts sagen, es war jedenfalls ein dunkles, glaublich schwarzes Fahrzeug.

 

Zum Bremsmanöver ist noch zu sagen, dass das ABS in meinem Fahrzeug dadurch aktiviert worden war."

 

Die Zeugin hat bei der Verhandlung einen absolut glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Auch schilderte Sie den Vorgang durchaus schlüssig. Hervorzuheben ist, dass dem Berufungswerber ja nicht ein vorschriftswidriger Fahrstreifenwechsel vor das Fahrzeug der Zeugin durch zu geringen Sicherheitsabstand vorgeworfen wurde, sonder (bloß) der Umstand, dass er dieses Fahrzeug rechts überholt hatte.

 

Der Berufungswerber bestreitet zwar nicht, zum Vorfallszeitpunkt an der Örtlichkeit unterwegs gewesen zu sein, kann sich aber nicht vorstellen, dass er ein derartig gefährliches Manöver gesetzt hätte. An ein solches müsste er, laut eigenen Angaben, ein Erinnerungsvermögen haben, was allerdings nicht der Fall sei. Auch vermeint er, dass nach einem solchen Überholmanöver ein Verlassen der Fahrbahn auf der Steyregger Brücke in Richtung Steyregg nicht mehr möglich wäre, zumal man dann im Abfahrtsbereich noch zu weit links wäre.

 

Wenn der Berufungswerber behauptet, stets im Zuge seiner Heimreise von der Arbeitsstelle nach der Steyregger Brücke rechts abzufahren und es auch am Vorfallstag so war, so wird dies wohl den Tatsachen entsprechen. Die Zeugin konnte nicht mehr angeben, wohin der Berufungswerber nach dem Überholmanöver gelangt war, zumal sie sehr mit der Beherrschung ihres Fahrzeuges beschäftigt war. Wenn sich das Geschehen, wie von der Zeugin geschildert, etwa auf der Mitte der Brücke bzw. unmittelbar danach zugetragen hat, so spricht nach Ansicht der Berufungsbehörde aufgrund der Gegebenheiten nichts dagegen, dass ein Verlassen der Brücke nach rechts – und nicht nach links in Richtung Plesching – durchaus noch möglich ist. Aber letztlich kommt es darauf ohnedies nicht an, da der Tatvorwurf eben sich auf das Rechtsüberholen beschränkt.

 

Angesichts der dezidierten, nachvollziehbaren und glaubwürdigen Angaben der Zeugin musste das bestreitende Vorbringen des Berufungswerbers in den Hintergrund treten, wenngleich ihm keinesfalls ein solches Fahrverhalten quasi als Gewohnheit unterstellt werden soll. Den hier abzuhandelnden Vorfall muss die Berufungsbehörde allerdings aufgrund der erwähnten Zeugin in der von ihr geschilderten Weise als gegeben annehmen.

 

4. In rechtlicher Hinsicht ist zu bemerken, dass gemäß § 2 Abs. 1 Z. 29 StVO 1960 unter "Überholen" Folgendes zu verstehen ist:

 

Das Vorbeibewegen eines Fahrzeuges an einem auf derselben Fahrbahn in der gleichen Richtung fahrenden Fahrzeuges; nicht als Überholen gelten das Vorbeibewegen an einem auf einem Verzögerungs- oder Beschleunigungsstreifen fahrenden Fahrzeug oder an einem auf einem Radfahrstreifen fahrenden Radfahrer sowie das Nebeneinanderfahren von Fahrzeugreihen, auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, auf Fahrbahnen mit mehr als einem Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung und das Nebeneinanderfahren auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit im Sinne des § 7 Abs. 3a StVO 1960.

 

Nach den Schilderungen der Zeugin hat sich der Berufungswerber vorerst von hinten auf ihrem – dem linken – Fahrstreifen angenähert, hat das Fahrzeug auf den rechten Fahrstreifen gelenkt, ist vorgefahren und hat den Fahrstreifen vor ihrem Fahrzeug wiederum nach links gewechselt. Damit hat der Berufungswerber definitionsgemäß im Sinne der oben erwähnten Begriffsbestimmung überholt. Zu den drei Ausnahmetatbeständen ist zu bemerken, dass gegenständlich von einem Verzögerungs- oder Beschleunigungsstreifen von vornherein nicht die Rede sein kann, auch geht es nicht um einen Radfahrer auf einem Radfahrstreifen. Nach der Sachlage, insbesondere den Schilderungen der Zeugin, die von keinem Vorliegen eines Kolonnenverkehrs sprach, ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass kein Fall des Nebeneinanderfahrens von Fahrzeugreihen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit vorlag. Ganz abgesehen davon, wäre das Fahrmanöver des Berufungswerbers auch gar nicht unter diese Ausnahme zu subsumieren, zumal hier der Gesetzgeber ganz offenkundig davon ausgeht, dass zwei Fahrstreifen von mehreren Fahrzeugen gleichzeitig nebeneinander befahren werden, wobei die eine Fahrzeugreihe, allenfalls die rechte, schneller ist als die linke. Darum ging es im gegenständlichen Fall aber gar nicht.

 

Auch der § 2 Abs. 1 Z. 29 StVO 1960 noch erwähnte Ausnahmetatbestand, nämlich die Situation gemäß § 7 Abs. 3a StVO 1960, lag gegenständlich nicht vor. Diese Regelung gilt nämlich nur im Ortsgebiet, ein solches bildet die Fahrbahn auf der Steyregger Brücke jedoch nicht.

 

Gemäß § 15 Abs. 1 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nur links überholen. Ein Fall des § 15 Abs. 2 oder Abs. 2a leg.cit. (Linksabbieger, Schienenfahrzeuge, Fahrzeuge des Straßendienstes) lag gegenständlich zweifelsfrei nicht vor.

 

Damit kann zusammenfassend festgestellt werden, dass der Berufungswerber unerlaubterweise ein anderes Fahrzeug rechts überholt hatte.

 

5. Zur Strafbemessung:

 

Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass vorschriftswidrige Überholmanöver eine meist nicht nur bloß abstrakte, sondern oftmals eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen. Sie sind immer wieder Ursache für schwere Verkehrsunfälle. Auch die Schilderungen der Zeugin im gegenständlichen Fall lassen den Schluss zu, dass zwar der Rechtsüberholvorgang im engeren Sinn für sie noch keine Gefahr darstellte, der Abschluss desselben durch den Fahrstreifenwechsel wiederum nach links eine gefährliche Situation heraufbeschwor. Wenngleich diese Situation letztlich nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens zu sein hatte, kann auch nicht gänzlich vernachlässigt werden, dass ohne den vorangegangenen Überholvorgang wohl ein solcher Fahrstreifenwechsel nicht stattgefunden hätte.

 

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 70 Euro kann angesichts dessen keinesfalls als überhöht angesehen werden. Die Erstbehörde hat keine Erschwerungsgründe erblickt, wenngleich der Berufungswerber bereits einmal wegen eines Geschwindigkeitsdeliktes vorgemerkt aufscheint. Die Frage, ob ein solches Delikt im Hinblick auf eine spätere Übertretung von Überholvorschriften als einschlägig angesehen werden kann oder nicht, soll mangels Relevanz für die Strafbemessung dahingestellt bleiben.

 

Auf die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers war nicht weiter einzugehen, zumal von jedermann, der als Lenker eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilnimmt, von vornherein erwartet werden kann, dass er zur Bezahlung relativ geringfügiger Verwaltungsstrafen, wie eine Geldstrafe von 70 Euro wohl anzusehen ist, in der Lage ist.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

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