Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310501/9/Kü/Ba

Linz, 22.11.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn G H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J B, A, L, vom 18. Mai 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 19. April 2012, UR96-34-2011, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 und des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 19. April 2012, UR96-34-2011, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen  nach § 25 Abs.2 Z 1 lit.a iVm § 9 Abs.1 Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 2009 (Oö. AWG 2009) und § 79 Abs.1 Z 1 und § 15 Abs.3 Z 2 sowie § 79 Abs.2 Z 1 iVm § 23 Abs.1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) Geldstrafen in Höhe von 100 Euro, 730 Euro und 360 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 5 Stunden, 7 Stunden und 17 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

1)      Sie haben am 29.07.2011 um 13:10 Uhr im Gemeindegebiet W, hinter dem Objekt O an der Waldböschung bei einer Feuerstelle im Ausmaß von 3 x 2 Meter Haushaltsabfälle und haushaltsähnliche Gewerbeabfälle, nämlich Altpapier, Pet-Flaschen/Kunststoffteile verbrannt und somit nicht in geeigneten Abfallbehältern gelagert, obwohl Haushaltsabfälle, Biotonnenabfälle, Grünabfälle und haushaltsähnliche Gewerbeabfälle nach den Zielen und Grundsätzen des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes (§ 1) sowie nach Maßgabe der Abfallordnung in geeigneten Abfallbehältern (§ 7 Abs.1) zu lagern sind.

2)      Sie haben am 29.07.2011 um 13:10 Uhr im Gemeindegebiet W, hinter dem Objekt O an der Waldböschung bei einer Feuerstelle im Ausmaß von 3 x 2 Meter Spraydosen verbrannt, obwohl Abfälle dieser Art außerhalb von für die Sammlung oder Behandlung vorgesehnen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt (verbrannt) werden dürfen.

Bei den Spraydosen handelt es sich um gefährliche Abfälle im Sinne der Anlage 1 der Festsetzungsverordung gefährliche Abfälle, BGBl. II Nr. 227/1997 idgF mit der Schlüsselnummer SN 59803 und der Bezeichnung 'Druckgaspackungen (Spraydösen mit Restinhalten)'.

3)      Sie haben am 29.07.2011 um 13:10 Uhr im Gemeindegebiet W, hinter dem Objekt O an der Waldböschung bei einer Feuerstelle im Ausmaß von 3 x 2 Meter ein Bügeleisen mit Kabel verbrannt, obwohl Abfälle dieser Art außerhalb von für die Sammlung oder Behandlung vorgesehnen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt (verbrannt) werden dürfen.

Das Bügeleisen mit Kabel ist gemäß Elektroaltgeräteverordnung (EAG-VO), BGBl. II Nr. 121/2005 idgF als Elektroaltgerät zu klassifizieren.

Die durch das Verbrennen der o.a. Abfälle entstandene Rauchentwicklung konnte von der B x R Straße wahrgenommen werden."

 

 

2. Dagegen richtet sich die – innerhalb von 14 Tagen ab tatsächlicher Zustellung des Straferkenntnisses und somit rechtzeitig eingebrachte – Berufung, mit welcher das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wird und die Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt wird.

 

Begründend wurde festgehalten, dass die Behörde im gegenständlichen Verfahren gar nichts erhoben habe, sonst hätte sie zum Ergebnis gelangen müssen, dass der Bw zur Tatzeit gar nicht am Tatort gewesen sei, weshalb die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht zutreffen könnten.

 

Die Erstbehörde habe im Rahmen des Sachverhalts zwar festgestellt, dass die Polizisten zur Tatzeit am Tatort eine Feuerstelle vorgefunden hätten, bei der Herr O angetroffen worden sei, nicht aber der Bw. Warum sie aber dann davon ausgegangen sei, der Bw sei – diesen Ausführungen zuwider – sehr wohl am Tatort anwesend gewesen, sei nicht ersichtlich und aktenwidrig.

 

Der Bw habe auch Herrn O nie den Auftrag erteilt, das Altmaterial anzu­zünden, sondern lediglich ordnungsgemäß zu entsorgen. Er habe mit ihm deshalb auch zuvor das Altmaterial vom Dachboden nach unten gebracht, damit es einer ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt würde. Warum dies dann vom Herrn O verbrannt worden sei, entziehe sich seiner Kenntnis, dürfe aber dem Bw nicht angelastet werden. Herr O sei deshalb auch von der BH Grieskirchen mit Straferkenntnis vom 16.4.2012, UR96-6-2012, bestraft worden. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen, die Behörde sei insoweit auch an die Rechtskraft dieses Bescheides gebunden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 24. Mai 2012 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, UR96-34-2011, sowie Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, UR96-6-2012.

 

Aus dem zuletzt genannten Akt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen ergibt sich, dass Herr J O, B, S, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z 3 iVm § 15 Abs.3 AWG 2002 bestraft wurde, weil er am 29.7.2011 hinter dem Objekt O, W, nicht gefährliche Abfälle, nämlich Altpapier, Spraydosen, Pet-Flaschen, Kunststoffteile, Metallgeschirr sowie ein Bügeleisen mit Kabel entgegen § 15 Abs.3 Z 2 AWG 2002 gelagert und verbrannt hat, obwohl Abfälle außerhalb von für die Sammlung oder Behandlung geeigneten Orten nicht gelagert oder behandelt (verbrannt) werden dürfen. Dem Akt ist weiter zu entnehmen, dass diesem Straferkenntnis die Anzeige der Polizeiinspektion O vom 8.9.2011 zugrunde liegt. Herr J O hat in seinem Einspruch zur Straf­verfügung gegenüber der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen festgehalten, dass er am 29.7.2011 hinter dem Objekt O, W, nicht gefährliche Abfälle verbrannt hat, dies jedoch ohne schlechter Absicht. Er habe den in der Garage gelagerten Schubkarren, welcher mit Holzresten befüllt war, hinter dem Objekt ausgeschüttet und anschließend angezündet. Das Feuer sei sehr kurz gewesen und hatte er die Brandstelle unter Kontrolle. Dass auch Bügeleisen und Spraydosen noch in dem Schubkarren gewesen sind, habe er vorher nicht feststellen können.

 

Festzuhalten ist, dass dem gegenständlichen Strafverfahren gegen den Bw die Anzeige der Polizeiinspektion O vom 8.9.2011 – gleichlautend wie im Verwaltungsstrafverfahren der BH Grieskirchen – zugrunde liegt. Wie der Bw in seinem Berufungs­vorbringen zutreffend ausführt, ist der Anzeige zu entnehmen, dass er selbst von den sachverhaltserhebenden Polizisten beim Objekt O in W nicht angetroffen werden konnte und die Feuerstelle von Herrn J O beaufsichtigt wurde, der zum Sachverhalt auch befragt wurde. Laut Anzeige hat Herr J O angegeben, dass er und Bw Altstoff vom Haus zur Böschung verbracht und angezündet haben. Er habe dem Bw lediglich geholfen und beaufsichtige nun die Feuerstelle.

 

Diese Ausführungen in der Anzeige sind insofern nicht nachvollziehbar, als der Bw nachweislich von den beiden erhebenden Polizisten nur telefonisch kontaktiert werden konnte und nicht bei der Feuerstelle angetroffen wurde. Gegen diese Sach­verhaltsdarstellung spricht auch die oben erwähnte Rechtfertigung des Herrn J O gegenüber der BH Grieskirchen, wonach er die Abfälle verbrannt und die Feuerstelle unter Kontrolle gehabt hat. In seinem Einspruch erwähnt Herr O nichts davon, dass allenfalls der Bw die Abfälle angezündet hat.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Hinsichtlich der zur Anwendung gelangenden Rechtsvorschriften des AWG 2002 sowie des Oö. AWG 2009 wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.

 

5.2. Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch in Verwaltungsstraf­verfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 412f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen dem Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogene konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.

 

Dem gegenständlichen Tatvorwurf, wonach der Bw verschiedene Abfälle im Freien verbrannt haben soll, steht entgegen, dass der Bw – wie sich aus der Anzeige der Polizeiinspektion O ergibt – nicht vor Ort anwesend gewesen ist und darüber hinaus der bei der Feuerstelle von den Polizisten angetroffene Herr J O in dem gegen ihn von der Bezirkshauptmann­schaft Grieskirchen geführten Strafverfahren angegeben hat, dass er die nicht gefährlichen Abfälle angezündet und verbrannt hat. Diese Sachlage belegt für den Unabhängigen Verwaltungssenat, dass jedenfalls kein Beweis darüber zu erbringen ist, dass der Bw als unmittelbarer Täter in Anspruch genommen werden kann. Dem Akteninhalt zufolge hat Herr J O die Abfälle aus der Garage gebracht und den von ihm angeschütteten Haufen angezündet. Von den beiden erhebenden Polizisten konnte mit dem Bw mangels Anwesenheit nur telefonisch Kontakt aufgenommen werden und wurde vom Bw der Sachverhalt bereits in dieser Weise dargestellt. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ist es daher nicht nachvollziehbar, den Bw als unmittelbaren Täter heranzuziehen. Ein Tatvorwurf in dem Sinne, den Bw als Anstifter für die Abfallverbrennung im Freien zu werten, ist dem Bw innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht vorgehalten worden. Insgesamt ergibt sich daher, dass im gegenständlichen Fall nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit beweisbar ist, dass den Bw die Verantwortung für die Abfallverbrennung im Freien trifft. In diesem Sinne war daher im Zweifel gemäß Art. 6 Abs.2 EMRK davon auszugehen, dass die angelastete Verwaltungsübertretung nicht erwiesen ist und der Bw daher auch nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. Der Berufung war daher Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis aufzu­heben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum