Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240916/6/Gf/Rt VwSen-240917/6/Gf/Rt

Linz, 05.11.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufungen des W, vertreten durch RA Dr. M, gegen die aus Anlass von Übertretungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes ergangenen Straferkenntnisse des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 7. August 2012, Zln. SanRB96-27-2012-Bd u. SanRB96-30-2012-Bd/Pe, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird stattgegeben; die angefochtenen Straferkenntnisse werden aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. 

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten noch die von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH beanspruchten Untersuchungskosten zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG; § 66 Abs. 1 VStG; § 71 Abs. 3 und 4 LMSVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 7. August 2012, Zl. SanRB96-27-2012-Bd, wurden über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 13 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: insgesamt 50 Euro; Untersuchungskosten: 348,75 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 898,75 Euro) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu vertreten habe, dass von seiner GmbH zum einen verfälschte und zum anderen mit einer zur Irreführung geeigneten Angabe versehene Lebensmittel, nämlich Salamiwurst mit einem überhöhten Kollagenwert einerseits und einer unzulässigen Deklaration andererseits dadurch in Verkehr gebracht worden se, dass diese an eine andere GmbH abgegeben und von jener am 28. September 2011 zum Verkauf bereit gehalten worden sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 5 Abs. 5 Z. 3 bzw. eine Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 125/2011 (im Folgenden: LMSVG), begangen, weshalb er nach § 90 Abs. 1 Z. 2 LMSVG bzw. nach § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass diese dem Rechtsmittelwerber angelasteten Übertretungen im Zuge einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle sowie im Wege eines Gutachtens der Österreichischen X GmbH (im Folgenden: X) festgestellt worden und somit als erwiesen anzusehen seien. Dem gegenüber vermöge die vom Beschwerdeführer zum Beleg seiner fehlenden verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit namhaft gemachte Bestellung eines Beauftragten i.S.d. § 9 VStG – von der Nichtfestlegung eines klar abgegrenzten Verantwortungsbereiches abgesehen – vornehmlich deshalb nicht zu überzeugen, weil die entsprechende Bestellungsurkunde einerseits der belangten Behörde nicht schon vor der Einleitung des gegenständlichen Strafverfahrens – sondern erst mit dem Einspruch vom 18. Juni 2012 – vorgelegt worden sei und überdies hinsichtlich des darin namhaft gemachten Beauftragten in einem gegen diesen im Jahr 2010 geführten Strafverfahren bereits rechtskräftig festgestellt worden sei, dass jener nicht als gemäß § 9 VStG bestellter Verantwortlicher der GmbH angesehen werden könne.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei der Verschuldensgrad – nämlich Fahrlässigkeit – als erschwerend zu werten gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 5.000 Euro; durchschnittliches Vermögen; keine Sorgepflichten).

 

1.2. Mit weiterem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 7. August 2012, Zl. SanRB96-30-2012-Bd/Pe, wurden über den Beschwerdeführer ebenfalls zwei Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 13 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: insgesamt 50 Euro; Untersuchungskosten: 746,50 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 1.296,50 Euro) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu vertreten habe, dass von seiner GmbH am 21. Juni 2011 zum einen verfälschte und zum anderen mit einer zur Irreführung geeigneten Angabe versehene Lebensmittel, nämlich Salamiwurst mit einem überhöhten Kollagenwert einerseits und einer unzulässigen Deklaration andererseits – durch Bereithaltung zur Auslieferung an Kunden in Verkehr gebracht worden seien. Dadurch habe er eine Übertretung des § 5 Abs. 5 Z. 3 LMSVG bzw. eine Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG begangen, weshalb er nach § 90 Abs. 1 Z. 2 bzw. nach § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen in gleicher Weise ausgeführt, dass diese dem Rechtsmittelwerber angelasteten Übertretungen im Zuge einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle sowie im Wege eines Gutachtens der X festgestellt worden und somit als erwiesen anzusehen seien. Dem gegenüber vermöge die vom Beschwerdeführer zum Beleg seiner fehlenden verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit namhaft gemachte Bestellung eines Beauftragten i.S.d. § 9 VStG – von der Nichtfestlegung eines klar abgegrenzten Verantwortungsbereiches abgesehen – vornehmlich deshalb nicht zu überzeugen, weil die entsprechende Bestellungsurkunde einerseits der belangten Behörde nicht schon vor der Einleitung des gegenständlichen Strafverfahrens – sondern erst mit dem Einspruch vom 18. Juni 2012 – vorgelegt worden sei und überdies hinsichtlich des darin namhaft gemachten Beauftragten in einem gegen diesen im Jahr 2010 geführten Strafverfahren bereits rechtskräftig festgestellt worden sei, dass dieser nicht als gemäß § 9 VStG bestellter Verantwortlicher der GmbH angesehen werden könne.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 5.000 Euro; durchschnittliches Vermögen; keine Sorgepflichten).

 

1.3. Gegen diese ihm jeweils am 17. August 2012 zugestellten Straferkenntnisse richten sich die vorliegenden, am 31. August 2012 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebenen Berufungen.

 

Darin wird übereinstimmend vorgebracht, dass nicht der Beschwerdeführer, sondern an dessen Stelle eine formal korrekt bestellte verantwortlich beauftragte Person für die angelasteten Übertretungen einzustehen habe. Außerdem sei das Tatverhalten nicht in einer den Anforderungen des § 44a VStG entsprechenden Art und Weise umschrieben worden. Von diesen formellen Rechtswidrigkeiten abgesehen sei das beanstandete Produkt – wie dies auch auf der Etikette durch den Hinweis: "Überhöhter Wassergehalt, nur für die Weiterverarbeitung bestimmt" explizit zum Ausdruck komme – nicht für Letztverbraucher, sondern nur zur Weiterverarbeitung bestimmt gewesen und daher auch nur an andere Unternehmer abgegeben worden. Daher habe die Ware auch nicht den Anforderungen des Lebensmittelkodex entsprechen müssen.

 

Weil schließlich auch kein Schaden entstanden sei, wird aus diesen Gründen die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe bzw. die Erteilung einer bloßen Ermahnung beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu Zln. SanRB96-27 u. 30-2012 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 29. Oktober 2012, zu der als Parteien der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers einerseits sowie Mag. K und W W als Vertreterinnen der belangten Behörde andererseits und der Zeuge G (Prokurist der GmbH des Beschwerdeführers) erschienen sind.

2.1.1. Im Zuge dieser Beweiserhebung wurde über die Pkte. 1.1. bis 1.3. hinaus folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Zeuge ist seit dem 1. Dezember 2000 im Unternehmen des Rechtsmittelwerbers tätig und bekleidet(e) dort von Beginn an sowohl die Funktion des Leiters der Abteilung für Qualitätssicherung als auch jene eines Verantwortlichen Beauftragten i.S.d. § 9 Abs. 2 zweiter Satz VStG "für die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich des Lebensmittelrechtes für die bei der Firma H hergestellten Fleischwaren und Fleischerzeugnisse"; ein entsprechender, als "Bestellungsurkunde" bezeichneter Nachweis wurde der belangten Behörde in zeitlicher Nähe zu diesem Bestellungsvorgang übermittelt. Dass zu seinem Verantwortungsbereich "jedenfalls alle Kennzeichnungsvorschriften und Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Lebensmittelkodex, die einschlägigen EU-Verordnungen und EU-Richtlinien, etc." zählen (siehe dazu das Verhandlungsprotokoll, ONr. 5 des h. Aktes, S. 3), war dem Zeugen, der im Jahr 2005 oder 2006 in der Unternehmenshierarchie zum Prokurist der GmbH aufgestiegen ist, stets – und nicht zuletzt auf Grund bereits früher seitens der Erstbehörde gegen ihn in dieser Funktion geführter Verfahren, in denen auch diese Bestellungsurkunde mehrfach vorgelegt wurde – bewusst.

2.1.2 Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die glaubwürdige, schlüssige und in sich widerspruchsfreie Aussage des in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen, der auch die Vertreterinnen der belangten Behörde nicht entgegengetreten sind. Hingegen haben sich für einen Verdacht dahin, dass die Bestellungsurkunde tatsächlich erst zu einem späteren, insbesondere erst nach dem Vorfallstag liegenden Zeitpunkt erstellt und dabei rückdatiert worden sein könnte, im Zuge des Berufungsverfahrens keine entsprechenden Anhaltspunkte ergeben. Sollte die Wendung in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses in dieser Richtung zu verstehen gewesen sein, wurde sie jedenfalls von den Vertreterinnen der belangten Behörde in der öffentlichen Verhandlung nicht mehr aufrecht erhalten, im Gegenteil: Auch diese haben die darauf bezüglichen Angaben des einvernommenen Zeugen in keiner Weise angezweifelt und sind dem sachverhaltsbezogenen Vorbringen des Beschwerdeführers auch sonst nicht entgegengetreten.

2.1.3. Ergänzend wird die Niederschrift über die öffentliche Verhandlung vom 29. Oktober 2012 zum integrierenden Bestandteil der Begründung dieses Bescheides erklärt.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier den Betrag von 2.000 Euro übersteigende (Einzel-)Geldstrafen nicht verhängt wurden – nicht durch eine Kammer, sondern durch das nach der Geschäftsverteilung hierfür zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Zur Zurechnung der Tatanlastung

 

3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist aus verwaltungsstrafrechtlicher Sicht für die Einhaltung sanktionsbewehrter Gebotsnormen durch juristische Personen grundsätzlich diejenige natürliche Person verantwortlich, die zu deren Vertretung nach außen berufen ist (sog. "Außenverantwortlicher").

 

Nach § 9 Abs. 2 VStG können die Außenverantwortlichen diese Zurechenbarkeit allerdings zum einen dadurch delegieren, dass sie aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als "Verantwortliche Beauftragte" bestellen, denen entweder für das ganze Unternehmen oder lediglich für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt (sog. "Beauftragter Außenverantwortlicher"), zum anderen aber auch dadurch, dass sie andere (d.h. nicht ihrem Kreis angehörige) Personen zu "Verantwortlichen Beauftragten" – allerdings nicht für das gesamte Unternehmen, sondern nur für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche desselben – bestellen (sog. "Beauftragter Sonstiger Verantwortlicher").

 

Gemäß § 9 Abs. 4 VStG muss ein Beauftragter (Außen- oder Sonstiger) Verantwortlicher u.a. seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben und ihm für den seiner Verantwortung unterliegenden, klar abzugrenzenden Bereich auch eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen sein.

 

3.1.2. Im gegenständlichen Fall hat sich sowohl aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt als auch im Zuge der mündlichen Verhandlung ergeben, dass der Beschwerdeführer – als handelsrechtlicher Geschäftsführer seiner GmbH und damit nach § 9 Abs. 1 VStG Außenverantwortlicher – die prinzipiell ihn treffende verwaltungsstrafrechtliche Zurechnung dadurch delegiert hat, dass er gemäß § 9 Abs. 2 zweiter Satz VStG schon (lange) vor den Vorfallszeitpunkten einen Beauftragten Sonstigen Verantwortlichen – nämlich den in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen – bestellt hatte (vgl. die entsprechende, dem als "Urkundenvorlage" betitelten Schreiben des Rechtsmittelwerbers vom 28. Juni 2012 beigelegte "Bestellungsurkunde" vom 1. Dezember 2000 [ONr. 5 des Aktes der belangten Behörde] sowie auch S. 2 des Verhandlungsprotokolles [ONr. 5 des h. Aktes]).

 

Diese Bestellung entspricht zum einen den inhaltlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 VStG, indem ihr der Zeuge sowohl zugestimmt hat, mit dieser ein klar abgegrenzter Verantwortungsbereich festgelegt wurde und dem Zeugen schließlich auch von Anfang an eine diesen Bereich umfassende Anordnungsbefugnis zukam: Denn aus der verbalen Umschreibung "verantwortlich für die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich des Lebensmittelrechtes für die bei der Fa. X ..... hergestellten Fleischwaren und Fleischerzeugnisse" geht nicht nur objektiv besehen mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass dazu jedenfalls die Beachtung des LMSVG samt den dieses determinierenden unionsrechtlichen Vorschriften und den nationalen Ausführungsvorschriften zählt; vielmehr war auch dem Zeugen subjektiv klar, dass hierzu jedenfalls "alle Kennzeichnungsvorschriften, die Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Lebensmittelkodex und die einschlägigen EU-Verordnungen und EU-Richtlinien etc." gehören (vgl. S. 3 des o.a. Verhandlungsprotokolles), wobei ihm auf Grund seiner hierarchischen Funktion im Unternehmen – Abteilungsleiter und (später) auch Prokurist, also Angehöriger der zweiten Entscheidungsebene – auch eine entsprechende Weisungsbefugnis gegenüber sämtlichen in dem mit Blick auf die spruchmäßige Tatanlastung relevanten Bereich tätigen Mitarbeitern zukam (vgl. dazu bspw. auch VwGH vom 25. Februar 2002, Zl. 2001/04/0253; vom 4. Juli 1989, Zl. 88/08/0212; vom 24. Februar 1995, Zl. 94/09/0171; und vom 21. März 1995, 94/09/0184; sowie die weiteren Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., Wien 2004, 1310 f).

 

Zum anderen erfolgte diese Bestellung einerseits sowohl vor dem Vorfallszeitpunkt und andererseits wurde deren Bestand jedenfalls dadurch rechtzeitig nachgewiesen, dass der belangten Behörde der dementsprechende Nachweis noch  während deren Ermittlungsverfahren vorgelegt wurde.

 

Entgegen der Auffassung der Erstbehörde vermag hingegen allein der Umstand, dass ein solcher Bestellungsnachweis in einem früheren, gegen den Zeugen geführten Verwaltungsstrafverfahren (noch) nicht vorgelegt worden und allenfalls (auch) deshalb der belangten Behörde die Delegation der Verantwortlichkeit damals nicht bekannt war (vgl. S. 5, erster Absatz des angefochtenen Straferkenntnisses und dazu das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 17. Oktober 2011, Zl. VwSen-240828, Pkt. 3.4.), noch keinen stichhaltigen Nachweis dafür zu bilden, dass zu jenem Zeitpunkt auch tatsächlich noch keine wirksame Bestellung vorlag.

 

3.1.3. Insgesamt folgt aus all dem, dass der Beschwerdeführer seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit rechtswirksam auf einen Beauftragten Sonstigen Verantwortlichen – nämlich auf den Zeugen, der als Prokurist seiner GmbH fungiert – übertragen hat, sodass die mit den bekämpften Straferkenntnissen dem Rechtsmittelwerber angelasteten Übertretungen nicht ihm, sondern ausschließlich diesem verantwortlichen Beauftragten zuzurechnen waren.

 

Daher war der gegenständlichen Berufung schon aus diesem formalen Grund stattzugeben; die angefochtenen Straferkenntnisse waren daher aufzuheben und die gegen den Rechtsmittelwerber geführten Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

 

 

3.2. In der Sache

 

3.2.1. Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 2 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel, die verfälscht sind, in Verkehr bringt, ohne gleichzeitig diesen Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht zu haben.

 

3.2.1.1. Nach § 5 Abs. 5 Z. 3 LMSVG gelten Lebensmittel als verfälscht, wenn ihnen wertbestimmende Bestandteile, deren Gehalt vorausgesetzt wird, nicht oder nicht ausreichend hinzugefügt oder ganz oder teilweise entzogen wurden, oder sie durch Zusatz oder Nichtentzug wertvermindernder Stoffe verschlechtert wurden, oder ihnen durch Zusätze oder Manipulationen der Anschein einer besseren Beschaffenheit verliehen oder ihre Minderwertigkeit überdeckt wurde oder wenn sie nach einer unzulässigen Verfahrensart hergestellt wurden.

 

3.2.1.1.1. Hinsichtlich der im Spruch des erstangefochtenen Straferkenntnisses enthaltenen Tatanlastung, verfälschte Lebensmittel in Verkehr gebracht zu haben, stützte sich die belangte Behörde im gegenständlichen Fall auf das Gutachten der X vom 29. November 2011, Zl. 11101098, in dem festgestellt wurde, dass die Kennzeichnung der als "Premium Salami geschnitten" gekennzeichneten Ware deshalb nicht den hierfür maßgeblichen Regelungen des Österreichischen Lebensmittelbuches (im Folgenden: ÖLMB) entsprochen habe, weil der Kollagenwert von 17,66 (± 0,80) deutlich über dem hierfür maßgeblichen Grenzwert liege.

 

In diesem Zusammenhang ordnet das ÖLMB in Kapitel B 14 ("Fleisch und Fleischerzeugnisse") unter Pkt. B.1.1.7 an, dass Würste, bei denen zur allgemeinen Sachbezeichnung noch eine spezifisch hervorhebende Bezeichnung – wie im gegenständlichen Fall: "Premium"-Salami – hinzutritt, u.a. einen um 20% niedrigeren Kollagenwert aufweisen müssen, sofern nicht für Würste mit hervorhebender Bezeichnung explizite Grenzwerte bestehen. Da die gegenständliche Ware als "Rohwurst ohne Belag mit hervorhebender Bezeichnung der Sorte 1a" i.S.d. Kapitel B 14 Pkt. 4.5.1.2 ÖLMB zu qualifizieren ist und hierfür in Kapitel B 14 Pkt. G.1.2.6.1.2 ÖLMB bezüglich Kollagen ein Grenzwert von "13" festgelegt ist, für den nach Kapitel B 14 Pkt. G.2 ÖLMB eine Toleranz von ± 10% besteht, ergibt sich insgesamt, dass der Kollagenwert demnach nicht höher als 14,3 hätte sein dürfen; tatsächlich hat dessen Höhe jedoch – selbst wenn man die Messfehlergrenze von ± 0,80 in vollem Umfang zu Gunsten des Unternehmens des Rechtsmittelwerbers berücksichtigt – zumindest 16,86 betragen.

 

Insoweit besteht daher der Tatvorwurf zu Recht (wenngleich das Gutachten der X diesbezüglich insofern an einem gravierenden Mangel leidet, als es keine Hinweise darauf enthält, welche faktischen Konsequenzen für die Gesundheit der Verbraucher o.Ä. aus einer Überschreitung des höchstzulässigen Kollagenwertes um [ca.] 2,6 Einheiten resultieren; derartige Feststellungen wären jedoch für die Beurteilung der Schwere der angelasteten Rechtsverletzung und daran anknüpfend für die Qualifikation des Verschuldens sowie die Strafbemessung etc. unerlässlich gewesen).

 

3.2.1.1.2. Hinsichtlich der im Spruch des zweitangefochtenen Straferkenntnisses enthaltenen Tatanlastung dahin, verfälschte Lebensmittel in Verkehr gebracht zu haben, stützte sich die belangte Behörde auf das Gutachten der X vom 19. August 2011, Zl. 11063081, in dem festgestellt wurde, dass die Kennzeichnung der als "Premium Salami geschnitten" gekennzeichneten Ware deshalb nicht den hierfür maßgeblichen Regelungen des ÖLMB entsprochen habe, weil der Kollagenwert von 17,8 (± 0,9) über dem hierfür maßgeblichen Grenzwert liege.

 

Wie bereits zuvor unter Pkt. 3.2.2.1.1. dargelegt, ordnet das ÖLMB in Kapitel B 14 unter Pkt. B.1.1.7 an, dass Würste, bei denen zur allgemeinen Sachbezeichnung noch eine spezifisch hervorhebende Bezeichnung – wie im gegenständlichen Fall: "Premium"-Salami – hinzutritt, u.a. einen um 20% niedrigeren Kollagenwert aufweisen müssen, sofern nicht für Würste mit hervorhebender Bezeichnung explizite Grenzwerte bestehen. Da die vorliegende Ware als "Rohwurst ohne Belag mit hervorhebender Bezeichnung der Sorte 1a" i.S.d. Kapitel B 14 Pkt. 4.5.1.2 ÖLMB zu qualifizieren ist und hierfür in Kapitel B 14 Pkt. G.1.2.6.1.2 ÖLMB bezüglich Kollagen ein Grenzwert von "13" festgelegt ist, für den nach Kapitel B 14 Pkt. G.2 ÖLMB eine Toleranz von ± 10% besteht, ergibt sich insgesamt, dass der Kollagenwert demnach nicht höher als 14,3 hätte sein dürfen; tatsächlich hat dessen Höhe jedoch – selbst wenn man die Messfehlergrenze von ± 0,9 in vollem Umfang zu Gunsten des Unternehmens des Rechtsmittelwerbers berücksichtigt – zumindest 16,9 betragen.

 

Auch insoweit besteht daher der Tatvorwurf zu Recht (wobei wiederum klarzustellen ist, dass auch dieses Gutachten der X insofern an einem gravierenden Mangel leidet, als es keine Hinweise darauf enthält, welche faktischen Konsequenzen für die Gesundheit der Verbraucher o.Ä. aus einer Überschreitung des höchstzulässigen Kollagenwertes um 2,6 Einheiten resultieren; derartige Feststellungen wären jedoch für die Beurteilung der Schwere der angelasteten Rechtsverletzung und daran anknüpfend für die Qualifikation des Verschuldens sowie die Strafbemessung etc. unerlässlich gewesen).

 

3.2.1.2.1. Hinsichtlich im Weiteren zu klärenden Frage, ob das hier jeweils beanstandete Produkt seitens des Unternehmens des Beschwerdeführers in Verkehr gebracht wurde, ist zunächst auf die Bestimmung des § 3 Z. 9 erster Satz LMSVG hinzuweisen, wonach der Begriff des "Inverkehrbringens" im Sinne des LMSVG grundsätzlich jenem des Art. 3 Z. 8 der Verordnung (EG) 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (im Folgenden: EU-LMVO 178/2002) gleichzusetzen ist (während gemäß § 3 Z. 9 vierter Satz LMSVG nur im Anwendungsbereich von ursprünglich auf Grund des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, erlassenen – für den gegenständlichen Fall nicht maßgeblichen – Verordnungen unter einem Inverkehrbringen bloß das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht, zu verstehen ist).

 

Nach Art. 3 Z. 8 EU-LMVO gilt 1.) das Bereithalten von Lebensmitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht; 2.) der Verkauf; 3.) der Vertrieb; sowie 4.) jede andere Form der Weitergabe selbst jeweils als ein Inverkehrbringen.

 

Gemäß § 3 Z. 9 sechster Satz LMSVG liegt allerdings in diesen Fällen jeweils dann kein Inverkehrbringen vor, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt.

 

3.2.1.2.2. Im gegenständlichen Fall wurde dem Unternehmen des Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang spruchmäßig einerseits zur Last gelegt, der Hersteller der beanstandeten Ware zu sein und dass diese am 28. September 2011 von einer anderen GmbH für den Verkauf bereit gehalten wurde (vgl. das Straferkenntnis vom 7. August 2012, Zl. SanRB-27-2012-Bd) und andererseits, dass die Überhöhung des Kollagenwertes im Zuge einer im Betrieb der GmbH am 21. Juni 2011 durchgeführten lebensmittelpolizeilichen Kontrolle festgestellt worden sei.

 

In beiden Fällen liegt damit aber jeweils keine den Anforderungen an § 44a Z. 1 VStG genügende Konkretisierung der Tatanlastung vor, die geeignet ist, einen Beschuldigten wirksam vor einer Doppelbelastung zu schützen. Denn zum einen ist offensichtlich, dass weder die bloße Herstellung noch die Feststellung einer Kennzeichnungsverletzung im Zuge einer Betriebrevision einen der vier in Art. 3 Z. 8 EU-LMVO angeführten Inverkehrbringens-Tatbestände erfüllt. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass sich die Tatanlastungen dahin interpretieren lassen, dass die belangte Behörde dem Rechtsmittelwerber einerseits ein Inverkehrbringen durch einen Verkauf an ein anderes Unternehmen i.S.d. Art. 3 Z. 8 zweite Alternative EU-LMVO (wobei sich hierfür allerdings keine Anhaltspunkte aus dem erstbehördlichen Akt ergeben; vielmehr lässt sich diesem nur entnehmen, dass zwar die GmbH des Beschwerdeführers anhand der auf dem Etikett aufgedruckten EU-Zulassungsnummer als Warenhersteller ermittelt, dieses Produkt jedoch nicht von dieser, sondern von einem anderen Unternehmen [nämlich: Sch GmbH] an jene GmbH, die es schließlich an Letztverbraucher abgegeben hat [nämlich: "X GmbH"], verkauft wurde) und andererseits ein Inverkehrbringen durch Bereithalten für Verkaufszwecke i.S.d. Art. 3 Z. 8 erste Alternative vorwerfen wollte, und dass der Unabhängige Verwaltungssenat davon ausgehend im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. VwGH vom 31. März 2000, Zl. 99/02/0101, sowie W. Hauer – O. Leukauf, a.a.O., 1528, m.w.N.) dazu gehalten wäre, den Spruch der angefochtenen Straferkenntnisse jeweils dahingehend zu korrigieren, stünde dem jedoch Folgendes entgegen: Wenngleich allein durch den am Etikett angebrachten Hinweis "Nur für die Weiterverarbeitung bestimmt" offenkundig keineswegs i.S.d. § 3 Z. 9 sechster Satz LMSVG sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt, stellt dieser Aspekt dennoch ein negatives Tatbestandsmerkmal dar, das im Spruch des Straferkenntnisses im Zuge der Konkretisierung der Inverkehrbringenshandlung mit angeführt werden muss bzw. nach Ablauf der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 90 Abs. 7 LMSVG auch im Wege der Berufungsentscheidung nicht mehr nachgetragen werden kann, weil insoweit der Grundsatz der Identität der Tat verletzt werden würde (vgl. dazu z.B. VwGH vom 27. Februar 1995, Zl. 90/10/0092).

 

3.2.1.2.3. Auch insoweit wäre der vorliegenden Berufung im Ergebnis wegen mangelhafter Spruchkonkretisierung bzw. wegen unvollständiger Tatanlastung stattzugeben gewesen; die angefochtenen Straferkenntnisse wären daher auch aus diesem Grund aufzuheben und die Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen gewesen.

 

3.2.2. Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel, die mit einer zur Irreführung geeigneten Angabe versehen sind, in Verkehr bringt. Nach § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG sind unter zur Irreführung geeigneten Angaben insbesondere zur Täuschung geeignete Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels – wie Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart – zu verstehen.

 

3.2.2.1. In diesem Zusammenhang wird im Gutachten der X vom 29. November 2011, Zl. 11101098, S. 5, darauf hingewiesen, dass aus den Anmerkungen des Lebensmittelaufsichtsorganes hervorgehe, "dass das Produkt für die Herstellung verschiedener Speisen verwendet wird. Den Speisen beigestellt sind Anschlagtafeln, auf denen 'Salami' als Zutat ausgelobt wird. Da die Probe in ihrer Zusammensetzung ..... nicht einer Salami entspricht, ist die Deklaration 'Salami' als Zutat bei Verwendung der vorliegenden Probe nicht zulässig" (analog das Gutachten der X vom 19. August 2011, Zl. 11063081, S. 5). Diese Feststellung hat die belangte Behörde dahin übernommen, dass davon ausgehend, dass die Ware in ihrer Zusammensetzung nicht einer "Salami" entsprach, die entsprechende Deklaration in der Zutatenliste einer Speisekarte nicht zulässig gewesen sei.

 

3.2.2.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die für die Frage, ob eine Angabe i.S.d. § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG zur Täuschung geeignet ist, maßgebliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers im ÖLMB, das den Charakter eines objektivierten Sachverständigengutachtens hat, widerlegbar – weil es sich insoweit nicht um eine generell-abstrakte, allgemein verbindliche Rechtsvorschrift handelt (vgl. z.B. VwSen-240828 vom 17. Oktober 2011, Pkt. 3.2.1., m.w.N.) – wiedergegeben (vgl. z.B. VwGH v. 26. September 2011, Zl. 2010/10/0145, m.w.N.). 

 

Selbst wenn man aber deshalb, weil die gegenständliche Ware aus den zuvor unter 3.2.1.1.1. und 3.2.1.1.2. angeführten Gründen (überhöhter Kollagenwert) und infolge des vom Beschwerdeführer selbst einbekannten überhöhten Wassergehaltes  in ihrer Zusammensetzung nicht den vom ÖLMB an eine Wurst der Sorte "Salami" gestellten Anforderungen entsprach, davon ausgeht, dass eine Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG objektiv vorliegt, kann diese in der Form, wie sie dem Spruch der angefochtenen Straferkenntnisse jeweils zu Grunde liegt, aber nicht dem Hersteller des Produktes verwaltungsstrafrechtlich zugerechnet werden. Denn die spruchmäßig spezifisch angelastete Form des Inverkehrbringens hat nicht er, sondern ausschließlich jener Unternehmer strafrechtlich zu verantworten, der die an die Konsumenten gelangende Speisekarte erstellt: Diesem obliegt es nämlich, sich im Vorfeld darüber zu vergewissern, ob die von ihm als Pizzabelag verwendeten Zutaten den jeweiligen (kennzeichnungs‑)rechtlichen Vorschriften entsprechen; unterlässt er dies, indem er sich z.B. auf eine diesbezügliche Zusicherung des Lieferanten verlässt, so handelt er zumindest fahrlässig und damit (eigenständig) schuldhaft.

 

3.2.2.3.  Insoweit wäre der vorliegenden Berufung daher auch infolge fehlender Zurechenbarkeit der Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG zum Unternehmen des Beschwerdeführers stattzugeben gewesen; die angefochtenen Straferkenntnisse wären sohin auch aus diesem Grund aufzuheben und die Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen gewesen.

 

3.3. Unter der Voraussetzung einer jeweils ordnungsgemäßen Tatanlastung würde schließlich auch der Umstand der kumulativen Bestrafung des Beschwerdeführers i.S.d. § 22 Abs. 1 VStG im vorliegenden Fall erheblichen Bedenken begegnen.

 

3.3.1. Zwar beziehen sich die spruchmäßigen Tatvorwürfe zum einen jeweils auf divergierende Tathandlungen (nämlich: Nichtkennzeichnung der Verfälschung einerseits bzw. irreführende Angaben andererseits) und zum anderen auf jeweils unterschiedliche Tatzeitpunkte (nämlich: 21. Juni 2011 bzw. 28. September 2011).

 

3.3.2. Wenngleich diese untereinander nicht derart verbunden sind, dass sie sich als unselbständige Teilakte einer aufeinander aufbauenden deliktischen Handlungsreihe darstellen (sog. "fortgesetztes Delikt", bei dem eine Kumulation ausscheidet; vgl. näher z.B. VwGH vom 2. Juli 1982, Zl. 3445/80; vom 5. Juli 1982, Zl. 3593/80; und vom 6. Mai 1996, Zl. 96/10/0045), so handelt es sich – vergleichbar der Ausübung einer gewerberechtlichen Tätigkeit ohne die erforderliche Bewilligung – doch um die Begehung einer Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen über einen längeren Zeitraum hinweg (sog. "Dauerdelikt"), die erst ab dem Zeitpunkt einer neuerlichen Verfolgung unterzogen werden kann, ab dem entweder bereits eine Bestrafung erfolgt ist oder der Täter nach außen hin erkennbar seine deliktische Tätigkeit aufgegeben hat (vgl. z.B. VwGH v. 3. November 1981, Zl. 1211/80).

 

3.3.3. Objektiv besehen lag daher hier lediglich eine Verwaltungsübertretung vor, weshalb das sich auf den späteren Tatzeitpunkt beziehende Straferkenntnis vom 7. August 2012, Zl. SanRB96-27-2012-Bd, einen Verstoß gegen § 22 Abs. 1 VStG darstellt und der gegenständlichen Berufung jedenfalls auch insoweit stattzugeben, dieses Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einzustellen gewesen wäre.

 

3.4. Unabhängig davon war der Berufung jedoch insbesondere schon aus dem zuvor in Pkt. 3.1.3. angeführten formellen Grund stattzugeben; die angefochtenen Straferkenntnisse waren daher aufzuheben und die gegen den Rechtsmittelwerber geführten Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

5. Gemäß § 71 Abs. 3 und 4 LMSVG ist im Verwaltungsstrafverfahren der zum Kostenersatz verpflichteten Partei auch der Ersatz der Kosten an die X vorzuschreiben, die nach einem durch Verordnung des Bundesministers für Gesundheit  festzulegenden Gebührentarif (vgl. die Verordnung über die tarifmäßige Festlegung der Gebühren für die von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH vorzunehmenden Untersuchungen und Begutachtungen [Gebührentarifverordnung], BGBl. Nr. 189/1989 i.d.g.F. BGBl.Nr. II 48/2010) zu berechnen sind.

 

Da der Rechtsmittelwerber im gegenständlichen Verfahren – wie aus vorstehendem Pkt. 4 hervorgeht – jedoch nicht zum Kostenersatz im Verwaltungsstrafverfahren verpflichtet ist, kommt sohin auch keine Vorschreibung der von der X beanspruchten Untersuchungskosten in Betracht; dies unabhängig davon, dass sich auf Grund des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes (schon deshalb, weil darin die Seite 2 der Kostenmitteilung der X vom 22. August 2011 nicht enthalten ist) nicht nachvollziehen lässt, wie sich die zum Gutachten vom 19. August 2011, Zl. 11063081, begehrten Kosten in Höhe von insgesamt 746,50 Euro zusammensetzen.  

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r ó f



VwSen-240916/6/Gf/Rt vom 5. November 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

Lebensmittelverordnung 178/2002 (EU) Art3 Z8;

LMSVG §3 Z9;

LMSVG §5 Abs1 Z2;

LMSVG §5 Abs5 Z3;

VStG §44a Z1

 

 

* § 5 Abs. 5 Z. 3 LMSVG: Mangelhaftigkeit des Gutachtens der AGES, wenn darin zwar ein zahlenmäßig erhöhter Kollagenwert festgestellt, in diesem Zusammenhang jedoch nicht zugleich dargelegt wird, welche faktischen Konsequenzen daraus für die Gesundheit der Verbraucher o.Ä. resultieren, weil dies für die Beurteilung der Schwere der angelasteten Rechtsverletzung und daran anknüpfend für die Qualifikation des Verschuldens sowie die Strafbemessung etc. unerlässlich ist;

 

* Die Herstellung eines Lebensmittels bzw. eine bloße Feststellung der Verletzung von Kennzeichnungsvorschriften im Zuge einer Betriebskontrolle stellen per se noch kein Inverkehrbringen i.S.d. Art. 3 Z. 8 LMVO 178/2002 (EU) i.V.m. § 3 Z. 9 LMSVG dar (wobei zudem das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 3 Z. 9 sechster Satz LMSVG gemäß § 44a Z. 1 LMSVG als negatives Tatbestandsmerkmal im Spruch des Straferkenntnisses entsprechend konkretisiert werden muss);

 

* Keine Zurechnung einer Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG zum Hersteller, wenn die zur Irreführung bzw. Täuschung geeignete Angabe (Bezeichnung als "Salami", obwohl es sich nach den Kriterien des ÖLMB nicht um eine solche handelt) nicht durch ihn, sondern (ausschließlich) vom Betreiber einer Pizzeria (nämlich auf dessen Speisekarte) vorgenommen wird.

 

 

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