Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523223/10/Bi/Bb

Linz, 16.11.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, x, x, vertreten durch Herrn RA Dr. x, x, x, vom 20. Juli 2012 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 12. Juli 2012, GZ:12/110777 (BHSE)-Roh, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung durch Auflagen, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und festgestellt, dass der Berufungswerber unter folgenden Einschränkungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen B und F gesundheitliche geeignet ist:

Befristung auf 1 Jahr;

monatliche Vorlage eines aktuellen CDT-Befundes im Original unaufgefordert bei der Erstinstanz.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde die Gültigkeit der mit Führerschein der BH Kirchdorf/Krems, Zl. 12/110777 (BHSE), für die Klasse B erteilten Lenk­berechtigung des Berufungswerbers (Bw) gemäß §§ 5 Abs.5, 8 Abs.2 und 24 Abs.1 Z2 FSG iVm § 11 Abs.1 FSG-GV aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 6. Juli 2012 durch folgende Auflagen eingeschränkt:

·         Der Bw habe sich in monatlichen Abständen einer amtsärztlichen Kontroll­untersuchung zu unter­ziehen und bis spätestens 6.8., 6.9., 6.10., 6.11., 6.12.2012, 6.1., 6.2., 6.3., 6.4., 6.5., 6.6. und 6.7.2013 der Behörde persönlich oder per Post folgende Befunde im Original vorzulegen: CDT.

·         Der Bw habe in Abständen von drei Monaten einen Nachweis über regel­mäßige (zumindest 1x monatliche) Alkoholberatung vorzulegen: Termine 6.10.2012, 6.1.2013, 6.4.2013 und 6.7.2013.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 16. Juli 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung wurde nicht beantragt und erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, das amtsärztliche Gutachten sei ihm nicht bekannt; er habe daher keine Einwendungs­möglichkeit gehabt. Diese Vorgangsweise entspreche einer schikanösen Rechtsausübung, weshalb er auch die Unterschrift verweigert habe. Der Bescheid enthalte keine Begründung und sei rechtswidrig, da er sich bereits früher gegen eine Befristung ausgesprochen habe. Die Auflagen seien außerhalb jeder Ermessensausübung und ebenfalls schikanös, da selbst von der örtlichen Polizei seit 15 Jahren gegen ihn keine Auffälligkeit im Straßenverkehr aufgezeigt worden sei. Da der 1. – mündlich verkündete – Bescheid die Verwaltungssache mit Entscheidung beendet habe, hätte kein 2. Bescheid mehr ausgestellt werden dürfen, zumal auch im 2. Bescheid keine Befristung ausgesprochen worden sei.

Die Bescheide seien außerdem rechtsirrig, zumal auch eine bestehende Alkohol­krankheit kein Indiz dafür zu lasse, dass er auch im alkoholisierten Zustand ein Fahrzeug lenken werde. Monatliche CDT-Befunde, für die er sich 2 Wochen vorher anmelden müsse, seien nicht geeignet, seine gesundheitliche Eignung ausreichend darzustellen und eine regelmäßige monatliche Alkoholberatung sei gesetzlich nicht gedeckt. Ein amtsärztliches Gutachten sei nicht festgestellt worden, lediglich der Gesetzestext sei zitiert. Aufgrund der Devolution habe eine unzuständige Behörde entschieden. Beantragt wird Bescheidabänderung durch Aufhebung der Auflagen samt Befristung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat zunächst Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw im Besitz einer bis 19. November 2011 befristeten Lenkberechtigung für die Klassen B und F war und am 18. November 2011 bei der BH Steyr-Land um "Verlängerung der Befristung" in seinem Führerschein angesucht hat, worauf ihm eine mit 2. Dezember 2011 befristete Bestätigung "gemäß § 14 Abs.1 FSG" ausgestellt wurde.

Der Amtsarzt Dr. x führte am 18. November 2011 eine Nachuntersuchung durch­ und verlangte Laborwerte für CDT und MCV. Die Bestätigung gemäß § 14 Abs.1 FSG wurde bis 2. Jänner 2012 verlängert. Laut Aktenvermerk des Amtsarztes vom 2. Dezember 2011 war ein Wert "nicht in Ordnung" , sodass eine Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie verlangt wurde.

Die – die Verkehrs­zuver­lässigkeit betreffende – Mitteilung der PI Bad Hall vom 30. November 2011 war befürwortend.

Mit Schreiben der BH Steyr-Land vom 13. Februar 2012 wurde der Bw darauf hingewiesen, dass die Fahrerlaubnis­bestätigung bis 2. Jänner 2012 befristet war und mangels neuerlichen Ansuchens um Verlängerung die Lenkberechtigung gemäß § 8 Abs.5 1.Satz FSG als erloschen angesehen werde; die amtsärztliche Untersuchung sei ausständig.

Am 21. Februar 2012 teilte der Bw laut Aktenvermerk der Bearbeiterin x/BH Steyr-Land mit, er wolle seinen abgelaufenen Führerschein "aufgrund zwischenmenschlicher Schwierigkeiten mit dem Amtsarzt der BH Steyr-Land Herrn Dr. x" nicht bei der BH Steyr-Land verlängern lassen, sondern bei der BH Kirchdorf. Er habe schon einen Termin beim dortigen Amtsarzt vereinbart.

Am 27. Februar 2012 beantragte der Bw bei der BH Kirchdorf zu GZ: 12/110777 die Wiedererteilung der Lenkberechtigung für die Klassen B und F und wurde ihm bei der amtsärztlichen Untersuchung am 13. März 2012 die Beibringung eines CDT-Befundes und einer verkehrspsycholo­gischen Stellung­nahme (Begründung: "Alkoholkrankheit, ggw unvollständige Abstinenz, Z.n. früherer Entwöhnungs­behandlung und Rückfällen") bis 14. Juni 2012 aufgetragen. An diesem Tag wurde der CDT-Befund vorgelegt.

Mit Schreiben der BH Kirchdorf vom 18. Juni 2012 wurde dem Bw mitgeteilt, dass die Amtsärztin Frau Dr. x das amtsärztliche Gutachten nicht abschließen könne, weil die verkehrspsychologische Stellungnahme ausstehe.

 

Nunmehr rechtsfreundlich vertreten beantragte der Bw mit Schriftsatz vom
22. Juni 2012 die Ausfolgung einer unbefristeten Lenkberechtigung. Nach seinem Antrag vom 18. November 2011 seien die BH Steyr-Land und die BH Kirchdorf mit der Ausstellung säumig.

Daraufhin wurde ihm mit Schreiben der BH Kirchdorf vom 26. Juni 2012 mitgeteilt, dass die Befristung oder Nicht-Befristung der Lenkberechtigung keine Frage der Verkehrszuverlässigkeit sondern eine solche der gesundheitlichen Eignung sei. Er habe bisher die geforderten Unterlagen nicht beigebracht und habe daher zu vertreten, dass der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt werden konnte. Sollte nicht binnen 14 Tagen ab Zustellung des Schreibens die verkehrspsychologische Stellungnahme vorgelegt werden, wäre der Antrag abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2012 brachte der Bw beim Unabhängigen Verwaltungs­senat des Landes Oberösterreich einen Devolutions­antrag ein. Dieser wurde mit Erkenntnis vom 7. August 2012, VwSen-600121/6/Bi/Kr, zurück­gewiesen – die Erklärung des Bw vom 21. Februar 2012 wurde als Zurückziehung seines Antrages vom 18. November 2011 gewertet und nach dem neuen Antrag vom 27. Februar 2012 waren die Voraussetzungen des § 73 VG nicht erfüllt. Damit erfolgte kein Übergang der Zuständigkeit. Das Ersuchen des UVS um Aktenübersendung erging an die BH Steyr-Land, die das Schreiben an die BH Kirchdorf weiterleitete, wo es laut Eingangsstempel am 4. Juli 2012 einlangte; der Akt wurde am 5. Juli 2012 an den UVS abgesendet. 

Am 5. Juli 2012 langte bei der BH Kirchdorf die verkehrspsychologische Stellung­nahme des x ein, wonach der Bw zum Lenken von Kraftfahr­zeugen der Gruppe 1 geeignet ist, mit der Anmerkung: "Im Rahmen der heutigen Untersuchung ergaben sich keine Gefährdungsmomente, welche aus fachlicher Sicht eine Befristungsmaßnahme nachvollziehbar rechtfertigen könnten; insbe­sondere, da das aktenkundige Alkoholdelikt bereits 15 Jahre zurückliegt. Inwieweit eine Abhängigkeitserkrankung vorliegt bzw vorgelegen hat, obliegt der Würdigung der medizinischen Sachverständigen."

 

Im Gutachten gemäß § 8 FSG vom 7. Juli 2012 gelangt die Amtsärztin der Erstinstanz, Frau Dr. x, zum Ergebnis, dass der Bw zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1, Klassen B und F, "befristet geeignet auf 1 Jahr  - Nachuntersuchung mit CD, Nachweis über regelmäßige Alkoholberatung, Stellungnahme eine FA für Psychiatrie" unter der Auflage von "Kontrollunter­suchungen 1x monatlich Vorlage von CDT, alle 3 Monate Nachweis über regelmäßige (zumindest 1x monatliche Alkoholberatung ist." Begründet wurde dies mit dem Bestehen einer "Alkoholkrankheit mit dzt unvollständiger Abstinenz, er konsumiert immer wieder (angeblich geringe Mengen) Alkohol. Eine Entwöhnungsbehandlung wurde vor vielen Jahren (KH Traun im Jahr 2001) durchgeführt. Er war auch nachher nicht völlig abstinent. Der FA für Psychiatrie DDr. x beschreibt in der Stellungnahme vom 5. Juni 2012 die Alkoholkrankheit mit unvollständiger Abstinenz. Die aktuellen Trinkangaben sind nicht zwingend widerlegbar, bedürfen aber engmaschiger Kontrolle sowie den Besuch einer Alkoholberatungsstelle zur Reflexion der Trinkgewohnheiten und Stärkung der Abstinenzmotivation. Die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 5. Juli 2012 bestätigt die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1."

 

Laut Niederschrift, aufgenommen von der Sachbearbeiterin Frau x am 12. Juli 2012, wurde dem Bw das amtsärztliche Gutachten vom 6. Juli 2012 zur Kenntnis gebracht und dem Bw mündlich der Bescheid exakt hinsichtlich der Auflagen und Befristung so verkündet, wie diese aus dem aä Gutachten hervorgehen. Weiters wurde darin festge­halten, dass der Bw die Originalbefunde und den Nachweis über die Alkoholberatungen in der Bürger­service­stelle, die auch die Einhaltung der Termine überprüfe, vorzulegen habe; Kopien, Fax und E-Mail würden nicht anerkannt. Weiters wurden die Modalitäten für die Nach­untersuchung exakt festgelegt. Dem Bw wurde ein Kopie der Niederschrift ausgehändigt. Die Unterschrift auf der Niederschrift verweigerte er, was schriftlich festgehalten wurde. Ihm wurde ein vorläufiger Führerschein für die Klasse B, gültig bis 9. August 2012, ausgestellt.  

Der schriftliche Bescheid vom 12. Juli 2012, zugestellt laut Rückschein am 16. Juli 2012 an den Rechtsvertreter, erging über ausdrückliches Ersuchen des Rechts­vertreters, um dagegen ein Rechtsmittel einbringen zu können. Dies wurde telefonisch am 12. Juli 2012 im Rahmen des beim UVS anhängigen Verfahrens betreffend den Devolutionsantrag geklärt.

 

Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde zu den Ausführungen des Bw die Stellungnahme der Amtsärztin Frau Dr. x, Direktion Gesundheit beim Amt der Oö. Landesregierung, vom 7. September 2012, Ges-310974/2-2012-Wim/Du, eingeholt, die nach Einholung der im erstinstanzlichen Gutachten angeführten FA-Stellungnahme DDris x vom 5. Juni 2012 unter Zugrunde­legung des vorliegenden Verfahrensaktes ausführte, dass laut DDr. x der Bw unter einer Alkoholkrankheit mit unvollständiger Abstinenz leide; bereits 2006 wurde ein Entzugssyndrom bei Alkoholabhängigkeit festgestellt, strikte Alkoholkarenz war angezeigt. Im Dezember 2011 sei ein stark erhöhter CDT-Wert mit 2,7 % (normal bis 1,3 %) sowie ein deutlicher Tremor festgestellt worden. Seit Faschingende (Ende Februar 2012) sei angeblich kein Alkohol­konsum mehr erfolgt; der letzte CDT-Wert vom Mai 2012 laute auf 0,5, dh er sei im Norm­bereich. Bei der letzten Untersuchung am 4. Juni 2012 bestand kein Anhalts­punkt für Substanzbeeinträchtigung oder ein Entzugssyndrom. Zusammen­­­fassend wurde aktuell eine Alkoholkrankheit mit unvollständiger Abstinenz diagnosti­ziert; die aktuellen Trinkangaben seien nicht zwingend widerlegbar, bedürften aber im Lichte der vorliegenden Befundergebnisse einer engmaschigen Kontrolle. Die festgestellte Schädigung des Nervus ulnaris sei für das Lenken von Kraftfahrzeugen nicht eignungsausschließend. Laut DDr. x besteht aus nervenfachärztlicher Sicht kein Einwand gegen eine bedingte und befristete Erteilung der Lenkberechtigung unter den Bedingungen einer befürwortenden verkehrspsychologischen Stellungnahme, negative alkohol­relevante Laborpara­meter in monatlichen Abständen und Besuch einer Alkoholberatungsstelle zur Reflexion der Trinkgewohnheiten und Stärkung der Abstinenzmotivation; eine Befristung auf 1 Jahr wurde empfohlen.

Laut verkehrspsychologischer Stellungnahme vom 5. Juli 2012 war der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, "geeignet".

 

Die Amtsärztin kommt daher zusammenfassend zum Ergebnis, dass aufgrund der bereits 2006 diagnostizierten Alkoholkrankheit mit bereits früherer Entwöhnungs­behandlung in Traun davon auszugehen sei, dass Voraussetzung für  das Lenken von Kraftfahrzeugen eine stabile Alkoholabstinenz erforderlich sei, nachgewiesen durch die Leberfunktionsparameter Gamma-GT, CDT, MCV, Cholinesterasen in kurzen Abständen, da bei Rückfall in alte Trinkgewohnheiten bei diagnostizierter Alkoholkrankheit der Konsum von Alkohol und das Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr getrennt werden könne, auch wenn sich der Betroffene das stark vornehme. Als Unterstützung seien regelmäßige Besuche beim Facharzt bzw bei der Alkoholberatungsstelle erforderlich, um das Suchtverhalten korrigieren zu können. Da es auch unter nur mäßigem Alkoholkonsum zu einer deutlichen Leistungsminderung des Gedächtnisses, der Konzentration, des Antriebes und der Aufmerksamkeit komme, was ein enormes Gefährdungspotential darstelle, sei bei Alkoholabhängigen strikte Alkoholabstinenz beim Lenken von Kraftfahr­zeugen zu fordern. Da der Bw im Dezember 2011 noch einen stark erhöhten CDT-Wert aufgewiesen habe, was auf stark erhöhten Alkoholkonsum hinwies, und selbst angibt, erst seit Ende Februar abstinent zu sein – dazu liegt nur ein unauffälliger CDT-Wert vom Mai 2012 vor – sei von einer vagen Abstinenz von 5 bis 6 Monaten auszugehen. Wegen der erhöhten Rückfallgefahr bei der Diagnose Alkoholkrankheit, die auch durch die FA-Stellungnahme bestätigt sei, sei eine Lenkberechtigung für die Klassen B und F nur unter Auflagen und Befristung möglich. Die Vorschreibung des Besuchs einer Alkoholberatungs­stelle sei bei Alkoholabhängigkeit als Behandlungsnachweis ambulanter Nachbehandlung, ebenso wie regelmäßige fachärztliche Betreuung, vorgesehen.

 

Der Bw hat im Rahmen des Parteiengehörs insbesondere darauf verwiesen, dass laut verkehrspsychologischer Stellungnahme keine Gefährdungsmomente für eine Befristung vorlägen, da das aktenkundige Alkoholdelikt 15 Jahre zurück­liege. Die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung könne in ausreichendem Maß abgeleitet werden, betont werde auch die sehr gute psychische Stabilität und die normgemäße Selbstkontrolle und sehr geringe verkehrsspezifische Risikobereitschaft worden. Ihm sei eine ausreichende Fähigkeit der Trennung von Autofahren und Alkoholkonsum insbesondere mit der bisher anstandslosen 15jährigen Dauer der Befristung ohne weiteren Anlassfall bescheinigt worden. Die amtsärztliche Äußerung, offensichtlich sei im Jahr 2006 eine Alkoholkrankheit diagnostiziert worden, verkenne den Wert eines Gutachtens, zumal die nur von einem selbsterhobenen Befund ein Ergebnis als Gutachten zu verwerten sei; in Wahrscheinlichkeiten dürfe nicht herumgeirrt werden. Ihm sei die FA-Stellungnahme Dris x nicht bekannt und ihm sei keine Möglichkeit zu einer Stellungnahme dazu eingeräumt worden. Die Aufzeichnung in einer Ordinations­kartei aus dem Jahr 2006 werde bestritten, ebenso die "offensichtlich untaug­lichen Ausführungen Dris Kendler zu einer Alkoholkrankheit".  Eine behauptete Trinkgewohnheit müsse nicht von einer Alkoholkrankheit oder -abhängigkeit herrühren. Die Diagnose sei schlichtweg falsch. Der Trinkzeitraum sei eingeschränkt bis zum Jahr 2000, auch wenn eine Entwöhnungsbehandlung stattgefunden habe. Die übrigen Ausführungen seien medizinisch nicht haltbar und stellten persönliche Wertungen ohne wissenschaftlichen Bezug dar. Er dürfe nicht zwei unterschiedlichen psychologischen Darlegungen ausgesetzt werden. Im Übrigen könne nur ein aktuelles Gutachten aufgrund einer aktuellen Untersuchung den Zustand verdeutlichen, das treffe nur auf die verkehrspsycho­logische Stellungnahme zu. Die Darlegung DDris x sei wegen des Verweises auf eine unrichtige Vorgeschichte nicht geeignet, um Beschränkungen festzu­legen. Der letzte CDT-Wert zeige, dass er ausreichend stabil sei, um eine Trennung zwischen Alkoholkonsum und Autofahren zu vollziehen. Eine stabile Alkoholabstinenz sei daher nicht zu fordern. Die Auflagen hinsichtlich CDT-Wert könnten, sofern überhaupt notwendig, auf sechsmonatige Intervalle beschränkt werden und die Alkoholberatung auf "einen Besuch von jeweils drei Monaten". Ansonsten seien die Vorschreibungen überzogen, von einem im Arbeitsleben stehenden Menschen kaum zu erbringen und außerhalb jeden Ermessensspiel­raumes. Beantragt wird, der Berufung Folge zu geben, allenfalls die beizu­bringenden Werte/Untersuchungen entsprechend zu verlängern.

Dem Bw wurde die FA-Stellungnahme DDris x vom 5. Juni 2012 mit h. Schreiben vom 11. Oktober 2012 zur Kenntnis gebracht – eine Reaktion darauf erfolgte nicht.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzu­schränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV darf ua Personen, die von Alkohol abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs.4 –Arzneimittel aus gesundheitlicher Gründen – anzuwenden ist, eine Lenkbe­rechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Ver­dacht einer Alkoholabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychia­trische Stellungnahme beizubringen.

Gemäß Abs.5 dieser Bestimmung ist ua Personen, die alkoholabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontroll­unter­suchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wieder­zuer­teilen.

Gemäß § 2 Abs.1 FSG-GV hat das ärztliche Gutachten ua gegebenenfalls auszu­sprechen, 1. ob und nach welchem Zeitraum eine amtsärztliche Nachunter­suchung erforderlich ist, 2. ob und in welchen Zeitabständen ärztliche Kontroll­untersuchungen erforderlich sind. Werden in den Fällen der §§ 5 bis 16 ärztliche Kontrolluntersuchungen als Auflage vorgeschrieben, so dürfen diese niemals alleine, sondern immer nur in Verbindung mit einer Befristung der Lenkberechti­gung und einer amtsärztlichen Nachuntersuchung bei Ablauf dieser Befristung verfügt werden. Gemäß Abs.4 dieser Bestimmung darf bei der Erstellung des ärztlichen Gutachtens keine fachärztliche oder verkehrspsycho­logische Stellung­nahme miteinbezogen werden, die älter als sechs Monate ist. Aktenkundige Vorbefunde sind jedoch heranzuziehen, um einen etwaigen Krank­heits­verlauf beurteilen zu können.

 

Im ggst Fall ergibt sich aus dem Eintragungen im FSR, dass dem 1964 geborenen Bw die 1983 bzw 1984 erteilte Lenkberechtigung für die Klassen B, C1, C, F und G vom 4. März bis 1. April 1997 wegen § 5 Abs.1 StVO entzogen wurde. Ab dem Jahr 2000 wurde ihm die Lenk­berechtigung mit Code 104 befristet erteilt – ab 2001 nur mehr für die Klassen B und F – und immer wieder verlängert, zuletzt bis 19.11.2011.

 

Grundlage für den nunmehr angefochtenen Bescheid der BH Kirchdorf/Krems – aufgrund der Zurückweisung des Devolutionsantrages durch den UVS mit Erkenntnis vom 7. August 2012, VwSen-600121/6/Bi/Kr, weiterhin zuständige Behörde, wobei der "2. Bescheid", dh die schriftliche Ausführung des mündlich am 12. Juli 2012 verkündeten Bescheides ausdrücklich auf Ersuchen des Rechtsvertreters erging – war das aä Gutachten Dris x vom 6. Juli 2012 auf Basis der FA-Stellungnahme DDris x vom 5. Juni 2012 und damit verbunden der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 5. Juli 2012 sowie des CDT-Befundes vom Mai 2012.

 

Zu den Ausführungen des Bw ist zu sagen, dass der von ihm gewählte Facharzt für Psychiatrie nach der von ihm durchgeführten Untersuchung des Bw am 5. Juni 2012 aktuell am Vorliegen einer Alkoholkrankheit festhält, sodass keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Diagnose bestehen. Die bloße Bestreitung durch den Bw vermag auch insofern keine Zweifel zu begründen, als er offenbar bereits seit längerer Zeit bei diesem Arzt in Behandlung ist, sodass dieser überhaupt eigene Aufzeichnungen aus dem Jahr 2006 hat. Abgesehen davon hätte er jederzeit einen anderen Facharzt aufsuchen können; er hat auch in nachweis­licher Kenntnis der ihm angeblich unbekannten FA-Stellungnahme entgegen seiner Rüge des fehlenden Parteiengehörs noch in der Stellungnahme vom 27. September 2012 nicht mehr reagiert.

 

Die Ausführungen in der FA-Stellungnahme sind schlüssig und nachvollziehbar sowohl bei der Diagnose "Alkoholkrankheit" als auch bei den Feststellungen nach der Untersuchung des Bw am 5. Juni 2012 im Hinblick auf das Weiterbestehen einer "Alkoholkrankheit mit unvollständiger Abstinenz". Entsprechend der vom Bw behaupteten Abstinenz erst seit Ende Februar 2012 mit dem normwertigen CDT-Befund vom Mai 2012 hat der FA eine bedingte und auf 1 Jahr befristete Lenkberechtigung befürwortet unter der Voraussetzung einer positiven verkehrs­psychologischen Stellungnahme – diese liegt vor – und negativer Alkoholbefunde in monatlichen Abständen sowie nachgewiesen regelmäßiger Besuch einer Alkoholberatungsstelle.  

Das aä Gutachten stützt sich darauf und legt die genauen Termine für die Vorlage eines jeweils aktuellen CDT-Befundes bis zum Ende des Befristungs­zeitraumes 6. Juli 2013 sowie für die Nachweise über die Alkoholberatung fest.

Die Ausführungen Dris x vom 7. September 2012 stützen dieses aä Gutachten, wobei darin konkret auf die Auswirkungen einer "Alkoholkrankheit" Bezug genommen wird und die Auflagen samt Befristung gestützt und begründet werden. Aus der Sicht des UVS kann darin ein vom Bw behauptetes "Herumirren in Wahrschein­lich­keiten" nicht einmal ansatzweise erblickt werden. Dass seit dem Anlassfall (als Grundlage für die Entziehung der Lenkberechtigung 1997) bereits 15 Jahre ohne weitere Vorfälle vergangen sind, hat mit dem eindeutig diagnostizierten Weiterbestehen der Alkoholkrankheit beim Bw nichts zu tun, sondern ist eine Frage der Verkehrszuverlässigkeit, die im gesamten Verfahren nicht in Zweifel gezogen wurde. Laut verkehrspsychologischer Stellung­nahme ist der Bw (als Schluss aus den 15 vorfalls-unauffälligen Jahren) in der Lage, Autofahren und Alkoholkonsum zu trennen, wobei aber gleichzeitig eine Neigung seiner Antworten zu sozialer Erwünschtheit bei der "äußerst geringen Aggressions­bereitschaft" betont wurde; beim Gespräch anlässlich der VPU hat der Bw die Einhaltung einer Alkoholkarenz auf Dauer nicht versprechen können und den Konsum  geringer Mengen  Alkohol "gelegentlich bei Anlässen" in Aussicht gestellt. Ob die Trenn-Fähigkeit Alkohol/Straßenverkehr auch in Zukunft besteht, wird sich zeigen.    

   

Die Befristung auf 1 Jahr wurde auf Empfehlung des Facharztes in das aä Gutachten aufgenommen im Sinne einer engmaschigen Kontrolle ebenso wie die monatliche Vorlage eines aktuellen CDT-Befundes; weitere alkoholspezifische Befunde wurden nicht verlangt. Diesbezüglich enthält der angefochtene Bescheid keine Abänderung gegenüber dem mündlich verkündeten Bescheid.  Die sich aus den Terminen zu ersehende, aber nicht explizit angeführte Befristung war zu ergänzen.

 

Die Empfehlung regelmäßiger Besuche der Alkoholberatung ist nach den Ausführungen sowohl des Facharztes als auch beider Amtsärztinnen ohne jeden Zweifel nachvollziehbar im Licht einer beim Bw erforderlichen Unterstützung seiner Abstinenzmotivation. Wesentlich für seine gesundheitliche Eignung ist jedoch nicht der Besuch der Beratungsstelle sondern die Einhaltung der Alkohol­abstinenz. Weder das FSG noch die FSG-GV sehen die verbindliche Vorschreibung von Nachweisen über die regelmäßigen Besuche der Alkohol­beratungsstelle vor, sodass diesbezüglich der Berufung Folge zu geben war. Sollte allerdings der Bw wiederum relevante Mengen von Alkohol konsumieren – was anhand der CDT-Befunde leicht festzustellen sein wird – müsste die Behörde seine gesundheitliche Eignung wiederum neu prüfen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Alkoholkrankheit, FA befristend mit 1 Jahr Befristung + CDT monatlich + telefonische Benachrichtigung, Alkoholberatung im FSG nicht

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 26.04.2013, Zl.: 2013/11/0067-3 

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