Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167305/8/Br/Ai

Linz, 04.12.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, X, X, vertreten durch die RAe Dr. X, Dr. X, Mag. X, Mag. X, X, X,  gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Zl. S-17156/12-3, vom 6. September 2012, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 4. Dezember 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

 

I.     Die Berufung wird  im Punkt 1) mit der Maßgabe Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage ermäßigt wird. Im Übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

 

II.   Im Punkt 1) ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 30 Euro; für das Berufungsverfahren entfällt in diesem Punkt ein Verfahrenskostenbeitrag.

       Zu Punkt 2) werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen  als Kosten für das Berufungsverfahren 30 Euro auferlegt (20 % der ausgesprochenen Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.:     § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24,  § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991- VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012 - VStG.

Zu II.:§ 66 Abs.1, § 64 Abs.1 u. 2 VStG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem o.a. Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich wurden über den Berufungswerber wegen Überschreitens der erlaubten Höchstgeschwindigkeit nach § 20 Abs.2 u. § 52 lit.a Z10a  iVm § 99 Abs.2e u. § 99 Abs.2d StVO 1960 Geldstrafen in Höhe von 365 Euro und 150 Euro, sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von sechs Tagen und 69 Stunden verhängt. Es wurde ihm zur Last gelegt er habe

1) am 13.4.2012 um 07.47 Uhr in, Kronsdorf auf der B309, StrKm 3.900, Fahrtrichtung Steyr das KFZ mit dem Kennzeichen X gelenkt und dabei die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 68 km/h überschritten wie mittels Videoaufzeichnung und dem geeichtem Messsystem VKS 3.1, A910 festgestellt wurde und

2) habe er am 13.4.2012 um 07.47 Uhr in, Kronsdorf auf der B309, StrKm 5.000,in der dortigen Unterführung, Fahrtrichtung Steyr das KFZ mit dem Kennzeichen X gelenkt und dabei die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 42 km/h überschritten, wie ebenfalls mittels Videoaufzeichnung und dem geeichtem Messsystem VKS 3.1, A910 festgestellt wurde.

Die in Betracht kommende Messtoleranz sei in beiden Fällen in Abzug gebracht worden.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus:

"Der dem Spruch zugrundeliegende Sachverhalt ist durch die Messung mittels geeichten Messgeräten (Multavision 204240 für das Dienstkraftfahrzeug X sowie VKS X Nr. X), durch die eigene dienstliche Wahrnehmung eines Organes der Straßenaufsicht, von welchem Sie nach der Betretung auch angehalten wurden, sowie durch das behördlich durchgeführte Ermittlungsverfahren zweifelsfrei erwiesen. Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen begangen haben.

 

Zur mündlichen Verhandlung am 24.05.2012 wurden Sie geladen. Die Ladung wurde zu eigenen Händen zugestellt und am 11.05.2012 gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz mit Wirkung der Zustellung hinterlegt, da keine Abwesenheit von der Abgabestelle vorlag. Weiters enthielt die Ladung die Androhung, dass das Strafverfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt wird, falls Sie dieser keine Folge leisten.

 

Am 23.5.2012 erschienen Sie bei der ho Behörde und nahmen uneingeschränkte Akteneinsicht in den gegenständlichen Verfahrensakt. Sie gaben an, binnen einer Frist von 3 Wochen eine schriftliche Stellungnahme direkt an die erkennende Behörde zu übersenden und weiter Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben.

 

Mit Eingabe vom 8.6.2012 Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung RAe Dr. X, Dr. X, Mag. X, Mag. X wurde ausgeführt, dass zeitgleiche jedoch ortsunterschiedliche Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht möglich seien. Aufgrund der rechtswidrigen Versäumnis der verfolgenden Polizeistreifenbesatzung, nach Feststellung der ersten Geschwindigkeitsübertretung sofort einen Anhalteversuch zu unternehmen, sei die zweite Geschwindigkeitsüberschreitung bei StrKm 5.000 nicht mehr zusätzlich zu bestrafen. Zudem hätten die gemessenen Geschwindigkeitsüberschreitungen tatsächlich nur im wesentlich geringeren Ausmaß stattgefunden.

 

Über Ersuchen der erkennenden Behörde wurde vom meldungslegenden Polizisten dahingehend Stellung genommen, dass beide Übertretungen innerhalb einer Minute festgestellt worden seien. Es sei bei der Anzeigerstattung nicht vorgesehen, die Sekunden der Tatzeit anzugeben. Die erste Übertretung sei bei StrKm 3,900 um 07:47:27 Uhr beendet und die zweite Übertretung um 07:47:48 begonnen worden. Eine Anhaltung unmittelbar nach der ersten Übertretung hätte wegen der örtlichen Gegebenheiten, der hohen Geschwindigkeit aus Sicherheitsgründen nicht vorgenommen werden können.

 

Mit der Stellungnahme übermittelt wurden die ausgewerteten Lichtbilder, auf denen beide angelastete Geschwindigkeitsübertretungen inklusive der gemessenen Geschwindigkeit und den sekundengenauen Tatzeitangaben enthalten sind.

Aus dem ebenfalls übermittelten Eichschein des verwendeten Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerätes VKS 3.1 Nr. A910 lässt sich entnehmen, dass dieses bis 31.12.2014 gültig geeicht ist.

 

Dieses Ermittlungsergebnis wurde Ihnen im Schreiben vom 31.07.2012 mitgeteilt. Mit diesem Schreiben wurde Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, zum Ergebnis der Beweisaufnahme innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine Stellungnahme abzugeben.

 

Mit Eingabe vom 13.08.2012 forderten Sie mittels Zeit-Weg-Diagramm Aufklärung darüber, warum zwei zeitgleiche Messungen in einer Entfernung von 1,1 Kilometer durchgeführt worden seien. Auf beiden Fotografien, wo zweimal in einem Tunnel fotografiert worden sei, sei nicht erkennbar, welchen Auto fotografiert worden sei, außerdem sei der gegenständliche Tunnel keinesfalls 1,1 Kilometer lang.

 

Die Behörde hat dazu erwogen:

 

Gemäß § 52 lit.a Zi.10a StVO zeigt das Zeichen Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, welche als Stundenkilometeranzahl in Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

Gemäß § 99 Abs. 2e StVO Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Gemäß § 99 Abs. 2d StVO Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 70 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h überschreitet.

 

In der Sache selbst bestand für die erkennende Behörde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des zugrundeliegenden Sachverhaltes zu zweifeln zumal hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitungen Auswertungen von geeichten Messgeraten vorliegen. Somit war für die Behörde erwiesen, dass Sie tatsächlich gegen die angeführten Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung schuldhaft verstoßen haben, weshalb nun spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Hinsichtlich der separaten Anlastung der beiden Geschwindigkeitsübertretungen nach § 20 Abs. 2 StVO sowie nach § 52 lit.a Zif.10a StVO darf auf die einschlägige Judikatur des VwGH vom 5.11.1997 (VwGH 97/03/0037) verwiesen werden, wonach verschiedene durch Geschwindigkeitsübertretungen gesetzte Verletzungen der Straßenverkehrsordnung separat zu bestrafen sind, auch wenn der zeitliche Zusammenhang und die gleiche Begehungsform gegeben sind. Insbesondere darf auch auf das Urteil VwGH 86/03/0237 vom 11.11.1987 verwiesen werden, wonach durch Überschreiten der (dort) im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit § 20 Abs.2 StVO verletzt wird und durch Überschreiten einer durch Gebotszeichen kundgemachten Höchstgeschwindigkeit § 52 lit. a Zif. 10a StVO verletzt wird, sodass in diesen Fällen ungeachtet des Umstandes, dass die Geschwindigkeitsüberschreitungen im Zuge einer einzigen Fahrt begangen wurden, verschiedene Delikte vorliegen, die getrennt zu bestrafen sind.

 

Ebenso vermag die Behörde nicht den von Ihnen geschürten Zweifeln der Richtigkeit der Messung zu folgen:

Betrachtet man die Distanz zwischen den beiden Tatorten (also zwischen StrKm 3.900 und StrKm 5,000), also die Strecke von 1,1 Kilometern und den Durchschnitt der gemessenen Geschwindigkeiten des Beschuldigten von 168 km/h und 122 km/h, also 145 km/h, so kommt man zum rechnerischen Ergebnis, dass bei dieser Durchschnittsgeschwindigkeit innerhalb einer Minute ein Weg von 2,4 Kilometern zurückgelegt wird. Daher erfolgte das Zurücklegen von 1,1 Kilometern bei der errechneten Durchschnittsgeschwindigkeit jedenfalls innerhalb derselben Minute und sind hinsichtlich der Tatzeiten beide Delikte korrekt angelastet.

 

Die Tatortumschreibung beider Geschwindigkeitsübertretungen mit einem konkreten Straßenkilometer und nicht jeweils mit den beginnenden und endenden Straßenkilometern entspricht laut ständiger Judikatur des VwGH dem Bestimmtheitsgebot des § 44a Zif. 1 VStG, um eine Doppelbestrafung zu verhindern und den Bestraften nicht in seinen Verteidigungsrechten einzuschränken:

Vgl. dazu VwGH 2011/02/0324 vom 27.4.2012, wonach Die Umschreibung des Tatortes, selbst wenn sie in Kilometerangaben erfolgt, auch ob ihres nur ungefähren Charakters nicht geeignet ist, einer Geschwindigkeitsmessung zu Grunde gelegt zu werden, die die Gültigkeit einer Messung mit einer geeichten Videoanlage in Zweifel ziehen kann.

 

Zudem ist auf den Videolichtbildern beider Geschwindigkeitsüberschreitungen erstens eindeutig erkennbar, dass es sich jeweils um dasselbe Fahrzeug handelt und zweitens ist eine Verwechslung mit einem anderen Fahrzeug aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhanges der aufgezeichneten Übertretungen von nur 27 Sekunden jedenfalls auszuschließen. Auch handelt es sich bei den Tatorten nicht - wie in Ihrer Stellungnahme vom 13.8.2012 angeführt - um einen Tunnel, sondern ist der Beschuldigte beim ersten Tatort unmittelbar beim Verlassen einer Unterführung zu sehen und beging der Beschuldigte die zweite angelastete Tat, als er sich in einer weiteren Unterführung befand.

 

Was die subjektive Tatseite betrifft, ist anzuführen, dass gem. § 5 Abs.1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt des Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im gegenständlichen Fall liegen sogenannte Ungehorsamsdelikte vor und somit tritt eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung der objektiven Tatbestände zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden

trifft. Diese Glaubhaftmachung ist Ihnen in keiner Weise gelungen, sodass letztlich davon auszugehen war, dass Sie die zur Last gelegten Übertretungen sowohl in objektiver als auch in subjektiver Sicht zu vertreten haben.

 

Bei der Bemessung der Strafe würde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

Die verhängte Geldstrafe entspricht somit dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Als mildernd bei der Strafbemessung war das Fehlen ha. verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen zu werten; erschwerende Umstände lagen keine vor.

 

Weiters wird bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein Einkommen von € 1000,-- monatlich beziehen.

 

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet."

 

 

 

2. In der dagegen durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber Folgendes aus:

"In umseits  bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Einschreiter innerhalb offener Frist gegen den Bescheid/Straferkenntnis AZ: S-17156/12-3 vom 06.09.2012, zugestellt am 11.09.2012, das Rechtsmittel der

 

Berufung

 

an die sachlich zuständige Oberbehörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid verhängt die Erstbehörde über den Berufungswerber zwei Geldstrafen wegen zwei Geschwindigkeitsüberschreitungen, die der Berufungswerber zeitgleich begangen haben soll.

 

Wie der Berufungswerber bereits im abgeführten Verfahren vorgebracht hat, wäre die verfolgende Polizeistreife dazu verpflichtet gewesen, sofort bei Erkennen einer Übertretung auf sich aufmerksam zu machen und den Beschuldigten zur sofortigen Einhaltung der Verkehrsordnung aufzufordern. Lichtzeichen und Hupzeichen wären dazu unverzüglich von der verfolgenden Polizeistreife abzugeben gewesen. Dazu wäre die verfolgende Polizeistreife jederzeit in der Lage gewesen und wären solche Lichtzeichen und Hupzeichen vom Beschuldigten auch unverzüglich erkennbar gewesen. Irgendeine Gefährdung wäre bei Abgabe von Lichtzeichen und Hupzeichen keinesfalls eingetreten. Ganz im Gegenteil wäre dadurch der Beschuldigte von der Begehung einer Verwaltungsstraftat abgehalten worden. Dazu ist die Polizei gesetzlich verpflichtet.

 

Dem angefochtenen Bescheid ist auch nicht zu entnehmen, wann die beiden vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitungen konkret wo genau begonnen und wann und wo genau geendet haben. Es ist dadurch das Ermittlungsverfahren und der Tatvorwurf zu ungenau geblieben, um zu einer rechtmäßigen Bestrafung zu führen.

In keiner Weise geht die Behörde im angefochtenen Bescheid auf das Vorbrin­gen des Berufungswerbers ein, aus welchem Grund dieser nicht unverzüglich von den Behördenorganen dazu angehalten wurde seine Geschwindigkeit zu reduzieren, Hupzeichen und Lichtzeichen wären jederzeit in erkennbarer Weise zu setzen gewesen und hätten eine Geschwindigkeitsreduktion durch den Berufungswerber zu Folge gehabt. Durch die Abgabe von Lichtzeichen und Hupzeichen wäre niemand gefährdet oder sonst beeinträchtigt worden.

Wie der Berufungswerber bereits in seiner Stellungnahme vom 13.08.2012 vorgebracht hat, ist anhand der vorliegenden Beweismittel der Strafvorwurf insbesondere auch aus technischer Sicht nicht in der Weise nachvollziehbar, dass dies zu den beiden gegenständlichen Bestrafungen führen kann.

 

Zum Vorbringen des Berufungswerbers in seinem Schriftsatz vom 13.08.2012, wonach aus dem vorliegenden Eichschein für das verfahrensgegenständliche Messgerät hervorgeht, dass die erweiterte Messunsicherheit kleiner als 30 % der Eichfehlergrenze ist, ist die Behörde im angefochtenen Bescheid in keiner Weise eingegangen. Auch bei einer Messunsicherheit von 29 % der Eichfehlergrenzen ergibt sich rechnerisch eine Differenz von 49 km/h bei einer Geschwindigkeit von 169 km/h.

 

In welcher Weise daher die Behörde konkret die in Betracht kommende Messtoleranz in Abzug gebracht hat, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.

Im Zweifel hätte zu Gunsten des beschuldigten Berufungswerbers eine Messunsicherheit von 29 % der gemessenen Geschwindigkeit (rechnerische Differenz von 49 km/h bei einer Geschwindigkeit von 169 km/h) in Abzug gebracht werden müssen. Dies wurde bei der Bescheidschöpfung in rechtswidriger Weise unterlassen.

Die im angefochtenen Bescheid vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitungen sind daher in Ausmaß und Umfang aus technischer Sicht nicht in dieser Höhe vorwerfbar.

Hätte die Behörde im Zuge des abgeführten Ermittlungsverfahrens diese vom Berufungswerber aufgezeigten Sach- und Rechtsmängel berücksichtigt, hätte

sie zu einem anderen Bescheidergebnis kommen können. Schon aufgrund die­ser Verfahrensmängel wird der angefochtene Bescheid zu beheben sein.

Der Berufungswerber stellt daher den

Antrag

den angefochtenen Bescheid

a) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes

b) wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung die Behörde zu einem anderen Bescheidergebnis hätte kommen können

aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; In eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der Behörde die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen

 

X am 20.09.2012                                                                               X"

 

 

 

2.1. Diese Darstellung erwies sich als nicht stichhaltig und zeigte insbesondere keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf!

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war hier ungeachtet der unter 500 Euro festgesetzten Geldstrafen in Wahrung der nach Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des von der Landespolizeidirektion Oberösterreich vorgelegten Verwaltungsstrafaktes. Beweis geführt wurde ferner durch Beischaffung und Sichtung des mit  VKS 3.1 aufgezeichneten Fahrverlaufes in Verbindung mit deren Videomaß-Auswertung v. 16.07.2012, GZ/A1/15978/2/2012/Sei. Der die Auswertung durchführende Beamte wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung zur Nachfahrt und zum Auswertungsvorgang zeugenschaftlich befragt. Über die gegenwärtige Arbeitslosigkeit legte der Berufungswerber eine Bestätigung des AMS v. 26.11.2012 vor.

Der Berufungswerber nahm am 4.12.2012 an der Berufungsverhandlung  wegen einer Schulung in X nicht persönlich teil. An seiner Stelle nahm dessen Großvater den Termin wahr. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz erschien zu Berufungsverhandlung nicht.

 

 

 

5. Sachverhalt.

Der Tatvorwurf basiert auf der unmittelbaren dienstlichen Wahrnehmung im Rahmen einer mit Video dokumentierten Nachfahrt mittels VKS 3.1, Messgerät Nr. A910 mit dessen Eichdatum 09.08.2011 und der rechnerischen Auswertung mit dem EDV-Programm Videomaß.

Aus den auf der Videoaufzeichnung eingeblendeten Daten lässt sich stichhaltig das Fahrverhalten des Berufungswerbers nachvollziehen. Dabei zeigt sich  die Fahrt auf der B309 in Richtung Steyr, selbst ohne auf die im Video eingeblendete Geschwindigkeit als sehr rasant, wobei selbst ohne Auswertung unschwer die bei Strkm 3,900 und Strkm 5,000 zur Last liegenden Geschwindigkeiten festgestellt werden können.

Nach der Anhaltung rechtfertigte sich der Berufungswerber gegenüber den Polizeibeamten "er habe verschlafen und müsse dringend in die Firma nach X."

Die hier festgestellten Fahrgeschwindigkeiten lassen sich nicht nur auf dem gesichteten Nachfahrvideo eindrucksvoll nachvollziehen. Insbesondere ist auf die Videoauswertung durch GI X hinzuweisen, welcher zu Gunsten des Berufungswerbers die eichrechtlich geforderte Messtoleranz von neun km/h  in Abzug brachte. Der Meldungsleger erklärte dies auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung, wobei dieser einverständlich über Telefon befragt wurde.  Das es sich bei diesem Messsystem um ein Taugliches handelt ergibt sich nicht zuletzt auch aus der gesicherten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.06.2003, 2001/03/0063, sowie h. Erk. v. 4.9.2006, VwSen-161505/5/Zo/Da, sowie v. 15.11.2005, VwSen-160713/15/Fra/He).

 

 

5.1. Nichts ist für den Berufungswerber zu gewinnen wenn er ursprünglich vermeinte, die Polizei hätte seine Schnellfahrt verhindern müssen. Dem ist entgegen zu halten, dass hier einerseits die Anhaltung offenbar bei sich nächst bietender Gelegenheit erfolgt ist, andererseits es nicht als Aufgabe der Polizei zu sehen ist, bereits vor einer allfälligen Geschwindigkeitsmessung einen Betroffenen von einer Geschwindigkeitsüberschreitung abzuhalten.

Letztlich zeigt sich jedoch der Berufungswerber, wie auch schon nach seiner Anhaltung unrechtseinsichtig.

Durch Vorlage der AMS-Bestätigung bezog er idZ vom 5.5.2012 bis 30.9.2012 eine Arbeitslosenunterstützung (Taggeld 27,39 Euro). Demnach ist das Monatseinkommen deutlich geringer als dies dem erstinstanzlichen Straferkenntnis zu Grunde gelegt wurde. Der Berufungswerber ist schuldeinsichtig und bislang verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.  Anlässlich der Berufungsverhandlung verwies der persönliche Vertreter des Berufungswerbers auf die besonderen beruflich bedingten Umstände, derentwegen sich der Berufungswerber zu dieser Geschwindigkeitsüberschreitungen habe hinreißen lassen.  Zuletzt wurde darauf verwiesen, dass im Grunde von einer Tathandlung auszugehen wäre, zumal subjektiv tatseitig kein neuer Willensentschluss bei einer weiteren, nämlich einer Überschreitung auch einer auch ziffernmäßig erlaubten Höchstgeschwindigkeit.

 

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die zutreffend angewendeten Rechtsvorschriften des § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.2e StVO 1960 u. § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.2d und die zur Kumulation Judikaturzitate der Behörde erster Instanz verwiesen werden. Der Strafrahmen beläuft sich für diese Übertretungshandlungen von 150 bzw. 72 Euro  bis jeweils 2.180 Euro.

 

 

7. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die  nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung  der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

7.1. Konkret ist zur erstinstanzlichen Strafzumessung zu bemerken, dass diese angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials grundsätzlich als maßvoll ausgeführt gelten kann. Die Festsetzung empfindlicher Geldstrafen für diese unverhältnismäßig flotte Fahrweise ist auch aus präventiven Überlegungen indiziert.

In einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn im Ausmaß von 50 km/h erblickt  der Verwaltungsgerichtshof einen gravierenden Unrechtsgehalt, wobei dieser bereits vor nunmehr 23 Jahren eine Geldstrafe von (damals) ATS 4.000 (290,70 Euro) selbst bei einem Geständnis und der Unbescholtenheit des Beschuldigten (auch) aus Gründen der Spezialprävention nicht überhöht erachtete (VwGH 15.11.1989, 89/03/0278).

Im Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 68 km/h kann durchaus als exzessiv und von hoher abstrakter Gefährlichkeit begleitet gelten, wenngleich hier eine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht vorlag.

Jedoch ist insbesondere mit Blick auf die nunmehr doch deutlich schlechteren Einkommensverhältnisse und Bedachtnahme auf die im Ergebnis in einer Fahrt und ohne neuen Tatentschluss zusätzlich nach § 52a Z10a StVO begangen Geschwindigkeitsüberschreitung, die iVm § 22 VStG kumulativ zu bestrafen ist, war letztlich das Strafausmaß an der Gesamtstrafe zu orientieren, sodass mit der nunmehr verhängten Geldstrafe das Auslangen gefunden werden kann. 

Auch dem Sachlichkeitsgebot folgt, dass im Falle eines mit einer Tathandlung gesetzten inhaltsgleichen zweiten Regelverstoßes, der Unwertgehalt am Gesamtverhalten und weniger an der sich aus der Tätersicht zufällig ergebenden zweiten Schutznormverletzung, letztlich die Tat an sich zu sanktionieren und auf  die Gesamtstrafe das Augenmerk zu richten ist.

Dem Berufungswerber droht im Übrigen noch ein Entzug der Lenkberechtigung, was zusätzlich erzieherischen Charakter bewirken soll und letztlich einmal mehr als Strafe empfunden wird.

 

 

Die Verfahrenskosten gründen zwingend in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

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