Linz, 04.12.2012
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, X, X, vertreten durch die RAe Dr. X, Dr. X, Mag. X, Mag. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Zl. S-17156/12-3, vom 6. September 2012, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 4. Dezember 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Die Berufung wird im Punkt 1) mit der Maßgabe Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage ermäßigt wird. Im Übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.
II. Im Punkt 1) ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 30 Euro; für das Berufungsverfahren entfällt in diesem Punkt ein Verfahrenskostenbeitrag.
Zu Punkt 2) werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen als Kosten für das Berufungsverfahren 30 Euro auferlegt (20 % der ausgesprochenen Geldstrafe).
Rechtsgrundlage:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991- VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012 - VStG.
Zu II.:§ 66 Abs.1, § 64 Abs.1 u. 2 VStG
Entscheidungsgründe:
2)
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus:
Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet."
2. In der dagegen durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber Folgendes aus:
2.1. Diese Darstellung erwies sich als nicht stichhaltig und zeigte insbesondere keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf!
3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war hier ungeachtet der unter 500 Euro festgesetzten Geldstrafen in Wahrung der nach Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des von der Landespolizeidirektion Oberösterreich vorgelegten Verwaltungsstrafaktes. Beweis geführt wurde ferner durch Beischaffung und Sichtung des mit VKS 3.1 aufgezeichneten Fahrverlaufes in Verbindung mit deren Videomaß-Auswertung v. 16.07.2012, GZ/A1/15978/2/2012/Sei. Der die Auswertung durchführende Beamte wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung zur Nachfahrt und zum Auswertungsvorgang zeugenschaftlich befragt. Über die gegenwärtige Arbeitslosigkeit legte der Berufungswerber eine Bestätigung des AMS v. 26.11.2012 vor.
Der Berufungswerber nahm am 4.12.2012 an der Berufungsverhandlung wegen einer Schulung in X nicht persönlich teil. An seiner Stelle nahm dessen Großvater den Termin wahr. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz erschien zu Berufungsverhandlung nicht.
5. Sachverhalt.
Der Tatvorwurf basiert auf der unmittelbaren dienstlichen Wahrnehmung im Rahmen einer mit Video dokumentierten Nachfahrt mittels VKS 3.1, Messgerät Nr. A910 mit dessen Eichdatum 09.08.2011 und der rechnerischen Auswertung mit dem EDV-Programm Videomaß.
Aus den auf der Videoaufzeichnung eingeblendeten Daten lässt sich stichhaltig das Fahrverhalten des Berufungswerbers nachvollziehen. Dabei zeigt sich die Fahrt auf der B309 in Richtung Steyr, selbst ohne auf die im Video eingeblendete Geschwindigkeit als sehr rasant, wobei selbst ohne Auswertung unschwer die bei Strkm 3,900 und Strkm 5,000 zur Last liegenden Geschwindigkeiten festgestellt werden können.
Nach der Anhaltung rechtfertigte sich der Berufungswerber gegenüber den Polizeibeamten "er habe verschlafen und müsse dringend in die Firma nach X."
Die hier festgestellten Fahrgeschwindigkeiten lassen sich nicht nur auf dem gesichteten Nachfahrvideo eindrucksvoll nachvollziehen. Insbesondere ist auf die Videoauswertung durch GI X hinzuweisen, welcher zu Gunsten des Berufungswerbers die eichrechtlich geforderte Messtoleranz von neun km/h in Abzug brachte. Der Meldungsleger erklärte dies auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung, wobei dieser einverständlich über Telefon befragt wurde. Das es sich bei diesem Messsystem um ein Taugliches handelt ergibt sich nicht zuletzt auch aus der gesicherten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.06.2003, 2001/03/0063, sowie h. Erk. v. 4.9.2006, VwSen-161505/5/Zo/Da, sowie v. 15.11.2005, VwSen-160713/15/Fra/He).
5.1. Nichts ist für den Berufungswerber zu gewinnen wenn er ursprünglich vermeinte, die Polizei hätte seine Schnellfahrt verhindern müssen. Dem ist entgegen zu halten, dass hier einerseits die Anhaltung offenbar bei sich nächst bietender Gelegenheit erfolgt ist, andererseits es nicht als Aufgabe der Polizei zu sehen ist, bereits vor einer allfälligen Geschwindigkeitsmessung einen Betroffenen von einer Geschwindigkeitsüberschreitung abzuhalten.
Letztlich zeigt sich jedoch der Berufungswerber, wie auch schon nach seiner Anhaltung unrechtseinsichtig.
Durch Vorlage der AMS-Bestätigung bezog er idZ vom 5.5.2012 bis 30.9.2012 eine Arbeitslosenunterstützung (Taggeld 27,39 Euro). Demnach ist das Monatseinkommen deutlich geringer als dies dem erstinstanzlichen Straferkenntnis zu Grunde gelegt wurde. Der Berufungswerber ist schuldeinsichtig und bislang verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Anlässlich der Berufungsverhandlung verwies der persönliche Vertreter des Berufungswerbers auf die besonderen beruflich bedingten Umstände, derentwegen sich der Berufungswerber zu dieser Geschwindigkeitsüberschreitungen habe hinreißen lassen. Zuletzt wurde darauf verwiesen, dass im Grunde von einer Tathandlung auszugehen wäre, zumal subjektiv tatseitig kein neuer Willensentschluss bei einer weiteren, nämlich einer Überschreitung auch einer auch ziffernmäßig erlaubten Höchstgeschwindigkeit.
6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die zutreffend angewendeten Rechtsvorschriften des § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.2e StVO 1960 u. § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.2d und die zur Kumulation Judikaturzitate der Behörde erster Instanz verwiesen werden. Der Strafrahmen beläuft sich für diese Übertretungshandlungen von 150 bzw. 72 Euro bis jeweils 2.180 Euro.
7. Zur Strafzumessung:
Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
7.1. Konkret ist zur erstinstanzlichen Strafzumessung zu bemerken, dass diese angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials grundsätzlich als maßvoll ausgeführt gelten kann. Die Festsetzung empfindlicher Geldstrafen für diese unverhältnismäßig flotte Fahrweise ist auch aus präventiven Überlegungen indiziert.
In einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn im Ausmaß von 50 km/h erblickt der Verwaltungsgerichtshof einen gravierenden Unrechtsgehalt, wobei dieser bereits vor nunmehr 23 Jahren eine Geldstrafe von (damals) ATS 4.000 (290,70 Euro) selbst bei einem Geständnis und der Unbescholtenheit des Beschuldigten (auch) aus Gründen der Spezialprävention nicht überhöht erachtete (VwGH 15.11.1989, 89/03/0278).
Im Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 68 km/h kann durchaus als exzessiv und von hoher abstrakter Gefährlichkeit begleitet gelten, wenngleich hier eine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht vorlag.
Jedoch ist insbesondere mit Blick auf die nunmehr doch deutlich schlechteren Einkommensverhältnisse und Bedachtnahme auf die im Ergebnis in einer Fahrt und ohne neuen Tatentschluss zusätzlich nach § 52a Z10a StVO begangen Geschwindigkeitsüberschreitung, die iVm § 22 VStG kumulativ zu bestrafen ist, war letztlich das Strafausmaß an der Gesamtstrafe zu orientieren, sodass mit der nunmehr verhängten Geldstrafe das Auslangen gefunden werden kann.
Auch dem Sachlichkeitsgebot folgt, dass im Falle eines mit einer Tathandlung gesetzten inhaltsgleichen zweiten Regelverstoßes, der Unwertgehalt am Gesamtverhalten und weniger an der sich aus der Tätersicht zufällig ergebenden zweiten Schutznormverletzung, letztlich die Tat an sich zu sanktionieren und auf die Gesamtstrafe das Augenmerk zu richten ist.
Dem Berufungswerber droht im Übrigen noch ein Entzug der Lenkberechtigung, was zusätzlich erzieherischen Charakter bewirken soll und letztlich einmal mehr als Strafe empfunden wird.
Die Verfahrenskosten gründen zwingend in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r